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Gericht: Bundesfinanzhof
Beschluss verkündet am 19.12.2001
Aktenzeichen: I R 58/01
Rechtsgebiete: KStG 1996, KStG 1999, GG


Vorschriften:

KStG 1996 n.F. § 8 Abs. 4
KStG 1996 n.F. § 54 Abs. 6
KStG 1999 n.F. § 34 Abs. 6
GG Art. 3 Abs. 1
Das BMF wird aufgefordert, dem Verfahren beizutreten, um zu den Fragen Stellung zu nehmen,

- unter welchen Voraussetzungen überwiegend neues Betriebsvermögen i.S. von § 8 Abs. 4 Satz 2 KStG 1996 i.d.F. des Gesetzes zur Fortsetzung der Unternehmenssteuerreform vom 29. Oktober 1997 (BGBl I 1997, 2590, BStBl I 1997, 928) anzunehmen ist, und

- von welchem Veranlagungszeitraum an § 8 Abs. 4 Satz 2 KStG 1996 in der vorgenannten Fassung erstmals anzuwenden ist, wenn der Verlust der wirtschaftlichen Identität nach Maßgabe dieser Vorschrift nicht in 1997 bis zum 5. August, sondern in den Jahren vor 1997 eingetreten ist (§ 54 Abs. 6 Satz 2 KStG 1996 i.d.F. des Gesetzes zur Finanzierung eines zusätzlichen Bundeszuschusses zur gesetzlichen Rentenversicherung vom 19. Dezember 1997, BGBl I 1997, 3121; § 34 Abs. 6 Satz 2 KStG 1999 i.d.F. des StSenkG 2001/2002 vom 23. Oktober 2000, BGBl I 2000, 1433, BStBl I 2000, 1428).


Gründe:

I.

Die Klägerin und Revisionsklägerin (Klägerin) ist eine GmbH, die in der Baubranche tätig war. Durch Gesellschafterbeschluss vom 1. Juli 1996 wurde ihr Sitz verlegt und der Gegenstand des Unternehmens u.a. auf den An- und Verkauf von Grundstücken und die Vermittlung von Immobilien, Finanzierungen, Versicherungen erweitert. Durch Vertrag vom 6. August 1996 übertrug ihr bisheriger Alleingesellschafter A 75 v.H. seiner Anteile auf B und C. Bereits vor der Anteilsübertragung waren der gesamte Grundbesitz der Klägerin sowie die Betriebs- und Geschäftsausstattung auf A übergegangen. Nach der Anteilsübertragung verfügte die Klägerin als Aktivvermögen nur noch über einen Anspruch aus einer Rückdeckungsversicherung, die im Hinblick auf eine Pensionszusage abgeschlossen worden war. Durch Vertrag vom 15. November 1996 über die "Projektaufbereitung und -betreuung", der zwischen der Klägerin und einer weiteren GmbH (D-GmbH) geschlossen wurde, deren Anteile ebenfalls von B und C gehalten werden, verpflichtete sich die Klägerin, ein Bauprojekt gegen ein Entgelt von 1,1 Mio. DM zu betreuen. Mit Verträgen vom 29. November und vom 4. Dezember 1996 gewährten B und C der Klägerin Darlehensmittel von jeweils 250 000 DM, die nach Darstellung der Klägerin am 31. Dezember 1996 zurückgezahlt wurden. Nach den Feststellungen der Betriebsprüfung des Beklagten und Revisionsbeklagten (Finanzamt --FA--) im Prüfungsbericht vom 29. Juni 1999 (dort Tz. 3.4 und 3.6, Bl. 6 f. des Berichts) wurden die Darlehensmittel jedoch nicht zurückgeführt. Vielmehr gab die Klägerin ein Darlehen in insgesamt gleicher Höhe von 500 000 DM an eine KG.

Zum 31. Dezember 1996 wurde ein verbleibender Verlustabzug zur Körperschaftsteuer von 3 974 097 DM sowie ein vortragsfähiger Gewerbeverlust von 3 629 507 DM festgestellt. Die Klägerin begehrte die Berücksichtigung dieser Verluste in den Jahren 1996 und 1997. Das FA lehnte dies ab, weil die wirtschaftliche Identität i.S. von § 8 Abs. 4 Satz 2 des Körperschaftsteuergesetzes i.d.F. von Art. 2 Nr. 1 des Gesetzes zur Fortsetzung der Unternehmenssteuerreform (KStG 1996 n.F.) vom 29. Oktober 1997 (BGBl I 1997, 2590, BStBl I 1997, 928) nicht gegeben sei.

