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Gericht: Bundesfinanzhof
Urteil verkündet am 06.03.2001
Aktenzeichen: I R 115/99
Rechtsgebiete: ZK, ZKDVO


Vorschriften:

ZK Art. 4 Nr. 9
ZK Art. 9 Abs. 1
ZK Art. 62
ZK Art. 74 Abs. 1
ZK Art. 76 Abs. 1
ZK Art. 189, Art. 191
ZK Art. 192 Abs. 1
ZK Art. 198
ZK Art. 201 Abs. 1
ZK Art. 201 Abs. 2
ZK Art. 218 Abs. 1
ZK Art. 221 Abs. 2
ZK Art. 221 Abs. 3 Satz 1
ZK Art. 222 Abs. 1
ZK Art. 225
ZK Art. 226 Buchst. c
ZK Art. 227 Abs. 3
ZKDVO Art. 248 Abs. 1 Satz 2
ZKDVO Art. 253 Abs. 2
ZKDVO Art. 262 Abs. 1
BUNDESFINANZHOF

Wird in einem Zollverfahren, das dem Spediteur laufend die Abgabe von vereinfachten Zollanmeldungen bei der Einfuhr von Waren für im Zeitpunkt der Verfahrensbewilligung nicht bekannte Zollschuldner gestattet und ihm die Übernahme der Einfuhrabgaben auf sein Aufschubkonto bewilligt, die Leistung einer zusätzlichen Sicherheit erforderlich, so muss sich die Bürgschaft auf die bei Beginn des Bürgschaftsverhältnisses noch geschuldeten und die künftig geschuldeten Einfuhrabgaben uneingeschränkt erstrecken. Der Spediteur ist als Inhaber der Bewilligung zur Leistung der zusätzlichen Sicherheit verpflichtet.

ZK Art. 4 Nr. 9, Art. 9 Abs. 1, Art. 62, Art. 74 Abs. 1, Art. 76 Abs. 1, Art. 189, Art. 191, Art. 192 Abs. 1, Art. 198, Art. 201 Abs. 1 und 2, Art. 218 Abs. 1, Art. 221 Abs. 2 und 3 Satz 1, Art. 222 Abs. 1, Art. 225, Art. 226 Buchst. c, Art. 227 Abs. 3 ZKDVO Art. 248 Abs. 1 Satz 2, Art. 253 Abs. 2, Art. 262 Abs. 1

Urteil vom 6. März 2001 - I R 115/99 -

Vorinstanz: FG Düsseldorf (ZfZ 2000, 58)


Gründe

I.

Der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Hauptzollamt --HZA--) bewilligte der Klägerin und Revisionsklägerin (Klägerin) mit Verfügung vom ... 1983 die Zulassung der Zollabfertigung nach vereinfachter Zollanmeldung mit Wirkung vom 1. Januar 1984. Dabei gestattete er der Klägerin, die Abfertigung in fremdem Namen zum freien Verkehr zu beantragen. Dazu hatte die Klägerin die Zollanträge und die vereinfachten Zollanmeldungen bei bestimmten Zollstellen und am 10. Tag nach dem Abrechnungszeitraum, dem Kalendermonat, die Sammelzollanmeldungen unter anderem getrennt für jeden Zollbeteiligten der zentralen Abrechnungsstelle des HZA abzugeben und die Eingangsabgaben bis auf die Kaffee- und die Teesteuer am 15. Tag des auf den Abrechnungszeitraum folgenden Monats zu zahlen.

Hinsichtlich der Sicherheitsleistung war bestimmt:

"24. Es muss stets ausreichende Sicherheit in Höhe der Eingangsabgaben geleistet sein, die durchschnittlich im Zeitraum von 1 1/2 Monaten ... entstehen. Die Sicherheit wird zunächst festgesetzt auf 300 000 DM.

25. Sie haben bei Zollabfertigungen nach vereinfachter Zollanmeldung im fremden Namen die Sicherheit für die Eingangsabgaben zu leisten.

26. Auf die Leistung einer Sicherheit für die Einfuhrumsatzsteuer wird widerruflich verzichtet."

In der Folgezeit wurde die Höhe der Sicherheitsleistung mehrfach angepasst.

Mit Verfügung vom ... setzte das HZA sie auf 260 000 DM herab. Hierfür ließ ihm die Klägerin gegen Rückgabe der Bürgschaftsurkunde einer anderen Bank im September 1997 eine Bürgschaftsurkunde über 260 000 DM übersenden.

