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Gericht: Bundesfinanzhof
Beschluss verkündet am 07.04.2004
Aktenzeichen: II B 2/03
Rechtsgebiete: FGO, AO 1977, GrEStG 1983


Vorschriften:

FGO § 116 Abs. 3 Satz 3
AO 1977 §§ 172 ff.
AO 1977 § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2
GrEStG 1983 § 16
GrEStG 1983 § 16 Abs. 1
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Gründe:

I. Der Kläger und Beschwerdeführer (Kläger) hatte mit notarieller Urkunde vom 30. Dezember 1988 der GmbH ein Kaufangebot für eine Eigentumswohnung zum Kaufpreis von ... DM gemacht, das diese mit notarieller Urkunde vom 19. Januar 1999 angenommen hatte. Der Beklagte und Beschwerdegegner (das Finanzamt --FA--) hatte für diesen Erwerbsvorgang mit bestandskräftig gewordenem Bescheid vom 1. Juni 1999 Grunderwerbsteuer in Höhe von ... DM festgesetzt.

Mit Schreiben vom 8. Dezember 1999 kündigte der Kläger gegenüber der GmbH sämtliche Vertragsabsprachen mit sofortiger Wirkung mit der Begründung, die GmbH habe weder einen funktionierenden Finanzierungsplan erstellt noch die Zusage eingehalten, die Kaufnebenkosten zu tragen. Vorsorglich erklärte der Kläger die Anfechtung des Kaufvertrages (§ 123 des Bürgerlichen Gesetzbuches --BGB--). Am 11. Oktober 1999 bot die GmbH dem Kläger die Vertragsaufhebung an; dieser nahm das Angebot nicht an. Nach Ablehnung des Insolvenzantrages über das Vermögen der GmbH mangels Masse erklärte der Kläger mit Schreiben vom 20. Oktober 2000 dem Liquidator gegenüber den Rücktritt vom Vertrag, weil die GmbH wegen des abgelehnten Insolvenzantrags ihre Verpflichtung aus dem Vertrag nicht mehr erbringen könne und auch, weil die von der GmbH zugesagte Finanzierung nicht darstellbar gewesen sei. Die gleichzeitig angebotene Vertragsaufhebung lehnte der Liquidator mit Schreiben vom 31. Oktober 2000 ab. Er bot seine Zustimmung für den Fall an, dass der Kläger die mit der Vertragsaufhebung in Zusammenhang stehenden Kosten trägt. Das lehnte der Kläger ab.

Mit Schreiben vom 14. Februar 2000 beantragte der Kläger, die Steuerfestsetzung gemäß § 16 Abs. 1 Nr. 1 und 2 des Grunderwerbsteuergesetzes (GrEStG) aufzuheben. Das FA gab dem Antrag nicht statt. Einspruch und Klage blieben erfolglos.

Mit der Nichtzulassungsbeschwerde macht der Kläger Verletzung des rechtlichen Gehörs geltend (§ 115 Abs. 2 Nr. 3 i.V.m. § 119 Nr. 3 der Finanzgerichtsordnung --FGO--).

Durch die Dritte Verordnung zur Änderung der Verordnung über zentrale Zuständigkeiten der Finanzbehörden vom 17. Dezember 2003 (Gesetz- und Verordnungsblatt für das Land Sachsen-Anhalt --GVBl LSA-- S. 367) ist die Zuständigkeit im anhängigen Rechtsstreit auf das FA übergegangen.

II. Die Beschwerde ist unbegründet.

Ob die Beschwerdebegründung dem Darlegungserfordernis des § 116 Abs. 3 Satz 3 FGO entspricht, kann offen bleiben. Denn die Rüge des Klägers, das Finanzgericht (FG) habe sein Recht auf Gehör verletzt, weil es über seinen Antrag, den streitigen Grunderwerbsteuerbescheid wegen Nichtigkeit des Erwerbsvorgangs nach § 37 Abs. 2 Satz 2 i.V.m. § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 der Abgabenordnung (AO 1977) aufzuheben, nicht befunden habe, bleibt ohne Erfolg. Bezüglich dieses Aufhebungsbegehrens lag keine zulässige Klage vor. Zulässigkeitsvoraussetzung für eine auf § 37 Abs. 2 Satz 2 i.V.m. § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AO 1977 gestützte Verpflichtungsklage ist, dass ein hierauf gestützter Antrag des Steuerpflichtigen vom FA abgelehnt worden und ein gegen die Ablehnung dieses Antrags eingelegter Einspruch erfolglos geblieben ist. Daran fehlt es im Streitfall. Über den Antrag des Klägers, die Bescheide nach § 37 Abs. 2 Satz 2 i.V.m. § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AO 1977 aufzuheben, hat das FA bislang noch nicht entschieden. Das FG hatte deshalb auch nur die Entscheidung des FA zu überprüfen, der Grunderwerbsteuerbescheid sei nicht gemäß § 16 Abs. 1 GrEStG aufzuheben.

Über eine Anfechtung des ursprünglichen Steuerbescheids oder über dessen Aufhebung nach § 172 ff. AO 1977 einerseits und über einen Antrag nach § 16 GrEStG 1983 andererseits ist verfahrensrechtlich jeweils gesondert zu entscheiden (Urteil des Bundesfinanzhofs --BFH-- vom 16. Januar 2002 II R 52/00, BFH/NV 2002, 1053). Der Anspruch aus § 16 GrEStG ist neben dem Steueranspruch ein selbständiger gegenläufiger Anspruch aus dem Steuerschuldverhältnis (BFH-Entscheidungen vom 9. August 1989 II R 145/86, BFHE 158, 11, BStBl II 1989, 981; vom 5. Juni 1991 II R 83/88, BFH/NV 1992, 267, und vom 17. April 2002 II B 120/00, BFH/NV 2002, 1170). Er steht als Vergünstigungsvorschrift eigener Art (Sack in Boruttau, Grunderwerbsteuergesetz, Kommentar, 15. Aufl., § 16 Rdnr. 282) neben den Änderungsvorschriften nach §§ 172 ff. AO 1977. Dementsprechend lässt der Anspruch aus § 16 GrEStG die Rechtmäßigkeit der für den ursprünglichen Erwerbsvorgang vorgenommenen Besteuerung unberührt (BFH-Urteil in BFH/NV 2002, 1053).

Die Kosten des Beschwerdeverfahrens hat der Kläger zu tragen.

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