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Gericht: Bundesfinanzhof
Beschluss verkündet am 09.10.2000
Aktenzeichen: I B 51/00
Rechtsgebiete: AO 1977, VGFGEntlG, FGO


Vorschriften:

AO 1977 § 172 Abs. 1 Nr. 2
AO 1977 § 118 Satz 1
AO 1977 § 165
VGFGEntlG § 4
FGO § 100 Abs. 2 Satz 2
FGO § 100 Abs. 2 Satz 3
FGO § 68
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Gründe

I. Das Finanzgericht (FG) hat der Klage der Klägerin und Beschwerdegegnerin (Klägerin) gegen die Körperschaftsteuerbescheide 1988 und 1989 durch das in Entscheidungen der Finanzgerichte 2000, 649 abgedruckte Urteil stattgegeben und die Berechnung der Körperschaftsteuer gemäß § 100 Abs. 2 Satz 2 der Finanzgerichtsordnung (FGO) dem Beklagten und Beschwerdeführer (Finanzamt --FA--) übertragen. Die Revision wurde nicht zugelassen, wogegen sich das FA mit der Beschwerde wandte. Während des Beschwerdeverfahrens hat das FA entsprechend dem Urteil des FG am 13. März 2000 gemäß § 172 Abs. 1 Nr. 2 der Abgabenordnung (AO 1977) geänderte Bescheide erlassen; sie sind zwischenzeitlich bestandskräftig.

II. Die Beschwerde ist unzulässig.

Das FG hat dem FA durch das angefochtene Urteil gemäß § 100 Abs. 2 Satz 2 FGO aufgegeben, die Körperschaftsteuer 1988 und 1989 nach Maßgabe der Urteilsgründe zu errechnen. Das im Klageverfahren unterlegene FA hätte demzufolge gemäß § 100 Abs. 2 Satz 3 FGO der Klägerin das Ergebnis der Neuberechnungen unverzüglich formlos mitteilen müssen und nach Rechtskraft des Urteils die angefochtenen Steuerbescheide mit dem geänderten Inhalt neu bekannt geben müssen. Im Streitfall ist das FA von dieser Vorgehensweise jedoch abgewichen. Es hat die Ergebnisse der neuberechneten Körperschaftsteuer 1988 und 1989 der Klägerin nicht nur formlos mitgeteilt, vielmehr unmittelbar geänderte --förmliche-- Steuerbescheide erlassen, obwohl es das Urteil mit Nichtzulassungsbeschwerde angefochten hatte und das Urteil sonach noch nicht rechtskräftig war. Zwar ist im Schrifttum bezweifelt worden, ob das Handeln einer Verwaltungsbehörde, das sich darauf beschränkt, die ihm im Urteil übertragenen Berechnungen des FG umzusetzen, die Merkmale einer eigenständigen Einzelfallregelung gemäß § 118 Satz 1 AO 1977 mit unmittelbarer Rechtswirkung nach außen erfüllen könne (von Groll in Gräber, Finanzgerichtsordnung, 4. Aufl., § 100 Rz. 38, dort m.w.N. zur Vorgängervorschrift zu § 100 Abs. 2 Satz 2 und 3 FGO in Art. 3 § 4 des Gesetzes zur Entlastung der Gerichte in der Verwaltungs- und Finanzgerichtsbarkeit --VGFGEntlG--). Solche Zweifel sind jedoch schon deshalb unangebracht, weil in § 100 Abs. 2 Satz 3 FGO --und abweichend von Art. 3 § 4 VGFGEntlG-- ausdrücklich zwischen der bloßen formlosen Mitteilung und dem nachfolgenden Bescheid unterschieden wird, obwohl sich der Regelungsgehalt dieses nachfolgenden Bescheides üblicherweise auf die im Urteil tenorierte Neufestsetzung der Steuer beschränkt. Das Gesetz geht also davon aus, dass die Umsetzung des FG-Urteils in Gestalt eines eigenständigen Verwaltungsaktes erfolgt (vgl. auch Senatsurteil vom 25. Januar 1989 I R 289/83, BFHE 156, 353, BStBl II 1989, 620 zu Art. 3 § 4 VGFGEntlG). Dass es sich im konkreten Streitfall um Änderungsbescheide und nicht lediglich um die Mitteilung der Rechenergebnisse handelt, ist im Übrigen eindeutig: Die Bescheide sind als solche bezeichnet, ihnen sind Rechtsmittelbelehrungen beigefügt.

Die als solche verstandenen Änderungsbescheide des FA sind weder unter der Bedingung ergangen, dass das FG-Urteil Bestand behalten werde (vgl. dazu Bundesfinanzhof, Urteil vom 2. März 1990 III R 75/85, BFHE 160, 395, BStBl II 1990, 747, ebenfalls zu Art. 3 § 4 VGFGEntlG), noch enthielten sie entsprechende Vorläufigkeitsvermerke gemäß § 165 AO 1977 (vgl. dazu Lange in Hübschmann/Hepp/Spitaler, Abgabenordnung-Finanzgerichtsordnung, 10. Aufl., § 100 FGO Rz. 56). Sie sind von der Klägerin überdies nicht gemäß § 68 FGO zum Gegenstand des Beschwerdeverfahrens gemacht worden. Die Änderungsbescheide könnten sonach auch dann nicht mehr geändert werden, wenn die Nichtzulassungsbeschwerde und eine nachfolgende Revision in der Sache Erfolg hätten. Damit fehlt dem FA für die Beschwerde das Rechtsschutzbedürfnis.

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