Mit Verfügung vom ... setzte das HZA die von der Klägerin zu erbringende Sicherheit auf 340 000 DM fest. Hierauf übersandte die Klägerin eine Bürgschaftsurkunde über weitere 80 000 DM vom 17. November 1998, die folgenden Wortlaut hatte:

"1. Die Firma ... hat beim zuständigen Hauptzollamt eine Sicherheit für das ihr bewilligte Verfahren der Zollabfertigung nach vereinfachter Zollanmeldung - ZnV ... zu erbringen.

2. Wir leisten hiermit für diejenigen Beträge an Einfuhrabgaben mit Ausnahme der Einfuhrumsatzsteuer, welche für Einfuhren ab dem 1. November 1998 im obigen ZnV-Verfahren von ... angemeldet und errechnet werden und in der errechneten Höhe nicht fristgerecht an das Hauptzollamt entrichtet werden, dergestalt Sicherheit als Selbstschuldner, dass wir Zahlung bis zur Gesamthöhe von 80.000,00 DM

... sofort, sobald das HZA solche von uns fordert, zu leisten versprechen.

Die Sicherheit erstreckt sich zu den vorgenommenen Einfuhren auch auf diejenigen Beträge, die sich aus einer vom Hauptzollamt vorgenommenen abweichenden Berechnung ergibt, sofern das Hauptzollamt diese abweichenden Beträge dem Zollschuldner und ... spätestens bis zum Ablauf des 90. Tages nach dem Tag der Anschreibung im ZnV-Verfahren ordnungsgemäß mitgeteilt hat. ..."

Das HZA gab der Klägerin diese Bürgschaftsurkunde zurück, weil die erteilte Bürgschaft wegen der darin vorgenommenen zeitlichen Beschränkungen unzureichend sei.

Mit bestandskräftiger Verfügung vom 19. Februar 1999 änderte das HZA die Zulassung der Klägerin, die künftig als vereinfachtes Anmeldeverfahren (VA-Verfahren) bezeichnet wurde. Die o.a. Bestimmungen zur Sicherheitsleistung blieben davon unberührt.

Mit Schreiben vom ... Februar 1999 teilte das HZA der Klägerin mit, dass sie für das ihr bewilligte Verfahren nicht in ausreichendem Maße Sicherheit hinterlegt habe. Es akzeptiere zwar nach den Grundsätzen von Treu und Glauben die im September 1997 übersandte Bürgschaftsurkunde, verlange aber eine zusätzliche Sicherheit über 90 000 DM, die hinsichtlich des Beginns und des Endes ihrer Inanspruchnahme zeitlich nicht befristet oder eingeschränkt sein dürfe und dem amtlich vorgeschriebenen Vordruck 3711 für eine Bürgschaftsurkunde entsprechen müsse.

Die Klägerin weigerte sich dieser Aufforderung nachzukommen.

Daraufhin widerrief das HZA mit der angefochtenen Verfügung vom ... 1999 seine Bewilligung des VA-Verfahrens, weil die Voraussetzungen für die Bewilligung des Verfahrens nicht mehr erfüllt seien. Gegen diese Verfügung erhob die Klägerin fristgerecht Sprungklage, der das HZA fristgerecht zugestimmt hat.

