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Gericht: Bundesfinanzhof
Beschluss verkündet am 24.07.2008
Aktenzeichen: II B 38/08
Rechtsgebiete: AO, FGO


Vorschriften:

AO § 163
FGO § 116 Abs. 3 Satz 3
FGO § 115 Abs. 2
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Gründe:

Die Beschwerde ist unzulässig. Ihre Begründung entspricht nicht den Anforderungen des § 116 Abs. 3 Satz 3 der Finanzgerichtsordnung (FGO). Nach dieser Vorschrift müssen in der Beschwerdebegründung die Voraussetzungen des § 115 Abs. 2 FGO dargelegt werden.

1. Grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache (§ 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO), Fortbildung des Rechts (§ 115 Abs. 2 Nr. 2 Alt. 1 FGO)

a) Die Darlegung des Zulassungsgrundes der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache oder der Erforderlichkeit einer Entscheidung des Bundesfinanzhofs (BFH) zur Fortbildung des Rechts verlangt --von vorliegend nicht gegebener Offenkundigkeit abgesehen-- substantiierte Ausführungen zur Klärungsbedürftigkeit einer hinreichend bestimmten Rechtsfrage, die im konkreten Streitfall voraussichtlich klärbar ist und deren Beurteilung zweifelhaft oder umstritten ist. Hierzu muss sich der Beschwerdeführer insbesondere mit der Rechtsprechung des BFH und den Äußerungen im Schrifttum auseinandersetzen (BFH-Beschlüsse vom 19. Juli 2007 V B 66/06, BFH/NV 2007, 2067; vom 14. September 2007 VIII B 20/07, BFH/NV 2008, 25, und vom 30. Januar 2008 V B 57/07, BFH/NV 2008, 611). Es sind Ausführungen erforderlich, aus denen sich ergibt, in welchem Umfang, von welcher Seite und aus welchen Gründen die Beantwortung der Rechtsfrage zweifelhaft und umstritten ist (BFH-Beschlüsse vom 30. August 2001 IV B 79, 80/01, BFHE 196, 30, BStBl II 2001, 837; vom 18. April 2005 II B 98/04, BFH/NV 2005, 1310; vom 24. Januar 2008 X B 87/07, BFH/NV 2008, 605, und in BFH/NV 2008, 611).

Liegt zu der Rechtsfrage bereits höchstrichterliche Rechtsprechung vor, so gehört zu der Darlegung der Klärungsbedürftigkeit eine fundierte Stellungnahme dazu, weshalb diese Rechtsprechung noch nicht zu einer hinreichenden Klärung geführt habe oder aufgrund welcher neuen Entwicklung sie nunmehr erneut in Frage gestellt werden müsse (BFH-Beschluss vom 19. Oktober 2007 II B 107/06, BFH/NV 2008, 573, m.w.N.).

b) Diesen Anforderungen wird die Beschwerdebegründung nicht gerecht.

aa) Mit der Klage begehrten die Kläger und Beschwerdeführer (Kläger), den Beklagten und Beschwerdegegner (das Finanzamt --FA--) zu verpflichten, den ihnen gegenüber festgesetzten Solidaritätszuschlag zur Einkommensteuer 1995 bis 2001 zu erlassen. Das Finanzgericht (FG) wies die Klage vorrangig mit der Begründung ab, das FA habe den Antrag der Kläger, den Solidaritätszuschlag zur Einkommensteuer 1995 bis 1999 aus Billigkeitsgründen gemäß § 163 der Abgabenordnung auf 0 DM herabzusetzen, bestandskräftig abgelehnt. Dies schließe eine Berücksichtigung der bereits seinerzeit geltend gemachten Gründe für eine Billigkeitsentscheidung im Rahmen des nunmehr auf Erlass gerichteten Klagebegehrens aus. Einwendungen gegen die Rechtmäßigkeit der Festsetzung des Solidaritätszuschlags zur Einkommensteuer 2000 und 2001 könnten im vorliegenden Verfahren ebenfalls nicht geltend gemacht werden, da die Kläger diese Einwendungen mit Rechtsbehelfen gegen die entsprechenden Bescheide hätten vorbringen können, dies aber versäumt hätten.

bb) Mit diesen Erwägungen haben sich die Kläger in der Beschwerdebegründung nicht auseinandergesetzt. Sie haben auch das vor der Erstellung der Beschwerdebegründung vom 22. April 2008 veröffentlichte BFH-Urteil vom 14. November 2007 II R 3/06 (BFH/NV 2008, 574) unberücksichtigt gelassen. Durch dieses Urteil hat der BFH die ständige Rechtsprechung bestätigt, nach der Steuern, die bestandskräftig festgesetzt worden sind, nur dann im Billigkeitsverfahren sachlich überprüft werden können, wenn die Steuerfestsetzung offensichtlich und eindeutig unrichtig ist und es dem Steuerpflichtigen nicht möglich oder nicht zumutbar war, sich gegen deren Fehlerhaftigkeit rechtzeitig zu wehren (BFH-Urteile vom 13. Januar 2005 V R 35/03, BFHE 208, 398, BStBl II 2005, 460, und vom 6. Oktober 2005 V R 15/04, BFH/NV 2006, 836, je m.w.N.). Beide Voraussetzungen müssen kumulativ vorliegen (BFH-Urteile in BFHE 208, 398, BStBl II 2005, 460, m.w.N., und in BFH/NV 2008, 574).

