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Gericht: Bundesfinanzhof
Beschluss verkündet am 17.11.2004
Aktenzeichen: I R 75/01
Rechtsgebiete: FGO, UStDV, EStG


Vorschriften:

FGO § 107 Abs. 1
FGO § 126a
UStDV § 52 Abs. 2
EStG § 50a Abs. 4
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Gründe:

I. Der beschließende Senat hält einstimmig die Revision für unbegründet und eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich. Er entscheidet deshalb --nachdem er den Verfahrensbeteiligten durch Schreiben des Vorsitzenden vom 2. September 2004 Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben hat-- gemäß § 126a der Finanzgerichtsordnung (FGO) über das Rechtsmittel ohne mündliche Verhandlung durch Beschluss.

1. Die von der Klägerin und Revisionsklägerin (Klägerin) zitierten Entscheidungen des Gerichtshofs der Europäischen Gemeinschaften (EuGH) und des Bundesfinanzhofs (BFH) zu den umsatzsteuerrechtlichen Wirkungen der sog. Nullregelung gemäß § 52 Abs. 2 der Umsatzsteuer-Durchführungsverordnung (EuGH-Urteil vom 1. April 2004 Rs. C-90/02, Bockemühl, Umsatzsteuer- und Verkehrssteuer-Recht --UVR-- 2004, 197; BFH-Urteil vom 17. Juni 2004 V R 61/00, BFH/NV 2004, 1486) sind kein Grund, die Rechtsprechung des beschließenden Senats zur Einbeziehung der Umsatzsteuer in die Bemessungsgrundlage der Abzugsteuer gemäß § 50a Abs. 4 des Einkommensteuergesetzes (EStG) bei Anwendung der Nullregelung zu ändern. Die Nullregelung führt zwar umsatzsteuerrechtlich zu einer Verlagerung der Steuerschuld des Leistenden auf den Leistungsempfänger. Diese Verlagerung ist die notwendige Voraussetzung für die Verrechnung der Steuerschuld mit dem entsprechenden Vorsteuererstattungsanspruch des Leistungsempfängers. Sie macht aber gerade deutlich, dass durch die Nullregelung der Leistende zu Lasten des Leistungsempfängers von seiner Umsatzsteuerschuld befreit wird. Dies ist der Grund, ertragsteuerrechtlich die Umsatzsteuer auf das Leistungsentgelt in die Bemessungsgrundlage der Einkommensteuer einzubeziehen (s. Senatsurteil vom 19. November 2003 I R 22/02, BFHE 205, 37, BStBl II 2004, 560).

2. Entgegen der Auffassung der Klägerin ist es im Streitfall nicht entscheidungserheblich, ob die Höhe der Abzugsteuer gegen Art. 92 Abs. 1 des Vertrages zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft (EGV) verstößt.

Art. 92 Abs. 1 i.V.m. Art. 93 Abs. 3 Satz 3 EGV (nach dem Vertrag von Amsterdam zur Änderung des Vertrages über die Europäische Union, der Verträge zur Gründung der Europäischen Gemeinschaften, sowie einiger damit zusammenhängender Rechtsakte --EG-- jetzt Art. 87 Abs. 1 i.V.m. Art. 88 Abs. 3 Satz 3 EG) verbietet grundsätzlich staatliche Beihilfen, die durch Begünstigung bestimmter Unternehmen oder Produktionsweisen den Wettbewerb verfälschen oder zu verfälschen drohen, soweit sie den Handel zwischen Mitgliedstaaten beeinträchtigen. Eine Beeinträchtigung des Handels (= Waren- und Dienstleistungsverkehr) zwischen den Mitgliedstaaten ist gegeben, wenn die Beihilfe sich über das Gebiet des beihilfegewährenden Mitgliedstaats hinaus auf die Konkurrenzsituation von Unternehmen in anderen Mitgliedstaaten auswirkt. Das kann z.B. bei Exportbeihilfen für den Handel mit Drittstaaten der Fall sein (s. Geiger, EUV/EGV, 4. Aufl., 2004, Art. 87 EGV Rz. 14; v. Wallenberg in Grabitz/Hilf, Kommentar zur Europäischen Union, Art. 92 EGV Rz. 29; Mederer in Schröter/Jakob/Mederer, Kommentar zum Europäischen Wettbewerbsrecht, 2003, Art. 87 Abs. 1 Rz. 47).