Das Finanzgericht (FG) hat die Sprungklage aus den in der Zeitschrift für Zölle + Verbrauchsteuern 2000, 58 veröffentlichten Gründen abgewiesen. Hiergegen richtet sich die Revision der Klägerin, mit der sie die Verletzung von Bundesrecht geltend macht. Sie meint --zusammengefasst--, die Entscheidung verstoße gegen Art. 9 Abs. 1 der Verordnung (EWG) Nr. 2913/92 (Zollkodex --ZK--) des Rates vom 12. Oktober 1992 zur Festlegung des Zollkodex der Gemeinschaften (Amtsblatt der Europäischen Gemeinschaften --ABlEG-- Nr. L 302/1), weil das FG zu Unrecht angenommen habe, dass eine für die Bewilligung des Verfahrens erforderliche Voraussetzung nicht mehr erfüllt sei. Es gebe keine gesetzliche Vorschrift, woraus sich die Leistung einer Bürgschaft --geschweige denn einer zeitlich unbegrenzten-- als Voraussetzung für die Bewilligung des VA-Verfahrens ergebe. Es liege ein Verstoß gegen § 76 der Finanzgerichtsordnung (FGO) vor, weil das FG von einer "vorbehaltlosen" Verpflichtung der Klägerin zur Sicherheitsleistung ausgegangen sei, ohne darzulegen, woraus sich eine solche Verpflichtung ergeben solle und diesbezüglich keine Sachverhaltsaufklärung betrieben habe. Ein Verstoß gegen die Denkgesetze liege vor, wenn den Ausführungen des Urteils zu entnehmen sei, dass die Nr. 25 der ursprünglichen Bewilligung dahin auszulegen sei, dass eine im Betrag aufgestockte Bürgschaft rückwirkend für einen Zeitraum gelten müsse, für den noch gar kein Bedarf für eine betragsmäßig erhöhte Bürgschaft bestanden habe. Außerdem hätte die Vorinstanz verkannt, dass es bei Hingabe einer Bürgschaft grundsätzlich immanent sei, dass sie nur für Sachverhalte gelte, die ab Hingabe der Bürgschaft entstünden. Das Urteil verstoße auch gegen Art. 74 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 2 ZK, wenn es davon ausgehe, dass die Klägerin deshalb zu einer zeitlich uneingeschränkten Sicherheitsleistung verpflichtet sei, weil eine Ware erst dann überlassen werden dürfe, wenn zuvor eine Sicherheit geleistet worden sei. Einen Verstoß gegen Art. 189 Abs. 3 und Art. 191 ZK sieht die Klägerin darin, dass das FG meine, die streitgegenständlichen Bürgschaften könnten von der Klägerin und nicht von den eigentlichen Zollschuldnern verlangt werden. Die Auffassung der Vorinstanz, es käme auf die Frage, ob von der Klägerin überhaupt eine Sicherheit verlangt werden könne, nicht an, weil die Sicherheitsleistung als solche bestandskräftig in der Verfahrensbewilligung des VA-Verfahrens festgesetzt worden sei, sei mit dem Rechtsstaatsprinzip nicht vereinbar. Ein Verstoß gegen Art. 192 Abs. 1 Spiegelstrich 2 und Art. 226 Buchst. b und Buchst. c ZK sei darin zu sehen, dass nach Auffassung des erstinstanzlichen Urteils die Sicherheit im VA-Verfahren nach Maßgabe von Art. 192 Abs. 1 Spiegelstrich 2 ZK zu bemessen sei, obwohl diese Vorschrift nur subsidiär gelte. Das FG habe ferner gegen den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit verstoßen, weil nach seiner Meinung eine zeitlich unbeschränkte Sicherheit dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit entspreche. Schließlich liege ein weiterer Verstoß gegen die Denkgesetze darin, dass nach Auffassung des FG kein rückwirkendes Sicherheitsverlangen vorliege, wenn wie im Streitfall eine Erhöhung des Bürgschaftsvertrages verlangt werde und der erhöhte Betrag dann auch für Nachforderungen aus einer Zeit herangezogen werden könne, der vor dem Zeitpunkt des Erhöhungsverlangens liege. Die Vorinstanz billige dem HZA zu Unrecht zu, zumindest bis auf den 1. Januar 1994 zurückgehen zu können.

II.

Die Revision der Klägerin ist unbegründet. Das FG hat im Ergebnis richtig erkannt (§ 126 Abs. 4 FGO), dass die Klägerin durch den Widerruf der Bewilligung nicht in ihren Rechten verletzt ist. Denn das HZA hat die der Klägerin erteilte Bewilligung des VA-Verfahrens gemäß Art. 9 Abs. 1 ZK mit Recht widerrufen, weil eine der Voraussetzungen für die Bewilligung des VA-Verfahrens, nämlich das Vorliegen einer ausreichenden Sicherheit, nicht mehr erfüllt war. Als Inhaberin des VA-Verfahrens war die Klägerin zur Leistung der geforderten zusätzlichen Sicherheit über 90 000 DM verpflichtet, die sich auf die bei Beginn des Bürgschaftsverhältnisses noch geschuldeten und die künftig geschuldeten Einfuhrabgaben uneingeschränkt erstreckt.

1. Das der Klägerin im Jahre 1983 bewilligte vereinfachte Verfahren beruhte auf inzwischen überholtem Recht. Es ist in der Folgezeit insbesondere durch die bestandskräftige Verfügung des HZA vom 19. Februar 1999 der neuen durch den ZK und die der Verordnung (EWG) Nr. 2454/93 (Zollkodexdurchführungsverordnung --ZKDVO--) der Kommission vom 2. Juli 1993 mit Durchführungsvorschriften zu der Verordnung (EWG) Nr. 2913/92 des Rates zur Festlegung des Zollkodex der Gemeinschaften (ABlEG Nr. L 253/1) geänderten Rechtslage angepasst worden. Auf dieser Grundlage ist daher auch die Rechtmäßigkeit des Widerrufs der Bewilligung des VA-Verfahrens zu beurteilen.

