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Beginn der Entscheidung

Gericht: Bundesfinanzhof
Beschluss verkündet am 29.04.2009
Aktenzeichen: I R 88/08
Rechtsgebiete: AStG


Vorschriften:

AStG a.F. § 1 Abs. 1
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Gründe:

I.

Die Klägerin und Revisionsbeklagte (Klägerin) ist eine KG mit Sitz und Geschäftsleitung im Inland. Sie war in den Streitjahren (1999 und 2000) alleinige Anteilseignerin der X-GmbH, die wiederum alleinige Anteilseignerin einer kanadischen und einer südafrikanischen Kapitalgesellschaft, der X-Canada und der X-Südafrika, war.

Die X-Canada und die X-Südafrika waren nur mit einem sehr geringen Eigenkapital ausgestattet, das nicht ausreichte, um selbst als Marktteilnehmer aufzutreten und ihren Geschäftstätigkeiten nachzugehen. Daher stellte die Klägerin ihnen in den Streitjahren zinslose Lieferkredite zur Verfügung. Unter den Beteiligten ist unstreitig, dass es sich hierbei um Eigenkapitalersatz handelte.

Der Beklagte und Revisionskläger (das Finanzamt --FA--) rechnete der Klägerin für die Streitjahre unter Berufung auf § 1 des Gesetzes über die Besteuerung bei Auslandsbeziehungen (Außensteuergesetz) in der für das Streitjahr geltenden Fassung (AStG a.F.) und unter Zugrundelegung eines Zinssatzes von 4% fiktive Zinseinnahmen von 48 867,48 DM (1999) sowie von 79 697,54 DM (2000) zu.

Die Klage gegen die hiernach ergangenen Steuerbescheide hatte Erfolg. Das Finanzgericht (FG) München, Außensenate Augsburg, gab ihr unter Bezugnahme auf das Senatsurteil vom 29. November 2000 I R 85/99 (BFHE 194, 53, BStBl II 2002, 720) mit Urteil vom 1. Juli 2008 10 K 1639/06 statt.

Mit seiner --vom FG zugelassenen-- Revision rügt das FA die Verletzung materiellen Rechts. Es verweist auf das Schreiben des Bundesministeriums der Finanzen vom 17. Oktober 2002 (BStBl I 2002, 1025) und beantragt,

das FG-Urteil aufzuheben und die Klage abzuweisen.

Die Klägerin beantragt,

die Revision zurückzuweisen.

II.

Der Senat entscheidet gemäß § 126a der Finanzgerichtsordnung (FGO) durch Beschluss. Er hält die Revision einstimmig für unbegründet und eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich. Die Beteiligten sind dazu angehört worden und hatten Gelegenheit zur Stellungnahme.

Das FG hat zu Recht angenommen, dass die vom FA vorgenommene Korrektur der Einkünfte der Klägerin rechtswidrig ist, da die streitigen Kredite nicht im Rahmen von "Geschäftsbeziehungen" im Sinne dieser Vorschrift gewährt worden sind.

1.

Nach § 1 Abs. 1 AStG a.F. sind, wenn ein Steuerpflichtiger Geschäftsbeziehungen zum Ausland unterhält, seine Einkünfte unter bestimmten Voraussetzungen abweichend von der tatsächlich angefallenen Höhe anzusetzen. Voraussetzung für die von der Vorschrift angeordnete Berichtigung der Einkünfte ist mithin, dass es um ein Verhältnis zwischen einem Steuerpflichtigen und einer ihm nahestehende Person geht, das als "Geschäftsbeziehung" qualifiziert werden kann (Senatsurteil in BFHE 194, 53, BStBl II 2002, 720, m.w.N.).

2.

Der Senat hat zu der im Jahr 1985 geltenden Rechtslage entschieden, dass die Garantieerklärung einer Konzern-Obergesellschaft zugunsten eines anderen konzernangehörigen Unternehmens nicht im Rahmen einer Geschäftsbeziehung zwischen den beiden Unternehmen abgegeben wird, wenn die begünstigte Gesellschaft mangels ausreichender Eigenkapitalausstattung ohne sie ihre konzerninterne Funktion nicht erfüllen könnte (Senatsurteil in BFHE 194, 53, BStBl II 2002, 720). Er hat ferner entschieden, dass diese Beurteilung gleichermaßen für diejenige Fassung des AStG gilt, die durch das Steueränderungsgesetz 1992 geschaffen worden ist und seit dem 1. Januar 1992 gilt (Senatsurteil vom 27. August 2008 I R 28/07, BFH/NV 2009, 123). Die insoweit maßgebliche Gesetzesfassung ist erst durch das Gesetz zum Abbau von Steuervergünstigungen und Ausnahmeregelungen (StVergAbG) vom 16. Mai 2003 (BGBl. I 2003, 660, BStBl I 2003, 321) erneut geändert worden, und zwar mit erstmaliger Wirkung zum Veranlagungszeitraum 2003 (§ 21 Abs. 11 Satz 1 AStG i.d.F. des StVergAbG). Sie gilt daher u.a. im Hinblick auf die Streitjahre.

3.

Der Vortrag des FA gibt dem Senat keinen Anlass, von seiner bisherigen Beurteilung der Rechtslage abzurücken. Das gilt insbesondere im Hinblick auf die Ausführungen dazu, dass die darlehensweise Zuführung von Finanzierungsmitteln nur dann außerhalb einer "Geschäftsbeziehung" i.S. des § 1 Abs. 1 AStG a.F. erfolge, wenn sie sich aus der Sicht des maßgeblichen Gesellschaftsrechts als Zuführung von Eigenkapital darstelle. Diese Überlegung hat der Senat in seinem Urteil in BFH/NV 2009, 123 mit näherer Begründung verworfen; die dafür maßgeblichen Gründe hält er weiterhin für tragfähig. Daher ist bei der Beurteilung des Streitfalls davon auszugehen, dass unabhängig von der gesellschaftsrechtlichen Situation eine "Geschäftsbeziehung" i.S. des § 1 Abs. 1 AStG a.F. nicht vorliegt, wenn eine von Anfang an nicht ausreichend mit Eigenkapital ausgestattete Kapitalgesellschaft die zur Wahrnehmung ihrer Funktion notwendigen Finanzmittel von ihrem Gesellschafter unentgeltlich erhält.

4.

Das FG hat ohne Rechtsfehler angenommen, dass im Streitfall ein solcher Sachverhalt vorliegt. Es hat revisionsrechtlich bindend (§ 118 Abs. 2 FGO) festgestellt, dass sowohl die X-Canada als auch die X-Südafrika nur mit einem sehr geringen Eigenkapital (X-Südafrika: 25 DM) ausgestattet waren und dass ihre Mittel deshalb für einen Auftritt am Markt nicht ausreichten. Es hat ferner festgestellt, dass die von der Klägerin gewährten Kredite dem Ziel dienten, das Fehlen einer hinreichenden Eigenkapitalausstattung wirtschaftlich auszugleichen. Diese Feststellungen rechtfertigen die von ihm vorgenommene Würdigung, die Kreditgewährung sei nicht im Rahmen einer Geschäftsbeziehung i.S. des § 1 Abs. 1 AStG a.F. erfolgt. Dass die Klägerin den ausländischen Gesellschaften nicht Finanzmittel übertragen, sondern vielmehr Forderungen gestundet hat, spielt insoweit keine Rolle.

Ende der Entscheidung

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