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Gericht: Bundesfinanzhof
Beschluss verkündet am 27.04.2009
Aktenzeichen: II B 161/08
Rechtsgebiete: FGO


Vorschriften:

FGO § 41
FGO § 63 Abs. 1
FGO § 115 Abs. 2 Nr. 3
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Gründe:

I.

Das Finanzamt W (FA) übersandte dem Kläger und Beschwerdeführer (Kläger) die Anordnung vom 25. Januar 2005 über eine Umsatzsteuer-Sonderprüfung für die Voranmeldungszeiträume I. bis III. Quartal 2004. Der Prüfer, der den Kläger nicht antraf, vertrat im Prüfungsbericht die Ansicht, die geltend gemachten Vorsteuerbeträge seien nicht belegt und daher nicht abziehbar. Das FA erließ daraufhin Änderungsbescheide, mit denen es die Umsatzsteuervorauszahlungen für die genannten Zeiträume jeweils auf 0 EUR festsetzte.

Das Finanzgericht (FG) ... stellte durch das auf Klage des Klägers ergangene Urteil vom 15. August 2005 fest, dass die Anordnung einer Umsatzsteuer-Sonderprüfung vom 25. Januar 2005 dem Kläger nicht wirksam bekanntgegeben worden sei. Der Kläger erhob daraufhin beim Verwaltungsgericht (VG) Klage gegen das Land ..., vertreten durch die Oberfinanzdirektion ..., wegen "Folgenbeseitigung nach § 1004 des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB)". Das VG verwies den Rechtsstreit an das FG.

In der mündlichen Verhandlung vor dem FG, an der der Kläger persönlich und sein Prozessbevollmächtigter, ein Rechtsanwalt, teilnahmen, beantragte der Kläger, "das beklagte Land zu verurteilen, alle materiellen und immateriellen Schäden zu ersetzen, die entstanden sind, auf Grund einer durch die Behörde W durchgeführten Umsatzsteuersonderprüfung auf Grund einer von diesem behaupteten ergangenen Prüfungsanordnung, deren unwirksame Bekanntgabe durch Urteil des Finanzgerichts ... vom 15.08.2005 festgestellt worden ist, sowie insbesondere den Vorsteuerschaden in Höhe von 3.602,70 Euro zu erstatten, nebst Zinsen seit Rechtshängigkeit".

Das FG wies die Klage mit der Begründung ab, dem Kläger stünden gegen das beklagte Land wegen des Verlusts von zum Vorsteuerabzug berechtigenden Belegen auf dem Postweg weder Ansprüche aus Amtspflichtverletzung noch auf Grund eines öffentlich-rechtlichen Folgenbeseitigungsanspruchs zu.

Der Kläger stützt die Beschwerde wegen Nichtzulassung der Revision auf Verfahrensmängel, grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache, die Erforderlichkeit einer Entscheidung des Bundesfinanzhofs (BFH) zur Fortbildung des Rechts und zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung sowie Fehlerhaftigkeit der Vorentscheidung.

II.

Die Beschwerde ist unzulässig. Ihre Begründung entspricht nicht den Anforderungen des § 116 Abs. 3 Satz 3 der Finanzgerichtsordnung (FGO). Danach müssen in der Beschwerdebegründung die Voraussetzungen des § 115 Abs. 2 FGO dargelegt werden.

1.

Der Kläger hat das Vorliegen eines Verfahrensmangels nicht hinreichend substantiiert dargelegt.

a)

Die Revision ist nach § 115 Abs. 2 Nr. 3 FGO zuzulassen, wenn ein Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem das Urteil des FG beruhen kann. Wird die Nichtzulassungsbeschwerde auf einen solchen Mangel gestützt, so bedarf es hierfür eines Vortrags der Tatsachen, die den Mangel schlüssig ergeben. Außerdem muss dargelegt werden, dass die angefochtene Entscheidung --ausgehend von der insoweit maßgebenden, ggf. auch unrichtigen materiell-rechtlichen Auffassung des FG-- auf dem geltend gemachten Verfahrensmangel beruhen kann, sie also ohne den Verfahrensmangel möglicherweise anders ausgefallen wäre (BFH-Beschlüsse vom 19. Januar 2005 II B 27/04, BFH/NV 2005, 913; vom 19. Mai 2008 V B 29/07, BFH/NV 2008, 1501, und vom 24. Juli 2008 II B 38/08, BFH/NV 2008, 1817).

b)

Diesen Anforderungen genügt die Beschwerdebegründung des Klägers nicht.

aa)

