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Gericht: Bundesfinanzhof
Urteil verkündet am 17.05.2000
Aktenzeichen: I R 31/99
Rechtsgebiete: GewStG


Vorschriften:

GewStG § 9 Nr. 7 Satz 1
GewStG § 12 Abs. 2 Nr. 4 Satz 1
BUNDESFINANZHOF

Die Beteiligung eines inländischen Unternehmens an einer ausländischen Kapitalgesellschaft gemäß § 9 Nr. 7 Satz 1 und § 12 Abs. 2 Nr. 4 Satz 1 GewStG muss keine unmittelbare sein.

GewStG § 9 Nr. 7 Satz 1, § 12 Abs. 2 Nr. 4 Satz 1

Urteil vom 17. Mai 2000 - I R 31/99 -

Vorinstanz: FG Münster (EFG 1999, 678)


Gründe

I.

Die Klägerin und Revisionsbeklagte (Klägerin), eine AG, ist durch Umwandlung im Jahr 1985 Rechtsnachfolgerin einer GmbH, der GIG, geworden. Die GIG erwarb mit Kauf- und Beteiligungsvertrag vom 21. Mai 1985 von einer GmbH & Co. KG, der B-KG, deren Kommanditbeteiligung an der Beteiligungs-KG. Diese hielt etwa 74 v.H. der Anteile (= 5 166 980 Ordinary Shares) der C-Ltd., einer Gesellschaft schottischen Rechts; GIG beabsichtigte, über einen Erwerb der Beteiligungs-KG die Anteile an der C-Ltd. zu erwerben.

Diese Beteiligung hatte sich bis zum Abschluss des Kauf- und Beteiligungsvertrages wie folgt entwickelt:

Im Jahre 1982 brachten drei Gesellschaften bürgerlichen Rechts (GbR) ihre insgesamt 738 140 Anteile an der C-Ltd. zum 30. Juni 1982 in die B-KG ein. Die Umschreibung der bisher von den drei Vermögensverwaltungsgesellschaften gehaltenen Anteile auf die B-KG wurde am 16. September 1982 veranlasst. Im September 1982 war die B-KG Inhaberin der 5 166 980 Anteile der C-Ltd.

Entsprechend einer Vereinbarung vom 11. Oktober 1982 brachte die B-KG sodann die Anteile an der C-Ltd. als Kommanditeinlage in die neu gegründete Beteiligungs-KG ein und verpfändete die Kommanditbeteiligung an ein Bankenkonsortium. Zivilrechtlich geschah dies absprachegemäß durch Einschaltung eines Treuhänders, des persönlich haftenden Gesellschafters G. Zu diesem Zweck wurden die Anteile auf G umgeschrieben und wurde dieser in das schottische Register eingetragen. Er leistete ebenso wenig wie die beiden anderen persönlich haftenden Gesellschafter eine Einlage; die persönlich haftenden Gesellschafter waren auch weder am Gewinn noch am Verlust der Gesellschaft beteiligt. - Die Beteiligungs-KG beschränkte sich darauf, die eingebrachten Anteile zu verwalten.

Der Erwerb der Kommanditbeteiligung der B-KG an der Beteiligungs-KG durch die GIG änderte an der Treuhandstellung von G nichts. Dieser erteilte der GIG unwiderruflich die Vollmacht, ihn in seiner Stellung als Inhaber der Anteile an der C-Ltd. zu vertreten und die damit verbundenen Stimmrechte wahrzunehmen. Am Gewinn und Verlust war allein die GIG beteiligt. In der Folgezeit erwarben die GIG bzw. die Klägerin weitere Anteile an der C-Ltd.