Die Klage blieb weitgehend ohne Erfolg. Das Urteil des Finanzgerichts (FG) ist in Entscheidungen der Finanzgerichte (EFG) 2001, 1237 abgedruckt.

Soweit die Klägerin dagegen im Hinblick auf die im Rubrum angegebenen Bescheide Revision eingelegt hat, stützt sie diese auf Verletzung materiellen Rechts.

II.

Im Streitfall sind die Rechtsfragen entscheidungserheblich,

- unter welchen Voraussetzungen überwiegend neues Betriebsvermögen i.S. von § 8 Abs. 4 Satz 2 KStG 1996 n.F. anzunehmen ist, und

- von welchem Veranlagungszeitraum an § 8 Abs. 4 Satz 2 KStG 1996 n.F. erstmals anzuwenden ist, wenn der Verlust der wirtschaftlichen Identität nach Maßgabe dieser Vorschrift nicht in 1997 bis zum 5. August, sondern in den Jahren vor 1997 eingetreten ist (§ 54 Abs. 6 Satz 2 KStG 1996 i.d.F. des Gesetzes zur Finanzierung eines zusätzlichen Bundeszuschusses zur gesetzlichen Rentenversicherung vom 19. Dezember 1997, BGBl I 1997, 3121, BStBl I 1998, 7; § 34 Abs. 6 Satz 2 KStG 1999 i.d.F. des Gesetzes zur Senkung der Steuersätze und zur Reform der Unternehmensbesteuerung --StSenkG 2001/2002-- vom 23. Oktober 2000, BGBl I 2000, 1433, BStBl I 2000, 1428).

1. Gemäß § 8 Abs. 4 Satz 1 KStG 1996, für die Ermittlung des Gewerbeertrages i.V.m. § 10a Satz 4 des Gewerbesteuergesetzes (GewStG), ist Voraussetzung für den Abzug von Verlusten nach § 10d des Einkommensteuergesetzes (EStG) und für die Kürzung des Gewerbeertrags um Fehlbeträge bei einer Körperschaft, dass sie nicht nur rechtlich, sondern auch wirtschaftlich mit der Körperschaft identisch ist, die den Verlust erlitten hat. § 8 Abs. 4 KStG 1996 definiert die "wirtschaftliche Identität" einer Körperschaft nicht, sondern bestimmt in Satz 2 lediglich beispielhaft ("insbesondere"; vgl. Senatsurteile vom 13. August 1997 I R 89/96, BFHE 183, 556, BStBl II 1997, 829; vom 8. August 2001 I R 29/00, BFHE 196, 178, Deutsches Steuerrecht --DStR-- 2001, 1974), wann eine wirtschaftliche Identität nicht mehr gegeben ist. Satz 2 setzt damit aber zugleich mittelbar einen Maßstab für die unter Satz 1 der Vorschrift zu fassenden Sachverhalte. Sie müssen Voraussetzungen erfüllen, die mit den in Satz 2 genannten wirtschaftlich vergleichbar sind.

Nach dem Regelbeispiel in § 8 Abs. 4 Satz 2 KStG 1996 i.d.F. bis zur Änderung durch Art. 2 Nr. 1 des Gesetzes zur Fortsetzung der Unternehmenssteuerreform (KStG 1996 a.F.) vom 29. Oktober 1997 fehlt einer Kapitalgesellschaft die wirtschaftliche Identität, wenn --erstens-- bezogen auf das gezeichnete Kapital mehr als 75 v.H. der Geschäftsanteile übertragen werden, --zweitens-- überwiegend neues Betriebsvermögen zugeführt und --drittens-- der Geschäftsbetrieb mit diesem neuen Betriebsvermögen wieder aufgenommen wird. Gemäß § 8 Abs. 4 Satz 2 KStG 1996 n.F. sind diese Voraussetzungen in zwei Punkten verschärft worden: Die wirtschaftliche Identität fehlt danach bereits dann, wenn mehr als 50 v.H. der Geschäftsanteile übertragen werden und wenn der Geschäftsbetrieb mit dem überwiegend neuen Betriebsvermögen wieder aufgenommen oder fortgeführt wird.