2. Auf Grund der seit dem 1. Januar 1994 geltenden Regelungen ist Voraussetzung für die im Streitfall zeitlich unbefristete Bewilligung des VA-Verfahrens, in dem die Klägerin vereinfachte Zollanmeldungen im fremden Namen für im Zeitpunkt der Bewilligung unbestimmte Zollbeteiligte abgibt, die Leistung einer Gesamtsicherheit (dazu unten Buchst. a) in ausreichender Höhe (dazu unten Buchst. b), die sowohl die Erfüllung der Zollschulden, die vor dem Zeitpunkt ihrer Leistung bereits entstanden sind, als auch die künftig entstehenden Zollschulden zeitlich unbeschränkt absichert, und deren Inanspruchnahme keinen sonstigen Einschränkungen unterliegt (dazu unten Buchst. c und d). Die Sicherheit hat derjenige zu leisten, der den Antrag auf Bewilligung des VA-Verfahrens im eigenen Namen stellt (dazu unten Buchst. e).

a) Die Verpflichtung zur Leistung einer Sicherheit im VA-Verfahren folgt aus Art. 74 Abs. 1, Art. 218 Abs. 1 Unterabs. 2 ZK und aus Art. 262 Abs. 1 Anstrich 4 ZKDVO.

Rechtsgrundlage für die Bewilligung des VA-Verfahrens ist Art. 76 Abs. 1 Buchst. a oder Buchst. b ZK. Danach kann die Regelung, dass alle Waren, die in ein Zollverfahren übergeführt werden sollen, zu dem Verfahren schriftlich auf dem amtlichen Vordruck des Einheitspapiers und mit den darin geforderten Angaben angemeldet werden müssen, vereinfacht werden. Die Zollbehörden können zur Vereinfachung dieser Förmlichkeiten zulassen, dass die Anmeldung einige der Angaben nicht enthält, die nach Art. 62 Abs. 1 ZK eigentlich gefordert sind, oder einige der in Abs. 2 derselben Vorschrift vorgeschriebenen Unterlagen nicht beigefügt sind. Der Anmelder ist verpflichtet, eine ergänzende Anmeldung nachzureichen, die globaler, periodischer oder zusammenfassender Art sein kann (Art. 76 Abs. 2 ZK). Die ergänzenden Anmeldungen bilden zusammen mit den abgegebenen, jeweils vereinfachten Anmeldungen eine untrennbare rechtliche Einheit, die zum Zeitpunkt der Annahme der vereinfachten Anmeldung wirksam wird (Art. 76 Abs. 3 ZK). Weitere Einzelheiten des VA-Verfahrens regeln die Art. 253 Abs. 2 und Art. 260 bis 262 ZKDVO.

Regelmäßig mit dem VA-Verfahren verbunden ist die Überlassung der Waren gegen Sicherheitsleistung nach Annahme der vereinfachten Zollanmeldung. Die Möglichkeit dazu räumt Art. 74 Abs. 1 ZK ein. Dieser verlangt, wenn mit der Annahme der Anmeldung eine Zollschuld entsteht (Art. 201 Abs. 2 ZK), dass die Waren dem Anmelder erst nach Entrichtung des Zollschuldbetrages oder Leistung einer Sicherheit überlassen werden dürfen. Die Sicherheit muss dabei vor Überlassung der Waren geleistet worden sein. Da die Zollschuld im VA-Verfahren mit Annahme der vereinfachten Anmeldung entsteht, der Zollschuldbetrag aber erst nach Überlassung der Waren, die bereits nach Annahme der vereinfachten Zollanmeldung erfolgt, zu zahlen ist, ist somit die Leistung einer Sicherheit Voraussetzung für die Bewilligung des Verfahrens. Davon geht auch Art. 262 Abs. 1 Anstrich 4 ZKDVO aus, nach dem in der Bewilligung des VA-Verfahrens nähere Angaben zu der vom Beteiligten zu leistenden Sicherheit für die ggf. entstehenden Zollschulden zu machen sind. Im Übrigen besteht kein Zweifel daran, dass Art. 74 Abs. 1 ZK trotz seiner systematischen Stellung ("Schriftliche Anmeldungen, I. Normales Verfahren") auch für die vereinfachten Verfahren nach Art. 76 ZK gilt, weil die dort geregelten Vereinfachungen allein die Abgabe der Zollanmeldung betreffen. Nur insoweit werden die Vorschriften des normalen Verfahrens verdrängt.