Im Streitfall könnte sich in diesem Zusammenhang nur die Rechtsfrage stellen, ob der Steuerabzug gemäß § 50a Abs. 4 EStG zu einer Begünstigung der Vertragspartner der Klägerin in den USA führte und ob sich diese Begünstigung nachteilig auf die Wettbewerbslage von Konzertveranstaltern in anderen Mitgliedstaaten auswirken konnte. Eine Begünstigung ihrer Vertragspartner durch die Höhe des Steuerabzugs hat die Klägerin bisher jedoch stets bestritten. Sie hat dazu beim Finanzgericht (FG) vorgetragen, der Gewinn der Künstler betrage regelmäßig nur etwa 25 v.H. der Einnahmen und liege bei den kleineren Künstlergruppen noch erheblich darunter. Im Revisionsverfahren hat sie daran festgehalten und vorgetragen, sie habe gerade mit solchen Künstlergruppen Verträge geschlossen, die durch § 50a Abs. 4 EStG übermäßig belastet würden. Auch die Feststellungen des FG enthalten keine Anhaltspunkte dafür, dass die in den Streitjahren geltenden Abzugsteuersätze die Vertragspartner der Klägerin und mittelbar dadurch auch die inländischen Konzertveranstalter begünstigten und somit verbotene Beihilfen i.S. des Art. 92 Abs. 1 EGV gewesen sein könnten.

Unterstellt man dennoch eine Begünstigung und verbotene Beihilfe, fehlt es an einer Beschwer der Klägerin. Die Abzugsteuern und somit auch die Haftungsbeträge wären in diesem Fall zu niedrig und nicht zu hoch festgesetzt. Die Klage wäre daher unzulässig und die Revision aus diesem Grunde zurückzuweisen.

3. Der beschließende Senat teilt auch nicht die Auffassung der Klägerin, ihren in den USA ansässigen Vertragspartnern stehe nach Art. XVII Abs. 1 und Art. II des General Agreement on Trade in Services --GATS-- (BGBl II 1994, 1473, 1643 ff.) ein Anspruch auf Inländerbehandlung --d.h. auf Besteuerung nur der Nettoerträge-- zu.

Das GATS ist ein rein völkerrechtliches Abkommen, das nur zwischen den Mitgliedern (= Vertragsstaaten) Rechte und Pflichten begründet. Weder seinem Wortlaut noch seinem Zweck nach zielt es darauf ab, einzelnen Personen Rechte zu verleihen (s. Weiß/ Herrmann, Welthandelsrecht, 2003, Rz. 832). Zudem enthält Art. XIV Buchst. d und e GATS Ausnahmevorbehalte für Maßnahmen, die mit Art. XVII (Inländerbehandlung) unvereinbar sind und bezwecken, eine gerechte und effektive Besteuerung oder Erhebung von direkten Steuern in Bezug auf Dienstleistungen zu gewährleisten, sowie für mit Art. II (Meistbegünstigung) unvereinbare Maßnahmen, die auf einem Doppelbesteuerungsabkommen beruhen. Die von der Klägerin beanstandeten Regelungen des deutschen Einkommensteuerrechts erfüllen die Voraussetzungen der Ausnahmevorbehalte.

II. Abs. 2 des Tenors des als Urteil wirkenden Gerichtsbescheids des FG war gemäß § 107 Abs. 1 FGO dahin gehend zu berichtigen, dass der Haftungsbescheid vom 21. März 1997 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 15. August 2000 insoweit aufgehoben wird, als die Klägerin für Körperschaftsteuer in Höhe von 21 910,92 DM (nicht: 18 058,92 DM) in Haftung genommen worden ist.

Das FG hat in den Entscheidungsgründen die Haftungsbescheide vom 21. März 1997 in Gestalt der Einspruchsentscheidung insoweit für rechtswidrig erachtet, als die Klägerin für Körperschaftsteuer in Höhe von 20 772,71 DM (Vergütungsempfänger A) und in Höhe weiterer insgesamt 21 910,92 DM (Vergütungsempfänger B, Haftungsbetrag 7 144,92 DM; Vergütungsempfänger C, Haftungsbeträge 2 728,50 DM und 481,50 DM; Vergütungsempfänger D, Haftungsbetrag 1 284 DM; Vergütungsempfänger, Haftungsbetrag 3 852 DM; Vergütungsempfänger E, Haftungsbetrag 6 420 DM) in Anspruch genommen worden ist. Es hat die Haftungsbescheide insoweit aufgehoben. Dabei ist ihm jedoch bei der Formulierung des Abs. 2 des Tenors ein Rechenfehler unterlaufen. Statt der Summenzahl 21 910,92 DM wurde die Summenzahl 18 058,92 DM in den Abs. 2 übernommen (Nichtberücksichtigung des Haftungsbetrags von 3 852 DM, Vergütungsempfänger F). Dieser offenbare Rechenfehler darf nach § 107 Abs. 1 FGO auch vom Revisionsgericht berichtigt werden (s. BFH-Urteil vom 24. Februar 2000 V R 89/98, BFHE 191, 84, BStBl II 2000, 278, a.E.).

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