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Gericht: Bundesfinanzhof
Urteil verkündet am 21.07.1999
Aktenzeichen: I R 55/98
Rechtsgebiete: KStG, AO 1977, FGO, EStG


Vorschriften:

KStG § 1 Abs. 1 Nr. 5
KStG § 8 Abs. 1
KStG § 5 Abs. 1 Nr. 9 Satz 1
KStG § 5 Abs. 1 Nr. 9 Satz 2
AO 1977 §§ 51 ff.
AO 1977 § 64 Abs. 2
FGO § 126 Abs. 3 Nr. 2
FGO § 118 Abs. 2
EStG § 4 Abs. 4
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Gründe

I. Der Kläger und Revisionsbeklagte (Kläger), eine Freiwillige Feuerwehr in Form eines nicht eingetragenen Vereins, veranstaltete im Streitjahr 1993 einen Kreisfeuerwehrtag, der mit einem Festzug und Ehrungen unter Übergabe von Erinnerungsgeschenken begangen wurde. Aus diesem Anlaß unterhielt und bewirtschaftete er ein Festzelt. Ferner gab er eine Festschrift heraus, in der er gegen Bezahlung Inserate abdruckte und die er verkaufte. Die Einnahmen betrugen insgesamt 64 130 DM.

Diesen Einnahmen ordnete der Kläger Ausgaben in Höhe von 58 240 DM zu. Hierzu gehören u.a. Gebühren und Kosten in Höhe von 5 728 DM, die der Kläger an die Gemeinde ... zahlte, 58,25 DM für die Gestattung eines vorübergehenden Gaststättenbetriebs, 1 190 DM Musik- und Buskosten für den Festzug und 8 464 DM für die Festschrift.

Der Beklagte und Revisionskläger (das Finanzamt --FA--) hielt die bezeichneten Aufwendungen nur zur Hälfte für abzugsfähig.

Die vom Kläger erhobene Klage hatte insoweit Erfolg (Entscheidungen der Finanzgerichte 1998, 1447).

Mit der gegen das finanzgerichtliche Urteil erhobenen Revision rügt das FA Verletzung des § 1 Abs. 1 Nr. 5, § 8 Abs. 1 des Körperschaftsteuergesetzes (KStG), §§ 51 ff. der Abgabenordnung (AO 1977) und der einkommensteuerlichen Gewinnermittlungsvorschriften und beantragt, das Urteil des Finanzgerichts (FG) aufzuheben, soweit es der Klage stattgegeben hat und die Klage insgesamt als unbegründet zurückzuweisen.

Der Kläger beantragt, die Revision zurückzuweisen.

II. Die Revision des FA ist teilweise begründet. Das Urteil ist aufzuheben. Die Sache ist zur weiteren Sachaufklärung an das FG zurückzuverweisen (§ 126 Abs. 3 Nr. 2 der Finanzgerichtsordnung --FGO--).

1. Die Beteiligten gehen übereinstimmend davon aus, daß der Kläger die formellen und materiellen Voraussetzungen der §§ 52 ff. AO 1977 erfüllt. Gemäß § 5 Abs. 1 Nr. 9 Satz 1 KStG ist eine Körperschaft, die im Streitjahr nach Satzung und tatsächlicher Geschäftsführung ausschließlich und unmittelbar gemeinnützigen Zwecken dient, von der Körperschaftsteuer befreit. Nach § 5 Abs. 1 Nr. 9 Satz 2 KStG ist die Steuerbefreiung jedoch insoweit ausgeschlossen, als die Körperschaft einen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb unterhält, der kein Zweckbetrieb ist.

Der Kläger unterhielt im Streitjahr mit der Bewirtschaftung des Festzelts und der Herausgabe einer Festzeitschrift anläßlich des Kreisfeuerwehrtages einen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb. Beide Tätigkeiten waren nachhaltig und dienten der Erzielung von Einnahmen (§ 14 AO 1977; vgl. auch Urteile des Bundesfinanzhofs --BFH-- vom 9. November 1988 I R 200/85, BFH/NV 1989, 342; vom 4. März 1976 IV R 189/71, BFHE 118, 346, BStBl II 1976, 472). Sie sind --in Abweichung von der früheren Gesetzeslage-- als einheitlicher Geschäftsbetrieb zu behandeln (§ 64 Abs. 2 AO 1977).

2. Ist aufgrund eines wirtschaftlichen Geschäftsbetriebs ein zu versteuerndes Einkommen zu ermitteln, so sind hierbei die Einnahmen und Ausgaben zu berücksichtigen, die durch den Geschäftsbetrieb veranlaßt sind (zu Aufwendungen siehe § 4 Abs. 4 des Einkommensteuergesetzes --EStG-- i.V.m. § 8 Abs. 1 KStG). Steuerlich abzugsfähig sind danach (nur) solche Ausgaben, die ihre Ursache im Unterhalten des steuerpflichtigen wirtschaftlichen Geschäftsbetriebs haben. Wären die Ausgaben auch ohne den wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb entstanden, so können sie bei der Gewinnermittlung nicht berücksichtigt werden.

