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Beginn der Entscheidung

Gericht: Bundesfinanzhof
Beschluss verkündet am 28.11.2007
Aktenzeichen: I R 99/06
Rechtsgebiete: EStG, AO, KiStG NW


Vorschriften:

EStG § 3 Nr. 40
EStG § 51a Abs. 2
EStG § 51a Abs. 5
AO § 351 Abs. 2
KiStG NW § 14
Einwendungen gegen die Berechnung der "fiktiven" Einkommensteuer nach § 51a Abs. 2 EStG als Grundlage für die Festsetzung der in Nordrhein-Westfalen erhobenen Kirchensteuer sind im Rechtsbehelfsverfahren gegen die Festsetzung der Kirchensteuer gegenüber der zuständigen Kirchenbehörde und nicht im Verfahren gegen die Festsetzung der Einkommensteuer gegenüber dem Finanzamt geltend zu machen (gegen Erlass des Finanzministeriums des Landes Nordrhein-Westfalen vom 9. April 2003, EStG-Kartei NW KiSt Nr. 808).
Gründe:

I.

Streitpunkte sind, ob bei Hinzurechnung der aufgrund des Halbeinkünfteverfahrens steuerfreien Einkünfte zur Bemessungsgrundlage der in Nordrhein-Westfalen erhobenen Kirchensteuer nach Maßgabe von § 51a Abs. 2 Satz 2 des Einkommensteuergesetzes in der im Streitjahr 2002 geltenden Fassung (EStG) Verlustabzüge nach § 10d EStG zu berücksichtigen sind und ob Einwendungen gegen diesbezügliche Festsetzungen gegenüber dem Finanzamt oder gegenüber der Kirchenbehörde geltend zu machen sind.

Der in Nordrhein-Westfalen wohnhafte Kläger, Revisionskläger und Revisionsbeklagte (Kläger) gehört der römisch-katholischen Kirche an. Er wurde für das Streitjahr zur Einkommensteuer veranlagt. Der Kläger war hälftig an einer vermögensverwaltenden Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR) beteiligt, die im Streitjahr eine Beteiligung an einer GmbH veräußerte und dabei einen Veräußerungsgewinn nach § 17 Abs. 2 EStG von rd. 3,5 Mio. € erzielte. Auf den Kläger entfielen hiervon anteilig 1 748 046 €. Die in der Vergangenheit zur Finanzierung des GmbH-Anteils aufgelaufenen Zinsen betrugen zum 31. Dezember 2001 rd. 2,5 Mio. €; sie sind Teil des zum 31. Dezember 2001 verbleibenden Verlustvortrags des Klägers gemäß § 10d Abs. 3 EStG von 2 600 406 €.

Im Einkommensteuerbescheid für das Streitjahr erfasste der Beklagte, Revisionskläger und Revisionsbeklagte (das Finanzamt --FA--), den anteiligen Veräußerungsgewinn des Klägers nach dem Halbeinkünfteverfahren (§ 3 Nr. 40 EStG) zu 50 %, das sind 874 023 €. Nach Berücksichtigung der weiteren Einkünfte des Klägers und der Verlustvorträge nach § 10d EStG setzte das FA die Einkommensteuer wie folgt fest:

 steuerpflichtiger Veräußerungsgewinn874 023 €
negative Halbeinkünfte./. 228 434 €
übrige Einkünfte165 257 €
Gesamtbetrag der Einkünfte810 846 €
Verlustabzug ab 1999./. 316 956 €
Verlustabzug bis 1998./. 486 931 €
Sonderausgaben./. 6 959 €
zu versteuerndes Einkommen0 €
Einkommensteuer0 €

Die Kirchensteuer des Klägers berechnete das FA unter Anwendung von § 51a Abs. 2 Satz 2 EStG wie folgt:

 zu versteuerndes Einkommen0 €
zuzüglich steuerfreie Halbeinkünfte645 060 €
maßgebendes zu versteuerndes Einkommen645 060 €
darauf entfallende (fiktive) Einkommensteuer302 985 €
davon 9 % Kirchensteuer27 268 €

In der dem Bescheid angeschlossenen Rechtsbehelfsbelehrung heißt es u.a.: "Gegen die Festsetzung der Kirchensteuer ist ebenfalls der Einspruch gegeben. Der Einspruch ist bei dem vorbezeichneten Finanzamt einzureichen, wenn er sich gegen die Höhe der der Festsetzung zugrunde gelegten Bemessungsgrundlage richtet. Ein Einspruch gegen die Festsetzung der Kirchensteuer, der sich auf Gründe stützt, die nicht mit der Berechnung der zugrunde gelegten Bemessungsgrundlage zusammenhängen, ist insoweit bei dem zuständigen (erz)bischöflichen Generalvikariat ... einzureichen."

