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Gericht: Bundesfinanzhof
Urteil verkündet am 20.08.2003
Aktenzeichen: I R 10/03
Rechtsgebiete: AO 1977


Vorschriften:

AO 1977 § 164 Abs. 1
AO 1977 § 169 Abs. 1 Satz 1
AO 1977 § 169 Abs. 2
AO 1977 § 169 Abs. 2 Nr. 2
AO 1977 § 170 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1
AO 1977 § 171 Abs. 4 Satz 1
AO 1977 § 171 Abs. 4 Satz 3
AO 1977 § 202 Abs. 1 Satz 3
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Gründe:

I. Die Klägerin und Revisionsklägerin (Klägerin) beantragte mit ihrer am 15. Juli 1992 beim Beklagten und Revisionsbeklagten (Finanzamt --FA--) eingereichten Körperschaftsteuererklärung für den Veranlagungszeitraum 1991 (Streitjahr) die Steuerfreistellung ausländischer Einkünfte. Das FA erließ am 28. Januar 1993 den erklärungsgemäß veranlagten Körperschaftsteuerbescheid 1991, der nach § 164 Abs. 1 der Abgabenordnung (AO 1977) unter dem Vorbehalt der Nachprüfung stand.

Am 7. Februar 1994 begann das FA bei der Klägerin mit der Durchführung einer Außenprüfung, die den Prüfungszeitraum 1989 bis 1992 umfasste. Am 14. Juli 1997 wurde ein Teilbericht gefertigt, der sämtliche Feststellungen der Prüfung mit Ausnahme des Auslandsachverhalts betraf.

Aufgrund diesen Teilberichts erging am 2. Oktober 1997 ein geänderter Körperschaftsteuerbescheid 1991. Ihren dagegen zunächst eingelegten Einspruch nahm die Klägerin am 6. Oktober 1998 zurück.

Nach der abschließenden Prüfung des Auslandsachverhaltes fand am 20. August 1998 die endgültige Schlussbesprechung statt. Der Betriebsprüfungsbericht wurde am 12. Oktober 1998 fertiggestellt. Am 21. Dezember 1998 erließ das FA einen erneuten Körperschaftsteueränderungsbescheid 1991. Der Vorbehalt der Nachprüfung wurde aufgehoben.

Dagegen erhob die Klägerin Klage, mit der sie neben materiell-rechtlichen Einwendungen den Eintritt der Festsetzungsverjährung geltend machte. In diesem Punkt blieb die Klage ohne Erfolg; das Hessische Finanzgericht (FG) wies sie insoweit mit Zwischenurteil vom 10. Dezember 2002 4 K 2214/99 als unbegründet ab. Das Zwischenurteil ist in Entscheidungen der Finanzgerichte (EFG) 2003, 747 abgedruckt.

Ihre Revision stützt die Klägerin auf Verletzung von § 171 Abs. 4 Satz 1 AO 1977.

Sie beantragt, das Zwischenurteil des FG sowie den geänderten Körperschaftsteuerbescheid 1991 vom 21. Dezember 1998 aufzuheben.

Das FA beantragt, die Revision zurückzuweisen.

II. Die Revision ist unbegründet. Das FG hat im Ergebnis zu Recht angenommen, dass die Festsetzungsfrist bei Erlass des angefochtenen Körperschaftsteuerbescheides vom 21. Dezember 1998 noch nicht abgelaufen war.

1. Gemäß § 169 Abs. 1 Satz 1 AO 1977 ist eine Steuerfestsetzung sowie ihre Aufhebung oder Änderung nicht mehr zulässig, wenn die Festsetzungsfrist abgelaufen ist. Nach § 169 Abs. 2 Nr. 2 AO 1977 beträgt die Festsetzungsfrist für die Körperschaftsteuer vier Jahre. Die Festsetzungsfrist beginnt grundsätzlich mit Ablauf des Kalenderjahres, in dem die Steuer entstanden ist (§ 170 Abs. 1 AO 1977). Ist für eine Steuer eine Steuererklärung einzureichen, so beginnt die Festsetzungsfrist nach § 170 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 AO 1977 mit Ablauf des Kalenderjahres, in dem die Steuererklärung eingereicht wird, spätestens jedoch mit Ablauf des 3. Kalenderjahrs, das auf das Kalenderjahr folgt, in dem die Steuer entstanden ist.