2. Das FG hat angenommen, dass gemäß § 8 Abs. 4 KStG 1996 n.F. im Streitfall die Voraussetzungen des gesetzlichen Hauptanwendungsfalles fehlender wirtschaftlicher Identität in Satz 2 der Vorschrift erfüllt sind. Es ist nach den bisherigen tatrichterlichen Feststellungen nicht auszuschließen, dass dies zutrifft.

a) Da der vormalige Alleingesellschafter A am 6. August 1996 75 v.H. seiner Anteile an der GmbH an B und C veräußert hat, reichte dies aus, um die erste Voraussetzung für das Unterbrechen der wirtschaftlichen Identität gemäß § 8 Abs. 4 Satz 2 KStG 1996 n.F. --die Übertragung von mehr als 50 v.H. der Anteile an einer Kapitalgesellschaft-- zu erfüllen.

b) Ob auch die weiteren Voraussetzungen des Hauptanwendungsfalles in § 8 Abs. 4 Satz 2 KStG 1996 n.F. vorliegen, lässt sich nicht abschließend entscheiden. Es ist unklar, ob die Klägerin ihren Geschäftsbetrieb mit überwiegend neuem Betriebsvermögen fortgeführt oder wieder aufgenommen hat.

FG und FA nehmen zwar zutreffend an, dass (nur) die Zuführung neuen Aktivvermögens relevant ist (Senatsurteile in BFHE 183, 556, BStBl II 1997, 829, und in BFHE 196, 178, DStR 2001, 1974). Es genügt nach diesen Entscheidungen auch, wenn die Zuführungen den Bestand des vor der Zuführung vorhandenen Restaktivvermögens übersteigen. Es wäre danach also auf die gegenständliche Zuführung neuen Aktivvermögens abzustellen, nicht nur darauf, ob das neue Aktivvermögen unter Verrechnung von Zugängen und Abgängen im betragsmäßigen Saldo höher als das ursprüngliche Aktivvermögen ist. Andererseits hat der Senat jedoch einschränkend zu erkennen gegeben, dass nicht jegliches aktive Betriebsvermögen in die Vergleichsbetrachtung einzubeziehen ist, sondern nur solches des Anlagevermögens; Wirtschaftsgüter des Umlaufvermögens sollen hingegen --jedenfalls im Rahmen des Regelbeispiels gemäß § 8 Abs. 4 Satz 2 KStG 1996 n.F.-- im Allgemeinen außer Betracht bleiben (vgl. ebenso Herzberg, DStR 2001, 553, 556 f.; vgl. auch Kröner, DStR 1998, 1495, 1498, unter 4.2.2.).

Nach Maßgabe dieser Rechtsprechung handelt es sich bei den der Klägerin von B und C zugeführten Verträgen mit der D-GmbH nicht um neues Betriebsvermögen i.S. von § 8 Abs. 4 KStG 1996. Schuldrechtliche Verträge sind schwebende Geschäfte und als solche nicht bilanzierungsfähig. Bei den Darlehensmitteln, die der Klägerin seitens der Neugesellschafter B und C gewährt wurden, käme es hingegen darauf an, ob diese Darlehensmittel gegenständlich neu zugeführtes Anlagevermögen darstellen und außerdem, ob die Klägerin ihren Geschäftsbetrieb "mit" diesen Beträgen fortgeführt hat. Es wäre Sache des FG, dem weiter nachzugehen; bislang ist dies unterblieben.

c) Auch wenn sich herausstellen sollte, dass der Klägerin durch die Darlehensmittel kein neues Betriebsvermögen i.S. von § 8 Abs. 4 Satz 2 KStG 1996 n.F. zugeführt sein sollte, so schließt dies nicht aus, dass es sich jedenfalls bei der Vertragsüberlassung dennoch um einen Vorgang handelt, der mit der Zuführung neuen Betriebsvermögens vergleichbar ist. An der wirtschaftlichen Identität könnte es deshalb nach Maßgabe der Grundregelung in § 8 Abs. 4 Satz 1 KStG 1996 fehlen. Voraussetzung dafür wäre, dass die Klägerin durch die Vertragsübernahme in die Lage versetzt worden wäre, sich genügend liquide Mittel zu verschaffen und ihre Geschäftstätigkeit mit neuem Betriebsvermögen auszuüben (vgl. erneut Senatsurteil in BFHE 196, 178, DStR 2001, 1974 für die Gestellung von Sicherheiten und Bürgschaften). Die tatrichterlichen Feststellungen hierzu ermöglichen dem Senat keine abschließenden Erkenntnisse.