Der Kläger legte beim FA Einspruch gegen den Einkommensteuerbescheid ein, weil trotz einer Einkommensteuerschuld von 0 € eine Kirchensteuer festgesetzt worden sei. Zwar sei die Einkommensteuerfestsetzung selbst zutreffend. Dennoch müsse er den Bescheid anfechten, damit die dort für Zwecke der Kirchensteuer berechnete Bemessungsgrundlage geändert werden könne. Er ist der Auffassung, § 51a Abs. 2 Satz 2 EStG müsse so verstanden werden, dass die dort vorgesehenen Hinzurechnungen mit Verlustvorträgen nach § 10d EStG zu verrechnen seien. Zugleich legte der Kläger beim Generalvikariat des Erzbistums K Einspruch gegen den Kirchensteuerbescheid ein und verwies darauf, dass noch nicht geklärt sei, ob das FA oder das Generalvikariat für die Bearbeitung des Einspruchs zuständig sei. Das Generalvikariat hat über den bei ihm eingelegten Einspruch bislang nicht entschieden.

Die nach Zurückweisung des beim FA eingelegten Einspruchs als unbegründet erhobene Klage hat das Finanzgericht (FG) Düsseldorf als unzulässig abgewiesen, weil nicht das "richtige" Vorverfahren durchgeführt worden sei. Über den Einspruch des Klägers habe das erzbischöfliche Generalvikariat zu entscheiden, was bislang noch nicht geschehen sei. Das FG-Urteil vom 24. November 2006 1 K 1102/05 Ki ist in Entscheidungen der Finanzgerichte (EFG) 2007, 267 abgedruckt.

Gegen das FG-Urteil richten sich die Revisionen des FA und des Klägers.

Das FA beantragt (sinngemäß), das angefochtene Urteil aufzuheben und die Klage als unbegründet abzuweisen,

hilfsweise, den Rechtsstreit an das FG zurückzuverweisen.

Der Kläger beantragt (sinngemäß), das FG-Urteil aufzuheben und den angefochtenen Bescheid dahin abzuändern, dass die Kirchensteuer auf 0 € festgesetzt wird,

hilfsweise, den Rechtsstreit an das FG zurückzuverweisen.

Die Beteiligten beantragen (sinngemäß), die Revision der jeweils anderen Seite zurückzuweisen.

II.

Die Entscheidung ergeht gemäß § 126a der Finanzgerichtsordnung (FGO). Der Senat hält einstimmig die Revisionen für unbegründet und eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich. Die Beteiligten sind davon unterrichtet worden und hatten Gelegenheit zur Stellungnahme.

1. Das Rechtsmittel des FA ist ungeachtet dessen zulässig, dass das FG die Klage als unzulässig abgewiesen hat. Der Beklagte ist grundsätzlich auch dann beschwert, wenn die Klage statt durch Sachurteil durch Prozessurteil als unzulässig abgewiesen worden ist (vgl. Beschluss des Bundesfinanzhofs --BFH-- vom 25. März 1986 VII B 164-165/85, BFHE 146, 188; BFH-Urteil vom 5. August 1986 VII R 2-3/86, BFH/NV 1987, 195; Urteil des Bundesverwaltungsgerichts --BVerwG-- vom 10. Februar 1960 V C 14.58, BVerwGE 10, 148). Soweit es an der für die Revision erforderlichen Beschwer fehlt, wenn der Beklagte nach dem Prozessurteil nicht mehr mit einer neuen Klage überzogen werden kann (vgl. BVerwG-Urteil vom 10. April 1968 IV C 160.65, Neue Juristische Wochenschrift 1968, 1795; Gräber/Ruban, Finanzgerichtsordnung, 6. Aufl., Vor § 115 Rz 17), liegt ein solcher Fall hier nicht vor. Denn das FG hat die Klage wegen des fehlenden Abschlusses des aus seiner Sicht "richtigen" Vorverfahrens --nämlich des noch beim erzbischöflichen Generalvikariat anhängigen Einspruchsverfahrens-- als unzulässig abgewiesen. Danach wäre nach Beendigung dieses Einspruchsverfahrens eine Wiederholung der Klage mit für das FA materiell nachteiligen Folgewirkungen nicht ausgeschlossen.

