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Gericht: Bundesfinanzhof
Beschluss verkündet am 11.01.2002
Aktenzeichen: II B 55/00
Rechtsgebiete: FGO, ErbStG, 2.FGOÄndG


Vorschriften:

FGO § 115 Abs. 2
FGO § 115 Abs. 2 Nr. 1 a.F.
ErbStG § 25 Abs. 1
ErbStG § 7 Abs. 1
2.FGOÄndG Art. 4
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Gründe:

I. Der Kläger und Beschwerdeführer (Kläger) war Inhaber eines Erbbaurechts an einem bebauten Grundstück. Mit Angebot vom 9. Dezember und Annahme vom 31. Dezember 1994 schenkte der Kläger das Erbbaurecht seiner Ehefrau.

Der Beklagte und Beschwerdegegner (das Finanzamt --FA--) ermittelte den steuerpflichtigen Erwerb nach den Grundsätzen der gemischten Schenkung. Zur Ermittlung des Verkehrswerts der Bereicherung zog das FA von dem Verkehrswert des Erbbaurechts in Höhe von 14 Mio. DM den kapitalisierten Wert der (nach dem unbebauten Grundstück bemessenen) Erbbauzinsverpflichtung in Höhe von 3 649 704 DM ab und kürzte den (erhöhten) Einheitswert des Erbbaurechts in dem Verhältnis des Verkehrswerts der Bereicherung zum Verkehrswert der Leistung des Klägers. Der Einspruch des Klägers, mit dem dieser beantragte, den kapitalisierten Erbbauzins von dem (erhöhten) Einheitswert abzuziehen und die Schenkungsteuer auf Null DM festzusetzen, blieb im Wesentlichen erfolglos.

Das Finanzgericht (FG) wies die Klage ab. Es beurteilte den Übergang der Erbbauzinspflicht als Gegenleistung für die Übertragung des Erbbaurechts. Dabei würdigte das FG die Vertragsbestimmung, wonach mit der Übergabe des Grundstücks (vor Eintragung) auch die Verpflichtung zur Zahlung des Erbbauzinses auf die Beschenkte übergehe, als Übernahme einer schuldrechtlichen Verbindlichkeit.

Hiergegen richtet sich die Nichtzulassungsbeschwerde des Klägers, die er auf grundsätzliche Bedeutung des Rechtssache stützt.

Der Kläger beantragt, die Revision zuzulassen.

Das FA beantragt, die Revision als unzulässig zu verwerfen.

II. 1. Der Erfolg der Beschwerde beurteilt sich nach § 115 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung (FGO) i.d.F. vor Änderung durch das Zweite Gesetz zur Änderung der Finanzgerichtsordnung und anderer Gesetze (2.FGOÄndG) vom 19. Dezember 2000 (BGBl I 2000, 1757). Denn gemäß Art. 4 2.FGOÄndG richtet sich die Zulässigkeit eines Rechtsbehelfs gegen eine gerichtliche Entscheidung nach den bis zum 31. Dezember 2000 geltenden Vorschriften, wenn die Entscheidung vor dem 1. Januar 2001 verkündet oder von Amts wegen anstelle einer Verkündung zugestellt worden ist. Dies ist hier der Fall; das Urteil des FG ist am 7. April 2000 zugestellt worden.

2. Die zulässige Beschwerde ist als unbegründet zurückzuweisen. Die Rechtssache hat keine grundsätzliche Bedeutung.

a) Eine Rechtssache hat grundsätzliche Bedeutung i.S. des § 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO a.F., wenn die für die Beurteilung des Streitfalls maßgebliche Rechtsfrage das (abstrakte) Interesse der Allgemeinheit an der einheitlichen Entwicklung und Handhabung des Rechts berührt. Die Zulassung der Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache kommt daher nur wegen einer klärungsbedürftigen und im Revisionsverfahren klärbaren Rechtsfrage in Betracht. An der Klärungsbedürftigkeit fehlt es insbesondere, wenn sich die streitige Rechtsfrage aus dem Gesetz und der vorliegenden Rechtsprechung beantworten lässt und keine Gesichtspunkte erkennbar sind, die eine erneute Prüfung und Entscheidung dieser Frage durch den Bundesfinanzhof (BFH) erforderlich machen.

b) Der Kläger hat die Rechtsfrage aufgeworfen, ob im Falle der Schenkung eines Erbbaurechts der Übergang des dinglichen Erbbauzinses als Gegenleistung des Bedachten anzusehen ist. Hierzu führt er aus, nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (BGH) und dem Schrifttum handele es sich in diesen Fällen nicht um eine Schenkung unter Auflage --und erst recht nicht um einen entgeltlichen gegenseitigen Vertrag--, sondern um eine reine Schenkung. Der Schenker werde von der Haftung für den Erbbauzins frei, ohne dass es einer besonderen Schuldübernahme durch den Erwerber der Erbbaurechts bedürfe. Dieser leistet nichts, was sich nicht bereits aus dem Gesetz ergebe. Auch im Streitfall habe die Beschenkte sich nicht schuldrechtlich zur Übernahme des Erbbauzinses verpflichtet. Der Übertragungsvertrag weise nur auf die Folge hin, die sich gesetzlich an die Übertragung knüpfe. Die gegenteilige Würdigung durch das FG sei unzutreffend.

c) Die vom Kläger aufgeworfene Rechtsfrage lässt sich aus dem Gesetz und der vorliegenden Rechtsprechung des BFH beantworten. Eine erneute Entscheidung durch den BFH ist nicht erforderlich.

