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Gericht: Bundesfinanzhof
Beschluss verkündet am 25.07.2002
Aktenzeichen: I S 6/02 (PKH)
Rechtsgebiete: AO 1977, StBerG, FGO, ZPO


Vorschriften:

AO 1977 § 8
StBerG § 3 Nr. 1
StBerG § 3 Nr. 2
StBerG § 3 Nr. 3
FGO § 62a
FGO § 56 Abs. 3
FGO § 115 Abs. 2
FGO § 142 Abs. 1
ZPO § 114 Satz 1
ZPO § 117 Abs. 2
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Gründe:

I. Der Antragsteller ist jugoslawischer Staatsangehöriger. Zwischen 1960 und 1970 reiste er mit seiner damaligen Ehefrau zum Zwecke der Arbeitsaufnahme ins Inland ein. Von 1982 bis 1990 war er als ... für verschiedene Firmen tätig. Seit 1991 bezieht der Antragsteller Arbeitslosengeld bzw. -hilfe, Konkursausfallgeld, Unterhaltsgeld und Wohngeld. Der Antragsteller war ununterbrochen im Inland polizeilich gemeldet und wohnte dort auch. Er betrieb (im Prozesswege) seine Einbürgerung. Einkommen- oder Vermögensteuererklärungen gab der Antragsteller nicht ab.

Wie der zuständigen Steuerfahndungsstelle bekannt wurde, hat der Antragsteller von 1988 bis 1992 in erheblichem Umfang Devisentransfers auf eine Bank in Luxemburg vorgenommen. Im Hinblick auf die Höhe der erzielten Kapitalerträge wurde gegen ihn ein Strafverfahren eingeleitet, das zum Zeitpunkt der Vorentscheidung noch nicht rechtskräftig abgeschlossen war. Aufgrund der Feststellungen der Steuerfahndung setzte der Antragsgegner (das Finanzamt --FA--) gegen den Antragsteller Einkommensteuer für die Jahre 1991 bis 1997 und Vermögensteuer für die Jahre 1991 bis 1996 fest. Für 1994 berücksichtigte es zudem Honorareinnahmen des Antragstellers aus Dolmetschertätigkeit.

Die dagegen gerichtete Klage mit dem Antrag, die Bescheide ersatzlos aufzuheben, blieb ohne Erfolg.

Das Finanzgericht (FG) entschied, der Antragsteller sei in den Streitjahren mit seinen Welteinkünften und seinem Weltvermögen im Inland einkommen- und vermögensteuerpflichtig gewesen (§ 1 Abs. 1 des Einkommensteuergesetzes --EStG--, § 1 Abs. 1 Nr. 1 des Vermögensteuergesetzes --VStG--). Zu Unrecht bestreite er einen Wohnsitz i.S. des § 8 der Abgabenordnung (AO 1977) im Inland. Angesichts des unstreitigen Aufenthalts des Antragstellers seit nahezu 40 Jahren im Inland bestünden keine ernsthaften Bedenken gegen die Annahme eines inländischen Wohnsitzes. Dies ergebe sich zusätzlich aus dem ausländerrechtlichen Status des Antragstellers (Aufenthaltsgenehmigung) und seinem Bestreben, die Einbürgerung im Inland zu erreichen.

Auch unter Berücksichtigung des Abkommens zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Sozialistischen Föderativen Republik Jugoslawien zur Vermeidung der Doppelbesteuerung auf dem Gebiet der Steuern vom Einkommen und Vermögen vom 26. März 1987 (DBA-Jugoslawien) stehe der Bundesrepublik Deutschland das Besteuerungsrecht für die (unstreitigen) Einkünfte und das Vermögen des Antragstellers unter Einschaltung der Bank in Luxemburg zu. Dem stehe eine Anschrift im jugoslawischen Pass des Antragstellers in Jugoslawien nicht entgegen, da der Pass vorrangig über die Staatsangehörigkeit Aufschluss geben solle. Aber auch wenn der Antragsteller in Jugoslawien einen weiteren Wohnsitz gehabt habe, habe er unzweifelhaft im Inland den Mittelpunkt seiner Lebensinteressen gehabt. Daher stünde der Bundesrepublik Deutschland jedenfalls als Ansässigkeitsstaat im Sinne des DBA-Jugoslawien das Besteuerungsrecht hinsichtlich des Einkommens und Vermögens (auch) in Luxemburg zu. Die vom Antragsteller geltend gemachte "doppelte Befreiung" sei abwegig.

Somit seien die angefochtenen Bescheide weder nichtig noch seien die streitigen Steueransprüche verwirkt oder verjährt.

Gegen die Vorentscheidung hat der Antragsteller Beschwerde wegen Nichtzulassung der Revision erhoben. Gleichzeitig hat er für das Verfahren die Nichtzulassungsbeschwerde betreffend und für das Revisionsverfahren Bewilligung von Prozesskostenhilfe (PKH) unter Beiordnung eines (von ihm benannten) Rechtsbeistandes beantragt. Die Begründung der Beschwerde bleibe einem gesonderten Schriftsatz des beizuordnenden Rechtsbeistandes vorbehalten.

