Judicialis Rechtsprechung

Mit der integrierten Volltextsuche, die vom Suchmaschinenhersteller "Google" zur Verfügung gestellt wird, lassen sich alle Entscheidungen durchsuchen. Dabei können Sie Sonderzeichen und spezielle Wörter verwenden, um genauere Suchergebnisse zu erhalten:

Zurück

Beginn der Entscheidung

Gericht: Bundesfinanzhof
Urteil verkündet am 28.02.2001
Aktenzeichen: I R 51/00
Rechtsgebiete: EStG


Vorschriften:

EStG § 5 Abs. 5 Satz 1 Nr. 1
EStG § 5 Abs. 2
BUNDESFINANZHOF

Für degressive Raten beim Leasing beweglicher Wirtschaftsgüter des Anlagevermögens ist regelmäßig kein aktiver Rechnungsabgrenzungsposten zu bilden (Abgrenzung zum BFH-Urteil vom 12. August 1982 IV R 184/79, BFHE 136, 280, BStBl II 1982, 696).

EStG § 5 Abs. 5 Satz 1 Nr. 1, Abs. 2

Urteil vom 28. Februar 2001 - I R 51/00 -

Vorinstanz: FG Münster (EFG 2000, 668)


Gründe

I.

Die Klägerin und Revisionsbeklagte (Klägerin), die einen Herstellungsbetrieb unterhält, arbeitet mit geleasten Produktionsmaschinen. Die Leasingraten sind wie folgt degressiv gestaffelt: 1. bis 12. Monat 3,55 v.H., 13. bis 24. Monat 2,24 v.H. und 25. bis 51. Monat 1,46 v.H. der Anschaffungskosten des Leasinggegenstandes. Bei einer Veränderung der Anschaffungskosten änderten sich die Leasingraten im gleichen Verhältnis. Bis zur Bezahlung des Leasinggegenstandes behielt sich der Leasinggeber vor, die Leasingraten entsprechend der Änderung des Kapitalmarktzinses, der den Leasingraten zugrunde lag, anzupassen. Eine Kündigung des Leasingvertrages war nur aus wichtigem Grund zulässig. Die Erhaltungsaufwendungen während der Grundmietzeit hatte der Leasingnehmer zu tragen.

Der Beklagte und Revisionskläger (das Finanzamt --FA--) vertrat unter Hinweis auf das Urteil des Bundesfinanzhofs (BFH) vom 12. August 1982 IV R 184/79 (BFHE 136, 280, BStBl II 1982, 696) abweichend von der Klägerin die Auffassung, bei Vereinbarung degressiver Leasingraten mit fester mehrjähriger Laufzeit sei die Summe der während der vertraglichen Laufzeit geschuldeten Raten in jährlich gleichbleibenden Beträgen auf die Laufzeit zu verteilen. Die in den ersten Jahren über diesen rechnerischen linearen Jahresaufwand hinausgehenden Beträge seien als Rechnungsabgrenzungsposten zu aktivieren und in den Jahren, in denen die Leasingraten niedriger als der rechnerische Jahresaufwand sind, gewinnmindernd linear aufzulösen.

Die gegen die hiernach ergangenen Körperschaftsteuerbescheide gerichtete Klage war erfolgreich. Das Finanzgericht (FG) gab ihr mit den in Entscheidungen der Finanzgerichte (EFG) 2000, 668 abgedruckten Gründen statt.

Seine Revision stützt das FA auf Verletzung materiellen Rechts.

Es beantragt, das FG-Urteil aufzuheben und die Klage abzuweisen.

Die Klägerin beantragt, die Revision zurückzuweisen.

II.

Die Revision ist unbegründet.

1. Aus Sicht des Leasingnehmers ist das Leasinggeschäft ein schwebender Vertrag, der nach den Grundsätzen über die Bilanzierung schwebender Geschäfte grundsätzlich nicht zu bilanzieren ist. Gemäß § 8 Abs. 1 des Körperschaftsteuergesetzes (KStG) i.V.m. § 5 Abs. 5 Satz 1 Nr. 1 des Einkommensteuergesetzes (EStG) ist allerdings abweichend hiervon ein aktiver Rechnungsabgrenzungsposten zu bilden, wenn und soweit Ausgaben vor dem Abschlussstichtag vorliegen, die Aufwand für eine bestimmte Zeit nach diesem Tag darstellen.