Schenkungsteuerrechtlich ist nach der Rechtsprechung des BFH zwischen gemischten Schenkungen und Schenkungen unter Nutzungs- oder Duldungsauflagen zu unterscheiden. Nur zeitlich befristete Duldungspflichten können im Wege der Saldierung durch Abzug der Last berücksichtigt werden, soweit dem nicht § 25 Abs. 1 des Erbschaft- und Schenkungsteuergesetzes (ErbStG) entgegensteht (BFH-Urteile vom 12. April 1989 II R 37/87, BFHE 156, 244, BStBl II 1989, 524; vom 16. Dezember 1992 II R 114/89, BFH/NV 1993, 298). Demgegenüber ist bei der gemischten Schenkung nur der die Gegenleistung übersteigende Wert der freigebigen Zuwendung schenkungsteuerrechtlich gemäß § 7 Abs. 1 Nr. ErbStG relevant (vgl. BFH-Urteile vom 21. Oktober 1981 II R 176/78, BFHE 134, 357, BStBl II 1982, 83, sowie vom 14. Juli 1982 II R 125/79, BFHE 136, 303, BStBl II 1982, 714). Den gemischten Schenkungen sind Schenkungen unter Leistungsauflagen gleichgestellt (BFH in BFHE 156, 244, BStBl II 1989, 524). Durch Leistungsauflagen werden dem Bedachten Aufwendungen im Sinne von Geld- oder Sachleistungen auferlegt, d.h. sie verpflichten den Empfänger der Schenkung zu Leistungen, die er unabhängig vom Innehaben des auf ihn übergegangenen Gegenstandes auch aus seinem persönlichen Vermögen erbringen kann, oder zur Befreiung des Zuwendenden von diesem obliegenden Leistungspflichten (zumindest im Innenverhältnis). Diese Aufwendungen können in schenkungsteuerrechtlicher Hinsicht nicht anders gewürdigt werden als diejenigen Leistungen, die im Rahmen einer gemischten freigebigen Zuwendung vom Empfänger geschuldet werden.

Aus dieser Rechtsprechung folgt, dass nichts anderes gelten kann, wenn die Auferlegung derartiger Aufwendungen nicht auf einer Auflage beruht, sondern sich kraft Gesetzes vollzieht und der Schenker diese Rechtsfolge in seinen Willen aufgenommen hat. Auch kraft Gesetzes übergehende Verpflichtungen sind unter diesen Voraussetzungen wie Gegenleistungen bei der gemischten Schenkung zu behandeln.

d) Die Verpflichtung zur Zahlung eines Erbbauzinses gehört zu diesen Leistungen, die dem Empfänger der Schenkung Aufwendungen im Sinne von Geld- oder Sachleistungen verursachen. Mit der Erbbauzinspflicht werden dem durch ein Erbbaurecht Bedachten Aufwendungen auferlegt, die er unabhängig vom Innehaben des auf ihn übergegangenen Gegenstandes oder Rechtes auch aus seinem persönlichen Vermögen erbringen kann. Diese Aufwendungen sind in schenkungsteuerrechtlicher Hinsicht wie Leistungen zu behandeln, die im Rahmen einer gemischten freigebigen Zuwendung vom Empfänger geschuldet werden.

Dies gilt unabhängig davon, ob es sich um einen dinglichen Erbbauzins oder um einen schuldrechtlichen Anspruch oder um eine --in der Praxis übliche-- Kombination aus beiden handelt. Es kann deshalb dahingestellt bleiben, ob die diesbezügliche Würdigung durch das FA unzutreffend ist, wie der Kläger meint. Auch wenn im Falle eines nur dinglichen Erbbauzinses keine ausdrückliche Vereinbarung über die Übernahme der Verpflichtung getroffen wird, liegt in dem gesetzlichen Übergang der Belastung die Grundlage für die Gleichbehandlung mit der gemischten Schenkung und der Schenkung unter einer Leistungsauflage. Der dingliche Erbbauzins ist nicht Inhalt des Erbbaurechts, sondern eine dingliche Belastung des Erbbaurechts, auf die die Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuchs über die Reallasten entsprechende Anwendung finden (§ 2, § 9 Abs. 1 Satz 2 der Verordnung über das Erbbaurecht) und die in Abt. II des Erbbaugrundbuchs eingetragen wird (vgl. dazu v.Oefele/Winkler, Handbuch des Erbbaurechts, 2. Aufl., Rdnr. 6.29). Wird ein bestehendes Erbbaurecht schenkweise übertragen, so geht mit dem Erbbaurecht auch die dingliche Belastung durch den Erbbauzins auf den Erwerber über. Da die Beteiligten des Erbbaurechtsübertragungsvertrages sich dieses gesetzlichen Übergangs der Erbbauzinspflicht bewusst sind, liegt darin die Auferlegung von Aufwendungen im Sinne von Geld- oder Sachleistungen für den Erwerber, was die Gleichbehandlung mit Gegenleistungen bei der gemischten Schenkung gebietet.

Ende der Entscheidung

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