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Gericht: Bundesfinanzhof
Beschluss verkündet am 19.08.2002
Aktenzeichen: II B 177/01
Rechtsgebiete: BewG, AO 1977, FGO, GrEStG


Vorschriften:

BewG § 133
AO 1977 § 38
FGO § 115 Abs. 2
FGO § 116 Abs. 3 Satz 3
GrEStG § 1 Abs. 1
GrEStG § 1 Abs. 3
GrEStG § 1 Abs. 1 Nr. 3
GrEStG § 8 Abs. 2 Nr. 1
GrEStG § 10 Abs. 1
GrEStG § 17 Abs. 3 Nr. 1
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Gründe:

I. Die Gemeinschuldnerin (GS), eine Kapitalgesellschaft, war im Oktober 1995 durch Vereinigung aller Anteile in ihrer Hand Alleingesellschafterin der X-GmbH (GmbH) geworden, der zwei Geschäftsgrundstücke in ... gehörten. Mit Verschmelzungsvertrag vom 19. August 1996 wurde die GmbH ohne Abwicklung durch Übertragung ihres Vermögens als Ganzes auf die GS zum 31. Dezember 1995 umgewandelt.

Der Beklagte und Beschwerdegegner (das Finanzamt --FA--) sah durch die Verschmelzung bezüglich der dabei auf die GS übergegangenen Grundstücke den Tatbestand des § 1 Abs. 1 Nr. 3 des Grunderwerbsteuergesetzes (GrEStG) in der bis Ende 1996 geltenden Fassung als erfüllt an und stellte gemäß § 17 Abs. 3 Nr. 1 GrEStG mit Feststellungsbescheid vom 5. Juli 1997 die Besteuerungsgrundlage auf 821 000 DM fest. Dabei hatte er die Höhe der Gegenleistung mangels ausreichender Mitwirkung der GS in Anlehnung an einen Erlass des Bayerischen Staatsministeriums der Finanzen vom 14. Juli 1995 37 -S 4521- 16/117-41 733 (Grunderwerbsteuer-Kartei 1983 der Oberfinanzdirektionen Nürnberg und München, Karte 1/1.1.3.B. Nr. 19) unter Heranziehung der Einheitswerte auf den 1. Januar 1935 von zusammen 82 100 DM geschätzt, indem er die Einheitswerte gemäß § 133 des Bewertungsgesetzes (BewG) um 300 v.H. auf 328 400 DM erhöhte und den Betrag sodann mit 2,5 multiplizierte. Einspruch und Klage mit denen sich die GS gegen die Annahme eines grunderwerbsteuerbaren Vorgangs überhaupt und hilfsweise gegen die Höhe der festgesetzten Steuer wandte, blieben erfolglos.

Mit der Beschwerde wegen Nichtzulassung der Revision rügt der Kläger und Beschwerdeführer (Kläger), der in dem nach Klageerhebung eröffneten Konkursverfahren über das Vermögen der GS zum Konkursverwalter bestellt worden ist, die Verletzung von Bundesrecht, und zwar von §§ 8 Abs. 2 Nr. 1, 10 Abs. 1 GrEStG, § 38 der Abgabenordnung (AO 1977) sowie der Art. 3 Abs. 1, 9 Abs. 1 und 20 Abs. 3 des Grundgesetzes (GG). Sodann macht er geltend, der Streitsache komme grundsätzlich Bedeutung wegen der Rechtsfragen zu,

a) in welchem Verhältnis der an das Außenrecht der Personenverbände anknüpfende § 1 Abs. 1 Nr. 3 GrEStG zu § 1 Abs. 3 GrEStG stehe, der auf das Innenrecht der Personenverbände abstelle und in dessen Tatbestand ausdrücklich die Merkmale der herrschenden und abhängigen Unternehmen aufgenommen seien;

b) ob das Recht der verbundenen Unternehmen (§ 15 des Aktiengesetzes), dem die steuerlichen Vorschriften über die Organschaft entsprechen, als lex spezialis gegenüber den allgemeinen Normen anzusehen sei.