2. Das FG hat die Klage im Ergebnis zu Recht als unzulässig abgewiesen. Dem beklagten FA fehlt es an der erforderlichen passiven Prozessführungsbefugnis.

a) Gemäß § 14 Abs. 1, Abs. 2 Satz 1 des Gesetzes über die Erhebung von Kirchensteuern im Land Nordrhein-Westfalen in der Fassung der Bekanntmachung vom 22. April 1975 --KiStG NW-- (Gesetz- und Verordnungsblatt für das Land Nordrhein-Westfalen --GVBl NW-- 1975, 438), zuletzt geändert durch Gesetz vom 6. März 2001 (GVBl NW 2001, 103), entscheidet über den Einspruch gegen die Heranziehung zur Kirchensteuer die in der einschlägigen Kirchensteuerordnung bestimmte Stelle. Im Streitfall ist dies gemäß § 15 Abs. 2 der Kirchensteuerordnung der Erzdiözese K (vom 10. November 1987, Amtsblatt 1987, 282, zuletzt geändert durch Verordnung vom 10. März 1995) --KiStO EK-- das erzbischöfliche Generalvikariat K. "Nur" diese Behörde ist gemäß § 14 Abs. 5 KiStG NW, § 15 Abs. 5 KiStO EK im Klageverfahren zu beteiligen; ihr kommt mithin die ausschließliche passive Prozessführungsbefugnis im Klageverfahren gegen den Kirchensteuerbescheid zu.

b) Die Rechtsbehelfsbestimmungen der § 14 KiStG NW, § 15 KiStO EK sind im Streitfall einschlägig.

aa) Der Senat hat die landesrechtlichen Bestimmungen des Kirchensteuergesetzes und der Kirchensteuerordnung in eigener Zuständigkeit auszulegen und ist nicht an die Interpretation des FG gebunden. Denn es handelt sich gemäß § 118 Abs. 1 Satz 2 i.V.m. § 33 Abs. 1 Nr. 4 FGO um revisibles Landesrecht, weil § 14 Abs. 4 Satz 1 KiStG NW, § 15 Abs. 4 Satz 1 KiStO EK den Finanzrechtsweg eröffnen und § 14 Abs. 4 Satz 2 KiStG NW, § 15 Abs. 4 Satz 2 KiStO EK die Vorschriften der Finanzgerichtsordnung insgesamt für anwendbar erklären (vgl. Senatsurteil vom 7. August 1985 I R 309/82, BFHE 145, 7, BStBl II 1986, 42; BFH-Urteile vom 8. März 1995 II R 10/93, BFHE 177, 276, BStBl II 1995, 431, und II R 58/93, BFHE 177, 288, BStBl II 1995, 438).

bb) Das FG hat Einspruch und Klage zutreffend dahin verstanden, dass sie sich gegen die im angefochtenen Bescheid vorgenommene Festsetzung der Kirchensteuer und nicht gegen den Einkommensteuerbescheid als Grundlagenbescheid für die Festsetzung der Kirchensteuer richten.

aaa) Der Kläger hat in der Einspruchsschrift erklärt, er halte die Einkommensteuerfestsetzung für zutreffend und wende sich ausschließlich gegen die vom FA ermittelte Bemessungsgrundlage für die Festsetzung der Kirchensteuer. Konkret bemängelt er die Hinzurechnung der aufgrund des Halbeinkünfteverfahrens steuerfreien Einkünfte zur Bemessungsgrundlage der Kirchensteuer nach Maßgabe von § 4 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. a, Abs. 2 Satz 1 KiStG NW i.V.m. § 51a Abs. 2 Satz 2 EStG.

bbb) Derartige Einwendungen gegen die Berechnung der nach den landesrechtlichen Bestimmungen für die Kirchensteuer maßgeblichen "fiktiven" Einkommensteuer nach § 51a Abs. 2 EStG sind im Rechtsbehelfsverfahren gegen die Festsetzung der Kirchensteuer und nicht in jenem gegen den Einkommensteuerbescheid geltend zu machen. Allerdings ist die Kirchensteuer nach Maßgabe von § 4 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. a, Abs. 2 Satz 1 KiStG NW i.V.m. § 51a EStG Folgesteuer zu der als Maßstabsteuer dienenden Einkommensteuer und stehen insoweit Kirchensteuerbescheid und Einkommensteuerbescheid im Verhältnis Folge-/Grundlagenbescheid (vgl. Senatsurteil vom 28. Februar 2001 I R 41/99, BFHE 194, 317, BStBl II 2001, 416; Senatsbeschluss vom 24. März 1999 I B 14/98, BFH/NV 1999, 1383). Entscheidungen in einem Grundlagenbescheid können nur durch Anfechtung dieses Bescheids und nicht durch Anfechtung des Folgebescheids angegriffen werden (§ 351 Abs. 2 der Abgabenordnung --AO--).