Der Kläger sieht einen Verfahrensfehler darin, dass das FG sein Klagebegehren verkannt, ihm deshalb im Verhandlungstermin einen entsprechend eingeschränkten Klageantrag nahegelegt und daher das "wahre" Klagebegehren nicht erschöpfend rechtlich gewürdigt habe. Es sei ihm mit der Klage darum gegangen, von der Finanzverwaltung so gestellt zu werden, wie er stehen würde, wenn die vom FA zurückgesandten, auf dem Postweg aber verlorengegangenen Originalbelege noch vorhanden wären und sich zum Zwecke der Nachweisführung in seinem Besitz befänden.

bb)

Einen Verfahrensmangel macht der Kläger mit diesem Vorbringen nicht schlüssig geltend. Da der Kläger in der mündlichen Verhandlung vor dem FG durch einen Rechtsanwalt als Prozessbevollmächtigten sach- und fachkundig vertreten war, oblag es seiner Eigenverantwortung, den Klageantrag so zu formulieren, dass er seinem Klagebegehren entsprach (vgl. BFH-Beschluss vom 23. Januar 2004 IV B 100/02, BFH/NV 2004, 760). An dieser Eigenverantwortlichkeit änderte sich nichts, wenn, was aus der Sitzungsniederschrift allerdings nicht hervorgeht, der Vorsitzende gemäß § 76 Abs. 2 FGO einen entsprechenden Formulierungsvorschlag unterbreitet haben sollte.

2.

Der Kläger hat auch nicht schlüssig dargelegt, dass der Rechtssache grundsätzliche Bedeutung zukomme (§ 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO) oder die Zulassung der Revision zur Fortbildung des Rechts erforderlich sei (§ 115 Abs. 2 Nr. 2 Alternative 1 FGO).

a)

Die Darlegung des Zulassungsgrundes der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache oder der Erforderlichkeit einer Entscheidung des BFH zur Fortbildung des Rechts verlangt von --vorliegend nicht gegebenener-- Offenkundigkeit abgesehen substantiierte Ausführungen zur Klärungsbedürftigkeit einer hinreichend bestimmten Rechtsfrage, die im konkreten Streitfall voraussichtlich klärbar ist und deren Beurteilung zweifelhaft oder umstritten ist. Hierzu muss sich der Beschwerdeführer insbesondere mit der Rechtsprechung des BFH und den Äußerungen im Schrifttum auseinandersetzen (BFH-Beschlüsse vom 19. Juli 2007 V B 66/06, BFH/NV 2007, 2067; vom 14. September 2007 VIII B 20/07, BFH/NV 2008, 25, und vom 30. Januar 2008 V B 57/07, BFH/NV 2008, 611). Es sind Ausführungen erforderlich, aus denen sich ergibt, in welchem Umfang, von welcher Seite und aus welchen Gründen die Beantwortung der Rechtsfrage zweifelhaft und umstritten ist (BFH-Beschlüsse vom 30. August 2001 IV B 79, 80/01, BFHE 196, 30, BStBl II 2001, 837; vom 18. April 2005 II B 98/04, BFH/NV 2005, 1310; vom 24. Januar 2008 X B 87/07, BFH/NV 2008, 605, und in BFH/NV 2008, 611).

b)

Diesen Anforderungen wird die Beschwerdebegründung nicht gerecht.

aa)

Als klärungsbedürftig sieht der Kläger die Rechtsfrage an, "ob ein Steuerpflichtigter, der einem Finanzamt seine Originalbelege auf Anforderung ordnungsgemäß vorgelegt hat, für den Fall, dass die Originalbelege bei der Rücksendung auf dem Postweg verlorengehen, steuerlich so gestellt werden muss, wie er stehen würde, wenn die Originalbelege noch vorhanden wären und sich zum Zwecke der Nachweisführung in seinem Besitz befänden".

bb)

Die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache oder die Erforderlichkeit einer Entscheidung des BFH zur Fortbildung des Rechts macht der Kläger damit nicht hinreichend geltend. Seinem Vorbringen lässt sich nicht entnehmen, inwiefern es im Revisionsverfahren auf die Beantwortung dieser die steuerliche Behandlung betreffende Frage ankäme. Im Revisionsverfahren wäre nämlich von dem Klagebegehren auszugehen, wie es der Kläger in dem in der mündlichen Verhandlung gestellten Klageantrag konkretisiert hat und das lediglich auf Schadensersatz gerichtet war. Eine Klageänderung ist nach § 123 Abs. 1 Satz 1 FGO im Revisionsverfahren unzulässig.