Im Streitfall haben die Vertragsbeteiligten Leasingverhältnisse begründet und hierbei keine gleichbleibenden Leasingraten, vielmehr solche, vereinbart, denen ein degressiv gestaffelter Verlauf zugrunde liegt. Das FA meint deshalb, dass es sich bei jenem überproportionalen Aufwand, der von der Klägerin dem degressiven Ratenverlauf entsprechend zu erbringen ist, um Leistungen für erst später zu erbringende Gegenleistungen des Leasinggebers handele. Ist diese Frage zu bejahen, wäre für diesen Aufwand ein entsprechender Aktivposten zu bilden.

2. Der BFH (Urteil in BFHE 136, 280, BStBl II 1982, 696) hat hierzu bezogen auf einen Immobilien-Leasingvertrag entschieden, dass degressive Leasingraten nicht anzuerkennen, vielmehr die insgesamt gezahlten Leasingraten linear auf die Grundmietzeit zu verteilen und die Unterschiedsbeträge vom Leasingnehmer aktiv abzugrenzen seien. Er hat dies damit begründet, dass es sich bei dem Leasingvertrag um ein Dauerschuldverhältnis handele. Die Leistungen des Leasinggebers in Gestalt der fortwährenden Nutzungsüberlassung der Immobilie sei in den einzelnen Jahren grundsätzlich von gleicher Art und gleichem Umfang und damit gleichwertig. Maßgeblich für die Wertbestimmung sei in diesem Zusammenhang nicht die betriebswirtschaftliche Kostenrechnung des Leasinggebers, sondern das rechtliche, insbesondere das schuldrechtliche Verhältnis von Leistung und Gegenleistung; abzustellen sei auf den rechtlichen Jahreswert von Leistung und Gegenleistung. Der Urteilsfall betraf einen Immobilien-Leasingvertrag, der auf 30 Jahre zu festen Bedingungen abgeschlossen worden war und nur aus wichtigem Grunde gekündigt werden konnte.

3. Die Finanzverwaltung folgt den Grundsätzen dieser Entscheidung und wendet sie auch auf vergleichbare Mobilien-Leasingverträge an (ebenso z.B. Findeisen in Büschgen, Praxishandbuch Leasing, § 19 Rz. 84; Kleine, Jahrbuch der Fachanwälte für Steuerrecht --JbFSt-- 1997/1998, 231 f.; Schreiber in Blümich, Einkommensteuergesetz, Körperschaftsteuergesetz, Gewerbesteuergesetz, 16. Aufl., § 5 EStG Rz. 740 Stichwort Leasing unter II. 2.; Weber/Grellet in Schmidt, Einkommensteuergesetz, 19. Aufl., § 5 Rz. 735, jeweils m.w.N.; s. auch Fuchs, Der Betrieb --DB-- 1996, 1833, 1834 zu 17.19 und 17.20 der International Accounting Standards). Der Senat hält indes mit der Vorinstanz die gegenüber dem Urteil in BFHE 136, 280, BStBl II 1982, 696 vielfach laut gewordenen kritischen Äußerungen für bedenkenswert (vgl. dazu z.B. Adler/Düring/Schmaltz, Rechnungslegung und Prüfung der Unternehmen, 6. Aufl., § 250 HGB Rz. 126 ff.; Bordewin, Neue Wirtschafts-Briefe Fach 17, 1435, 1456 ff.; Forster in Handelsrecht und Steuerrecht, Festschrift für Döllerer, 1988, S. 147 ff.; Gelhausen/Gelhausen in von Wysocki/Schulze-Osterloh, Handbuch des Jahresabschlusses in Einzeldarstellungen, Abtlg. I/5 Rz. 147; Tiedchen, daselbst, Abtlg. II/8 Rz. 61 f.; Glasel in Beck'sches Handbuch der Rechnungslegung Abtl. B 710 Leasing Rz. 61, 67 ff.; Günkel, JbFSt 1997/1998, 225 ff.; Winnefeld, Bilanz-Handbuch, 2. Aufl., Rz. D 289; Bauer in Kirchhof/Söhn, Einkommensteuergesetz, § 5 Rdnr. F 349 ff., jeweils, m.w.N.; vgl. auch Hauptfachausschuß des Instituts der Wirtschaftsprüfer in Deutschland --HFA IdW-- 1/1989, Die Wirtschaftsprüfung --WPg-- 1989, 625). Im Streitfall kommt es jedoch auf diese Frage nicht an.