Das Verhältnis Folge-/Grundlagenbescheid kann bei den Zuschlagsteuern nach § 51a EStG jedoch nur hinsichtlich solcher Besteuerungsgrundlagen bestehen, die für die Festsetzung der Einkommensteuer als Maßstabsteuer relevant sind und sich infolge dessen auf die Einkommensteuerfestsetzung auswirken können. Hingegen kann der Einkommensteuerbescheid nicht als Grundlagenbescheid für die in § 51a Abs. 2 EStG geregelten Modifikationen der Maßstabsteuer angesehen werden, die ausschließlich der Bemessung der Kirchensteuer als Zuschlagsteuer dienen, die aber für die Festsetzung der Einkommensteuer keinerlei Bedeutung haben. Diese sind nicht Bestandteil der Festsetzung der Einkommensteuer, sondern kommen unabhängig von dieser originär und ausschließlich im Verfahren über die Festsetzung der Kirchensteuer zur Anwendung; dagegen erhobene Einwendungen sind folglich nur im Rahmen dieses Verfahrens geltend zu machen (ebenso Schlief in Kirchhof/Söhn/Mellinghoff, EStG, § 51a Rz A 43; Frotscher, EStG, § 51a Rz 40; Pust in Littmann/Bitz/Pust, Das Einkommensteuerrecht, § 51a Rz 176; tendenziell auch Blümich/Treiber, § 51a EStG Rz 81; allgemein zu unabhängigen Entscheidungen im Folgebescheid: Tipke in Tipke/Kruse, Abgabenordnung, Finanzgerichtsordnung, § 351 AO Rz 46). Der gegenteiligen Auffassung, die den Einkommensteuerbescheid als anzufechtenden Grundlagenbescheid auch hinsichtlich solcher Einwendungen ansieht, die sich nicht auf die festgesetzte Einkommensteuer, sondern auf deren Modifikation für Zwecke der Berechnung der Zuschlagsteuer beziehen (FG Düsseldorf, Urteil vom 14. Januar 2000 18 K 5985/98 E, EFG 2000, 439; Erlass des Finanzministeriums des Landes Nordrhein-Westfalen vom 9. April 2003, EStG-Kartei Nordrhein-Westfalen KiSt Nr. 808; Schmidt/Drenseck, EStG, 26. Aufl., § 51a Rz 1 a.E.), kann nicht beigepflichtet werden. Denn ein allein auf derartige Einwendungen gestützter Rechtsbehelf gegen den Einkommensteuerbescheid wäre unzulässig, weil die Modifikation nicht zu den Besteuerungsgrundlagen der Einkommensteuer gehört und deren festzusetzende Höhe unberührt lässt.

Da es an einer gesetzlichen Bestimmung fehlt, aufgrund derer die nach Maßgabe von § 51a Abs. 2 EStG zu ermittelnde "fiktive" Einkommensteuer verfahrensrechtlich zu isolieren und nach § 157 Abs. 2 Halbsatz 2, § 179 Abs. 1 AO gesondert festzustellen ist, kann ihre Bemessung auch nicht als eigenständiger Grundlagenbescheid für die Kirchensteuerfestsetzung isoliert angefochten werden.

Ein anderes Ergebnis lässt sich nicht aus der vom FA angeführten Begründung ableiten, die in Einkommensteuerfragen größere fachliche Kompetenz und Sachnähe sowie dessen bessere technische Voraussetzungen lasse eine Befassung des FA --anstatt der kirchlichen Stellen-- mit der streitgegenständlichen Problematik verwaltungsökonomisch sinnvoll erscheinen. Denn verwaltungsökonomische Gesichtspunkte vermögen weder die Erstreckung der Feststellungswirkungen eines Grundlagenbescheids auf von diesem nicht umfasste Regelungsgegenstände bewirken noch können sie gesetzlich vorgegebene Verwaltungszuständigkeiten abändern.

