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Gericht: Bundesfinanzhof
Beschluss verkündet am 10.02.2009
Aktenzeichen: I B 157/08
Rechtsgebiete: AO, FGO, EStG


Vorschriften:

AO § 155 Abs. 1 S. 3
AO § 169 Abs. 1 S. 1
AO § 170 Abs. 1
FGO § 115 Abs. 2
FGO § 116 Abs. 3 S. 3
EStG § 44 Abs. 1 S. 2
EStG § 45a Abs. 1 S. 1
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Gründe:

I.

Die Beteiligten streiten darüber, ob der Kläger und Beschwerdeführer (Kläger) einen Anspruch auf Erstattung von Kapitalertragsteuer hat. Die Sache befindet sich im zweiten Rechtsgang.

Der Kläger wohnte in den Streitjahren (1995 und 1996) in den USA und hatte in Deutschland weder einen Wohnsitz noch seinen gewöhnlichen Aufenthalt. Er war Mitglied einer Erbengemeinschaft nach der verstorbenen X. Die Einkünfte der Erbengemeinschaft wurden für die Streitjahre erstmals mit Bescheiden vom 22. Februar 2002 gesondert und einheitlich festgestellt.

In den Feststellungsbescheiden wurden dem Kläger u.a. Einkünfte aus Kapitalvermögen zugerechnet. Diese Einkünfte wurden in den Einkommensteuerbescheiden des Klägers nicht erfasst, da der Kläger nach übereinstimmender Ansicht der Beteiligten mit ihnen nicht beschränkt steuerpflichtig war. Auf die gegenüber dem Kläger festgesetzte Einkommensteuer wurde keine Kapitalertragsteuer angerechnet.

Mit Schreiben vom 19. Februar 2002 beantragte der Kläger unter Hinweis auf die abgegebenen Feststellungserklärungen, ihm die auf seine Kapitaleinkünfte entfallende --zutreffend einbehaltene und abgeführte-- Kapitalertragsteuer nebst Solidaritätszuschlag zu erstatten. Diesen Antrag lehnte der Beklagte und Beschwerdegegner (das Finanzamt --FA--) ab. Der deshalb erhobene Einspruch des Klägers hatte keinen Erfolg.

Auf die daraufhin erhobene Klage erließ das Finanzgericht (FG) ein Urteil, mit dem es das FA zu einer antragsgemäßen Erstattung verpflichtete. Dieses Urteil hob der beschließende Senat auf die Revision des FA hin auf. Er führte aus, dass der Kläger nach der gegebenen Bescheidlage die geltend gemachte Erstattung nicht erhalten könne. Doch müsse das FG prüfen, ob der Kläger einen Anspruch auf Erlass eines Freistellungsbescheides habe. Zu diesem Zweck wurde die Sache an das FG zurückverwiesen (Senatsurteil vom 28. Juni 2006 I R 47/05, BFH/NV 2007, 2).

Im zweiten Rechtsgang wies das FG die Klage ab. Dem Kläger könne der begehrte Freistellungsbescheid nicht gewährt werden, da die Festsetzungsfrist nicht gewahrt sei. Diese Frist habe mit der Anmeldung der Kapitalertragsteuer durch die Schuldnerin der Kapitalerträge begonnen und sei in dem Zeitpunkt, in dem der Kläger erstmals eine Erstattung begehrt habe, abgelaufen gewesen. Die Revision gegen sein Urteil ließ das FG nicht zu.

Mit seiner Nichtzulassungsbeschwerde macht der Kläger geltend, dass die Revision nach § 115 Abs. 2 Nrn. 1 und 2 der Finanzgerichtsordnung (FGO) zuzulassen sei.

Das FA tritt der Nichtzulassungsbeschwerde entgegen.

II.

Die Nichtzulassungsbeschwerde ist unzulässig. Der Kläger hat einen Grund für die Zulassung der Revision nicht in der gebotenen Form dargelegt.

1.

Nach § 115 Abs. 2 FGO ist die Revision gegen ein Urteil des FG u.a. dann zuzulassen, wenn die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat (Nr. 1) oder die Fortbildung des Rechts eine Entscheidung des Bundesfinanzhofs (BFH) erfordert (Nr. 2). Wird auf einen dieser Gründe eine Nichtzulassungsbeschwerde gestützt, so muss der Zulassungsgrund in der Beschwerdebegründung dargelegt werden (§ 116 Abs. 3 Satz 3 FGO). Fehlt es daran und wird auch kein anderer Zulassungsgrund dargelegt, so ist die Nichtzulassungsbeschwerde unzulässig.

2.

Im Streitfall macht der Kläger zum einen geltend, dass die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung i.S. des § 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO habe. Zur Darlegung dieses Zulassungsgrundes sind indessen Ausführungen dazu erforderlich, dass im konkreten Fall eine Rechtsfrage entscheidungserheblich ist, die im allgemeinen Interesse der Klärung bedarf (BFH-Beschlüsse vom 24. Januar 2008 X B 87/07, BFH/NV 2008, 605; vom 29. Februar 2008 XI B 208/07, XI B 209/07, BFH/NV 2008, 1174). Solche Ausführungen enthält die Beschwerdebegründung nicht.

a)

Der Senat hat im ersten Rechtsgang entschieden, dass der Kläger die begehrte Steuererstattung im Anschluss an das Ergehen eines Freistellungsbescheides erhalten könne, dass er die Erteilung eines solchen Bescheids beantragt habe und dass die Voraussetzungen für dessen Erlass noch zu prüfen seien. Diese Vorgabe war für das FG bindend (§ 126 Abs. 5 FGO). Sie muss auch der Entscheidung über die Nichtzulassungsbeschwerde zu Grunde gelegt werden.

