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Gericht: Bundesfinanzhof
Beschluss verkündet am 07.08.2000
Aktenzeichen: I R 91/99
Rechtsgebiete: FGO, BFHEntlG


Vorschriften:

FGO § 115 Abs. 1
FGO § 116 Abs. 1
BFHEntlG Art. 1 Nr. 5
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Gründe

I. Die Klägerin und Revisionsklägerin (Klägerin) ist eine GmbH & Co. KG, die mit Gesellschaftsvertrag vom 23. November 1988 gegründet und am ... Januar 1989 im Handelsregister eingetragen worden ist. Ihre persönlich haftende Gesellschafterin ist die T-GmbH, ihre einzige Kommanditistin die C-BV. Die C-BV ist zugleich die einzige Gesellschafterin der T-GmbH. Sie ist am Vermögen sowie am Gewinn und Verlust der Klägerin nicht beteiligt und erhält in ihrer Eigenschaft als Kommanditistin einen festen Gewinnanteil von 2 500 DM sowie eine Verzinsung ihrer Kapitaleinlage von 8 v.H. jährlich.

Die Gesellschafter der Klägerin hatten bereits am 12. Januar 1988 eine "Gründungsvereinbarung der T-Vertriebsgesellschaft" geschlossen, in der es u.a. heißt, dass die Gesellschaft ihre Geschäftstätigkeit als Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR) mit Wirkung vom 1. Januar 1988 beginne. Zu diesem Zweck übertrage die T-GmbH mit Wirkung zu diesem Zeitpunkt ihr gesamtes Vermögen mit sämtlichen Aktiven und Passiven zu den Bilanzwerten vom 31. Dezember 1987 auf die GbR. In dem Gesellschaftsvertrag der Klägerin ist bestimmt, dass diese die Tätigkeit der GbR fortsetze.

Im Zusammenhang mit dem Abschluss des Gesellschaftsvertrags der Klägerin fassten deren Gesellschafter einen "Beschluss", der u.a. besagt, dass die T-GmbH zu einer Einlage nicht verpflichtet sei. Ferner heißt es dort, der Saldo der übernommenen Vermögenswerte und Schulden aus der Übernahme des Geschäfts der T-GmbH zum 1. Januar 1988 solle in der Bilanz der Klägerin auf einem Kapitalkonto ausgewiesen werden. Die T-GmbH sei jederzeit berechtigt, hinsichtlich dieses Betrags mit Ansprüchen gegen die Klägerin aufzurechnen.

Mit notariell beurkundetem Vertrag vom 21. Dezember 1989 übertrug die T-GmbH verschiedene Grundstücke auf die Klägerin. Als Tag der Übergabe wurde der 1. Januar 1989 vereinbart.

Der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt --FA--) ging davon aus, dass die T-GmbH ihr Vermögen auf die Klägerin übertragen habe und dass hierin eine gesellschaftsteuerpflichtige Leistung liege. Er setzte als Bemessungsgrundlage einen gemeinen Wert des übertragenen Vermögens von ... DM an und auf dieser Basis Gesellschaftsteuer fest. Die Klage gegen den entsprechenden Bescheid hat das Finanzgericht (FG) abgewiesen, ohne die Revision zuzulassen.

Die Klägerin hat das erstinstanzliche Urteil mit einer Nichtzulassungsbeschwerde angefochten, die nicht Gegenstand des vorliegenden Verfahrens ist. In der Beschwerdeschrift hat sie zugleich ausgeführt, sie rüge "weiterhin ... mit ihrer Revision entscheidungserhebliche Verfahrensmängel durch unzureichendes rechtliches Gehör". Dazu hat sie vorgetragen, dass das FG eine Überraschungsentscheidung getroffen und angebotene Beweise nicht erhoben habe.

Der von der Klägerin gestellte Antrag geht zum einen dahin, "der Beschwerde stattzugeben". Zum anderen hat die Klägerin beantragt, den angefochtenen Bescheid "ersatzlos aufzuheben".

Das FA hat ausgeführt, die Rechtsmittelschrift der Klägerin sei dahin zu verstehen, dass neben der Nichtzulassungsbeschwerde eine Revision eingelegt worden sei. Es beantragt, die Revision als unzulässig zu verwerfen.