II. Der Antrag auf Gewährung von PKH war abzulehnen.

Nach § 142 Abs. 1 der Finanzgerichtsordnung (FGO) i.V.m. § 114 Satz 1 der Zivilprozessordnung (ZPO) erhält eine Partei, die nach ihren persönlichen oder wirtschaftlichen Verhältnissen die Kosten der Prozessführung nicht, nur zum Teil oder in Raten aufbringen kann, auf Antrag PKH, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet und nicht mutwillig erscheint.

Die vom Antragsteller im Streitfall beabsichtigte Rechtsverfolgung bietet indessen keine hinreichende Aussicht auf Erfolg. Die von ihm eingelegte Nichtzulassungsbeschwerde ist unzulässig, weil der Antragsteller bei ihrer Einlegung nicht, wie gemäß § 62a FGO erforderlich, durch eine Person i.S. des § 3 Nr. 1 des Steuerberatungsgesetzes (StBerG) oder durch eine Gesellschaft i.S. des § 3 Nr. 2 und 3 StBerG vertreten war.

Zwar kommt, wenn ein Beteiligter infolge Mittellosigkeit nicht in der Lage ist, ein Rechtsmittel fristgerecht durch einen vor dem Bundesfinanzhof (BFH) dazu befugten Vertreter einzulegen, Wiedereinsetzung in den vorigen Stand (§ 56 Abs. 1 FGO) in Betracht. Bei späterer Gewährung von PKH steht der Wiedereinsetzung grundsätzlich nicht eine Versäumung der Ausschlussfrist des § 56 Abs. 3 FGO entgegen (Gräber/Koch, Finanzgerichtsordnung, 5. Aufl., § 56 Anm. 29, m.w.N.).

Eine Wiedereinsetzung setzt jedoch voraus, dass der Rechtsmittelführer ohne Verschulden verhindert war, die gesetzliche Frist einzuhalten. Davon kann nur ausgegangen werden, wenn er innerhalb der Rechtsmittelfrist alles in seinen Kräften Stehende und Zumutbare getan hat, um das in seiner Mittellosigkeit bestehende Hindernis zu beheben. Das bedeutet, dass er bis zum Ablauf der Rechtsmittelfrist alle Voraussetzungen für die Bewilligung von PKH zur Einlegung des Rechtsmittels schaffen muss. Dazu gehört, dass er innerhalb dieser Frist das Streitverhältnis unter Angabe der Beweismittel darstellt (§ 117 Abs. 1 Satz 2 ZPO) und die nach § 117 Abs. 2 ZPO erforderliche Erklärung über seine persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse sowie entsprechende Belege beifügt (BFH-Beschlüsse vom 14. September 1994 I S 13/94, I B 82/94, I R 59/94, BFH/NV 1995, 724, m.w.N.; vom 8. Februar 2001 III S 15/00, BFH/NV 2001, 1270; vom 24. April 2001 X S 6/01, nicht veröffentlicht --nv--). Kommt er diesen Erfordernissen nicht nach, kommt eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand nicht in Betracht.

Im Streitfall hat der Antragsteller zwar eine Erklärung über seine persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse mit Belegen vorgelegt. Er hat jedoch innerhalb der Rechtsmittelfrist sein Gesuch um Gewährung von PKH nicht hinreichend begründet. Auch von einem rechtsunkundigen Rechtsmittelführer muss verlangt werden, dass er das Streitverhältnis unter Angabe der Beweismittel so darstellt, dass das Gericht die Erfolgsaussichten der beabsichtigten Rechtsverfolgung beurteilen kann (BFH-Beschlüsse vom 19. März 1999 I B 166/98, BFH/NV 1999, 1212; vom 1. Februar 2000 X S 6/99, BFH/NV 2000, 962, in BFH/NV 2001, 1270; vom 24. April 2001 X S 6/01, nv). Wird PKH für die Einlegung einer Nichtzulassungsbeschwerde begehrt, muss der Antragsteller daher zumindest in laienhafter Form einen Zulassungsgrund i.S. des § 115 Abs. 2 FGO dartun. Diesem Erfordernis ist der Antragsteller nicht nachgekommen. Er verweist lediglich auf die zu erwartende Beschwerdebegründung durch den zu bestellenden Bevollmächtigten. Auch dem dem Antrag beigefügten "Zusatzblatt zur Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse" und den darin in Bezug genommenen Schriftsätzen des Antragstellers an das FG ist zwar inhaltliche Kritik am Verfahren des FG, jedoch kein hinreichend substantiiertes Vorbringen zur Begründung der Nichtzulassungsbeschwerde zu entnehmen.

Schließlich lässt auch weder die Begründung der Vorentscheidung noch eine summarische Prüfung des Streitfalles aufgrund der vorliegenden Gerichtsakten erkennen, dass ein Zulassungsgrund i.S. des § 115 Abs. 2 FGO in Betracht kommen kann (vgl. dazu Gräber/Ruban, a.a.O., § 142 Anm. 23).

Aus den dargestellten Gründen ist nicht damit zu rechnen, dass dem Antragsteller wegen der Versäumung der Rechtsmittelfrist Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gewährt werden wird.

Eine Kostenentscheidung war nicht zu treffen. Gerichtsgebühren sind nicht entstanden (§ 1 Abs. 1 Buchst. c des Gerichtskostengesetzes in Verbindung mit dem Kostenverzeichnis).

Ende der Entscheidung

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