2. Da die Klägerin die Körperschaftsteuererklärung 1991 am 15. Juli 1992 beim FA einreichte, endete die Festsetzungsfrist hiernach grundsätzlich mit Ablauf des 31. Dezember 1996. Wurde jedoch, wie im Streitfall, vor Fristende mit einer Außenprüfung begonnen, so läuft gemäß § 171 Abs. 4 Satz 1 AO 1977 die Festsetzungsfrist für die Steuern, auf die sich die Außenprüfung erstreckt, nicht ab, bevor die auf Grund der Außenprüfung zu erlassenden Steuerbescheide unanfechtbar geworden oder nach Bekanntgabe der Mitteilung i.S. des § 202 Abs. 1 Satz 3 AO 1977 drei Monate verstrichen sind. Nach § 171 Abs. 4 Satz 3 AO 1977 endet die Festsetzungsfrist spätestens, wenn seit Ablauf des Kalenderjahrs, in dem die Schlussbesprechung stattgefunden hat, oder, wenn sie unterblieben ist, seit Ablauf des Kalenderjahres, in dem die letzten Ermittlungen im Rahmen der Außenprüfung stattgefunden haben, die in § 169 Abs. 2 AO 1977 genannten Fristen verstrichen sind.

3. Im Streitfall war der Ablauf der Festsetzungsfrist bei Erlass des geänderten Körperschaftsteuerbescheides vom 21. Dezember 1998 noch nicht abgelaufen. Es wurde am 14. Juli 1997 vom Betriebsprüfer zwar ein Teilbetriebsprüfungsbericht erstellt, aufgrund dessen der geänderte Bescheid vom 2. Oktober 1997 ergangen ist. Die zwischen Klägerin und FA kontroverse Frage, ob dieser Bescheid i.S. des § 171 Abs. 4 Satz 1 AO 1977 "aufgrund der Außenprüfung" ergangen ist, kann aber unbeantwortet bleiben. Denn auch, wenn dies zu bejahen wäre, würde sich unter den im Streitfall gegebenen Umständen nichts daran ändern, dass die Festsetzungsfrist weiterhin gemäß § 171 Abs. 4 Satz 1 AO 1977 gehemmt blieb. Wie vom FG festgestellt und unter den Beteiligten auch unstreitig ist, wurde die Außenprüfung nämlich trotz Ergehens des geänderten Bescheides vom 2. Oktober 1997 nicht beendet, sondern fortgeführt oder jedenfalls wiederaufgenommen. Sie erstreckte sich, wie ebenfalls vom FG festgestellt und unstreitig ist, auch weiterhin auf den Körperschaftsteueranspruch 1991. Die endgültige Schlussbesprechung fand am 20. August 1998 statt. Zu diesem Zeitpunkt war der geänderte Körperschaftsteuerbescheid vom 2. Oktober 1997 aber noch nicht unanfechtbar geworden und damit die Festsetzungsfrist noch nicht abgelaufen (vgl. § 171 Abs. 3 a AO 1977; die Klägerin hat ihren dagegen gerichteten Einspruch erst am 6. Oktober 1998 zurückgenommen.

Vor dem Hintergrund dieser Verfahrensabläufe war die Festsetzungsfrist für die Körperschaftsteuer 1991 selbst dann noch nicht abgelaufen, wenn man mit der Klägerin unterstellt, dass die ursprünglich begonnene Außenprüfung mit der Erstellung des Teilberichts vom 14. Juli 1997 abgeschlossen war. Denn die Fortführung oder Wiederaufnahme der Außenprüfung vor Ablauf der Festsetzungsfrist gilt als der Beginn einer neuen Prüfung, die eine erneute Hemmungswirkung auslöst. Der Steuerpflichtige muss innerhalb der Festsetzungsfrist jederzeit damit rechnen, dass Ereignisse mit ablaufhemmender Wirkung eintreten (Urteil des Bundesfinanzhofs --BFH-- vom 13. Februar 2003 IV R 31/01, BFH/NV 2003, 956, m.w.N. für den Fall der wiederaufgenommen Prüfung nach zu voriger Unterbrechung; s. auch Senatsurteile vom 24. April 2002 I R 25/01, BFHE 198, 303, BStBl II 2002, 586; BFH-Urteil vom 24. April 2003 VII R 3/02, BFHE 202, 32, BFH/NV 2003, 1237). Einer abermaligen Prüfungsanordnung bedarf es in diesem Fall nicht; die ursprüngliche Prüfungsanordnung wirkt insoweit fort (vgl. BFH-Urteil in BFH/NV 2003, 956; Gosch in Beermann, Steuerliches Verfahrensrecht, § 196 AO Rz. 7 und 34). Der Ablaufhemmung der Festsetzungsfrist betreffend die Körperschaftsteuer 1991 blieb also weiterhin gemäß § 171 Abs. 4 Satz 1 AO 1977 gehemmt. Diese Hemmung dauert an, bis der aufgrund der fortgeführten Prüfung ergangene Steuerbescheid vom 21. Dezember 1998 seinerseits unanfechtbar geworden ist. Dieser Bescheid ist folglich in noch unverjährter Zeit ergangen.

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