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Gericht: Bundesfinanzhof
Urteil verkündet am 05.03.2008
Aktenzeichen: I R 45/07
Rechtsgebiete: KStG, GewStG, EStG, AO


Vorschriften:

KStG § 8 Abs. 3 Satz 2
GewStG § 7
EStG § 4 Abs. 1 Satz 1
EStG § 20 Abs. 1 Nr. 1 Satz 2
AO § 42
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Gründe:

I. Unternehmensgegenstand der Klägerin und Revisionsklägerin (Klägerin), einer GmbH, war im Streitjahr 2001 die Erbringung bestimmter Dienstleistungen. Ihr alleiniger Gesellschafter und Geschäftsführer war Herr M.

Im Dezember 1997 erwarben M und seine Ehefrau, die ebenfalls bei der Klägerin angestellt war, ein 904 qm großes, unbebautes Grundstück zu einem Preis von 144 480 DM. Auf dem Grundstück sollte ein Gebäude errichtet werden, in dem sowohl die Privatwohnung der Eheleute M als auch die Betriebsräume der Klägerin untergebracht werden sollten. Der Bauantrag zur Errichtung eines Einfamilienhauses mit Büro wurde im November 1998 abgelehnt. Das Grundstück blieb unbebaut.

Des Weiteren erwarben die Eheleute M Anfang April/Mai 1999 ein 1976 errichtetes Einfamilienhaus. Mit Mietvertrag vom 31. August 1999 vermieteten sie der Klägerin in diesem Objekt Räumlichkeiten für einen Zeitraum von zunächst zehn Jahren. Dabei verpflichteten sie sich, das Objekt im renovierten und umgebauten Zustand zu übergeben, d.h. "nach Wahl des Mieters an den angemieteten Flächen und Nebenflächen hochwertige Umbaumaßnahmen (vorzunehmen), die den Vorstellungen des Mieters für eine zukünftige Büronutzung entsprechen". Die Klägerin zahlte im Gegenzug einen Baukostenzuschuss in Höhe von 50 000 DM.

Am 2. November 1999 veräußerten die Eheleute M das zunächst erworbene, nach wie vor unbebaute Grundstück zu einem Preis von 150 000 DM an die Klägerin. Zum Zweck der Kaufpreiszahlung übernahm diese die auf dem Grundstück befindlichen Grundpfandlasten mit den dadurch gesicherten Verbindlichkeiten einschließlich aller Nebenleistungen ab dem 1. November 1999. Die Vertragspartner gingen davon aus, dass die übernommenen Verbindlichkeiten 140 000 DM betrugen. Für diese Verbindlichkeiten zahlte die Klägerin im Streitjahr 7 609,67 DM Zinsen an die finanzierende Bank; an Grundsteuern fielen 300 DM an.

Der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt --FA--) sah in der Übernahme der laufenden Belastungen und der Kosten für das Grundstück im Umfang von --zuletzt-- 8 700 DM verdeckte Gewinnausschüttungen (vGA). Dabei ging er --in Einklang mit einem Sachverständigengutachten und nach einem vorangegangenen Klageverfahren für die Jahre 1999 und 2000 insoweit einvernehmlich mit der Klägerin-- davon aus, dass der Kaufpreis für das Grundstück im Umfang von 41 000 DM überhöht gewesen war. Darüber hinaus sei aber auch die Übernahme der Zinsen in Höhe geschätzter 6 v.H. des Kaufpreises von 140 000 DM und der Grundsteuer gesellschaftlich veranlasst.

Die Klage gegen die hiernach ergangenen Steuerbescheide war teilweise erfolgreich (Urteil des Finanzgerichts --FG-- Köln vom 18. April 2007 13 K 1441/06, Entscheidungen der Finanzgerichte --EFG-- 2007, 1467): Im Umfang von 3 144,70 DM lägen abzugsfähige Betriebsausgaben vor, die nicht außerbilanziell als vGA hinzuzurechnen seien. Denn in jenem Umfang entfielen die Zinsen auf den gezahlten Überpreis beim Ankauf des Grundstücks und damit auf die vGA des Jahres 1999; sie seien infolgedessen auch hierdurch und nicht durch den Ankauf als solchen veranlasst. Das FG ging dabei von einem unangemessenen Überpreis von 61 987,65 DM als den im Rahmen einer Preisbandbreite für die Klägerin günstigsten Preis aus. Im Umfang von 5 241,47 DM lägen indes vGA vor, weil das Grundstück letztlich nur aus gesellschaftlichen Gründen gehalten worden sei und sich für die Klägerin im Ergebnis als nicht gewinnträchtig darstelle. Einzubeziehen seien dabei ein entsprechender Anteil an den Schuldzinsen, die gezahlte Grundsteuer sowie ein mangels anderweitiger Erkenntnismöglichkeiten geschätzter 10 %iger Gewinnzuschlag auf den geleisteten Kapitaleinsatz.