Außerdem folge die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache bereits aus den Beschlüssen des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) zur Vermögen- und Erbschaftsteuer vom 22. Juni 1995 2 BvL 37/91 (BStBl II 1995, 655) und 2 BvR 552/91 (BStBl II 1995, 671), in denen das BVerfG die Forderung aufgestellt habe, das volkswirtschaftlich wertvolle Unternehmensvermögen steuerlich zu schonen.

Ferner rügt der Kläger, die Vorentscheidung weiche von den Beschlüssen des BVerfG zu den Oder-Konten vom 7. November 1995 2 BvR 802/90 (Deutsche Steuerrecht --DStR-- 1995, 1908) sowie vom 15. August 1996 2 BvR 3027/95 (Der Betrieb --DB-- 1996, 2470) ab, weil sie die Grunderwerbsteuerpflicht an ein einziges Tatbestandsmerkmal geknüpft habe. Darüber hinaus weiche die Vorentscheidung vom dem Urteil des Bundesfinanzhofs (BFH) vom 16. Februar 1994 II R 125/90 (BFHE 174, 185, BStBl II 1994, 866) ab, soweit es um die Höhe der vermeintlichen Gegenleistung gehe. Insoweit könne eine Gegenüberstellung von Rechtssätzen aus beiden Entscheidungen nicht erfolgen, weil das Finanzgericht (FG) zur Höhe der Gegenleistung lediglich auf das Verböserungsverbot verwiesen habe.

Schließlich macht der Kläger als Verfahrensmangel geltend, das FG habe den bestehenden Beherrschungs- und Gewinnabführungsvertrag missachtet und infolge dessen nicht geprüft, ob zwischen der GS und der GmbH eine grunderwerbsteuerrechtliche Organschaft bestanden habe.

II. Die Beschwerde ist unbegründet.

1. Soweit der Kläger Verletzung von Bundesrecht rügt, ist die Beschwerde unzulässig. Im Beschwerdeverfahren wegen Nichtzulassung der Revision geht es nicht um die Verletzung materiellen Bundesrechts und einen Verstoß des FA gegen das GG --beides wäre ggf. erst nach einer Revisionszulassung im Revisionsverfahren zu prüfen--, sondern darum, ob einer der Gründe für die Zulassung der Revision gemäß § 115 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung (FGO) vorliegt.

2. Die vom Kläger aufgeworfenen Rechtsfragen von angeblich grundsätzlicher Bedeutung sind nicht klärungsbedürftig.

a) Die Frage, wie sich § 1 Abs. 1 Nr. 3 GrEStG zu § 1 Abs. 3 des Gesetzes verhält, ist bereits höchstrichterlich entschieden (BFH-Urteil in BFHE 174, 185, BStBl II 1994, 866). § 1 Abs. 1 Nr. 3 GrEStG knüpft an den sachenrechtlich vorgegebenen Eigentumswechsel an; während § 1 Abs. 3 GrEStG als Ergänzungstatbestand zur Verhütung von Steuerumgehungen die Möglichkeit, ein Grundstück wirtschaftlich wie ein Eigentümer zu beherrschen, besteuert.

b) Ebenfalls nicht klärungsbedürftig ist das Verhältnis der Vorschriften über verbundene Unternehmen zu denen des GrEStG. Es ist offenkundig, dass Ersteren gegenüber dem GrEStG nicht die Eigenschaft von Spezialvorschriften zukommen kann, solange sie nicht ausdrücklich von der Grunderwerbsteuer befreien.

3. Soweit der Kläger geltend macht, die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache ergebe sich bereits aus den zitierten Beschlüssen des BVerfG zur Vermögen- und Erbschaftsteuer, ist die Beschwerde unzulässig, weil ihre Begründung insoweit nicht den Anforderungen des § 116 Abs. 3 Satz 3 FGO entspricht. Insoweit fehlt es an der Herausarbeitung einer bestimmten Rechtsfrage von angeblich grundsätzlicher Bedeutung sowie der substantiierten Darlegung, inwiefern diese Frage im allgemeinen Interesse klärungsbedürftig ist.

