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Gericht: Bundesfinanzhof
Beschluss verkündet am 01.10.2001
Aktenzeichen: II B 109/00
Rechtsgebiete: BewG, FGO


Vorschriften:

BewG § 11 Abs. 3
BewG § 11 Abs. 1
BewG § 11 Abs. 1 Satz 1
FGO § 115 Abs. 2 Nr. 1
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Gründe:

I. Gesellschafter der Klägerin, einer GmbH, sind die Beigeladenen zu 1 bis 3. Die Klägerin hielt an den streitigen Stichtagen 31. Dezember 1988 bis 1993 einen Bestand von ... Aktien der A-AG mit einem Nennwert von ... DM. Bezogen auf das Grundkapital der AG ergab sich daraus eine Beteiligung von ... v.H. Die Aktien waren an den Stichtagen an einer deutschen Börse zum amtlichen Handel zugelassen.

Bei der Bewertung der Anteile an der Klägerin auf die streitigen Stichtage setzte der Beklagte und Beschwerdegegner (das Finanzamt --FA--) die Aktien mit dem niedrigsten am Stichtag für sie im amtlichen Handel notierten Kurs zuzüglich eines Paketzuschlags von 10 v.H. nach § 11 Abs. 3 des Bewertungsgesetzes (BewG) an.

Mit Einspruch und Klage wandte sich die Klägerin gegen den Ansatz des Paketzuschlags und begehrte ferner einen Abschlag vom amtlichen Börsenkurs von 10 v.H. wegen eines tatsächlich unter dem Börsenkurs liegenden gemeinen Werts der Aktien vorzunehmen. Hierzu verwies sie darauf, dass wegen der Höhe der Beteiligung kaum ein Anleger in der Lage gewesen sei, die Aktien insgesamt zu erwerben. Eine Veräußerung wäre nur an ein Finanzinstitut zum Zwecke der Börseneinführung in Betracht gekommen, wobei regelmäßig ein Abschlag von 10 v.H. vom Börsenkurs hingenommen werden müsse.

Das Finanzgericht (FG) hat dem Klagebegehren der Klägerin hinsichtlich des Paketzuschlags stattgegeben, die Klage aber wegen des geltend gemachten Abschlags von 10 v.H. vom Kurswert abgewiesen. Es hat hierzu ausgeführt, dass ein Ansatz börsennotierter Aktien unter dem Kurswert wegen fehlenden Rückhalts im Gesetz nicht in Betracht komme. Das FG hat die Revision nicht zugelassen.

Hiergegen richtet sich die Beschwerde der Beigeladenen zu 1 und Beschwerdeführerin (Beschwerdeführerin). Diese macht grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache geltend. Das FG hat der Beschwerde nicht abgeholfen.

Das FA hat auf eine Stellungnahme zur Nichtzulassungsbeschwerde verzichtet.

II. Die Beschwerde ist unbegründet.

Die von der Beschwerdeführerin herausgestellte Rechtsfrage, ob börsennotierte Wertpapiere mit einem unter dem amtlichen Börsenkurs liegenden Wert anzusetzen seien, wenn diese einen unter dem Börsenkurs liegenden gemeinen Wert hätten, hat keine grundsätzliche Bedeutung i.S. des § 115 Abs. 2 Nr. 1 der Finanzgerichtsordnung (FGO). Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH) ist einer Rechtssache grundsätzliche Bedeutung beizumessen, wenn die für die Beurteilung des Streitfalls maßgebliche Rechtsfrage das Interesse der Gesamtheit an der einheitlichen Entwicklung und Handhabung des Rechts berührt (Beschlüsse vom 15. Juli 1966 VI B 2/66, BFHE 86, 708, BStBl III 1966, 628; vom 27. Juni 1985 I B 23/85, BFHE 144, 133, BStBl II 1985, 605; vom 26. September 1991 VIII B 41/91, BFHE 165, 287, BStBl II 1991, 924; vom 13. September 1991 IV B 105/90, BFHE 165, 469, BStBl II 1992, 148, und vom 11. Dezember 1991 II B 47/91, BFHE 166, 302, BStBl II 1992, 348). Erforderlich ist die Klärungsbedürftigkeit und Klärungsfähigkeit der Rechtsfrage (BFH-Beschluss vom 16. Januar 1995 X B 309/94, BFH/NV 1995, 870). Hieran fehlt es, wenn sich --wie im Streitfall-- die streitige Rechtsfrage ohne weiteres aus dem Gesetz beantworten lässt (BFH-Beschlüsse vom 5. April 1995 I B 126/94, BFHE 177, 231, BStBl II 1995, 496, und vom 30. November 1994 V B 64/94, BFH/NV 1995, 651) bzw. bereits höchstrichterlich geklärt ist (BFH-Beschluss vom 17. September 1974 VII B 112/73, BFHE 113, 409, BStBl II 1975, 196).

§ 11 Abs. 1 Satz 1 BewG schreibt den Ansatz börsennotierter Wertpapiere mit dem niedrigsten am Stichtag im Handel notierten Kurs verbindlich vor. Eine Ausnahme hiervon lässt § 11 Abs. 3 BewG nur zu, wenn der gemeine Wert einer Beteiligung unter den dort näher bezeichneten "besonderen Umständen", die hier erkennbar nicht vorliegen, höher ist als die Summe der Kurswerte der einzelnen Wertpapiere.

Der im amtlichen Handel notierte Kurs der Wertpapiere ist nach dem Willen des Gesetzgebers als deren gemeiner Wert anzusehen (vgl. BFH-Urteile vom 26. Juli 1974 III R 16/73, BFHE 113, 59, BStBl II 1974, 656, und vom 23. Februar 1977 II R 63/70, BFHE 121, 509, BStBl II 1977, 427). Es handelt sich um eine --verfassungsrechtlich unbedenkliche-- Typisierung bei der Wertfindung, die dem steuerlichen Massenverfahren Rechnung tragen und der gleichmäßigen Steuerfestsetzung dienen soll. Der Gesetzgeber hat mit dieser Regelung sachgerecht berücksichtigt, dass für die zum amtlichen Handel zugelassenen Wertpapiere amtlich festgestellte Preise vorliegen, die der wirklichen Geschäftslage des Verkehrs an der Börse entsprechen, die überdies regelmäßig veröffentlicht werden und somit leicht zugänglich sind (vgl. hierzu BFH-Urteil in BFHE 121, 509, BStBl II 1977, 427). Die Rechtsprechung hat Abweichungen vom Kurswert deshalb auch nur dann zugelassen, wenn der amtlich festgestellte Kurs nicht der wirklichen Geschäftslage des Verkehrs an der Börse entspricht, d.h. eine Streichung des festgestellten Kurses hätte erreicht werden können (BFH-Urteile in BFHE 113, 59, BStBl II 1974, 656, und in BFHE 121, 509, BStBl II 1977, 427; vgl. auch die Urteile des Reichsfinanzhofs vom 11. Juli 1935 III e A 33/34, RStBl 1935, 1485, und vom 10. März 1937 III e A 18/36, RStBl 1937, 625).

Sind danach die Preise maßgebend, welche der wirklichen Geschäftslage des Verkehrs an der Börse entsprechen, so sind Einwendungen ausgeschlossen, die nicht diese Geschäftslage betreffen. Insbesondere kann grundsätzlich nicht eingewandt werden, dass der Börsenpreis nicht dem gemeinen Wert der Aktien entspreche. Andernfalls würde § 11 Abs. 1 BewG praktisch ausgehöhlt werden (BFH-Urteil in BFHE 121, 509, BStBl II 1977, 427).

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