Judicialis Rechtsprechung

Mit der integrierten Volltextsuche, die vom Suchmaschinenhersteller "Google" zur Verfügung gestellt wird, lassen sich alle Entscheidungen durchsuchen. Dabei können Sie Sonderzeichen und spezielle Wörter verwenden, um genauere Suchergebnisse zu erhalten:

Zurück

Beginn der Entscheidung

Gericht: Bundesfinanzhof
Beschluss verkündet am 12.05.1999
Aktenzeichen: I B 98/98
Rechtsgebiete: FGO


Vorschriften:

FGO § 138 Abs. 1
FGO § 115 Abs. 1
FGO § 115 Abs. 3 Satz 3
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Gründe

1. Die Klägerin und Beschwerdeführerin (Klägerin) erhob am 12. Juli 1996 gegen den Beklagten und Beschwerdegegner (Finanzamt --FA--) Klage u.a. wegen Körperschaftsteuer und Umsatzsteuer 1994 (Streitjahr) und beantragte, die auf Schätzungen beruhenden Bescheide entsprechend den Angaben in den noch nachzureichenden Steuererklärungen zu ändern. Im September 1996 legte die Klägerin dem FA und dem Finanzgericht (FG) die Steuererklärungen vor. Am 29. Oktober 1996 fand in dem Rechtsstreit eine mündliche Verhandlung vor dem FG statt, in der der Erlaß von Änderungsbescheiden besprochen wurde. Das Protokoll der mündlichen Verhandlung enthält dazu folgende Angaben:

"Der Beklagte hat der Klägerin einen Fragenkatalog vorgelegt. Die Klägerin wird binnen vier Wochen dazu Stellung nehmen. Alsdann steht Änderungsbescheiden nichts mehr im Wege. In Hinblick darauf erklären die Beteiligten schon jetzt den Rechtsstreit in der Hauptsache für erledigt."

Mit Beschluß vom gleichen Tag legte das FG die Kosten des Verfahrens der Klägerin auf. In den Gründen des Beschlusses ist u.a. ausgeführt, die Beteiligten hätten den Rechtsstreit in der Hauptsache für erledigt erklärt.

Beide Beteiligten teilten daraufhin dem FG mit, es lägen noch keine wirksamen Erledigungserklärungen vor. Das FA machte geltend, seine Erledigungserklärung sei unwirksam, denn sie sei unter der aufschiebenden Bedingung abgegeben worden, daß die im Fragenkatalog genannten Punkte geklärt und die angefochtenen Bescheide geändert worden seien. Dies sei bisher nicht geschehen. Die Klägerin trug vor, auch ihre Erledigungserklärung stehe unter der aufschiebenden Bedingung, daß die angefochtenen Bescheide entsprechend dem Klageantrag geändert worden seien. Für den Fall, daß das FG dieser Auslegung der Erklärung nicht folge, widerrief die Klägerin die Erledigungserklärung.

Das FG setzte den Rechtsstreit fort. In der mündlichen Verhandlung am 11. Mai 1998 erklärten die Beteiligten, der angefochtene Umsatzsteuerbescheid sei inzwischen geändert worden, der Rechtsstreit wegen Umsatzsteuer habe sich dadurch in der Hauptsache erledigt. Hinsichtlich der Körperschaftsteuer beantragte die Klägerin nunmehr, das FA zu verpflichten, den angefochtenen Bescheid entsprechend der abgegebenen Steuererklärung zu ändern. Das FA beantragte, die Erledigung des Rechtsstreites festzustellen. Seine Rechtsauffassung, die Erledigungserklärung vom 29. Oktober 1996 sei unwirksam, gab das FA auf. Das FG entschied durch Urteil vom 11. Mai 1998, der Rechtsstreit sei erledigt. Über den neuen Sachantrag der Klägerin enthält der Tenor des Urteils keine Entscheidung. In den Gründen ist dazu ausgeführt, "derzeit" bestehe für das FA keine Verpflichtung, den Körperschaftsteuerbescheid zu ändern. Die Revision ließ das FG nicht zu.