4. a) Soweit der Kläger rügt, die Vorentscheidung weiche von den Beschlüssen des BVerfG vom 7. November 1995 2 BvR 802/90 (BStBl II 1996, 34), vom 15. August 1996 2 BvR 3027/95 (DB 1996, 2470) sowie vom 10. November 1999 2 BvR 2861/93 (Betriebs-Berater --BB-- 2000, 183) ab, ist die Beschwerde ebenfalls unzulässig, weil sie den Anforderungen an eine schlüssige Divergenzrüge nicht genügt. Es fehlt an der Gegenüberstellung voneinander abweichender abstrakter Rechtssätze aus den genannten Beschlüssen des BVerfG sowie der Vorentscheidung des FG. Auch die Beschlüsse des BVerfG zum Ehegatten-Oder-Konto enthalten nicht den allgemeinen abstrakten Rechtssatz, Steuerfolgen dürften nicht an ein einziges Tatbestandsmerkmal geknüpft werden. Das BVerfG führt lediglich bezogen auf Ehegatten-Arbeitsverhältnisse aus, dass diesen einkommensteuerrechtlich nicht ausschließlich wegen der Art der Kontoführung die Anerkennung versagt werden dürfe.

b) Auch hinsichtlich der weiteren Divergenzrüge ist die Beschwerde unzulässig. Bezüglich der vom FG hingenommenen Höhe der Bemessungsgrundlage für die Grunderwerbsteuer räumt der Kläger nämlich selbst ein, keine abweichenden Rechtssätze aus der Vorentscheidung sowie einer Entscheidung des BFH angeben zu können. Hinsichtlich der Gegenleistung verkennt der Kläger im Übrigen, dass das FG in Übereinstimmung mit der Rechtsprechung des BFH (vgl. Urteil vom 18. Juli 1979 II R 59/73, BFHE 128, 380, BStBl II 1979, 683) keinen Fall des § 8 Abs. 2 Nr. 1 GrEStG, sondern einen solchen des Abs. 1 der Vorschrift angenommen hat. Den Wert der danach maßgeblichen Gegenleistung hatte es mangels anderer ausreichender Zahlen zu schätzen (vgl. Viskorf in Boruttau/Egly/Sigloch, Grunderwerbsteuergesetz, Kommentar, 13. Aufl. 1992, § 8 Anm. 64). Im Rahmen dieser Schätzung und nicht etwa gemäß § 8 Abs. 2 Nr. 1 GrEStG hat es auf die Einheitswerte der Grundstücke zurückgegriffen.

5. Auch hinsichtlich der Verfahrensrüge ist die Beschwerde unzulässig. Es fehlt an einer schlüssigen Darlegung, aus welchen Gründen sich dem FG die Notwendigkeit einer weiteren Aufklärung des Sachverhalts hätte aufdrängen müssen und inwiefern eine weitere Aufklärung des Sachverhalts auf der Grundlage des materiell-rechtlichen Standpunkts des FG zu einer anderen Entscheidung hätte führen können (vgl. Beschlüsse des BFH vom 13. März 1995 XI B 160/94, BFH/NV 1995, 817, sowie vom 13. Oktober 1994 I B 109/94, BFH/NV 1995, 788). Der Hinweis, dass sich bei weiterer Sachaufklärung ein Organschaftsverhältnis zwischen der GS und der GmbH ergeben hätte, ist schon deshalb nicht geeignet, die Möglichkeit eines anderen Ausgangs des Klageverfahrens darzulegen, weil das GrEStG die Organschaft im Bereich der Erwerbsvorgänge nach § 1 Abs. 1 GrEStG nicht kennt (vgl. Fischer in Boruttau/Egly/Sigloch, a.a.O., Vorbem. 812).

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