Beruht das Entstehen einer Ausgabe auf mehreren, steuerrechtlich unterschiedlich zu beurteilenden Tätigkeiten, setzt die Zuordnung der Ausgabe eine Gewichtung der verschiedenen Anlässe ihrer Entstehung voraus (BFH-Urteile vom 27. März 1991 I R 31/89, BFHE 164, 508, BStBl II 1992, 103; vom 27. März 1991 I R 30/89, BFH/NV 1992, 412; BFH-Beschluß vom 21. September 1995 I B 85/94, BFH/NV 1996, 268). Ist danach die Veranlassung einer Ausgabe allein durch das Unterhalten des wirtschaftlichen Geschäftsbetriebs veranlaßt, so ist sie in vollem Umfang bei der Gewinnermittlung abzuziehen. Wäre eine Betriebsausgabe auch ohne den steuerpflichtigen Geschäftsbetrieb entstanden, so darf sie den steuerpflichtigen Gewinn nicht mindern. Ergibt die Gewichtung, daß eine Ausgabe vorrangig durch den ideellen Bereich bzw. den wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb veranlaßt ist, so ist sie dem jeweiligen Bereich in vollem Umfang zuzuordnen. Eine anteilige Schätzung entfällt. Etwas anderes gilt nur, wenn z.B. eine primär durch den ideellen Bereich veranlaßte Ausgabe sich aufgrund der wirtschaftlichen Tätigkeit erhöht. Der überschießende Betrag kann als ausschließlich durch den wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb veranlaßt angesehen werden. Führt die Gewichtung zu keinem eindeutigen Ergebnis, so ist davon auszugehen, daß die steuerbegünstigte Körperschaft "in erster Linie" ideelle Zwecke verfolgt (§ 55 Abs. 1 AO 1977; BFH in BFHE 164, 508, BStBl II 1992, 103; BFH in BFH/NV 1996, 268).

Für die Frage der Zuordnung der Aufwendungen ist --entgegen der Auffassung des FA-- nicht entscheidend, daß der wirtschaftliche Geschäftsbetrieb seinerseits durch die steuerbegünstigte Tätigkeit der Körperschaft veranlaßt ist. Die --wohl unbestrittene-- Tatsache, daß das Abhalten eines Kreisfeuerwehrtages im Zusammenhang mit dem steuerbegünstigten Idealbereich der Freiwilligen Feuerwehr steht, zwingt daher noch nicht dazu, die durch den wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb veranlaßten Aufwendungen teilweise dem ideellen Bereich zuzuordnen.

3. Vor diesem Hintergrund ist es nicht zu beanstanden, daß das FG die Ausgaben für die Gestattung eines vorübergehenden Gaststättenbetriebs, die an die Gemeinde gezahlten Gebühren und Kosten anläßlich der Zeltveranstaltung sowie die Aufwendungen für die Erstellung der Festschrift als durch den wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb veranlaßt gesehen hat. Aufwendungen für die vorübergehende Gaststättenerlaubnis wären ohne den Festzeltbetrieb nicht entstanden. Das gleiche gilt für die der Gemeinde gezahlten Gebühren und Kosten, da sie --nach den für den erkennenden Senat bindenden Feststellungen des FG (§ 118 Abs. 2 FGO)-- der Aufstellung des Festzeltes, der zweckentsprechenden Herrichtung des Platzes und seiner Schlußreinigung dienten. Auch die Aufwendungen für die Festschrift wären ohne die Herausgabe der Festschrift nicht entstanden. Es kann dahingestellt bleiben, ob anders zu entscheiden ist, wenn die Festschrift vorrangig der Selbstdarstellung der Körperschaft dient und die Herausgabe als solche mangels Einnahmen kein wirtschaftlicher Geschäftsbetrieb ist. Im Streitfall stellt nicht nur die Inseratenwerbung einen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb dar (vgl. z.B. BFH-Urteil vom 28. November 1961 I 34/61 U, BFHE 74, 192, BStBl III 1962, 73), sondern auch die Herausgabe der Festschrift als solche, da diese nicht unentgeltlich verteilt, sondern verkauft wurde.

4. Rechtliche Bedenken bestehen jedoch gegen die Entscheidung des FG, die Aufwendungen für die Spielmannszüge (hier: Musik- und Buskosten) mit der Begründung dem wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb zuzuordnen, daß sie wesentlich zum Erfolg des wirtschaftlichen Geschäftsbetriebs "Festzelt" beigetragen haben. Damit steht die Entscheidung im Widerspruch zur Rechtsprechung des erkennenden Senats. So können beispielsweise Sportvereine ihre Aufwendungen für Training und Spiele nicht von den erzielten Werbeeinnahmen absetzen, obgleich die Erzielung von Werbeeinnahmen ohne Sportveranstaltungen kaum denkbar wäre (vgl. BFH in BFHE 164, 508, BStBl II 1992, 103; vgl. auch BFH-Urteil vom 5. Februar 1992 I R 59/81, BFH/NV 1993, 341). Entscheidend ist --auf den Streitfall bezogen-- daher, ob derartige Festzüge vornehmlich der Durchführung eines Kreisfeuerwehrtages bzw. der Selbstdarstellung der Freiwilligen Feuerwehr oder der Festzeltveranstaltung dienten. Das FG wird im 2. Rechtsgang hierzu weitere Feststellungen treffen müssen.

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