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Gericht: Bundesfinanzhof
Urteil verkündet am 20.12.2006
Aktenzeichen: I R 29/06
Rechtsgebiete: FGO, KStG, EStG


Vorschriften:

FGO § 126 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1
KStG § 8 Abs. 1 Satz 1
KStG § 8 Abs. 3 Satz 2
EStG § 6a
EStG § 6a Abs. 1
EStG § 6a Abs. 3 Satz 2 Nr. 1 Satz 4
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Gründe:

I. Die Beteiligten streiten --soweit im Revisionsverfahren noch von Relevanz-- darüber, ob bei der Ermittlung einer Überversorgung im Rahmen der Rückstellungsbildung für eine betriebliche Rentenanwartschaft die vom Versorgungsempfänger aus früherer Tätigkeit für einen anderen Arbeitgeber erworbenen Sozialversicherungsanwartschaften zu berücksichtigen sind.

Die Klägerin und Revisionsbeklagte (Klägerin), eine GmbH, sagte ihren beiden Gesellschafter-Geschäftsführern W und L am 1. Dezember 1993 jeweils eine betriebliche Versorgung von monatlich 3 750 DM nach Vollendung des 65. Lebensjahres zu. Die Aktivbezüge des W beliefen sich im Streitjahr 1996 auf 74 197 DM. In ihrer Bilanz zum 31. Dezember 1996 bildete die Klägerin Pensionsrückstellungen im Betrag von 213 180 DM. Der Beklagte und Revisionskläger (das Finanzamt --FA--) löste die Pensionsrückstellungen im Rahmen der Festsetzung der Körperschaftsteuer 1996 zu einem Teilbetrag von 29 258 DM gewinnerhöhend auf, weil insoweit eine Überversorgung des W vorliege. Bei der Berechnung der Überversorgung bezog das FA die Anwartschaften auf gesetzliche Altersrente aus einem früheren, nicht mit der Klägerin bestehenden Arbeitsverhältnis des W mit ein. Das Sächsische Finanzgericht (FG) gab der hiergegen erhobenen Klage mit Urteil vom 5. April 2006 6 K 1217/00 (abgedruckt in Entscheidungen der Finanzgerichte 2006, 1004) statt. Hinsichtlich eines anderen --in der Revisionsinstanz nicht anhängigen-- Streitgegenstandes hatte die Klage keinen Erfolg.

Gegen die Teilstattgabe der Klage richtet sich die Revision des FA.

Das FA beantragt (sinngemäß), das finanzgerichtliche Urteil aufzuheben und die Klage abzuweisen.

Die Klägerin beantragt, die Revision zurückzuweisen.

II. Die Revision ist begründet und führt gemäß § 126 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 der Finanzgerichtsordnung (FGO) zur Aufhebung des erstinstanzlichen Urteils und zur Abweisung der Klage. Das FA hat die W betreffende Pensionsrückstellung für die Bemessung der Körperschaftsteuer des Streitjahres zu Recht um 29 258 DM aufgelöst.

1. Gemäß § 8 Abs. 1 Satz 1 des Körperschaftsteuergesetzes (KStG) i.V.m. § 6a Abs. 1 des Einkommensteuergesetzes (EStG) darf für Pensionsverpflichtungen eine steuerwirksame Rückstellung gebildet werden, sofern die in § 6a EStG genannten Voraussetzungen erfüllt sind. Die Rückstellung ist höchstens mit dem Teilwert der Pensionsverpflichtung anzusetzen (§ 6a Abs. 3 Satz 1 EStG). Nach § 6a Abs. 3 Satz 2 Nr. 1 Satz 4 EStG sind Erhöhungen oder Verminderungen der Pensionsleistungen nach dem Schluss des Wirtschaftsjahres, die hinsichtlich des Zeitpunktes ihres Wirksamwerdens oder ihres Umfanges ungewiss sind, bei der Berechnung des Barwertes der künftigen Pensionsleistungen und der Jahresbeträge erst zu berücksichtigen, wenn sie eingetreten sind. Diese Regelungslage lässt sich durch eine entsprechende Höherbemessung der Versorgung nicht umgehen.

Der Bundesfinanzhof (BFH) sieht in einer derartigen Vorwegnahme künftiger Entwicklungen deshalb eine Überversorgung, die zur Kürzung der Pensionsrückstellung führt, und zwar typisierend dann, wenn die Versorgungsanwartschaft zusammen mit der Rentenanwartschaft aus der gesetzlichen Rentenversicherung 75 v.H. der am Bilanzstichtag bezogenen Aktivbezüge übersteigt. Im Hinblick auf die Schwierigkeit, die letzten Aktivbezüge und die zu erwartenden Sozialversicherungsrenten zu schätzen, hat der BFH zur Prüfung einer möglichen Überversorgung auf die vom Arbeitgeber während der aktiven Tätigkeit des Begünstigten tatsächlich erbrachten Leistungen abgestellt (ständige Rechtsprechung seit BFH-Urteil vom 13. November 1975 IV R 170/73, BFHE 117, 367, BStBl II 1976, 142; vgl. im Anschluss daran Senatsurteil vom 17. Mai 1995 I R 147/93, BFHE 178, 203, BStBl II 1996, 204, 205, und zuletzt Senatsurteile vom 31. März 2004 I R 70/03, BFHE 206, 37, BStBl II 2004, 937; I R 79/03, BFHE 206, 52, BStBl II 2004, 940; vom 15. September 2004 I R 62/03, BFHE 207, 443, BStBl II 2005, 176; vom 9. November 2005 I R 89/04, BFHE 211, 287). Die Verwaltungspraxis hat sich dem angeschlossen (Schreiben des Bundesministeriums der Finanzen --BMF-- vom 3. November 2004, BStBl I 2004, 1045).

