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Gericht: Bundesfinanzhof
Beschluss verkündet am 19.11.1999
Aktenzeichen: I B 4/99
Rechtsgebiete: FGO, EStG


Vorschriften:

FGO § 105
FGO § 115 Abs. 2 Nr. 1
EStG § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 2
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Gründe

I. Die Beteiligten streiten darüber, ob Bewirtungsaufwendungen der Klägerin und Beschwerdeführerin (Klägerin) in vollem Umfang oder wegen § 4 Abs. 5 Nr. 2 des Einkommensteuergesetzes (EStG) nur eingeschränkt als Betriebsausgaben abzugsfähig sind.

Die Klägerin vertreibt in Deutschland kosmetische und pharmazeutische Hautpflegemittel, die sie von ihrer Schweizer Muttergesellschaft bezieht. Der Verkauf dieser Artikel erfolgt ausschließlich über Apotheken.

Im Streitjahr (1990) veranstaltete die Klägerin an verschiedenen Orten abendliche Fachseminare für Hautärzte, Apotheker und deren Personal, um über ihre Produkte und deren Anwendungsbereiche zu informieren. Anlässlich dieser Veranstaltungen, die in Hotels oder Gaststätten stattfanden und von ca. 19.30 Uhr bis 23.00 Uhr dauerten, gewährte sie den Teilnehmern jeweils ein Essen mit Getränk im Wert von insgesamt 30 DM pro Person.

Im Anschluss an eine Außenprüfung behandelte der Beklagte und Beschwerdegegner (das Finanzamt -FA-) die Aufwendungen für die Beköstigung der Seminarteilnehmer als gemäß § 4 Abs. 5 Nr. 2 EStG nur beschränkt abzugsfähigen Bewirtungsaufwand. Er erließ deshalb u.a. einen Bescheid zur gesonderten Feststellung des Verlustabzugs auf den 31. Dezember 1990, in dem er nur 80 v.H. der Aufwendungen als Betriebsausgaben berücksichtigte. Die gegen diesen Bescheid gerichtete Klage hat das Finanzgericht (FG) abgewiesen, ohne die Revision zuzulassen.

Mit ihrer Nichtzulassungsbeschwerde macht die Klägerin geltend, dass die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung habe und dass dem FG ein Verfahrensmangel unterlaufen sei. Das FA ist der Nichtzulassungsbeschwerde entgegengetreten.

II. Die Nichtzulassungsbeschwerde ist unzulässig. Die Klägerin hat die geltend gemachte grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache nicht in der gebotenen Form dargelegt. Ihre Verfahrensrüge ist unstatthaft, da der gerügte Mangel des finanzgerichtlichen Urteils nicht zur Zulassung der Revision führen kann, sondern allenfalls eine zulassungsfreie Revision rechtfertigen könnte:

1. Nach § 115 Abs. 2 Nr. 1 der Finanzgerichtsordnung (FGO) ist die Revision gegen ein finanzgerichtliches Urteil zuzulassen, wenn die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat. Eine solche ist nach ständiger Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH) nur dann gegeben, wenn der konkrete Fall eine Rechtsfrage aufwirft, die das Interesse der Allgemeinheit an der einheitlichen Entwicklung und Handhabung des Rechts berührt (Gräber/Ruban, Finanzgerichtsordnung, 4. Aufl., § 115 Rz. 7, m.w.N.). Neben der so definierten Klärungsbedürftigkeit ist Voraussetzung für eine Revisionszulassung außerdem die Klärungsfähigkeit der betreffenden Frage, was bedeutet: Es muss zu erwarten sein, dass die Frage in dem ggf. anschließenden Revisionsverfahren geklärt werden kann.

Wird eine Revisionszulassung wegen grundsätzlicher Bedeutung im Wege der Nichtzulassungsbeschwerde begehrt, so muss das Vorliegen dieses Revisionsgrundes in der Beschwerdeschrift dargelegt werden (§ 115 Abs. 3 Satz 3 FGO). Hierzu bedarf es eines substantiierten Eingehens sowohl auf die Klärungsbedürftigkeit als auch auf die Klärungsfähigkeit der vom Beschwerdeführer zu bezeichnenden Rechtsfrage (BFH-Beschlüsse vom 13. Januar 1999 XI B 80/98, BFH/NV 1999, 948; vom 8. Februar 1999 VIII B 284/98, BFH/NV 1999, 1217; Offerhaus in Hübschmann/Hepp/ Spitaler, Abgabenordnung-Finanzgerichtsordnung, 10. Aufl., § 115 FGO Anm. 128 f., m.w.N.). Erfüllt die Beschwerdeschrift diese (formalen) Anforderungen nicht, so ist die Nichtzulassungsbeschwerde unzulässig und deshalb zu verwerfen, ohne dass das (tatsächliche) Vorliegen einer grundsätzlichen Bedeutung überprüft werden kann.

