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Gericht: Bundesfinanzhof
Urteil verkündet am 14.01.2009
Aktenzeichen: I R 52/08
Rechtsgebiete: KStG 2002


Vorschriften:

KStG 2002 a.F. § 8b Abs. 3
Teilwertabschreibungen auf sog. eigenkapitalersetzende Darlehen sind keine bei der Gewinnermittlung nicht zu berücksichtigende Gewinnminderungen i.S. von § 8b Abs. 3 KStG 2002 i.d.F. bis zur Änderung durch das Jahressteuergesetz 2008 vom 20. Dezember 2007 (BGBl. I 2007, 3150, BStBl I 2008, 218).
Gründe:

I.

Die Klägerin und Revisionsbeklagte (Klägerin), eine Immobiliengesellschaft in der Rechtsform der GmbH, deren alleiniger Gesellschafter-Geschäftsführer AS war, war seit 1992 alleinige Gesellschafterin der C-GmbH, welcher sie ein ihr gehörendes Betriebsgrundstück vermietet hat. AS war zugleich Geschäftsführer auch der C-GmbH.

Nachdem die C-GmbH in wirtschaftliche Schwierigkeiten geriet, übernahm die Klägerin 1992 und 1993 für Darlehensverbindlichkeiten der Beteiligungsgesellschaft gegenüber einem Kreditinstitut Höchstbetragsbürgschaften. In den Folgejahren wurden die Kreditmittel der C-GmbH durch verschiedene Real- und Personalsicherheiten der Klägerin bzw. ihres alleinigen Gesellschafters abgesichert. Im Jahre 1997 schrieb die Klägerin ihre Beteiligung an der Gesellschaft auf den Erinnerungswert ab. Seit 2001 gewährte sie ihr mehrere Darlehen. Außerdem übernahm sie die über die Bürgschaften ohnehin regressbehafteten Darlehensverbindlichkeiten der C-GmbH gegenüber der Bank. Schließlich vereinbarten die beiden Gesellschaften Anfang 2002 (Streitjahr), den Mietzins für das vermietete Betriebsgrundstück "aufgrund der allgemeinen wirtschaftlichen Situation" herabzusetzen.

Auf den 31. Dezember 2002 valutierten die Ansprüche der Klägerin gegen die C-GmbH mit 575 105,82 EUR. Die Klägerin nahm hierauf in der Bilanz des Streitjahres eine Abschreibung auf 50 v.H. vor, die der Beklagte und Revisionskläger (das Finanzamt --FA--) unter Hinweis auf § 8b Abs. 3 des Körperschaftsteuergesetzes in der für das Streitjahr maßgeblichen Fassung bis zur Änderung durch das Jahressteuergesetz 2008 (JStG 2008) vom 20. Dezember 2007 (BGBl. I 2007, 3150, BStBl I 2008, 218) --KStG 2002 a.F.-- unberücksichtigt beließ.

Die Klage gegen die hiernach ergangenen Steuerbescheide war erfolgreich. Das Niedersächsische Finanzgericht (FG) gab ihr durch Urteil vom 3. April 2008 6 K 442/05 statt; das Urteil ist in Entscheidungen der Finanzgerichte (EFG) 2008, 1406 abgedruckt.

Seine Revision stützt das FA auf Verletzung von § 8b Abs. 3 KStG 2002 a.F.

Es beantragt,

das FG-Urteil aufzuheben und die Klage abzuweisen.

Die Klägerin beantragt,

die Revision zurückzuweisen.

II.

Die Revision ist unbegründet.

1.

Nach § 8b Abs. 3 KStG 2002 a.F. sind Gewinnminderungen, die im Zusammenhang mit dem in Abs. 2 genannten Anteil entstehen, bei der Gewinnermittlung nicht zu berücksichtigen. In § 8b Abs. 2 Satz 1 KStG 2002 a.F. ist u.a. der Anteil an einer Körperschaft aufgeführt, deren Leistungen beim Empfänger (u.a.) zu Einnahmen i.S. des § 20 Abs. 1 Nr. 1 des Einkommensteuergesetzes (EStG 2002) gehören; Gewinne aus der Veräußerung eines solchen Anteils bleiben bei der Ermittlung des Einkommens der beteiligten Körperschaft außer Ansatz. Zu den hiervon erfassten Anteilen zählen auch Anteile an Gesellschaften mit beschränkter Haftung.

2.

Bei Teilwertabschreibungen auf sog. eigenkapitalersetzende Darlehen, wie sie im Streitfall in Rede stehen, handelt es sich nicht um Gewinnminderungen, die "im Zusammenhang mit dem in Abs. 2 genannten Anteil entstehen". Bei kapitalersetzenden Darlehen handelt es sich vielmehr um eigenständige Schuldverhältnisse, welche von der Beteiligung als solche unbeschadet ihrer gesellschaftlichen Veranlassung zu unterscheiden sind. Solche Darlehensforderungen stehen als eigenständige Wirtschaftsgüter neben der Beteiligung. Dass § 32a des Gesetzes betreffend Gesellschaften mit beschränkter Haftung (GmbHG) in der für das Streitjahr maßgeblichen Fassung für das Vorliegen eines eigenkapitalersetzenden Darlehens eine Gesellschafterstellung voraussetzt, ändert daran nichts. Dadurch mag allenfalls ein "Zusammenhang" zwischen dem Darlehen und der Beteiligung hergestellt werden, nicht jedoch --wie aber nach § 8b Abs. 3 KStG 2002 a.F. erforderlich-- zwischen der Beteiligung und der hier in Rede stehenden Gewinnminderung.