2. Auch das FG ist im Streitfall zunächst von diesen Grundsätzen ausgegangen. Jedoch hat es bei der Berechnung der Versorgungsbezüge zu Unrecht die sozialversicherungsrechtliche Rentenanwartschaft des W aus der früheren Tätigkeit für einen anderen Arbeitgeber außer Ansatz gelassen.

a) Nach der Rechtsprechung des Senats sind bei der Prüfung, ob eine Überversorgung vorliegt, in die Versorgungsbezüge jene Sozialversicherungsrenten einzubeziehen, die der Begünstigte aus Sicht des Zeitpunktes der Zusage der betrieblichen Altersversorgung aufgrund der bis dahin geleisteten Beiträge in die (nicht freiwillig fortgeführte) gesetzliche Rentenversicherung bei Eintritt in den Ruhestand voraussichtlich zu erwarten hat (Senatsurteil in BFHE 206, 52, BStBl II 2004, 940, unter II.2.b aa --amtlicher Leitsatz Nr. 3--).

Hieran hält der Senat fest. Die Einbeziehung der auf Pflichtbeiträgen aus früheren Tätigkeiten beruhenden Sozialversicherungsanwartschaften in die Prüfung der Überversorgung ist geboten, weil die Zusage einer betrieblichen Altersversorgung steuerlich nur in jenem Umfang anzuerkennen ist, in dem sie den Wert einer fehlenden Anwartschaft auf gesetzliche Rentenleistungen ersetzt (vgl. auch Senatsurteil vom 28. Januar 2004 I R 21/03, BFHE 205, 186, BStBl II 2005, 841). Deshalb ist es in diesem Zusammenhang unerheblich, ob vorhandene Anwartschaften des Zusageempfängers aus einer parallel zur Zusage der Betriebsrente fortbestehenden Sozialversicherungspflicht resultieren oder ob sie aus früheren sozialversicherungspflichtigen Tätigkeiten herrühren. Ebenso wenig kann es für den Überversorgungsaspekt von Relevanz sein, ob im letztgenannten Fall die früheren sozialversicherungspflichtigen Tätigkeiten des Zusageempfängers für den jetzigen Dienstherrn oder für andere Arbeitgeber erbracht worden sind.

b) Für die in Anbetracht der Gesellschafterstellung des W vom FG für geboten erachtete Prüfung der Versorgungszusage auf eine gesellschaftsrechtliche Veranlassung ist bei Ermittlung einer Überversorgung im Rahmen der Rückstellungsbildung nach § 6a Abs. 3 Satz 2 Nr. 1 Satz 4 EStG --der in gleichem Maße für Gesellschafter wie für Fremdarbeitnehmer gilt-- von vornherein kein Raum. Eine verdeckte Gewinnausschüttung gemäß § 8 Abs. 3 Satz 2 KStG, hinsichtlich derer es auf die gesellschaftsrechtliche Veranlassung ankäme, kann nur in Bezug auf solche Pensionsrückstellungen gegeben sein, die nach § 6a EStG zulässig sind (Senatsurteile in BFHE 206, 52, BStBl II 2004, 940; in BFHE 211, 287).

3. Unter Einbeziehung der nach den Feststellungen des FG mit 13 765 DM jährlich zu bemessenden Rentenanwartschaft aus der früheren Tätigkeit betragen die bei der Überversorgungsprüfung anzusetzenden Versorgungsanwartschaften des W insgesamt 64 828 DM. Dieser Betrag übersteigt 75 v.H. der jährlichen Aktivbezüge (74 197 DM x 3/4 = 55 647,75 DM) um 9 180,25 DM. Aus diesem Überversorgungsbetrag errechnet sich nach der inhaltlich von der Klägerin nicht beanstandeten Berechnung des FA, an deren Richtigkeit zu zweifeln auch für den Senat kein Grund ersichtlich ist, eine gewinnwirksame Kürzung der zum 31. Dezember 1996 von der Klägerin gebildeten Pensionsrückstellungen um 29 258 DM.

4. Das FG hat in diesem Punkt eine abweichende Auffassung vertreten. Sein Urteil war deswegen aufzuheben. Die Klage ist insgesamt abzuweisen.

Ende der Entscheidung

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