2. Im Streitfall hat das FG sich an der Rechtsprechung des Senats orientiert, nach der § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 2 EStG alle Aufwendungen für die Bewirtung von Personen erfasst und es nicht darauf ankommt, ob die Beköstigung im Vordergrund steht oder "auch" bzw. "in erster Linie" der Werbung oder der Repräsentation dient (Urteil vom 3. Februar 1993 I R 57/92, BFH/NV 1993, 530; Beschluss vom 24. April 1997 I B 121/96, BFH/NV 1997, 751). Hierzu hat die Klägerin zwar vorgetragen, die genannte Rechtsprechung sei im Schrifttum auf Kritik gestoßen (Ludewig, Der Betrieb -DB- 1994, 1440). Damit hat sie eine bestehende Klärungsbedürftigkeit jedoch schon deshalb nicht dargelegt, weil allein das Vorhandensein einzelner abweichender Literaturstimmen nicht geeignet ist, eine durch den BFH entschiedene Rechtsfrage als weiterhin klärungsbedürftig erscheinen zu lassen. Das gilt jedenfalls dann, wenn - wie im Streitfall - der BFH seine Rechtsprechung zeitlich nach der Veröffentlichung der Kritik erneut bestätigt hat; dann kann nämlich davon ausgegangen werden, dass die vorgebrachten Gegenargumente in der neueren Entscheidung berücksichtigt worden sind. Im Übrigen stimmt die zitierte Rechtsprechung des Senats nicht nur mit derjenigen der FG (FG Münster, Urteil vom 29. September 1995 9 K 2834/92 K, 9 K 2835/95 U, Entscheidungen der Finanzgerichte -EFG- 1996, 1203; FG München, Urteil vom 23. Januar 1997 15 K 4378/93, EFG 1997, 1099), sondern auch mit der im Schrifttum ganz vorherrschenden Ansicht (z.B. Blümich/Wacker, Einkommensteuergesetz, Körperschaftsteuergesetz, Gewerbesteuergesetz, § 4 EStG Rz. 265; Söhn in Kirchhof/Söhn, Einkommensteuergesetz, § 4 Rdnr. H 46 ff.) überein.

Die Klägerin hat die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache auch nicht dadurch dargelegt, dass sie auf den ersten Leitsatz des BFH-Urteils vom 16. Februar 1990 III R 21/86 (BFHE 160, 166, BStBl II 1990, 575) hingewiesen hat. Dort heißt es zwar, dass eine Bewirtung i.S. des § 4 Abs. 5 Nr. 2 EStG nur dann vorliege, wenn die Darreichung von Speisen und/oder Getränken eindeutig im Vordergrund stehe. Hierzu hat der Senat jedoch bereits klargestellt, dass die genannte Formulierung nur darauf abzielt, die beschränkt abzugsfähigen "normalen" Bewirtungsaufwendungen von dem nicht abzugsfähigen Aufwand für den Besuch von Nachtlokalen o.ä. abzugrenzen (Urteil in BFH/NV 1993, 530, 531). Die hier interessierende Unterscheidung zwischen Bewirtungsaufwand und unbeschränkt abzugsfähigen Betriebsausgaben wird von ihr nicht erfasst.

Andere Unklarheiten, die ein Interesse der Allgemeinheit an einer erneuten höchstrichterlichen Entscheidung der genannten Frage hervorrufen könnten, hat die Klägerin nicht bezeichnet. Erst recht hat sie nicht dazu Stellung genommen, dass und inwieweit eine etwa klärungsbedürftige Rechtsfrage in einem nachfolgenden Revisionsverfahren klärungsfähig wäre. Damit wird ihr Vortrag zur grundsätzlichen Bedeutung den formalen Anforderungen, die an eine Nichtzulassungsbeschwerde zu stellen sind, nicht gerecht. In diesem Punkt ist die Nichtzulassungsbeschwerde mithin nicht ordnungsgemäß erhoben worden.

3. Mit ihrem weiteren Vortrag, dass das FG in der Urteilsbegründung zu Unrecht auf die Einspruchsentscheidung verwiesen habe (§ 105 Abs. 5 FGO), vermag die Klägerin einen Grund für eine Revisionszulassung nicht darzutun. Denn wenn - wie die Klägerin meint - die Voraussetzungen für eine solche Bezugnahme nicht vorgelegen haben sollten, wäre die Folge, dass das Urteil des FG nicht mit Gründen versehen wäre (BFH-Urteil vom 23. April 1998 V R 30/97, BFH/NV 1998, 1574). Ein solcher Mangel kann nur mit der zulassungsfreien Revision (§ 116 Abs. 1 Nr. 5 FGO), nicht aber mit der Nichtzulassungsbeschwerde gerügt werden (BFH-Beschluss vom 27. Oktober 1997 X B 203/95, BFH/NV 1998, 707; Brandt in Beermann, Steuerliches Verfahrensrecht, § 105 FGO Rz. 73; Gräber/Ruban, a.a.O., § 116 Rz. 5, m.w.N.).

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