Mit ihrer Revision rügt die Klägerin Verletzung formellen und materiellen Rechts. Sie beantragt sinngemäß, das FG-Urteil aufzuheben und die angefochtenen Steuerbescheide 2001 mit der Maßgabe abzuändern, dass in Zusammenhang mit dem Erwerb und dem Unterhalt des Grundstücks keine vGA anzunehmen ist.

Das FA beantragt, die Revision zurückzuweisen.

II. Die Revision ist begründet. Sie führt zur Aufhebung der angefochtenen Vorentscheidung und zur Klagestattgabe. Das FG hat im Umfang der laufenden Aufwendungen für das in Rede stehende Grundstück zu Unrecht vGA gesehen.

1. Eine vGA i.S. des § 8 Abs. 3 Satz 2 des Körperschaftsteuergesetzes (KStG), für die Gewerbesteuer i.V.m. § 7 des Gewerbesteuergesetzes, setzt bei einer Kapitalgesellschaft eine Vermögensminderung (verhinderte Vermögensmehrung) voraus, die durch das Gesellschaftsverhältnis (mit-)veranlasst ist, nicht auf einer offenen Gewinnausschüttung beruht und sich auf den Unterschiedsbetrag i.S. des § 4 Abs. 1 Satz 1 des Einkommensteuergesetzes --EStG-- (i.V.m. § 8 Abs. 1 KStG) auswirkt; dabei muss diese Unterschiedsbetragsminderung die objektive Eignung haben, beim Gesellschafter einen sonstigen Bezug i.S. des § 20 Abs. 1 Nr. 1 Satz 2 EStG auszulösen (z.B. Senatsurteile vom 7. August 2002 I R 2/02, BFHE 200, 197, BStBl II 2004, 131; vom 6. April 2005 I R 15/04, BFHE 210, 14, BStBl II 2006, 196; vom 3. Mai 2006 I R 124/04, BFHE 214, 80). Für den größten Teil der entschiedenen Fälle hat der Senat eine Veranlassung der Vermögensminderung durch das Gesellschaftsverhältnis angenommen, wenn die Kapitalgesellschaft ihrem Gesellschafter oder einer diesem nahestehenden Person einen Vermögensvorteil zuwendet, den sie bei Anwendung der Sorgfalt eines ordentlichen und gewissenhaften Geschäftsleiters einem Nichtgesellschafter nicht gewährt hätte (Senatsurteil vom 16. März 1967 I 261/63, BFHE 89, 208, BStBl III 1967, 626).

2. Im Streitfall hat die Klägerin nach den den Senat bindenden (vgl. § 118 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung --FGO--) Feststellungen des FG das in Rede stehende Grundstück von ihrem alleinigen Gesellschafter-Geschäftsführer und dessen Ehefrau zu einem überhöhten Preis angekauft. Das ist unter den Beteiligten zwischenzeitlich unstreitig; lediglich über die Höhe des Grundstückswerts besteht Uneinigkeit. Aus diesem Grunde wurde der Kaufpreis im Jahr des Ankaufs partiell als vGA behandelt. Das FG hat es zu Recht abgelehnt, den Finanzierungsaufwand der Klägerin für diesen Teil des Kaufpreises gleichermaßen als vGA anzusehen, weil die Finanzierung einer vGA (ebenso wie diejenige einer offenen Gewinnausschüttung) beim Gesellschafter keinen entsprechenden Vorteil i.S. des § 20 Abs. 1 Nr. 1 Satz 2 EStG auszulösen vermag und infolgedessen nicht ihrerseits eine verdeckte (oder auch offene) Ausschüttung herbeiführt (vgl. Senatsurteil vom 31. März 2004 I R 83/03, BFHE 206, 58). Auch darüber besteht unter den Beteiligten zwischenzeitlich kein Streit mehr.

3. Das FG hat allerdings den laufenden Finanzierungsaufwand der Klägerin für die Anschaffungskosten im Übrigen sowie die laufend anfallenden Grundsteuern als vGA behandelt, weil (auch) das Unterhalten des Grundstücks aufgrund der gleichbleibenden Verhältnisse nur aus dem privaten Interesse des Gesellschafter-Geschäftsführers und seiner Ehefrau zu erklären sei, diese von den besagten laufenden Zinsverpflichtungen und Grundsteuern, die sich bei ihnen mangels aktueller Einkünfteerzielungsabsicht steuerlich nicht ausgewirkt hätten, zu befreien. Letzteres mag so sein. Dennoch ist der vom FG gezogenen Schlussfolgerung nicht beizupflichten.