Zu den weiteren Elementen des VA-Verfahrens gehören die einmalige buchmäßige Erfassung des Gesamtbetrages der Abgaben auf die Waren, die ein und derselben Person innerhalb eines bestimmten Zeitraums überlassen worden sind, auf Grund der zum Ende dieses Zeitraums abzugebenden ergänzenden Anmeldung (Art. 76 Abs. 2 ZK, Art. 253 Abs. 2, Art. 262 Abs. 1 Unterabs. 2 ZKDVO) und der mit dieser Vereinfachung verbundene Zahlungsaufschub (Art. 226 Buchst. c, Art. 227 Abs. 1 Buchst. c, Abs. 3 Buchst. b ZK). Beides setzt voraus, dass die Entrichtung der Abgaben gesichert ist (Art. 218 Abs. 1 Unterabs. 2 Satz 1, Art. 225 ZK), also eine ausreichende Sicherheit geleistet worden ist.

Da im VA-Verfahren verfahrensbedingt laufend Vorgänge anfallen, für die eine Sicherheitsleistung erforderlich ist, und aus Vereinfachungsgründen nicht für jeden einzelnen Vorgang Sicherheit geleistet werden soll, kann das VA-Verfahren nur bewilligt werden, wenn eine Gesamtsicherheit i.S. von Art. 191 ZK geleistet wird.

b) Der Betrag der Gesamtsicherheit ist gemäß Art. 192 Abs. 1 Unterabs. 2 ZK so hoch festzusetzen, dass die in ihrer Höhe verfahrensbedingt zeitlichen Schwankungen unterliegenden Zollschulden jederzeit gesichert sind.

Anders als die Klägerin meint, kann die Höhe der Sicherheit nicht gemäß Art. 192 Abs. 1 Unterabs. 1 Anstrich 1 ZK bestimmt werden, weil der zu sichernde Betrag bezogen auf den Zeitpunkt der Bewilligung oder einer späteren Überprüfung der Höhe der Sicherheit zu ermitteln ist. In diesem Zeitpunkt lässt sich aber nur die Höhe der bereits entstandenen, nicht jedoch die Höhe der ebenfalls zu sichernden künftig entstehenden Zollschulden ermitteln. Da der genaue Betrag der zu sichernden Zollschulden zum Zeitpunkt, in dem die Sicherheit verlangt wird, somit nicht zweifelsfrei ermittelt werden kann, ist der Betrag zu schätzen (Art. 192 Abs. 1 Unterabs. 1 Anstrich 2 ZK).

Zu sichern sind nach der Dienstanweisung des Bundesministeriums der Finanzen (Vorschriftensammlung der Bundesfinanzverwaltung --VSF-- Z 12 10 Abs. 37) die durchschnittlich im Laufe von 1 1/2 Monaten entstehenden Einfuhrabgaben, weil die Einfuhrabgaben im Streitfall auf Grund der erteilten Bewilligung jeweils erst am 15. des auf ihre Entstehung folgenden Monats zu zahlen sind (vgl. Art. 222 Abs. 1 Buchst. a Unterabs. 2 i.V.m. Art. 226 Buchst. c, Art. 227 Abs. 3 Buchst. b ZK). Der im Zeitpunkt der Bewilligung geschätzte Betrag der Sicherheitsleistung muss in regelmäßigen Abständen den tatsächlichen Verhältnissen angepasst werden, weil davon auszugehen ist, dass sich diese im Laufe des unbefristet bewilligten Verfahrens ständig ändern werden, und sicherzustellen ist, dass die betreffenden Zollschulden jederzeit gesichert sind (§ 192 Abs. 1 Unterabs. 2 ZK). Schätzungsgrundlage für die Anpassung sind die Zollschulden, die in anderen Fällen, d.h. im Streitfall die in einem bestimmten, der Schätzung vorangehenden Zeitraum im Laufe von 1 1/2 Monaten durchschnittlich entstanden sind (Art. 192 Abs. 1 Unterabs. 1 Anstrich 2 ZK), weil sich auf dieser Grundlage Anhaltspunkte dafür ergeben, wie hoch der abzusichernde Betrag in Zukunft wahrscheinlich sein wird. Für die Vergangenheit lässt sich auf dieser Grundlage feststellen, wie hoch der Betrag tatsächlich ist, der durch die Sicherheit abgedeckt sein muss.

c) Wird festgestellt, dass die geleistete Sicherheit die fristgerechte Erfüllung der Zollschulden nicht oder nicht mehr sicher gewährleistet, darf die nunmehr zusätzlich zu fordernde Sicherheit nicht auf die Absicherung der erst künftig entstehenden Zollschulden beschränkt werden, sondern muss auch die im Rahmen des Verfahrens bereits entstandenen Zollschulden absichern. Das folgt aus dem System des vorstehend beschriebenen VA-Verfahrens, nach dem die Höhe der Sicherheit immer nur auf Grund der für die Vergangenheit festgestellten Zollschulden geschätzt werden kann. Erst nach Durchführung dieser Schätzung steht fest, welchen in der Vergangenheit entstandenen Abgabenbetrag die Sicherheit tatsächlich abdecken muss.

