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Gericht: Bundesfinanzhof
Beschluss verkündet am 30.01.2002
Aktenzeichen: I R 48/00
Rechtsgebiete: FGO, HGB, EStG, DMBilG


Vorschriften:

FGO § 126a
HGB § 243 Abs. 1
HGB § 246 Abs. 1
EStG § 5 Abs. 1 Satz 1
DMBilG § 36
DMBilG § 36 Abs. 1
DMBilG § 50 Abs. 3
DMBilG § 36 Abs. 3 Satz 3
DMBilG § 36 Abs. 3 Satz 4
DMBilG § 36 Abs. 4 Satz 1
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Gründe:

Die Entscheidung ergeht gemäß § 126a der Finanzgerichtsordnung (FGO). Der Senat hält einstimmig die Revision für unbegründet und eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich. Die Beteiligten sind davon unterrichtet worden und hatten Gelegenheit zur Stellungnahme.

1. Die Passivierung einer Verbindlichkeit setzt i.S. von §§ 243 Abs. 1, 246 Abs. 1 des Handelsgesetzbuchs (HGB), § 5 Abs. 1 Satz 1 des Einkommensteuergesetzes (EStG) voraus, dass die Verbindlichkeit auf die Erbringung betrieblichen Aufwands gerichtet ist. Kreditzinsen sind betrieblich veranlasst, wenn sie für eine betriebliche Schuld geleistet werden. Für die Passivierung einer Verpflichtung zur Leistung von Zinsen ist daher Voraussetzung, dass die zugrunde liegende Hauptschuld am maßgebenden Bilanzstichtag besteht und als Betriebsvermögen zu passivieren ist. Die der streitigen Zinsverpflichtung der Klägerin und Revisionsklägerin (Klägerin) zugrunde liegende Verpflichtung aus dem in Rede stehenden Altkredit entspricht diesen Voraussetzungen zum maßgebenden Stichtag 31. Dezember 1990 nicht.

Zwar hat die Klägerin die Verpflichtung aus dem Altkredit in ihrer gemäß § 1 des Gesetzes über die Eröffnungsbilanz in Deutscher Mark und die Kapitalfestsetzung vom 28. Juli 1994 --DMBilG-- (BGBl I 1994, 1842, BStBl I 1994, 550) zum 1. Juli 1990 aufzustellenden Eröffnungsbilanz und den Folgebilanzen (daher auch zum 31. Dezember 1990) passiviert. Diese Bilanzen sind auch der steuerlichen Gewinnermittlung zugrunde zu legen (§ 50 Abs. 1 und 2, § 53 DMBilG). Diese Passivierung in der Eröffnungsbilanz ist aber gemäß § 36 DMBilG zu berichtigen. Dies führt gemäß § 50 Abs. 3 DMBilG zu einer entsprechenden Berichtigung auch etwaiger Folgebilanzen und damit der Steuerbilanz zum 31. Dezember 1990.

2. Ergibt sich bei der Aufstellung späterer Jahresabschlüsse, dass Schulden zu Unrecht angesetzt worden sind, ist dieser Ansatz in der späteren Bilanz zu berichtigen (§ 36 Abs. 1 Satz 1 DMBilG). Dies gilt gemäß § 36 Abs. 3 Satz 3 DMBilG auch, wenn nach Ablauf der Feststellungsfrist eine in der Eröffnungsbilanz berücksichtigte Schuld erlassen, von einem Dritten mit befreiender Wirkung unentgeltlich übernommen oder von diesem wirtschaftlich getragen wird. Beruht eine derartige Wert- oder Bestandsänderung auf Maßnahmen der Treuhandanstalt (THA), gelten diese Maßnahmen als werterhellend i.S. des § 36 Abs. 1 DMBilG (§ 36 Abs. 3 Satz 4 DMBilG). In diesen Fällen gilt gleichermaßen die Eröffnungsbilanz als geändert (§ 36 Abs. 4 Satz 1 DMBilG).

Die genannten Voraussetzungen hat das FG im Streitfall zu Recht bejaht. Aufgrund einer Schuldübernahmeerklärung vom September 1994 hat die THA den Altkredit der Klägerin schuldbefreiend von deren Muttergesellschaft M zunächst gegen Einräumung eines Gesellschafterdarlehens übernommen, die ihn ihrerseits korrespondierend von der Klägerin übernommen hatte. Nachdem die THA im Dezember 1994 gegen Besserungsschein auch auf die Rückzahlung des Gesellschafterdarlehens gegenüber M verzichtet und die Bundesanstalt für vereinigungsbedingte Sonderaufgaben (BvS) als Rechtsnachfolgerin der THA im April 1995 beschlossen hatte, die M aus dem Besserungsschein nicht in Anspruch zu nehmen, ist davon auszugehen, dass spätestens zu diesem Zeitpunkt die BvS den Altkredit der Klägerin i.S. von § 36 Abs. 3 Satz 3 DMBilG zumindest wirtschaftlich getragen hat. Die Klägerin ihrerseits war von dieser Verbindlichkeit ersatzlos befreit, nachdem auch die M ihr gegenüber im Januar 1995 rückwirkend zum 31. Dezember 1994 auf weitere Ausgleichszahlungen im Hinblick auf den Altkredit verzichtet hatte.