Die Klägerin behandelte die an sie ausgeschütteten Dividenden der C-Ltd. als steuerfrei gemäß Art. XVIII Abs. 2 Buchst. a Satz 3 des Abkommens zwischen der Bundesrepublik Deutschland und dem Vereinigten Königreich Großbritannien und Nordirland zur Vermeidung der Doppelbesteuerung und zur Verhinderung der Steuerverkürzung vom 26. November 1964 i.d.F des Revisionsprotokolls vom 23. März 1970 --DBA-Großbritannien-- (BGBl II 1966, 359; II 1971, 46). Der Beklagte und Revisionskläger (das Finanzamt --FA--) folgte dem im Ergebnis nicht. Es vertrat die Auffassung, die rein vermögensverwaltend tätige Beteiligungs-KG sei als GbR anzusehen. Auf die hiernach gesondert und einheitlich festzustellenden Einkünfte aus Kapitalvermögen sei weder das Schachtelprivileg gemäß Art. XVIII Abs. 2 Buchst. a Satz 3 DBA-Großbritannien i.V.m. § 9 Nr. 8 und § 12 Abs. 3 Nr. 5 des Gewerbesteuergesetzes (GewStG) in der im Streitjahr maßgeblichen Fassung noch das gewerbesteuerliche Schachtelprivileg gemäß § 9 Nr. 7 Satz 1, § 12 Abs. 3 Nr. 4 Satz 1 GewStG zu gewähren, weil es an der hierfür erforderlichen unmittelbaren Beteiligung der Klägerin fehle. Die mit dem Erwerb dieser Beteiligung verbundenen Verbindlichkeiten wurden gemäß § 12 Abs. 2 Nr. 1 GewStG als Dauerschulden hinzugerechnet, desgleichen die entsprechenden Finanzierungsaufwendungen gemäß § 8 Nr. 1 GewStG als Dauerschuldzinsen.

Die dagegen gerichtete Klage hatte Erfolg. Das Urteil des Finanzgerichts (FG) ist in Entscheidungen der Finanzgerichte (EFG) 1999, 678 abgedruckt.

Seine Revision stützt das FA auf Verletzung materiellen Rechts.

Es beantragt, das FG-Urteil aufzuheben und die Klage abzuweisen.

Die Klägerin beantragt, die Revision zurückzuweisen.

II.

Die Revision ist unbegründet.

Das FG hat die Dividendenzahlungen der C-Ltd. sowie die betreffenden Anteile an dieser bei der Ermittlung des Gewerbesteuermessbetrages 1986 im Ergebnis zu Recht unberücksichtigt gelassen. Dabei kann dahinstehen, ob sich die Freistellungen --wie von der Klägerin und der Vorinstanz angenommen werden-- aus Art. XVIII Abs. 2 Buchst. a Sätze 1 und 3 DBA-Großbritannien i.V.m. § 9 Nr. 8 und § 12 Abs. 3 Nr. 5 GewStG ergeben. Auch wenn dieses --mit dem FA-- zu verneinen wäre, weil die betreffenden Anteile nicht der GIG bzw. der Klägerin, vielmehr der B-KG im Sinne des Doppelbesteuerungsabkommens "gehörten" und weil es deshalb womöglich an der erforderlichen Unmittelbarkeit der Beteiligung fehlte (vgl. allerdings Beckmann in Debatin/Wassermeyer, Doppelbesteuerungsabkommen, Art. XVIII Großbritannien Rz. 25 und 40 in Abweichung zu entsprechenden Schachtelprivilegien in anderen Abkommen, vgl. dazu Wassermeyer, ebenda, Art. 23A MA Rz. 55; Vogel, Doppelbesteuerungsabkommen, 3. Aufl., Art. 23 Rz. 104, m.w.N. zur Rechtsprechung), so stünden der Klägerin gleichwohl die nationalen Schachtelprivilegien gemäß § 9 Nr. 7 Satz 1 sowie § 12 Abs. 3 Nr. 4 Satz 1 GewStG zu. Die tatbestandlichen Voraussetzungen dieser Vorschriften sind erfüllt; einer unmittelbaren Beteiligung bedarf es dafür nicht.

Nach § 9 Nr. 7 Satz 1 GewStG wird die Summe des Gewinns und der Hinzurechnungen eines inländischen Mutterunternehmens nach Maßgabe näher bestimmter, vorliegend nicht streitiger Voraussetzungen um die Gewinne aus Anteilen an einer ausländischen Kapitalgesellschaft (Tochtergesellschaft) gekürzt, an deren Nennkapital das Mutterunternehmen seit Beginn des Erhebungszeitraums ununterbrochen mindestens zu einem Zehntel beteiligt ist. Gleichermaßen ist gemäß § 12 Abs. 3 Nr. 4 Satz 1 GewStG die Summe des Einheitswerts des Gewerbebetriebs und der Hinzurechnungen um den Wert (Teilwert) einer zum Gewerbekapital gehörenden Beteiligung an einer ausländischen Kapitalgesellschaft zu kürzen. Insoweit in Einklang mit den nationalen Schachtelprivilegien nach § 9 Nr. 2 a und § 12 Abs. 3 Nr. 2 a GewStG kommt es danach nicht darauf an, dass die Muttergesellschaft an der Tochtergesellschaft "unmittelbar" beteiligt ist. Für die Inanspruchnahme der Kürzung genügt vielmehr jedwelche Form der Beteiligung in dem gesetzlich bestimmten Umfang von einem Zehntel (gleicher Ansicht Meyer-Scharenberg/Popp/Woring, Gewerbesteuergesetz, § 9 Nr. 7 Rz. 7; Gosch in Blümich, Einkommensteuergesetz, Körperschaftsteuergesetz, Gewerbesteuergesetz, 16. Aufl., § 9 Rz. 308 und 172; vgl. ebenso zu § 9 Nr. 2 a GewStG: Lenski/Steinberg, Gewerbesteuergesetz, 9. Aufl., § 9 Nr. 2 a Rz. 27; Patt, Deutsche Steuer-Zeitung 1999, 597, 598).

