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Beginn der Entscheidung

Gericht: Bundesfinanzhof
Beschluss verkündet am 13.10.1999
Aktenzeichen: I B 156/98
Rechtsgebiete: FGO, AO 1977, BFHEntlG


Vorschriften:

FGO § 115 Abs. 2 Nr. 2
FGO § 115 Abs. 2
FGO § 115 Abs. 2 Nr. 3
AO 1977 § 371 Abs. 3
AO 1977 § 367 Abs. 2 Satz 2
AO 1977 § 173
BFHEntlG Art. 1 Nr. 6
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Gründe

Die Beschwerde ist als unbegründet zurückzuweisen.

1. Das Finanzgericht (FG) ist nicht von einer Entscheidung des Bundesfinanzhofs (BFH) oder des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) i.S. des § 115 Abs. 2 Nr. 2 der Finanzgerichtsordnung (FGO) abgewichen. Eine Abweichung liegt nur vor, wenn das FG bei gleichem oder vergleichbarem Sachverhalt in einer Rechtsfrage eine andere Auffassung vertritt als der BFH oder das BVerfG. Es muß seiner Entscheidung einen Rechtssatz zugrunde gelegt haben, der mit den ebenfalls tragenden rechtlichen Erwägungen einer höchstrichterlichen Entscheidung nicht übereinstimmt (vgl. z.B. Gräber/Ruban, Finanzgerichtsordnung, 4. Aufl., § 115 Rdnr. 17, m.w.N.). Hat das FG eine Rechtsfrage überhaupt nicht zum Gegenstand seiner Entscheidung gemacht, so kann es danach auch nicht von einem höchstrichterlichen Urteil abgewichen sein.

Der vorinstanzlichen Entscheidung lassen sich keine Anhaltspunkte dafür entnehmen, daß das FG die Möglichkeit eines Ablaufs der Festsetzungsfrist geprüft haben könnte. Sollte bei Erlaß der Änderungsbescheide die Festsetzungsfrist tatsächlich abgelaufen gewesen sein, so wäre die Entscheidung des FG zwar unrichtig. Die Unrichtigkeit allein kann aber, wie der abschließenden Aufzählung der Zulassungsgründe in § 115 Abs. 2 FGO zu entnehmen ist, nicht zur Zulassung der Revision führen. Im übrigen unterscheidet sich der Streitfall von dem Sachverhalt der Entscheidung des BFH vom 30. Juli 1997 II R 9/95 (BFHE 183, 235, BStBl II 1997, 635), weil die Klägerin und Beschwerdeführerin (Klägerin) ausdrücklich gebeten hatte, die steuerlichen Auswirkungen ihrer Selbstanzeige zu berücksichtigen (vgl. auch § 371 Abs. 3 der Abgabenordnung --AO 1977--).

2. Entsprechendes gilt für die von der Klägerin behauptete Divergenz zum BFH-Urteil vom 10. November 1989 VI R 124/88 (BFHE 159, 405, BStBl II 1990, 414). Das FG ist auf die Frage, ob der Beklagte und Beschwerdegegner (das Finanzamt --FA--) die Klägerin auf eine verbösernde Einspruchsentscheidung gemäß § 367 Abs. 2 Satz 2 AO 1977 hätte hinweisen müssen, nicht eingegangen, weil es in Übereinstimmung mit dem zitierten Urteil von der Möglichkeit einer Bescheidsänderung nach § 173 AO 1977 ausgegangen ist.

Übersieht ein FG, daß das FA auf eine verbösernde Entscheidung nicht hingewiesen hat, so ist dies --entgegen der Auffassung der Klägerin-- auch kein Verfahrensfehler i.S. des § 115 Abs. 2 Nr. 3 FGO. Verfahrensmängel im Sinne dieser Vorschrift sind nur Verstöße des FG gegen Vorschriften des Gerichtsverfahrensrechts (vgl. z.B. Gräber/Ruban, a.a.O., § 115 Rdnr. 25). Entscheidet das FG trotz Fehlens eines Verböserungshinweises in der Sache selbst, so kann die Entscheidung inhaltlich zwar unrichtig sein, verfahrensfehlerhaft im aufgezeigten Sinn ist sie jedoch nicht.

3. Das FG hat auch nicht entgegen den BFH-Entscheidungen vom 10. August 1988 IX R 219/84 (BFHE 154, 481, BStBl II 1989, 131) und vom 21. Juli 1989 III R 303/84 (BFHE 157, 488, BStBl II 1989, 960) entschieden, daß Leichtfertigkeit i.S. des § 173 Abs. 2 i.V.m. § 378 AO 1977 nur leichte Fahrlässigkeit voraussetze. Nach Würdigung der Umstände des Streitfalles ist es vielmehr zu dem Ergebnis gelangt, der Gesellschafter-Geschäftsführer der Klägerin habe "wenn nicht vorsätzlich, so doch zumindest ... leichtfertig" gehandelt. Das FG hat somit das Verhalten des Gesellschafter-Geschäftsführers der Klägerin, wenn auch nicht als vorsätzlich, so doch (zumindest) für grob fahrlässig gehalten und sich damit an die Rechtsgrundsätze der BFH-Entscheidung gehalten.

4. Die von der Klägerin aufgeworfene Frage, ob ein Liquidator --wie die Klägerin-- die bei ihm zugunsten der Liquidationsgesellschaft eingehenden Gelder zu förderst zur Tilgung eigener Forderungen gegenüber der Liquidationsgesellschaft verwenden darf oder ganz oder teilweise anderen Gläubigern auszahlen muß, kann in einem Revisionsverfahren in dieser Form nicht beantwortet werden (vgl. zur Klärungsfähigkeit z.B. Gräber/Ruban, a.a.O., § 115 Rdnr. 8, m.w.N.). Nach den bindenden Feststellungen des FG (§ 118 Abs. 2 FGO) hatte im Streitfall die zu liquidierende Gesellschaft die streitgegenständliche Forderung an die Klägerin, die zugleich ihre Gläubigerin war, abgetreten. Die Klägerin wurde damit Inhaberin der streitigen Forderung. Die Zahlung floß daher an die Klägerin in ihrer Eigenschaft als Forderungsinhaberin und nicht als Liquidatorin. Die von der Klägerin aufgeworfene Frage, ob ein Liquidator die zugunsten der Liquidationsgesellschaft eingehenden Gelder zur gleichmäßigen Befriedigung der Gläubiger der Liquidationsgesellschaft verwenden muß, steht daher im Streitfall nicht zur Entscheidung an.

Im übrigen ergeht die Entscheidung gemäß Art. 1 Nr. 6 des Gesetzes zur Entlastung des Bundesfinanzhofs ohne Begründung.

Ende der Entscheidung

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