Da diese "zweistufige" Befreiung der Klägerin von dem Altkredit auf der Schuldübernahmeerklärung der THA vom September 1994 beruht, ist auch von einer Maßnahme der THA i.S. von § 36 Abs. 3 Satz 4 DMBilG auszugehen. Dass sie auf die Stärkung des Eigenkapitals der Klägerin in der Zukunft gerichtet war, spricht nicht gegen eine "Maßnahme" der THA im genannten Sinne. Sie gilt (einschließlich der abschließenden Verzichtserklärungen im Jahre 1995) bezogen auf den Bilanzstichtag zum 31. Dezember 1994 daher als werterhellend (§ 36 Abs. 3 Satz 4 DMBilG). Auf diesen Stichtag sind § 36 Abs. 1 bis 3 DMBilG letztmals anzuwenden (§ 36 Abs. 4 Satz 2 DMBilG).

3. Neben der Bilanz zum 31. Dezember 1994 "gilt" auch die Eröffnungsbilanz der Klägerin (zum 1. Juli 1990) ebenfalls insofern "als geändert", als dort der Altkredit nicht mehr zu passivieren ist (§ 36 Abs. 4 Satz 1 DMBilG). Dass die Schuldübernahme durch die THA als auch durch die M nicht bereits zum 1. Juli 1990, sondern jeweils rückwirkend erst zum 1. Juli 1994 erfolgen sollte, ist angesichts des eindeutigen gesetzlichen Wortlauts nicht entscheidend. Infolge der Änderung der Handelsbilanzen gelten auch die steuerliche Eröffnungsbilanz zum 1. Juli 1990 und die Folgebilanzen als geändert (§ 50 Abs. 3 DMBilG). Dass die Maßgeblichkeit gemäß § 50 Abs. 3 DMBilG in Fällen (teilweise) rückwirkender Schuldübernahmen wie vorliegend nicht eingreifen soll, ist weder der gesetzlichen Regelung noch dem Gesetzeszweck zu entnehmen.

Ebenso ist dem Gesetzeswortlaut nicht zu entnehmen, dass die Bestimmung des § 36 Abs. 3 Satz 3 DMBilG solche Übertragungsvorgänge nicht erfassen soll, denen die Beteiligten ihrerseits keine ausdrückliche Rückwirkung auf den 1. Juli 1990 zugemessen haben. Zwar ist der Entstehungsgeschichte als auch dem Gesetzeszweck des § 36 Abs. 3 Satz 3 DMBilG zu entnehmen, dass den Beteiligten eine flexible Gestaltung ermöglicht werden sollte (vgl. dazu die amtliche Begründung zu § 36 Abs. 3 Satz 3 DMBilG bei Budde/Kofahl, DMBilG --Ergänzungsband 1991-- § 36 nach Gesetzestext). Dies betrifft aber die tatbestandlichen Voraussetzungen der Vorschrift mit dem Ziel, vor allem der THA die Möglichkeit einzuräumen, Verbindlichkeiten eines Unternehmens --mit dem Zweck der Sanierung-- auch noch nach Ablauf der Feststellungsfrist für die Eröffnungsbilanz --ohne Gewinnauswirkung-- zu erlassen oder mit befreiender Wirkung zu übernehmen. Die an derartige Maßnahmen geknüpften Rechtsfolgen unterliegen hingegen nicht der Disposition der Parteien. Dies gilt bereits für die Handels-, umso mehr aber für die Steuerbilanzen (vgl. etwa Senatsurteil vom 15. Dezember 1999 I R 91/98, BFHE 191, 33, BStBl II 2000, 381). Beruhen die Wert- oder Bestandsänderungen auf Maßnahmen der THA, gelten sie, auch wenn sie ihrem Charakter nach wertbegründend sind, gemäß § 36 Abs. 3 Satz 4 DMBilG als werterhellend i.S. des § 36 Abs. 1 DMBilG nicht nur für die Wert- oder Bestandsänderungen in der Bilanz zum 31. Dezember 1994, sondern auch für die Eröffnungsbilanz zum 1. Juli 1990, die gemäß § 36 Abs. 4 Satz 1 DMBilG ebenfalls "als geändert gilt". Nur durch Änderung auch der Eröffnungsbilanz wird die bezweckte Gewinnneutralität der Maßnahme gewährleistet.

4. Im Übrigen ergeht die Entscheidung ohne Begründung.

Ende der Entscheidung

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