Die Gegenmeinung (Güroff in Glanegger/Güroff, Gewerbesteuergesetz, 4. Aufl., § 9 Nr. 7 Rz. 2; Schaumburg, Internationales Steuerrecht, 2. Aufl., Rz. 15.254; ebenso, wenn auch zweifelnd Odenthal in Flick/Wassermeyer/Baumhoff, Außensteuerrecht, 5. Aufl., § 9 Nr. 7 GewStG Rz. 20), der auch die Finanzverwaltung folgt (vgl. z.B. Oberfinanzdirektion --OFD-- Hannover, Verfügung vom 4. September 1998, Steuererlasse in Karteiform --StEK--, Gewerbesteuergesetz, § 9, Nr. 38), beruft sich demgegenüber auf das entsprechende Erfordernis in den Parallelnormen des § 26 Abs. 2 Satz 1 des Körperschaftsteuergesetzes (KStG) sowie des § 102 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 2 Satz 1 des Bewertungsgesetzes (BewG) a.F, nach Auffassung des erkennenden Senats indes zu Unrecht. Der Umstand, dass es dort auf eine unmittelbare Beteiligung ankommt und dass die Vorschriften insoweit voneinander abweichen, deutet im Gegenteil darauf hin, dass der Gesetzgeber von unterschiedlichen Voraussetzungen ausgehen wollte. Unterstrichen wird diese Annahme dadurch, dass sämtliche der genannten Vorschriften --jene des Gewerbesteuergesetzes ebenso wie diejenigen des Körperschaftsteuergesetzes und des Bewertungsgesetzes-- zeitgleich durch das Gesetz zur Wahrung der steuerlichen Gleichmäßigkeit bei Auslandsinvestitionen vom 8. September 1972 (BGBl I 1972, 1713) ergangen sind; sie sind überdies mehrfach aufeinander abgestimmt worden (vgl. Einführungsgesetz zum Körperschaftsteuerreformgesetz vom 6. September 1976, BGBl I 1976, 2641; Steuerentlastungsgesetz 1984 vom 22. Dezember 1983, BGBl I 1984, 1583; Steuerbereinigungsgesetz 1986 vom 19. Dezember 1985, BGBl I 1985, 2436), ohne dass das Unmittelbarkeitserfordernis harmonisiert worden wäre. Angesichts dessen muss davon ausgegangen werden, dass der Gesetzgeber die unterschiedlichen Formulierungen bewusst gewählt hat. Etwas anderes folgt auch nicht daraus, dass beim gewerbesteuerlichen Schachtelprivileg --ebenfalls abweichend vom Körperschaftsteuerrecht und Bewertungsrecht-- die Schachtelbeteiligungen von jedem gewerblichen Unternehmen gehalten werden können, unabhängig von der Rechtsform; vielmehr gibt auch diese Unterscheidung einen Hinweis auf die Eigenständigkeit der gewerbesteuerlichen Regelungen. Und schließlich lässt sich nichts Entgegenstehendes daraus herleiten, dass das GewStG in § 9 Nr. 7 Satz 1 und § 12 Abs. 2 Nr. 4 Satz 1 von der Beteiligung an einer "Tochtergesellschaft" und in § 9 Nr. 7 Satz 2 und § 12 Abs. 2 Nr. 4 Satz 2 von der --mittelbaren-- Beteiligung an einer "Enkelgesellschaft" ausgeht. Dies verdeutlicht lediglich, dass es sich um entsprechende Beteiligungen an ausländischen Kapitalgesellschaften handeln muss; darüber, in welcher Weise diese Beteiligungen im Inland strukturiert sein müssen, besagen diese Erfordernisse nichts.

Ende der Entscheidung

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