cc) Im Rechtsbehelfsverfahren nach § 14 KiStG NW, § 15 KiStO EK können Einwendungen gegen die Modifikationen der Einkommensteuer nach Maßgabe von § 4 Abs. 2 Satz 1 KiStG NW, § 51a Abs. 2 EStG geltend gemacht werden. Zwar heißt es in § 14 Abs. 6 KiStG NW, § 15 Abs. 6 KiStO EK, Einwendungen gegen die zugrunde gelegte Maßstabsteuer seien unzulässig. "Maßstabsteuer" in diesem Sinne ist aber die im Einkommensteuerbescheid festgesetzte Einkommensteuer und nicht die nach § 4 Abs. 2 Satz 1 KiStG NW, § 51a Abs. 2 EStG modifizierte (fiktive) Einkommensteuer als Bemessungsgrundlage für die Kirchensteuer. Entgegen der Sicht der Beteiligten kann aus der im Klammerzusatz des § 14 Abs. 6 Satz 1 KiStG NW erfolgenden Bezugnahme auf § 4 Abs. 1 Nr. 1 bis 3 KiStG NW und dem Umstand, dass nach § 4 Abs. 2 Satz 1 KiStG NW die Modifikationen nach § 51a EStG "vor" der Berechnung der Kirchensteuer nach § 4 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. a KiStG NW vorzunehmen sind, nicht abgeleitet werden, dass mit "Maßstabsteuer" i.S. von § 14 Abs. 6 Satz 1 KiStG NW die nach § 51a Abs. 2 EStG modifizierte Bemessungsgrundlage gemeint ist. Die einschränkenden Bestimmungen in § 14 Abs. 6 KiStG NW, § 15 Abs. 6 KiStO EK --wie auch die vergleichbare bundesrechtliche Regelung für Zuschlagsteuern in § 51a Abs. 5 Satz 1 EStG-- sind vielmehr so zu verstehen, dass damit der Grundsatz des § 351 Abs. 2 AO wiederholt wird, wonach Entscheidungen in einem Grundlagenbescheid nicht auch im Rahmen der Anfechtung des Folgebescheids angegriffen werden können (vgl. Schmieszek in Bordewin/Brandt, § 51a EStG Rz 37; Pust in Littmann/Bitz/Pust, a.a.O., § 51a Rz 176; Blümich/ Treiber, § 51a EStG Rz 80; Frotscher, a.a.O., § 51a Rz 39 f.). Danach sind lediglich solche Einwendungen ausgeschlossen, die Besteuerungsgrundlagen der Einkommensteuerfestsetzung betreffen und im Rahmen der Anfechtung des Einkommensteuerbescheides geltend gemacht werden können. Die Modifikationen des § 51a Abs. 2 EStG gehören nach dem oben Gesagten nicht dazu.

Die gegenteilige Sichtweise würde dazu führen, dass Einwendungen gegen die aus § 4 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. a KiStG NW i.V.m. § 51a Abs. 2 EStG abgeleitete "fiktive" Einkommensteuer weder im Verfahren gegen die Einkommensteuerfestsetzung noch in jenem gegen die Heranziehung zur Kirchensteuer nach § 14 KiStG NW, § 15 KiStO EK geltend gemacht werden könnten. Denn mit dem Ausschluss aus diesem Rechtsbehelfsverfahren wäre nicht zugleich ein anderes Rechtsschutzverfahren gegen die Berechnung der "fiktiven" Einkommensteuer geschaffen. Insbesondere wäre dadurch nicht der Grundsatz beseitigt --hierfür fehlte es dem Landesgesetzgeber auch an der Gesetzgebungskompetenz--, dass im Verfahren gegen die Festsetzung der Einkommensteuer nur solche Einwendungen vorgebracht werden können, die sich auf die Höhe der Einkommensteuer auswirken. Dass der Landesgesetzgeber eine solche Rechtsschutzlücke begründen wollte, die nur unter Rückgriff auf die Rechtsweggarantie des Art. 19 Abs. 4 des Grundgesetzes geschlossen werden könnte --mit der Folge, dass dann nicht gemäß § 33 FGO der Finanzrechtsweg eröffnet wäre--, kann jedoch nicht angenommen werden.

c) Ist mithin das FA nicht die im Klageverfahren zu beteiligende Behörde, fehlt es an der als Sachurteilsvoraussetzung erforderlichen passiven Prozessführungsbefugnis des FA und ist die Klage deshalb unzulässig (vgl. BFH-Urteil vom 26. Februar 1980 VII R 60/78, BFHE 130, 12, BStBl II 1980, 331; Gräber/ von Groll, a.a.O., § 63 Rz 1; Tipke in Tipke/Kruse, a.a.O., § 63 FGO Rz 9).

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