Vor dem Zeitpunkt der Nachforderung einer Sicherheit bereits entstandene Zollschulden können nicht mit der Begründung außer Betracht gelassen werden, dass sie im Zeitpunkt der Nachforderung bereits erloschen sind. Zwar darf nach Art. 199 Abs. 1 ZK keine Sicherheit für Zollschulden verlangt werden, die bereits erloschen sind oder nicht mehr entstehen können. In einem laufenden VA-Verfahren lässt sich jedoch der Zeitpunkt, wann die entstandenen Zollschulden erloschen sein werden, nicht allgemein bestimmen. Er lässt sich vielmehr nur in Bezug auf einzelne konkrete in diesem Verfahren angefallene Forderungen festlegen. Dieser Zeitpunkt kann aber keinen unmittelbaren Einfluss auf die Bestimmung desjenigen Zeitpunkts haben, von dem ab die ergänzende Sicherheit zu gelten hat. Denn die Sicherheit bezieht sich als Gesamtsicherheit nicht auf eine einzelne Forderung, sondern auf eine Vielzahl von Forderungen, die im Laufe des Verfahrens zu im Voraus nicht bestimmbaren Zeitpunkten entstehen und wieder erlöschen. So ist es in dem laufenden VA-Verfahren durchaus wahrscheinlich, dass zu jedem Zeitpunkt Forderungen bestehen, die noch nicht erloschen sind und die daher von der erforderlichen zusätzlichen Sicherheit gedeckt sein müssen.

Rechtsgrundlage für die geforderte nachträgliche Erhöhung der Sicherheit mit Wirkung auch für die Vergangenheit ist Art. 198 ZK. Danach verlangen die Zollbehörden die Leistung einer zusätzlichen Sicherheit, wenn sie feststellen, dass die geleistete Sicherheit die fristgerechte Erfüllung der Zollschuld nicht vollständig gewährleistet. Das gilt insbesondere auch in einem Fall, in dem wie im Streitfall festgestellt wurde, dass die der ursprünglichen Sicherheitsleistung zugrunde gelegten, in der Vergangenheit entstandenen Forderungen insgesamt höher als ursprünglich geschätzt sind (vgl. Witte/Huchatz, Zollkodex, 2. Aufl., Art. 198 Rz. 1). Durch die Erhöhung der Sicherheit mit Wirkung für die Vergangenheit tritt keine Übersicherung ein, weil auch insoweit die durchschnittlich in einem Zeitraum von 1 1/2 Monaten entstandenen Zollschulden die Schätzungsgrundlage bilden und damit der Höchstbetrag festgelegt ist, für den die Sicherheit zu leisten ist.

Eine Bürgschaftsurkunde wie die von der Klägerin eingereichte vom 17. November 1998, die für die Inanspruchnahme der Bürgschaft von einem bestimmten Anfangszeitpunkt (1. November 1998) ausgeht, entspricht daher nicht den Anforderungen an die im Streitfall erforderliche zusätzliche Gesamtsicherheit.

d) Ebenso wie für die Vergangenheit ist es auch für die Zukunft nicht möglich, die Inanspruchnahme der Sicherheit auf bestimmte Zeiträume zu beschränken, in denen die Zollschulden entstanden sind oder ihre buchmäßige Erfassung mitgeteilt worden sein muss.

Keine Frage ist, dass die Sicherheit solche Forderungen abdecken muss, die nach Art. 221 Abs. 2 ZK als mitgeteilt gelten. Dabei handelt es sich um die im Rahmen des VA-Verfahrens von der Klägerin in der ergänzenden Anmeldung selbst berechneten Einfuhrabgaben, die zum 15. des auf ihre Entstehung folgenden Kalendermonats fällig werden.

Eine Beschränkung in der Inanspruchnahme der Sicherheit ist aber auch für solche Beträge der Einfuhrabgaben nicht möglich, die erst nachträglich buchmäßig erfasst (Art. 220 ZK) und dem Zollschuldner innerhalb der in Art. 221 Abs. 3 Satz 1 ZK festgelegten Frist von drei Jahren nach Entstehen der Zollschuld mitgeteilt werden. Denn die Voraussetzungen, unter denen solche Beträge nachgefordert werden können, sind in den Vorschriften über die nachträgliche buchmäßige Erfassung abschließend geregelt und können deswegen auch in der Bürgschaftsurkunde nicht abweichend festgelegt werden.

