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Gericht: Bundesfinanzhof
Beschluss verkündet am 20.08.2008
Aktenzeichen: I R 32/08
Rechtsgebiete: KStG 2002, AO, FGO


Vorschriften:

KStG 2002 § 8b Abs. 2
AO § 174 Abs. 4
AO § 174 Abs. 5
AO § 174 Abs. 5 Satz 2
FGO § 60
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Gründe:

I. Die Klägerin und Revisionsklägerin (Klägerin) hat den Erwerb und die Verwaltung von Beteiligungen zum Gesellschaftsgegenstand. Alleingesellschafter der Klägerin war im Streitjahr 2002 F. F war gleichzeitig zu 50 % am Kapital der X-S.A. (X) beteiligt, die wiederum über einen Treuhänder 80 % der Anteile an der C-GmbH hielt, die durch Formwechsel am 12. Juni 2002 in die C-AG umgewandelt worden war. Das Grundkapital der C-AG, bestehend aus 2 200 Aktien zum Nennbetrag von je 25 € betrug 55 000 €. Aufgrund einer Vereinbarung zwischen F und der X sollte F gegen eine Abfindung von 660 Aktien der C-AG aus der X ausscheiden. Die Übertragung der Aktien erfolgte am 5. November 2002 durch Indossament direkt auf die Klägerin.

Die Klägerin bezifferte die Einlage mit 22 000 €. Dieser Betrag entsprach den Anschaffungskosten, die F im Jahr 1999 für die Anteile an der X aufgewandt hatte. Die Klägerin veräußerte am 31. Dezember 2002 die Aktien der C-AG zum Preis von 347 900 € an ein französisches Unternehmen. Sie behandelte den erzielten Gewinn aus dem Verkauf der Aktien in Höhe von 325 900 € als steuerfreien Veräußerungserlös nach § 8b Abs. 2 des Körperschaftsteuergesetzes (KStG 2002). Bei der Veranlagung 2002 behandelte der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt --FA--) die Veräußerung als steuerpflichtig und erließ einen entsprechenden Körperschaftsteuer- sowie einen Gewerbesteuermessbescheid 2002. Das FA war der Auffassung, die Anteile seien nicht zu ihrem Teilwert eingelegt worden, was die Gewährung einer Steuerbefreiung ausschließe.

Die dagegen erhobene Klage wies das Hessische Finanzgericht (FG) mit Urteil vom 29. November 2007 4 K 3765/04 ab. Es war der Auffassung, § 8b Abs. 2 KStG 2002 sei nicht anzuwenden. Diese Steuerbefreiung greife nur ein, soweit die Anteile nicht zu einem Wert unterhalb des Teilwertes erworben worden seien und der Vorgang auch nicht mehr als sieben Jahre zurückliege. Daran fehle es im Streitfall. Dass der Teilwert der eingelegten Anteile tatsächlich höher sei als der Wert, mit dem die Klägerin die Anteile in das Unternehmen eingelegt habe, zeige der zeitnahe Weiterverkauf der Aktien. Der Umstand, dass der französische Mitbewerber vier Wochen nach der Einlage der Anteile in das Betriebsvermögen der Klägerin mehr als das 15fache des Einlagebetrages als Übernahmepreis geboten und die Anteile schließlich zu dem Preis auch erworben habe, lasse darauf schließen, dass der Wert zum Zeitpunkt der Einlage erheblich über dem angesetzten Wert gelegen habe.

Mit ihrer Revision rügt die Klägerin eine Verletzung formellen und materiellen Rechts. Sie beantragt, das Urteil des FG aufzuheben und unter Änderung des Körperschaftsteuerbescheides 2002 und des Gewerbesteuermessbescheides 2002 in der Fassung der Einspruchsentscheidung die Körperschaftsteuer 2002 und den Gewerbesteuermessbetrag 2002 jeweils mit 0 € festzusetzen.

Das FA beantragt, die Revision zurückzuweisen.

Das FA hat vor dem FG mit Schreiben vom 11. Januar 2005 beantragt, F beizuladen. Die Klägerin hat hiergegen keine Einwände erhoben.

II. Dem Antrag des FA war gemäß § 174 Abs. 5 Satz 2 i.V.m. Abs. 4 der Abgabenordnung (AO) und § 60 der Finanzgerichtsordnung zu entsprechen.

1. Ist auf Grund irriger Beurteilung eines bestimmten Sachverhalts ein Steuerbescheid ergangen, der auf Grund eines Rechtsbehelfs des Steuerpflichtigen durch das Gericht aufgehoben oder geändert wird, so können aus dem Sachverhalt nachträglich durch Erlass oder Änderung eines Steuerbescheides die richtigen steuerlichen Folgerungen gezogen werden (§ 174 Abs. 4 Sätze 1 und 2 AO). Dies gilt auch gegenüber Dritten, wenn sie an dem Verfahren, das zur Aufhebung oder Änderung des fehlerhaften Steuerbescheides geführt hat, beteiligt waren (§ 174 Abs. 5 Satz 1 AO). Ihre Beiladung zu diesem Verfahren ist zulässig (§ 174 Abs. 5 Satz 2 AO).

Eine Beiladung nach § 174 Abs. 5 Satz 2 AO setzt danach voraus, dass ein Steuerbescheid möglicherweise wegen irriger Beurteilung eines Sachverhalts aufzuheben oder zu ändern ist, dass sich hieraus möglicherweise steuerrechtliche Folgerungen für einen Dritten durch Erlass oder Änderung eines Steuerbescheides ziehen lassen und dass das FA die Beiladung veranlasst und beantragt hat. Dabei ist im Beiladungsverfahren noch nicht abschließend zu prüfen, ob die formellen und materiellen Voraussetzungen für eine Änderung des Steuerbescheides vorliegen; denn die Beiladung darf die Entscheidung in der Hauptsache nicht vorwegnehmen. Sie dient vielmehr lediglich der frühzeitigen Beteiligung aller Betroffenen und damit der richtigen Besteuerung. Danach reicht es für eine Beiladung gemäß § 174 Abs. 5 Satz 2 AO aus, dass sich bei einem Erfolg der Klage eine Folgeänderung i.S. des § 174 Abs. 4 und 5 AO ergeben kann (vgl. Beschluss des Bundesfinanzhofs vom 17. Oktober 2006 VIII B 90/06, BFH/NV 2007, 199, m.w.N.).

2. Die Voraussetzungen einer Beiladung liegen danach vor. Das FA und ihm folgend das FG sind davon ausgegangen, F habe die Anteile an der C-AG mit einem Wert unterhalb des Teilwerts in die Klägerin eingelegt. Es ist nicht auszuschließen, dass der Senat zum Ergebnis kommt, dass F die Anteile zum Teilwert in die Klägerin eingebracht hat. Sofern der Teilwert der Anteile höher als die von der Klägerin angesetzten 22 000 € ist, könnten sich Auswirkungen auf die Steuerfestsetzung des F ergeben; das FA ist bislang davon ausgegangen, F habe die Anteile an der C-AG zu den Kosten, die er für die Anschaffung der Anteile an der X aufgewandt hat, eingelegt.

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