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Gericht: Bundesfinanzhof
Beschluss verkündet am 16.12.2004
Aktenzeichen: II B 164/03
Rechtsgebiete: FGO


Vorschriften:

FGO § 115 Abs. 2 Nr. 2 2. Alt.
FGO § 115 Abs. 2 Nr. 3
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Gründe:

I. Der Beklagte und Beschwerdegegner (das Finanzamt --FA--) setzte mit letztmalig geändertem Steuerbescheid vom 15. Juli 1997 gegen den Kläger und Beschwerdeführer (Kläger) Vermögensteuer auf den 1. Januar 1992 in Höhe von 60 415 DM fest. Einspruch und Klage mit der Begründung, der Kläger halte sich seit Oktober 1990 nicht mehr in Deutschland auf und sein ausländisches Vermögen unterliege daher mangels unbeschränkter Steuerpflicht nicht mehr der Vermögensteuer, blieben erfolglos. Das Finanzgericht (FG) hat den Kläger unter einer Privatadresse in Berlin zur mündlichen Verhandlung geladen, zu der er nicht erschien. Zum Zeitpunkt der Ladung war der Kläger durch seinen Prozessbevollmächtigten nicht mehr vertreten.

Mit der Nichtzulassungsbeschwerde macht der Kläger Verfahrensfehler sowie die Erforderlichkeit einer Entscheidung des Bundesfinanzhofs (BFH) zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung (Divergenz) geltend (§ 115 Abs. 2 Nr. 2 2. Alt. und Nr. 3 der Finanzgerichtsordnung --FGO--).

II. Die Beschwerde ist begründet. Die Vorentscheidung war aufzuheben und die Sache zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung zurückzuverweisen (§ 116 Abs. 6 FGO).

1. Das Urteil des FG beruht auf einem Verfahrensmangel i.S. des § 115 Abs. 2 Nr. 3 FGO. Denn der Kläger ist im Termin zur mündlichen Verhandlung am 29. Januar 2002 mangels ordnungsgemäßer Ladung nicht nach den Vorschriften des Gesetzes vertreten gewesen (§ 119 Nr. 4 FGO).

Eine mangelnde Vertretung ist auch dann gegeben, wenn ein Beteiligter zur mündlichen Verhandlung nicht ordnungsgemäß geladen worden und deshalb nicht erschienen ist (BFH-Beschlüsse vom 4. September 2003 IV B 52/02, BFH/NV 2004, 205; vom 5. Februar 2002 VIII R 2/01, BFH/NV 2002, 792; vom 27. Juni 2002 III B 29/02, BFH/NV 2002, 1472). Der Kläger war nicht ordnungsgemäß geladen, da das FG ohne diesbezügliche Feststellungen nicht davon ausgehen konnte, dass der Kläger unter der verwendeten Anschrift zum Zeitpunkt der Ladung eine Wohnung i.S. des § 180 der Zivilprozessordnung (ZPO) innehatte.

2. Nach § 53 Abs. 1 FGO sind Ladungen den Beteiligten zuzustellen; nach Abs. 2 dieser Vorschrift wird von Amts wegen nach den Vorschriften der ZPO zugestellt. Nach § 180 i.V.m. § 178 Abs. 1 Nr. 1 und 2 ZPO kann eine Ersatzzustellung durch Einlegen des Schriftstücks in den zu einer Wohnung gehörenden Briefkasten erfolgen. Nach dem Sinn und Zweck der Zustellungsvorschriften kommt es für den Begriff der Wohnung i.S. von § 180 ZPO auf das tatsächliche Wohnen an. Maßgebend ist, ob der Zustellungsempfänger in den angegebenen Räumen tatsächlich lebt und dort auch schläft (vgl. Kammerbeschluss des Bundesverfassungsgerichts vom 15. März 1999 2 BvR 348/99, juris KVRE287249908; Gräber/Koch, Finanzgerichtsordnung, 5. Aufl., § 53 Rz. 22, m.w.N.; Beschluss des Bundesverwaltungsgerichts vom 4. Juli 1983 9 B 10275.83, Deutsches Verwaltungsblatt 1984, 90, m.w.N.).

3. Der Vorentscheidung lässt sich nicht entnehmen, dass der Kläger zum Zeitpunkt der Zustellung der Ladung (6. September 2003) in der Wohnung unter der vom FG verwendeten Adresse in diesem Sinne tatsächlich wohnte. Feststellungen wären aber, zumal im Licht des Anspruchs des Klägers auf rechtliches Gehör (Art. 103 des Grundgesetzes, § 96 Abs. 2 FGO), veranlasst gewesen, da der Kläger in seiner Klageschrift vom 13. Januar 1999 --entgegen der Ansicht des FG-- keinen bestehenden Wohnsitz angegeben und seine Klage damit begründet hat, dass er seinen Wohnsitz in Berlin seit Oktober/November 1990 aufgegeben habe. Die Feststellungen des FG zum Wohnsitz für die Frage der unbeschränkten Vermögensteuerpflicht zum 1. Januar 1992 sind für das Vorliegen einer ordnungsgemäßen Ladung zum Termin vom 9. Oktober 2003 ohne Bedeutung.

Im Übrigen ergeht die Entscheidung ohne weitere Begründung (§ 116 Abs. 5 Satz 2 1. Alt. FGO).



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