Nur derartige, den jeweiligen Anteil betreffende Gewinnminderungen werden von § 8b Abs. 3 KStG 2002 a.F. indes erfasst. Gemeint sind folglich ausschließlich substanzbezogene Wertminderungen des Anteils, die sich aus der ertragsteuerlichen Behandlung des Anteils selbst ergeben, und nicht jegliche mit dem Anteil wirtschaftlich zusammenhängende Aufwendungen (ebenso z.B. Gosch, KStG, § 8b Rz 280; Watermeyer in Herrmann/ Heuer/Raupach, EStG/KStG, § 8b KStG Rz 85; Dötsch/Pung in Dötsch/Jost/Pung/Witt, Die Körperschaftsteuer, § 8b KStG Rz 100, 123; Rödder/Stangl, Deutsches Steuerrecht --DStR-- 2005, 354; Wassermeyer, Pohl/Raupach in Kirchhof/Nieskens [Hrsg.], Festschrift Reiß, 2008, S. 431, 441 ff.; Wassermeyer, Schmidt/Hageböke sowie Dumler, Der Betrieb --DB-- 2004, 2715, jeweils m.w.N.; anders nur Buchna/Sombrowski, DB 2004, 1956 und 2718). Anderenfalls müssten konsequenterweise auch Gesellschafterdarlehen nicht eigenkapitalersetzenden Charakters dem Anwendungsbereich des § 8b Abs. 3 KStG 2002 a.F. unterfallen, was dem Gedanken des Gesetzes ersichtlich nicht entsprechen würde. Für die Annahme des FA, die im Ergebnis darauf abzielt, die ansonsten im Gesetz angelegte Korrespondenz zwischen steuerfreien Einnahmen und dem Abzugsausschluss damit zusammenhängender Ausgaben in systemwidriger Weise zu durchbrechen, bedarf es deswegen eines entgegenstehenden Regelungsbefehls.

Dementsprechend wurde § 8b Abs. 3 KStG 2002 a.F. durch das Jahressteuergesetz 2008 neu gefasst und bezieht nunmehr in seinen Sätzen 4 bis 7 ausdrücklich auch Wertverluste von Gesellschafterdarlehen in den Abzugsausschluss mit ein. Diese Regelungsergänzung wirkt rechtsbegründend. Sie ist nicht lediglich als redaktionelle Klarstellung anzusehen. Daraus, dass es in der Gesetzesbegründung zum Jahressteuergesetz 2008 heißt, durch die Änderung des § 8b KStG 2002 werde "klargestellt", dass die "Gesellschafterfinanzierung durch Eigenkapital oder durch nicht fremdübliche ... Gewinnminderungen gleich behandelt wird" (Gesetzentwurf der Bundesregierung, BTDrucks 16/6290, S. 73), ergibt sich nichts anderes. Eine Rückbeziehung der neuen Fassung auf Veranlagungszeiträume vor 2008 kann daraus schon deswegen nicht abgeleitet werden, weil das Gesetz den Veranlagungszeitraum 2008 als denjenigen der erstmaligen Anwendung benennt (vgl. § 34 Abs. 1 KStG 2002 i.d.F. des JStG 2008); es bringt dadurch klar zum Ausdruck, dass die Neuregelung Veranlagungen für frühere Zeiträume gerade nicht erfassen soll (vgl. ähnlich in anderem Regelungszusammenhang des Steuervergünstigungsabbaugesetzes z.B. Senatsurteil vom 27. August 2008 I R 28/07, BFH/NV 2009, 123, unter II.1.c der Entscheidungsgründe). Im Übrigen betont der Gesetzgeber des Jahressteuergesetzes 2008, dass die Neuregelungen darauf abzielen, anderweitig bestehende "Gestaltungen" auszuschließen, "bei denen versucht wird durch die Hingabe von Gesellschafterdarlehen die Abzugsverbote des § 8b KStG zu umgehen". Die Neuregelungen wurden also erklärtermaßen geschaffen, um bestehende Regelungslücken zu schließen. Dies erhellt ihren konstitutiven Charakter ebenso wie der Umstand, dass es mit § 8b Abs. 3 Satz 3 bis 7 KStG 2002 n.F. komplizierter und vielschichtiger Vorschriften bedurfte, um das Regelungsziel umzusetzen.

3.

Die Vorentscheidung erweist sich demzufolge als zutreffend. Insbesondere ist nach den festgestellten Gegebenheiten und deren Würdigung durch das FG für die revisionsgerichtliche Prüfung davon auszugehen, dass die Klägerin die Darlehen und die im Rahmen des Mietverhältnisses eingeräumten Nutzungsvorteile der C-GmbH unmittelbar als ihrer Tochtergesellschaft und als deren Gesellschafterin ("Downstream") eingeräumt hat. Für die Annahme einer mittelbaren Zuwendung von --gesellschaftlich veranlassten-- Vermögensvorteilen an ihren eigenen Gesellschafter --den AS-- über die C-GmbH als diesem nahestehende Person ("Upstream") ist nichts ersichtlich. Die Darlehen und Nutzungsvorteile stellen deswegen keine verdeckte Gewinnausschüttung i.S. von § 8 Abs. 3 Satz 2 KStG 2002 dar, die als solche außerbilanziell hinzuzurechnen wären (vgl. dazu Senatsurteil vom 8. Oktober 2008 I R 61/07, DStR 2009, 217, zur amtlichen Veröffentlichung bestimmt). Das wird auch vom FA nicht angenommen.

Ende der Entscheidung

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