b)

Ein Freistellungsbescheid ist gemäß § 155 Abs. 1 Satz 3 der Abgabenordnung (AO) Steuerbescheid. Es ergibt sich daher unmittelbar aus dem Gesetz (§ 169 Abs. 1 Satz 1 AO), dass er nicht erlassen werden darf, wenn die Festsetzungsfrist abgelaufen ist. Dass diese Frage einer Klärung durch ein Revisionsverfahren bedürfe, macht der Kläger denn auch nicht geltend. Er meint lediglich, dass der Streitfall im Zusammenhang mit der Bestimmung der Festsetzungsfrist Fragen von grundsätzlicher Bedeutung aufwerfe. Insbesondere hält er für klärungsbedürftig und im Streitfall klärungsfähig, wann die hier maßgebliche Festsetzungsfrist begonnen hat. Sein Vortrag dazu genügt den Anforderungen des § 116 Abs. 3 Satz 3 FGO jedoch nicht.

aa)

Das gilt zum einen insoweit, als der Kläger in Zweifel zieht, dass sich der Beginn der Festsetzungsfrist --wie vom FG angenommen-- im Grundsatz nach § 170 Abs. 1 AO bestimmt. Der Kläger trägt dazu sinngemäß vor, die in jener Vorschrift enthaltene Anknüpfung an die Entstehung der Steuer könne im Streitfall nicht greifen, da mangels beschränkter oder unbeschränkter Einkommensteuerpflicht eine Steuer gar nicht entstanden sei. Er geht aber nicht darauf ein, dass § 44 Abs. 1 Satz 2 des Einkommensteuergesetzes (EStG) im Hinblick auf die Kapitalertragsteuer eigenständig einen Entstehungszeitpunkt definiert und dabei nur an den Zufluss des Kapitalertrags, nicht aber an das Bestehen einer Steuerpflicht des Gläubigers anknüpft. Es ist jedenfalls nicht ohne weiteres erkennbar, weshalb diese gesetzliche Regelungslage bei der Anwendung des § 170 Abs. 1 AO außer Betracht bleiben sollte. Dazu wären deshalb im Rahmen der Beschwerdebegründung nähere Ausführungen notwendig gewesen. Der Kläger weist indessen nur darauf hin, dass die von ihm aufgeworfene Frage vom BFH noch nicht entschieden worden sei; das reicht zur Darlegung der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache nicht aus (BFH-Beschluss vom 15. Januar 2008 VIII B 222/06, BFH/NV 2008, 753, m.w.N.).

bb)

Entsprechendes gilt im Hinblick auf den Vortrag des Klägers, im Streitfall sei der Anlauf der Festsetzungsfrist nach § 170 Abs. 2 Nr. 1 AO bis zum Ablauf des Jahres 2002 gehemmt gewesen, da die Erbengemeinschaft erst in diesem Jahr Feststellungserklärungen für die Streitjahre abgegeben habe. Denn nach der Rechtsprechung des Senats besagt § 170 Abs. 2 Nr. 1 AO im Zusammenhang mit der Kapitalertragsteuer, dass die Festsetzungsfrist gehemmt wird, solange der Schuldner der Kapitalerträge die ihm obliegende Steueranmeldung (§ 45a Abs. 1 Satz 1 EStG) nicht abgibt (Senatsurteil vom 29. Januar 2003 I R 10/02, BFHE 202, 1, BStBl II 2003, 687); daraus folgt zugleich, dass in diesem Bereich die Abgabe der Kapitalertragsteuer-Anmeldung das für die Anwendung des § 170 Abs. 2 Nr. 1 AO maßgebliche Ereignis ist. Dazu hat das FG indessen mit bindender Wirkung (§ 118 Abs. 2 FGO) festgestellt, dass im Streitfall die Schuldnerin der Kapitalerträge die Kapitalertragsteuer jeweils am Fälligkeitstag angemeldet hat. Vor diesem Hintergrund ist nicht erkennbar, inwieweit die für die Kapitalertragsteuer maßgebliche Festsetzungsfrist zusätzlich durch die Pflicht der Erbengemeinschaft zur Abgabe einer Feststellungserklärung beeinflusst sein könnte; das gilt umso mehr, als die Kapitalertragsteuer sich unstreitig nicht auf der gesonderten Feststellung unterliegende Einkünfte des Klägers bezieht. Der Kläger hätte daher erläutern müssen, weshalb sich aus seiner Sicht in diesem Bereich eine klärungsbedürftige Rechtsfrage stellt. Eine solche Erläuterung enthält die Beschwerdebegründung nicht; der allgemein gehaltene Vortrag, dass die Handhabung seitens des FG zu einer "sachwidrigen Lösung" führe, reicht insoweit nicht aus.

3.

Die Ausführungen des Klägers zu dem seiner Ansicht nach einschlägigen Schreiben des Bundesministers der Finanzen vom 26. Oktober 1992 (BStBl I 1992, 693) zeigen ebenfalls keine klärungsbedürftige und im Streitfall klärungsfähige Rechtsfrage auf. Auf Ausführungen dazu wird gemäß § 116 Abs. 5 Satz 2 FGO verzichtet. Dasselbe gilt im Hinblick auf den Vortrag des Klägers zur Zulassung der Revision zum Zweck der Rechtsfortbildung (§ 115 Abs. 2 Nr. 2 FGO).

Ende der Entscheidung

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