II. Die von der Klägerin eingereichte Rechtsmittelschrift enthält nicht nur eine Nichtzulassungsbeschwerde, sondern zugleich eine Revision gegen das erstinstanzliche Urteil. Das ergibt sich aus der Begründung des Rechtsmittels, die zur Auslegung des betreffenden Schriftsatzes heranzuziehen ist. Dort heißt es nämlich im Anschluss an Ausführungen zur Nichtzulassungsbeschwerde, dass "mit der Revision ... weiterhin ... erhebliche Verfahrensfehler gerügt" werden. Hierzu folgt sodann ein umfangreicher Vortrag. Dies kann bei verständiger Auslegung nur dahin verstanden werden, dass die Klägerin bereits jetzt ("rügen") über die Nichtzulassungsbeschwerde hinaus ("weiterhin") eine Revision einlegen und diese mit der Rüge von Verfahrensmängeln begründen wollte. Nur hierzu passt auch der von ihr gestellte Antrag, den angefochtenen Bescheid "ersatzlos aufzuheben"; ein solches Rechtsschutzziel kann nämlich nicht mit der Nichtzulassungsbeschwerde, sondern allenfalls mit der Revision erreicht werden. Vor diesem Hintergrund muss, auch wenn im Betreff der Rechtsmittelschrift ausschließlich von einer Nichtzulassungsbeschwerde die Rede ist, diese als eine Kombination von Nichtzulassungsbeschwerde- und Revisionsschrift verstanden werden.

Die Klägerin hat zwar im weiteren Verlauf geltend gemacht, sie habe nur Nichtzulassungsbeschwerde einlegen und mit ihren Ausführungen zur Revision lediglich das Nichtzulassungsbeschwerde-Vorbringen "unterstützen" wollen. Diese Willensrichtung ist jedoch in der Rechtsmittelschrift selbst nicht zum Ausdruck gekommen. Für einen objektiven Betrachter stellt sich das dortige Vorbringen vielmehr als Zusammenfassung zweier unterschiedlicher Anliegen dar, die getrennt voneinander begründet worden sind und zu mehreren nebeneinander gestellten Anträgen führten. Das ist das für die Auslegung entscheidende Kriterium. Abgesehen davon entspricht es nicht zuletzt dem Grundsatz der "rechtsschutzgewährenden Auslegung", im Streitfall davon auszugehen, dass zwei parallele Rechtsmittel --also neben der Nichtzulassungsbeschwerde zugleich eine Revision-- eingelegt worden sind.

III. Die Revision, um die es im vorliegenden Verfahren allein geht, ist unzulässig. Es mag dahingestellt bleiben, ob das angefochtene Urteil unter den von der Klägerin gerügten Mängeln leidet. Denn jedenfalls wäre in diesem Fall die zulassungsfreie Revision gegen das Urteil nicht eröffnet:

1. Nach § 115 Abs. 1 der Finanzgerichtsordnung (FGO) i.V.m. Art. 1 Nr. 5 des Gesetzes zur Entlastung des Bundesfinanzhofs ist die Revision gegen ein finanzgerichtliches Urteil grundsätzlich nur dann zulässig, wenn das FG oder auf Beschwerde hin der Bundesfinanzhof (BFH) sie zugelassen hat. Das ist im Streitfall nicht geschehen.

2. Einer Zulassung der Revision bedarf es nach § 116 Abs. 1 FGO nicht, wenn bestimmte wesentliche Mängel des Verfahrens gerügt werden. Diejenigen Verfahrensmängel, die hiernach die zulassungsfreie Revision eröffnen, sind in der genannten Vorschrift abschließend aufgezählt. Zu ihnen gehören weder die Versagung des rechtlichen Gehörs (Beschluss des BFH vom 7. Dezember 1999 IV R 35/99, BFH/NV 2000, 736; Tipke/Kruse, Abgabenordnung-Finanzgerichtsordnung, 16. Aufl., § 116 FGO Tz. 8, m.w.N.) noch eine unzureichende Sachaufklärung. Die von der Klägerin erhobenen Rügen können deshalb selbst dann, wenn sie in der Sache berechtigt sein sollten, nicht zur Zulässigkeit der Revision führen.

3. Die Erfolgsaussichten der von der Klägerin erhobenen Nichtzulassungsbeschwerde sind für die hier zu treffende Entscheidung unerheblich. Denn ein Erfolg der Klägerin im Nichtzulassungsbeschwerde-Verfahren würde nicht dazu führen, dass die vorliegend zu beurteilende Revision nachträglich zulässig würde (Gräber/Ruban, Finanzgerichtsordnung, 4. Aufl., § 116 Rz. 6 a, m.w.N.). Vielmehr könnte und müsste die Klägerin im Anschluss an eine etwaige Revisionszulassung erneut eine (zugelassene) Revision erheben, über die sodann ggf. inhaltlich entschieden werden könnte.

IV. Die hiernach unzulässige Revision muss durch Beschluss verworfen werden (§ 126 Abs. 1 FGO).

Ende der Entscheidung

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