Aus den Besonderheiten des VA-Verfahrens, in dem die Sicherheit verlangt wird, ergibt sich insoweit nichts anderes. Insbesondere ist es nicht gerechtfertigt, die Sicherheitsleistung auf die Beträge zu beschränken, die am jeweiligen Stichtag auf Grund der Selbstberechnung durch die Klägerin in den ergänzenden Anmeldungen buchmäßig erfasst werden (Art. 218 Abs. 1 Unterabs. 2 ZK). Denn nach Art. 192 Abs. 1 Unterabs. 2 ZK ist die Gesamtsicherheit so festzusetzen, dass sie den Betrag der entstandenen Zollschulden jederzeit sichert. Zollschulden i.S. von Art. 201 ZK sind aber die nach den gemeinschaftsrechtlichen Vorschriften vorgesehenen Einfuhrabgaben (Art. 4 Nr. 9 ZK) unabhängig von dem Zeitpunkt ihrer buchmäßigen Erfassung. Die Notwendigkeit, den gesamten jeweils im VA-Verfahren entstehenden Zollschuldbetrag absichern zu müssen, bedeutet auch keine Schlechterstellung des VA-Verfahrens gegenüber dem normalen Verfahren. Denn im Rahmen dieses Verfahrens ist nach Art. 74 Abs. 1 ZK als Zollschuldbetrag ebenfalls der gesamte, die Zollschuld i.S. des Art. 4 Nr. 9 ZK ausmachende Betrag zu verstehen. Das folgt deutlich auch aus Art. 248 Abs. 1 Satz 2 ZKDVO, wonach ggf. Sicherheit für einen Differenzbetrag zu leisten ist, der den auf Grund der Zollanmeldung zunächst buchmäßig erfassten Betrag übersteigt, wenn es die Zollstelle für möglich hält, dass sich bei einer späteren Überprüfung ergibt, dass auch dieser Differenzbetrag noch geschuldet wird. Da die Zollstellen im VA-Verfahren bei der Abfertigung der Waren eine solche Prüfung mit der Möglichkeit, entsprechende Sicherheit zu verlangen, nicht vornehmen können, erscheint es auch von daher gerechtfertigt, dass die in diesem Verfahren zu verlangende Sicherheit ebenfalls den gesamten Betrag der Zollschuld abdecken muss.

Schließlich ist nicht voraussehbar, wann die ordnungsgemäß dem Zollschuldner mitgeteilten Einfuhrabgaben nach Art. 233 ZK erlöschen. Auch aus diesem Grunde kann die Inanspruchnahme der Bürgschaft für die Zukunft nicht zeitlich befristet werden.

Aus den vorgenannten Erwägungen würde die von der Klägerin eingereichte Bürgschaftsurkunde vom 17. November 1998 ebenfalls deswegen den Anforderungen an die im Streitfall erforderliche Gesamtsicherheit nicht entsprechen, weil sie die Inanspruchnahme der Bürgschaft hinsichtlich möglicher Nachforderungen auf solche beschränkt, die vom HZA innerhalb einer Frist von 90 Tagen "nach dem Tag der Anschreibung im ZnV-Verfahren ordnungsgemäß mitgeteilt werden".

Aus dem von der Klägerin genannten Urteil des Bundesgerichtshofs (BGH) vom 7. Dezember 1995 III ZR 141/94 (Höchstrichterliche Finanzrechtsprechung --HFR-- 1996, 529) ergibt sich nichts anderes. Aus ihm lassen sich keine allgemeinen Regeln dafür entnehmen, bis zu welchem Zeitpunkt die Zollbehörden einem Spediteur mitteilen müssen, dass die von ihm geleistete Sicherheit für Beträge in Anspruch genommen wird, die über die in der von ihm abgegebenen Anmeldung errechneten hinausgehen. Abgesehen davon, dass der BGH in diesem Urteil mit der hier zu entscheidenden Frage nicht befasst war, lassen sich ihm auch mittelbar keine Argumente entnehmen, die die Auffassung der Klägerin stützen könnten, dass das HZA die Klägerin innerhalb der in der Bürgschaftsurkunde vom 17. November 1998 genannten Frist unterrichten müsste, um auf die geleistete Sicherheit zurückgreifen zu können. Denn der BGH hatte nur über die Frage zu entscheiden, ob die Zollstelle ihre Amtspflicht dadurch verletzt hat, dass sie einen Importeur nicht über ihr bekannte Zahlungsschwierigkeiten des Spediteurs, über den der Importeur im vereinfachten Verfahren die von ihm geschuldeten Eingangsabgaben zahlte, unterrichtet hat. Das hat aber mit den hier zu behandelnden Fragen ersichtlich nichts zu tun.

e) Zur Leistung der erforderlichen Sicherheit im VA-Verfahren ist derjenige verpflichtet, der die Bewilligung des VA-Verfahrens beantragt, wenn er beabsichtigt, die Zollanmeldung im fremden Namen abzugeben. Antragstellerin ist im Streitfall die Klägerin, von der das HZA damit zu Recht die Leistung der Sicherheit verlangt hat.