Der Kläger macht darüber hinaus nicht geltend, dass die von ihm herausgestellte Frage in Rechtsprechung oder Literatur umstritten sei. Er hat sich auch nicht mit der Rechtsprechung des BFH auseinandergesetzt, wonach der Steuerpflichtige den für den Vorsteuerabzug nach § 15 des Umsatzsteuergesetzes erforderlichen Nachweis, dass er in den Besitz der Originalrechnung gelangt ist, nicht nur durch Vorlage der Originalrechnung, sondern mit allen verfahrensrechtlich zulässigen Beweismitteln führen kann (BFH-Urteil vom 20. August 1998 V R 55/96, BFHE 186, 460, BStBl II 1999, 324, m.w.N.). Warum der Kläger insoweit dennoch weiteren Klärungsbedarf sieht, hat er nicht dargelegt.

Der Kläger hat sich zudem nicht zur Subsidiarität der Feststellungsklage nach § 41 FGO geäußert. Nach § 41 Abs. 2 Satz 1 FGO kann die Feststellung des Bestehens oder Nichtbestehens eines Rechtsverhältnisses nicht begehrt werden, soweit der Kläger seine Rechte durch Gestaltungs- oder Leistungsklage verfolgen kann oder hätte verfolgen können. Über die Berechtigung zum Vorsteuerabzug ist danach nicht durch gesonderte Feststellungsklage, sondern im Rahmen einer Anfechtungsklage gegen den entsprechenden Umsatzsteuerbescheid zu entscheiden. Es geht dabei lediglich um eine Besteuerungsgrundlage, die nach § 157 Abs. 2 der Abgabenordnung nicht zum Gegenstand eines eigenständigen Klageverfahrens gemacht werden kann (vgl. z.B. BFH-Beschluss vom 22. Dezember 2003 IX B 100/03, BFH/NV 2004, 532).

Der Kläger hat schließlich auch nicht dargelegt, aus welchen Gründen das Land ... hinsichtlich der von ihm angesprochenen steuerlichen Behandlung der richtige Beklagte sein soll. Nach § 63 Abs. 1 FGO ist die Klage im finanzgerichtlichen Verfahren grundsätzlich gegen die handelnde Behörde und nicht gegen die öffentlich-rechtliche Körperschaft zu richten, der die beteiligte Behörde angehört (BFH-Beschluss vom 13. Februar 2003 VII B 215/02, BFH/NV 2003, 804).

3.

Der Beschwerdebegründung lässt sich nicht entnehmen, aus welchen Gründen nach Ansicht des Klägers eine Entscheidung des BFH zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung (§ 115 Abs. 2 Nr. 2 Alternative 2 FGO) erforderlich sein soll.

4.

Mit den Einwendungen gegen die Richtigkeit der Vorentscheidung macht der Kläger keinen Grund für die Zulassung der Revision geltend (BFH-Beschlüsse vom 2. Oktober 2007 IX B 24/07, BFH/NV 2008, 92; vom 8. Oktober 2007 III B 55/06, BFH/NV 2008, 95; vom 30. Oktober 2007 VIII B 153/06, BFH/NV 2008, 389; vom 18. Dezember 2007 XI B 16/07, BFH/NV 2008, 595, und vom 28. November 2008 VIII B 206/07, BFH/NV 2009, 601). Das prozessuale Rechtsinstitut der Nichtzulassungsbeschwerde dient nicht dazu, allgemein die Richtigkeit finanzgerichtlicher Urteile zu gewährleisten (BFH-Beschlüsse vom 7. Dezember 2007 VIII B 68/07 und VIII B 110/07, BFH/NV 2008, 590 und 613; vom 20. Februar 2008 VIII B 103/07, BFH/NV 2008, 980, und vom 10. Oktober 2008 VIII B 20-22/08, BFH/NV 2009, 183).

5.

Der Schriftsatz vom 15. Dezember 2008 kann schon deshalb nicht zur Zulässigkeit der Beschwerde führen, weil er erst nach Ablauf der am 4. November 2008 endenden Frist für die Beschwerdebegründung von zwei Monaten nach der Zustellung des vollständigen Urteils des FG (§ 116 Abs. 3 Satz 1 FGO) eingereicht wurde (vgl. z.B. BFH-Beschlüsse vom 19. Januar 2007 VII B 142/06, BFH/NV 2007, 873; vom 24. April 2007 X B 169/06, BFH/NV 2007, 1504, und vom 14. Juli 2008 II B 5/08, BFH/NV 2008, 1815).

Ende der Entscheidung

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