Wie der Senat entschieden hat, ist zwar eine vGA anzunehmen, wenn eine Kapitalgesellschaft im Interesse eines oder mehrerer Gesellschafter ein Wirtschaftsgut unterhält und ihr nur aus diesem Anlass Verluste entstehen, ohne dass sich der oder die Gesellschafter zu einem Verlustausgleich zuzüglich der Zahlung eines angemessenen Gewinnaufschlags verpflichtet haben; die vGA in Gestalt der verhinderten Vermögensmehrung liegt dann in dem Verzicht auf die Vereinbarung eines Aufwendungsersatzanspruchs in Höhe des in dem jeweiligen Veranlagungszeitraum angefallenen (Teil-)Verlustes zuzüglich eines angemessenen Gewinnaufschlags (vgl. Senatsurteile vom 4. Dezember 1996 I R 54/95, BFHE 182, 123; vom 15. Mai 2002 I R 92/00, BFHE 199, 217, jeweils m.w.N.). In den seinerzeit vom Senat entschiedenen Fällen waren die tatsächlichen Verhältnisse jedoch andere als im Streitfall; die dort in Rede stehenden Wirtschaftsgüter, jeweils Segeljachten, wurden von den Kapitalgesellschaften zur Befriedigung privater Interessen der Gesellschafter unterhalten. Unter diesen Umständen war der aus der Nutzung des betreffenden Wirtschaftguts resultierende laufende Unterhalt durch das Gesellschaftsverhältnis veranlasst.

Im Streitfall wurde das unbebaute Grundstück von der Klägerin hingegen nicht unterhalten, sondern nur gehalten. Dass dafür ein gesellschaftlicher Veranlassungszusammenhang anzunehmen wäre, ist nach Maßgabe der tatrichterlichen Feststellungen nicht ersichtlich. Es liegt nicht die Situation vor, dass die Kapitalgesellschaft im Lebenshaltungsbereich des Gesellschafters tätig wird. Vielmehr wurde das unbebaute Grundstück von dem Gesellschafter angekauft und ist der besagte laufende Unterhaltungsaufwand allein durch die unternehmerische Entscheidung veranlasst, das erworbene Grundstück zu behalten, also nicht weiter zu veräußern. Es handelt sich hierbei also um Folgekosten, welche aus dieser Investitionsentscheidung der Klägerin erwachsen sind. Dass der Grundstückserwerb (auch) seitens der Klägerin (wie zuvor von den Verkäufern) fremdfinanziert wurde, ist wiederum Ausdruck des Grundsatzes der grundsätzlichen unternehmerischen Freiheit, den Erwerb eines Wirtschaftsguts mit fremden oder mit eigenen Mitteln zu finanzieren. Die Fremdfinanzierung ändert nichts daran, dass hierdurch eigene Kosten ausgelöst werden, die nicht durch das Gesellschaftsverhältnis veranlasst sind. Denn es besteht anhand der Feststellungen des FG kein Anhalt dafür, dass nicht nur der Erwerb, sondern auch das Behalten des Grundstücks den persönlichen Interessen von M diente. Somit sind die damit verbundenen Ausgaben der Klägerin auch objektiv nicht geeignet, beim Gesellschafter einen Bezug i.S. von § 20 Abs. 1 Nr. 1 Satz 2 EStG auszulösen. Auch auf die Grundsätze der sog. steuerlichen Liebhaberei lässt sich mangels einer entsprechender Einnahmeerzielung nicht zurückgreifen. Selbst ein etwaiger Totalverlust aus dem Grundstücksankauf wäre vielmehr lediglich ein solcher aus einem "schlechten" Geschäft im Rahmen einer Investitionsentscheidung. Es kann vor diesem Hintergrund nicht zu einer Qualifizierung von Betriebsausgaben als vGA kommen. Das Rechtsinstitut der vGA ist nicht dafür geschaffen, die prinzipielle Trennung zwischen Kapitalgesellschaft einerseits und Gesellschafter andererseits außer Kraft zu setzen.

Allerdings hätte sich fragen lassen und hätte es wohl auch nahegelegen, ob nicht der Ankauf des Grundstücks als solcher infolge des festgestellten gesellschaftlichen Kaufmotivs eine vGA in Höhe des gesamten --und nicht nur des überhöhten-- Kaufpreises nach sich gezogen hat (vgl. auch Senatsurteil vom 17. November 2004 I R 56/03, BFHE 208, 519), oder auch, ob dieser Geschäftsvorfall i.S. von § 42 der Abgabenordnung missbräuchlich war. Diese Fragen sind aber auch seitens des FA im Streitfall nicht gestellt worden; eine Veranlassungsprüfung für den Zeitpunkt des Grundstückserwerbs wurde nicht vorgenommen. Die Besteuerung einer hiernach anzunehmenden vGA kann für das Streitjahr indes nicht mehr nachgeholt werden, auch nicht wirtschaftlich über den laufenden Unterhaltungsaufwand.

4. Die von der Vorinstanz vertretene Rechtsauffassung weicht von jener des erkennenden Senats ab. Das angefochtene Urteil war aufzuheben. Die Sache ist spruchreif. Die angefochtenen Steuerbescheide sind antragsgemäß zu ändern. Die Ermittlung und Berechnung der festzusetzenden Beträge wird dem FA nach Maßgabe der Gründe dieser Entscheidung überlassen (§ 100 Abs. 2 Satz 2 FGO).

Ende der Entscheidung

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