Mit der Beschwerde begehrt die Klägerin die Zulassung der Revision wegen Divergenz.

Das FA beantragt, die Beschwerde zurückzuweisen.

2. Die Beschwerde war als unbegründet zurückzuweisen.

a) Das Urteil des FG weicht nicht von den Entscheidungen des Bundesfinanzhofs (BFH) vom 29. September 1967 VI B 69/67 (BFHE 90, 259, BStBl II 1968, 35) und vom 14. Juli 1972 VI R 264/70 (BFHE 106, 284) ab. Beide Entscheidungen betreffen die Rechtsfrage, ob sich ein Rechtsstreit bereits dadurch in der Hauptsache erledigt (§ 138 Abs. 1 der Finanzgerichtsordnung --FGO--), daß das FA dem Kläger zusagt, es werde den angefochtenen Steuerbescheid wie vereinbart ändern, und die Beteiligten daraufhin übereinstimmend dem FG gegenüber erklären, der Rechtsstreit sei in der Hauptsache erledigt. Der VI. Senat hat im Beschluß in BFHE 90, 259, BStBl II 1968, 35 zwar diese Frage verneint und die Auffassung vertreten, der Rechtsstreit erledige sich erst dadurch, daß das FA den zugesagten Änderungsbescheid erläßt. Im Urteil in BFHE 106, 284 hat der VI. Senat diese Aussage aber relativiert. Nach dem Urteil können die mit der Änderungszusage verbundenen Erledigungserklärungen unter der aufschiebenden Bedingung der späteren tatsächlichen Änderung stehen. Nur für den Fall, daß die Erledigungserklärungen unter einer solchen Bedingung stehen, gelten nach dem Urteil die Ausführungen im Beschluß in BFHE 90, 259, BStBl II 1968, 35. Daß Erledigungserklärungen, die in Zusammenhang mit einer Änderungszusage des FA stehen, stets als bedingte --und damit unwirksame-- Prozeßerklärungen auszulegen sind, läßt sich somit den beiden BFH-Entscheidungen nicht entnehmen (s.a. BFH-Urteil vom 29. Oktober 1987 X R 1/80, BFHE 151, 118, BStBl II 1988, 121; BFH-Beschluß vom 18. März 1992 XI S 16/91, BFH/NV 1992, 827; Lange, Steuer und Wirtschaft 1996, 137).

b) Soweit die Klägerin geltend macht, das FG hätte den Widerruf der von ihr abgegebenen Erledigungserklärung als wirksam beurteilen und den Rechtsstreit deshalb fortführen müssen, hat die Klägerin keinen Revisionszulassungsgrund gemäß § 115 Abs. 2 FGO dargelegt. Sie hat auch nicht dargelegt, daß das FG-Urteil von der BFH-Entscheidung in BFHE 151, 118, BStBl II 1988, 121 abweiche, da nach dieser Entscheidung das Verfahren --unabhängig von der Wirksamkeit des Widerrufs der Erledigungserklärung-- auf Antrag des Klägers fortzusetzen sei, wenn sich das FA nicht an die Änderungszusage halte. Der beschließende Senat darf daher die Revision nicht wegen einer Abweichung von dieser BFH-Entscheidung zulassen (§ 115 Abs. 3 Satz 3 FGO; Gräber/Ruban, Finanzgerichtsordnung, 4. Aufl., 1997, § 115 Rz. 63, m.w.N.).

c) Dem beschließenden Senat ist es in diesem Verfahren auch verwehrt, die Frage zu entscheiden, ob der Rechtsstreit vor dem FG deshalb noch nicht beendet ist, weil der Tenor des FG-Urteils vom 11. Mai 1998 keine Entscheidung über den von der Klägerin gestellten Verpflichtungsantrag enthält.

Ende der Entscheidung

Zurück