Zwar ist nach den genannten Vorschriften über die Sicherheitsleistung grundsätzlich der Anmelder, der Zollschuldner ist oder werden kann, zur Leistung einer erforderlichen Sicherheit verpflichtet (Art. 189 Abs. 1 ZK, vgl. auch Art. 262 Abs. 1 Anstrich 4 ZKDVO --Beteiligter--). Die Zollbehörden können aber nach Art. 189 Abs. 3 ZK zulassen, dass die Sicherheit von einer dritten Person anstelle der Person geleistet wird, von der die Sicherheit verlangt worden war bzw. zu verlangen wäre. Anders als die Klägerin meint ist der genannten Vorschrift nicht zu entnehmen, dass die Sicherheit zunächst erfolglos von dem Anmeldenden angefordert sein müsste, bevor sie von einem Dritten an seiner Stelle geleistet oder angefordert werden dürfte. Die Vorschrift will vielmehr lediglich verhindern, dass ein Dritter gegen den Willen des Anmeldenden die Sicherheit für ihn leistet. Im Rahmen des von der Klägerin beantragten VA-Verfahrens, in dem sie als Vertreterin der Anmeldenden auftritt, ist aber davon auszugehen, dass die Klägerin im Einverständnis mit den von ihr vertretenen Anmeldenden handelt, wenn sie als Voraussetzung für die Bewilligung des Verfahrens die Leistung der Sicherheit für die Einfuhrabgaben übernommen hat. Das gilt insbesondere auch, weil es der Klägerin im VA-Verfahren gestattet wird, die Zollanmeldung für solche Personen abzugeben, die der Zollverwaltung im Zeitpunkt der Bewilligung des Verfahrens unbekannt sind. Denn insoweit wäre es der Zollverwaltung unmöglich, von diesen Personen die Leistung der von ihnen als künftige Zollschuldner zu erbringenden Sicherheit zu verlangen. Das Verfahren wäre daher in der von der Klägerin gewünschten Weise gar nicht durchführbar, wenn sie nicht bereit wäre, die Sicherheit für die künftigen unbekannten Zollschuldner zu leisten.

Der Senat vermag deshalb in dem Verlangen des HZA nach einer zeitlich unbeschränkten Sicherheit von der Klägerin, die für das VA-Verfahren Antragstellerin ist, auch keine Verletzung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes zu erkennen. Denn es steht der Klägerin frei, zu entscheiden, ob sie von dem VA-Verfahren Gebrauch machen möchte, das ihr wie allen Spediteuren zur Vereinfachung der Abfertigung angeboten wird. Da sie die vom HZA nach den vorstehenden Ausführungen mit Recht verlangte zusätzliche Sicherheit in der vorgeschriebenen notwendigen Form nicht gestellt hat, war das HZA berechtigt, die Bewilligung des Verfahrens wie geschehen zu widerrufen.

Dass die Klägerin im Rahmen des VA-Verfahrens die Sicherheitsleistung für die Einfuhrabgaben übernommen hat, folgt im Übrigen aus den Nrn. 24 und 25 der Zulassung vom 15. August 1983, die insoweit unverändert geblieben ist. Wäre die Klägerin dazu nicht bereit gewesen, hätte sie die Bewilligung des sie begünstigenden, von den Zollbehörden allgemein in dieser Weise ausgestalteten Verfahrens nicht beantragen bzw. in der Folgezeit nicht davon Gebrauch machen dürfen.

Die von der Klägerin in diesem Zusammenhang erhobene Verfahrensrüge unvollständiger Sachverhaltsaufklärung (§ 76 FGO), weil das FG nicht ermittelt habe, ob die in der Bewilligung festgelegte Verpflichtung der Klägerin zur Sicherheitsleistung rechtmäßig war und tatsächlich die Verpflichtung zur Leistung einer zeitlich unbefristeten Sicherheit durch die Klägerin beinhalte, geht fehl. Wie bereits ausgeführt, ergibt sich die Tatsache, dass die Bewilligung die beanstandete Verpflichtung enthielt, aus den Bestimmungen in Nrn. 24 und 25 der Bewilligung. Im Übrigen handelt es sich um Rechtsfragen, die wie vorstehend ausgeführt zu beantworten sind, nicht aber um aufzuklärende Tatsachen.



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