cc) Die Kläger haben in der Beschwerdebegründung auch hinsichtlich der weiteren Ausführungen des FG die dazu vorliegende höchstrichterliche Rechtsprechung nicht beachtet. Danach ist die Erhebung des Solidaritätszuschlags verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden (BFH-Urteil vom 28. Februar 1996 XI R 83, 84/94, BFH/NV 1996, 712, die Verfassungsbeschwerde wurde durch Beschluss des Bundesverfassungsgerichts --BVerfG-- vom 19. November 1999 2 BvR 1167/96, Neue Juristische Wochenschrift 2000, 797, nicht zur Entscheidung angenommen; BFH-Beschlüsse vom 2. Juni 2006 XI B 143/05, BFH/NV 2006, 1886; vom 28. Juni 2006 VII B 324/05, BFHE 213, 573, BStBl II 2006, 692, die Verfassungsbeschwerde gegen diesen Beschluss wurde durch Beschluss des BVerfG vom 11. Februar 2008 2 BvR 1708/06, Deutsche Steuer-Zeitung 2008, 229, nicht zur Entscheidung angenommen). Dass insoweit in der Rechtsprechung oder Literatur andere Auffassungen bestünden, bringen die Kläger nicht vor.

dd) Hinsichtlich der übrigen von den Klägern vertretenen Rechtsansichten geht aus der Beschwerdebegründung ebenfalls nicht hervor, dass diese in Rechtsprechung oder Literatur geteilt würden und deshalb eine Klärung in einem Revisionsverfahren erforderlich sei. Die Kläger tragen nicht vor, es werde in Rechtsprechung oder Literatur die Rechtsauffassung vertreten, dass Steuerpflichtige den Erlass des Solidaritätszuschlags beanspruchen könnten, wenn in der DDR gegenüber ihren Vorfahren unrechtmäßige Enteignungen vorgenommen worden waren und eine Klage auf Rückgewähr des enteigneten Grundbesitzes in der Bundesrepublik Deutschland (Bundesrepublik) erfolglos geblieben ist. Die Kläger haben auch keine Belege aus Rechtsprechung oder Literatur für ihre These angeführt, das Staatsgebiet der ehemaligen DDR gehöre nicht zur Bundesrepublik und es gebe daher bis heute kein vereinigtes Deutschland. Diese These widerspricht der gesamten Staatspraxis und der allgemeinen Überzeugung; sie ist offensichtlich abwegig. Das BVerfG geht in ständiger Rechtsprechung ebenfalls davon aus, dass der Einigungsvertrag und das Einigungsvertragsgesetz von Einzelfragen abgesehen verfassungsgemäß und wirksam sind (vgl. z.B. BVerfG-Entscheidungen vom 18. September 1990 2 BvE 2/90, BVerfGE 82, 316; vom 23. April 1991 1 BvR 1170/90 u.a., BVerfGE 84, 90; vom 10. März 1992 1 BvR 454/91 u.a., BVerfGE 85, 360; vom 15. Mai 1995 2 BvL 19/91 u.a., BVerfGE 92, 277; vom 22. November 2000 1 BvR 2307/94 u.a., BVerfGE 102, 254, und vom 27. Februar 2007 1 BvR 1982/01, BVerfGE 117, 302). Mit der aus § 31 Abs. 1 des Gesetzes über das Bundesverfassungsgericht folgenden Bindungswirkung der Entscheidungen des BVerfG haben sich die Kläger nicht auseinander gesetzt.

2. Verfahrensmangel (§ 115 Abs. 2 Nr. 3 FGO)

a) Die Revision ist nach § 115 Abs. 2 Nr. 3 FGO zuzulassen, wenn ein Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung des FG beruhen kann. Wird die Nichtzulassungsbeschwerde auf einen solchen Mangel gestützt, so bedarf es hierfür eines Vortrags der Tatsachen, die den Mangel schlüssig ergeben. Außerdem muss dargelegt werden, dass die angefochtene Entscheidung --ausgehend von der insoweit maßgebenden, gegebenenfalls auch unrichtigen materiell-rechtlichen Auffassung des FG-- auf dem geltend gemachten Verfahrensmangel beruhen kann, sie also ohne den Verfahrensmangel möglicherweise anders ausgefallen wäre (BFH-Beschlüsse vom 19. Januar 2005 II B 27/04, BFH/NV 2005, 913; vom 25. August 2006 VIII B 13/06, BFH/NV 2006, 2122; vom 6. November 2007 VIII B 25/07, BFH/NV 2008, 241, und vom 29. November 2007 VIII B 58/07, BFH/NV 2008, 399, ständige Rechtsprechung).

b) Derartige Ausführungen enthält die Beschwerdebegründung nicht. Die Kläger wenden sich vielmehr mit der offenkundig abwegigen Ansicht, das Beitrittsgebiet gehöre nicht zur Bundesrepublik, gegen die Rechtmäßigkeit des Solidaritätszuschlags.



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