3. Das Urteil der Vorinstanz wäre demzufolge aufzuheben; die Sache wäre an das FG zurückzuverweisen. Das hängt allerdings von zwei Fragen ab.

a) Es ist dies zum einen die Frage, ob § 8 Abs. 4 KStG 1996 n.F. tatsächlich in der vorgenannten Weise, wie dies durch die beiden zitierten Senatsurteile geschehen ist, verstanden werden muss. Daran könnten Zweifel bestehen. Denn über die Auswirkungen dieser Rechtsprechung besteht Ungewissheit. An ihr, insbesondere an dem Urteil in BFHE 196, 178, DStR 2001, 1974, ist beträchtliche Kritik geäußert worden (vgl. im Einzelnen Roser, GmbH-Rundschau --GmbHR-- 2001, 1153; Frotscher, DStR 2002, 10; Hoffmann, GmbHR 2001, 1123). Die Kritik richtet sich dagegen, dass jegliche gegenständliche Zuführung aktiver Wirtschaftsgüter den Verlust der wirtschaftlichen Identität nach sich ziehen kann, auch dann, wenn es lediglich um den Austausch eines bereits abgeschriebenen Ersatzwirtschaftsgutes geht oder --und diese Frage wäre auch im Streitfall bedeutsam--, wenn der Gesellschaft lediglich ein Darlehen gewährt wird. Das lasse sich zwar mit dem Gesetzeswortlaut vereinbaren, stehe indes nicht mehr im Einklang mit der Gesetzesintention --den letztlich missbräuchlichen Handel mit sog. Verlustmänteln zu unterbinden-- und erschwere erforderliche Sanierungsanstrengungen der Gesellschafter (Roser, GmbHR 2001, 1153, 1154; Frotscher, DStR 2002, 10, 13). Sowohl der Austausch eines Wirtschaftsgutes als auch die bloße Darlehensgewährung stellten sich für die Gesellschaft als neutral dar, die Darlehensgewährung sogar als eher schädlich, würde doch ihre Leistungsfähigkeit geschmälert (Roser, GmbHR 2001, 1153, 1154). Andererseits wird auch eine Beschränkung auf Wirtschaftsgüter des Anlagevermögens als nicht zwingend erachtet. In diesem Zusammenhang wird überlegt, wie sich die --mögliche-- Beschränkung auf Wirtschaftsgüter des Anlagevermögens in § 8 Abs. 4 Satz 2 KStG 1996 auf die Identitätserfordernisse nach der Grundregelung in Satz 1 der Vorschrift auswirken könnte (Roser, GmbHR 2001, 1153, 1155; Frotscher, DStR 2002, 10, 14).

Der Senat misst dieser Kritik grundsätzliche Bedeutung bei, weil seine Rechtsprechung zum Nachteil der Steuerpflichtigen partiell über jene Grundsätze hinausgeht, wie sie bislang von der Finanzverwaltung angewandt werden (vgl. Bundesministerium der Finanzen --BMF--, Schreiben vom 16. April 1999, BStBl I 1999, 455, dort insbesondere Tz. 10).

b) Zum anderen stellt sich die Frage, ob § 8 Abs. 4 KStG 1996 n.F. im Streitfall überhaupt anzuwenden ist.

Die neue Regelung des § 8 Abs. 4 Satz 2 KStG 1996, wonach bereits die Übertragung von mehr als 50 v.H. der Anteile die wirtschaftliche Identität entfallen lässt, ist gemäß § 54 Abs. 6 Satz 1 KStG 1996 n.F., nunmehr § 34 Abs. 6 Satz 1 KStG 1999 i.d.F. des StSenkG 2001/2002, erstmals für den Veranlagungszeitraum 1997 --und damit für das Streitjahr-- anzuwenden.