a) Zwar ist mit dem Urteil in BFHE 136, 280, BStBl II 1982, 696 im Grundsatz davon auszugehen, dass sich die Leistungen des Leasingnehmers --die von ihm zu erbringenden Leasingraten-- sowohl beim Immobilien- als auch beim Mobilienleasing nicht unmittelbar an dem Wert des überlassenen Wirtschaftsguts und nicht an der Kostenstruktur des Leasinggebers als dessen Kalkulationsgrundlage messen lassen. Entscheidend ist vielmehr der Wert der Nutzungsüberlassung als der Gegenleistung des Leasinggebers. Anders als beim Immobilienleasing kann aber beim Mobilienleasing nicht davon ausgegangen werden, dass der objektive Wert der Nutzungsüberlassung als Grundlage für die (positive oder negative) Investitionsentscheidung des Leasingnehmers in den einzelnen Jahren des Leasingzeitraumes gleichbleibend ist. Der objektive Wert der Nutzungsüberlassung richtet sich nicht nur nach der rechtlichen Verwendungsmöglichkeit, sondern auch und vor allem nach dem Funktionswert, also der objektiven Verwendbarkeit des geleasten Wirtschaftgutes vor dem Hintergrund der betrieblichen Zielsetzung. Der Funktionswert hängt wiederum von der Betriebszeit und dem Alter des Leasinggegenstandes ab und bestimmt sich nach den jeweiligen "Wiederbeschaffungskosten", gegebenenfalls also solchen für ein gebrauchtes Wirtschaftsgut. Dessen technische Alterung ist ebenso zu berücksichtigen wie sein wirtschaftlicher Verzehr. Zusätzlich ist von Bedeutung, inwieweit der Leasingnehmer im Laufe der Zeit zunehmend mit Aufwendungen zur Reparatur und Instandhaltung des Leasinggegenstandes zu rechnen haben wird (ebenso Günkel, JbFSt 1997/1998, 225 ff. insoweit a.A. HFA IdW, WPg 1989, 625, 626, unter D. 1.).

Insofern liegen die Dinge im Ergebnis anders als beim Leasing von Immobilien, die nicht gleichermaßen einem technischen und wirtschaftlichen Verzehr unterliegen und deren Nutzungswert aufgrund gestiegener Wiederbeschaffungskosten im Laufe der Jahre sogar noch zunehmen kann. Die lineare Verteilung der Leasingraten mag dort also gerechtfertigt sein, beim Mobilienleasing ist sie es nicht. Sichtbar wird dies nicht zuletzt daran, dass ein etwaiger Erwerber des Unternehmens im Falle linearer und unveränderter Leasingraten bei geleasten Immobilien gemeinhin keinen Kaufpreisabschlag vornehmen wird, bei geleasten Mobilien aber sehr wohl. Hiervon ausgehend kann der Wert des Überlassungsanspruchs beim Mobilienleasing durchaus degressiv verlaufen, wobei --abweichend von der vom FA vertretenen Auffassung, aber mit dem FG-- auch ohne einen entsprechenden Nachweis des Steuerpflichtigen von einem Erfahrungssatz sinkender Nutzungswerte auszugehen ist.

b) So verhält es sich im Streitfall. Es handelt sich hier um zunehmend automatisierte Maschinen zur Herstellung von Kraftfahrzeugersatzteilen, die einer mechanischen Abnutzung und vor allem wirtschaftlichen Überholung der elektronischen Steuerungselemente unterliegen und regelmäßig eine Nutzungsdauer von nur wenigen Jahren aufweisen. Die Erfahrung spricht somit für eine besonders starke Wertminderung und damit Nutzungswertminderung in den ersten Jahren. Die degressive Verteilung der Leasingraten mit ca. 43 v.H. im ersten Jahr, ca. 27 v.H. im folgenden Jahr und ca. 35 v.H. in der restlichen Nutzungszeit ist deshalb nicht zu beanstanden und spricht nicht dafür, dass in den anfänglich höheren Leasingraten --bei der gebotenen wirtschaftlichen Beurteilung-- Vorauszahlungen des Nutzungsentgeltes für die späteren Zeiträume zu sehen wären.

Ende der Entscheidung

Zurück