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Beginn der Entscheidung

Gericht: Bundesfinanzhof
Beschluss verkündet am 31.01.2006
Aktenzeichen: II B 14/05
Rechtsgebiete: FGO, AO 1977


Vorschriften:

FGO § 74
FGO § 116 Abs. 5 Satz 2 Halbsatz 2
AO 1977 § 365 Abs. 3
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Gründe:

Die Beschwerde ist unbegründet.

1. Die Rüge, das Finanzgericht (FG) habe das Klageverfahren zu Unrecht nicht analog § 74 der Finanzgerichtsordnung (FGO) ausgesetzt, hat im Ergebnis keinen Erfolg. Bei der Beurteilung, ob das angefochtene Urteil auf dem Verfahrensmangel beruhen kann, ist von der materiell-rechtlichen Auffassung des FG auszugehen (Gräber/Ruban, Finanzgerichtsordnung, 5. Aufl. 2002, § 115 Rn. 96, m.w.N.). Das FG war der Ansicht, der angefochtene Bescheid vom 20. April 2000 enthalte für die Kläger und Beschwerdeführer (Kläger) zu 1.-8. gegenüber dem vorangegangenen Bescheid keine neue Regelung; der Einspruch sei daher als unzulässig anzusehen.

Auf der Grundlage dieser Rechtsauffassung bedurfte es keiner Aussetzung des Verfahrens. Zwar ist ein FG im Allgemeinen verpflichtet, ein Klageverfahren gegen einen mittlerweile geänderten Ursprungsbescheid, der nicht zum Gegenstand des gegen den Änderungsbescheid eingeleiteten Einspruchsverfahrens geworden ist, bis zur Rechtskraft der Entscheidung über den Änderungsbescheid analog § 74 FGO auszusetzen (Beschluss des Bundesfinanzhofs --BFH-- vom 25. Oktober 1972 GrS 1/72, BFHE 108, 1, BStBl II 1973, 231, unter III.5.). Dies gilt jedoch nicht, wenn der Einspruch gegen den Ursprungsbescheid unzulässig war. Denn einer Aussetzung des Verfahrens über den ursprünglichen Bescheid bedarf es --unabhängig vom Ausgang des Verfahrens über den Änderungsbescheid-- nicht, wenn es in dem Verfahren gegen den Ursprungsbescheid wegen der Unzulässigkeit des gegen diesen Bescheid gerichteten Einspruchs nicht zu einer Sachprüfung kommen kann (vgl. --zum Verhältnis zwischen dem Einspruchsverfahren gegen einen Änderungsbescheid und einem Verfahren über ein unzulässiges Rechtsmittel-- BFH-Beschluss vom 12. September 2000 III R 56/99, BFH/NV 2001, 197).

2. Die Revision ist auch nicht wegen grundsätzlicher Bedeutung der von den Klägern formulierten Rechtsfrage zuzulassen, ob die Aufnahme neuer Zurechnungssubjekte mit einem Anteil von jeweils 0 DM eine eigenständige Zurechnungsfeststellung darstellt. Denn diese Rechtsfrage wäre für ein künftiges Revisionsverfahren im Streitfall nicht entscheidungserheblich.

Selbst wenn diese Frage --mit den Klägern und entgegen der Auffassung des FG-- zu bejahen wäre, hätte das FG die Klage im Ergebnis zu Recht verworfen. Denn auch den Klägern zu 1.-8. hätte das für eine Sachentscheidung erforderliche rechtliche Interesse an der beantragten isolierten Aufhebung der Einspruchsentscheidung gefehlt, weil diese in der besonderen Konstellation des Streitfalls --immer vorausgesetzt, der Bescheid vom 20. April 2000 stellte einen Verwaltungsakt dar-- ins Leere gegangen wäre. Aufgrund des Erlasses des Änderungsbescheids vom 6. September 2001 und der --in dieser rechtlichen Variante zu unterstellenden-- Anwendbarkeit des § 365 Abs. 3 der Abgabenordnung (AO 1977) wäre über den Bescheid vom 20. April 2000 kein Einspruchsverfahren mehr anhängig gewesen; über den Bescheid vom 6. September 2001 hat der Beklagte und Beschwerdegegner (das Finanzamt --FA--) aber durch eine gesonderte Einspruchsentscheidung entschieden.

Die Rechtsschutzinteressen der Kläger zu 1.-8. sind dadurch gewahrt, dass der Bescheid vom 6. September 2001 nunmehr Gegenstand eines Revisionsverfahrens vor dem erkennenden Senat ist (vgl. zum fehlenden Rechtsschutzbedürfnis bei paralleler Anfechtung zweier Steuerverwaltungsakte, die materiell denselben Steuergegenstand betreffen, BFH-Urteil vom 27. September 1994 VIII R 36/89, BFHE 176, 289, BStBl II 1995, 353, unter C.II.2.).

3. Aus denselben Gründen kommt wegen dieser Rechtsfrage auch eine Revisionszulassung zur Fortbildung des Rechts nicht in Betracht.

4. Die Revision ist auch nicht zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung zuzulassen.

a) Die von den Klägern dem BFH-Urteil vom 7. April 1987 VIII R 259/84 (BFHE 150, 331, BStBl II 1987, 766) und dem FG-Urteil entnommenen Rechtssätze stehen --soweit sie tatsächlich in den Urteilen enthalten sind-- nicht in einem logischen Ausschließlichkeitsverhältnis zueinander, so dass eine Divergenz nicht hinreichend dargelegt ist.

Im Übrigen weist der Senat darauf hin, dass im Streitfall --ebenso wie in dem Sachverhalt, der der von den Klägern angeführten Divergenzentscheidung zugrunde lag-- der ursprüngliche Bescheid auf den Betriebsprüfungsbericht verweist, was vom BFH im Urteil in BFHE 150, 331, BStBl II 1987, 766 --wie die Kläger selbst hervorheben (Bl. 22 der Beschwerdebegründung)-- als wesentliches Merkmal für das Nichtvorliegen einer neuen Regelung erachtet worden ist. Weil danach die angeblichen Divergenzentscheidungen nicht nur im Ergebnis, sondern auch in wesentlichen Sachverhaltsmerkmalen übereinstimmen, hätte die Geltendmachung einer Divergenz näherer Darlegungen bedurft.

b) Die von den Klägern im Zusammenhang mit der unterbliebenen Aussetzung des Verfahrens angeführten Divergenzen sind im Ergebnis nicht entscheidungserheblich. Insoweit sieht der Senat gemäß § 116 Abs. 5 Satz 2 Halbsatz 2 FGO von einer weiteren Begründung ab.

5. Hinsichtlich der Kläger zu 9. und 10. sind schon deshalb keine Gründe für eine Zulassung der Revision gegeben, weil das FA die Einspruchsentscheidung insoweit in der mündlichen Verhandlung vor dem FG --entsprechend dem Hauptantrag der Kläger-- aufgehoben hat und die Sache in diesem Umfang nochmals zur vollen Überprüfung des FA steht.

Ende der Entscheidung

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