Allerdings schiebt § 54 Abs. 6 Satz 2 KStG 1996 n.F. (§ 34 Abs. 6 Satz 2 KStG 1999 i.d.F. des StSenkG 2001/2002) den Zeitraum für die erstmalige Anwendung von § 8 Abs. 4 KStG 1996 n.F. auf den Veranlagungszeitraum 1998 hinaus, vorausgesetzt, der Verlust der wirtschaftlichen Identität ist erstmals im Jahr 1997 vor dem 6. August eingetreten. Die bisher vorliegende Rechtsprechung der Finanzgerichte und das Schrifttum sind uneins darin, wie diese Einschränkung zu verstehen ist. Teilweise wird vertreten, der Verlustabzug richte sich ausnahmslos nach § 8 Abs. 4 KStG 1996 a.F., wenn die wirtschaftliche Identität gemessen an § 8 Abs. 4 KStG 1996 n.F. erstmals vor dem 6. August 1997 verlorengegangen ist. Einbezogen seien also nicht nur Sachverhalte, in denen dies erst im Jahre 1997 erfolge, sondern auch Sachverhalte, in denen dieser Verlust bereits in den Vorjahren eingetreten sei (vgl. z.B. Danelsing in Blümich, Einkommensteuergesetz, Körperschaftsteuergesetz, Gewerbesteuergesetz, 16. Aufl., § 34 KStG Rz. 39; Breuninger/ Frey, GmbHR 1998, 866, 872; Füger/Rieger, DStR 1998, 64 und 1153; Plewka/Höppner, Neue Wirtschaftsbriefe, Fach 2, 6899, 6906; Ulbrich, DStR 1998, 445). Die Gegenmeinung vertritt --mit der Finanzverwaltung (vgl. BMF-Schreiben in BStBl I 1999, 455 Tz. 35)-- die Auffassung, Satz 2 der Vorschrift solle keine Ausnahme für den Verlust der wirtschaftlichen Identität i.S. von § 8 Abs. 4 KStG 1996 n.F. allgemein --auch eines solchen in der Vergangenheit-- vorsehen, sondern lediglich für den erstmaligen Verlust "im" --also innerhalb, nicht aber bis zum-- Jahre 1997 als dem Verlustabzugsjahr (z.B. FG Köln, Urteil vom 8. Februar 2001 13 K 6016/00, EFG 2001, 991; Bott in Arthur Andersen, Körperschaftsteuergesetz, § 34 Rz. 77 ff., 81.4 ff., 81.7; B. Lang in Arthur Andersen, a.a.O., § 8 Rz. 1302 ff.; -sch, DStR 1998, 1088; Gosch, Steuerliche Betriebsprüfung 1998, 246, 247 f.; Schmidt-Troje in Schöberle/Hofmeister, Körperschaftsteuergesetz, § 8 Rz. 342 b; Haritz, GmbHR 1998, 8; Frotscher in Frotscher/Maas, Körperschaftsteuergesetz, Umwandlungssteuergesetz, § 8 KStG Rz. 182 a; Pung in Dötsch/ Eversberg/Jost/Witt, Die Körperschaftsteuer, § 54 KStG Rz. 40 a ff., 43 b f.).

Unterstellt, dieser letzteren Auffassung wäre wegen des Regelungswortlauts in § 54 Abs. 6 Satz 2 KStG 1996 n.F. (§ 34 Abs. 6 Satz 2 KStG 1999 i.d.F. des StSenkG 2001/2002), wonach es auf den erstmaligen Verlust der wirtschaftlichen Identität "im" Jahre 1997 ankommt, beizupflichten, so ließe sich ggf. ein Verstoß gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz nicht ausschließen. Denn es ist jedenfalls nicht ohne weiteres einzusehen, weshalb eine Körperschaft, die ihre wirtschaftliche Identität nach den Maßgaben der neu gefassten Vorschrift des § 8 Abs. 4 KStG 1996 erstmals während des laufenden Kalenderjahres 1997 bis zum 6. August dieses Jahres verliert, ihre Verluste im Veranlagungszeitraum 1997 noch abziehen kann, eine andere Körperschaft, die ihre wirtschaftliche Identität nach denselben Maßgaben bereits in den Vorjahren verloren hat, dies jedoch nicht mehr können soll. Letztere Körperschaft erscheint vor dem Hintergrund des Gleichheitsgebots in Art. 3 Abs. 1 des Grundgesetzes (GG) nicht weniger schutzwürdig als die andere: Beide haben sich an der bisherigen Rechtslage orientiert. Es liegt deswegen nahe, dass sich die gesetzliche Änderung auch bei beiden gleichermaßen auswirkt. Die erstmalige Anwendung von § 8 Abs. 4 KStG 1996 n.F. wäre demzufolge in beiden Fällen auf den Veranlagungszeitraum 1998 hinauszuschieben. Es stellt sich dann allerdings die Frage, ob sich ein solches Ergebnis noch im Wege der verfassungskonformen Auslegung erreichen lässt, oder ob es dafür gemäß Art. 100 Abs. 1 GG der Vorlage der Rechtsfrage an das Bundesverfassungsgericht bedarf.

Diese Rechtsfrage stellt sich unabhängig von der daneben bestehenden Frage nach der formellen Verfassungsmäßigkeit von § 8 Abs. 4 KStG 1996 n.F. gemäß Art. 20 Abs. 3, Art. 76 Abs. 1 GG (vgl. den gleich gelagerten Vorlagebeschluss des Senats vom 18. Juli 2001 I R 38/99, BFHE 196, 232, BStBl II 2002, 27, betreffend § 12 Abs. 2 Satz 4 des Umwandlungssteuergesetzes 1995, ebenfalls i.d.F. des Gesetzes zur Fortsetzung der Unternehmenssteuerreform).

4. Der Senat hält es für zweckmäßig, wenn das BMF zu den aufgeworfenen Fragen Stellung nimmt. Dieses wird deswegen gemäß § 122 Abs. 2 Satz 3 der Finanzgerichtsordnung aufgefordert, dem Verfahren beizutreten.

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