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Gericht: Bundesfinanzhof
Beschluss verkündet am 13.02.2008
Aktenzeichen: II B 59/07
Rechtsgebiete: BewG, FGO, GrEStG, AO


Vorschriften:

BewG § 146
BewG § 146 Abs. 2
BewG § 146 Abs. 2 Satz 2
BewG § 146 Abs. 3
BewG § 146 Abs. 3 Satz 1
BewG § 147
BewG § 147 Abs. 1 Satz 2
FGO § 69 Abs. 3 Satz 1
FGO § 69 Abs. 2 Satz 2
GrEStG § 5
GrEStG § 6
AO § 15
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Gründe:

I. Die Mutter des Antragstellers und Beschwerdeführers (Antragsteller) übertrug mit Urkunde vom 27. Dezember 2004 im Wege der vorweggenommenen Erbfolge ihrem bis dahin nicht beteiligten Sohn Gesellschaftsanteile an der ... Gesellschaft des bürgerlichen Rechts (GbR) und der ... KG. Die Gesellschafter der GbR waren auch an der KG als Kommanditisten beteiligt, und zwar in demselben Beteiligungsverhältnis; die Beteiligungs- und Verwaltungs-GmbH als Komplementärin der KG war an deren Vermögen nicht beteiligt. Zum Vermögen der GbR gehörte ein bebautes Grundstück, auf dem die KG im Wesentlichen ihr Unternehmen betrieb. Die KG zahlte an die GbR für die Nutzungsüberlassung des Grundstücks jährlich 580 593 €.

Für Zwecke der Schenkungsteuer stellte der Antragsgegner und Beschwerdegegner (das Finanzamt --FA--) mit Bescheid vom 8. März 2007 den Grundstückswert auf den 27. Dezember 2004 gemäß § 146 Abs. 2 des Bewertungsgesetzes in der im Streitjahr geltenden Fassung (BewG) auf 6 231 500 € gesondert fest. Auf den Einspruch des Antragstellers, den Grundstückswert nicht nach § 146 BewG, sondern nach § 147 BewG festzustellen, änderte das FA mit Bescheid vom 5. April 2007 den Grundstückswert aus anderen Gründen auf 5 783 500 € ab. Eine Aussetzung der Vollziehung des Änderungsbescheids lehnte es ebenso ab wie anschließend das Finanzgericht (FG).

Mit der vom FG nachträglich zugelassenen Beschwerde macht der Antragsteller weiter geltend, es sei ernstlich zweifelhaft, ob bei der Überlassung eines Grundstücks zur Nutzung zwischen personenidentischen Personengesellschaften eine Selbstnutzung i.S. des § 146 Abs. 3 BewG vorliege. Da das Grundstück zu einer Spezialnutzung i.S. des § 147 Abs. 1 Satz 2 BewG verwendet werde, hinge hiervon im Streitfall ab, ob das Grundstück gemäß § 147 BewG zu bewerten sei.

Der Antragsteller beantragt, unter Abänderung der Vorentscheidung die Vollziehung des Bescheids vom 5. April 2007 über die gesonderte Feststellung des Grundstückswerts auf den 27. Dezember 2004 für Zwecke der Schenkungssteuer insoweit auszusetzen, als ein Wert von 2 966 500 DM überschritten wird.

Das FA ist der Beschwerde entgegengetreten.

II. Die Beschwerde ist zulässig, aber unbegründet. Die Vollziehung des Feststellungsbescheids vom 5. April 2007 ist nicht auszusetzen; es bestehen keine ernstlichen Zweifel an seiner Rechtmäßigkeit (§ 69 Abs. 3 der Finanzgerichtsordnung --FGO--).

1. Die Beschwerde ist zulässig, nachdem sie das FG nachträglich zugelassen hat (vgl. Beschlüsse des Bundesfinanzhofs --BFH-- vom 10. Oktober 1991 XI B 18/90, BFHE 165, 565, BStBl II 1992, 301, und vom 22. August 2001 III B 71/01, BFH/NV 2002, 195).

2. Die Beschwerde ist unbegründet. Gemäß § 69 Abs. 3 Satz 1 und Abs. 2 Satz 2 FGO kann auf Antrag die Vollziehung eines angefochtenen Verwaltungsaktes ganz oder teilweise u.a. ausgesetzt werden, soweit ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des Verwaltungsaktes bestehen. Ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit eines Verwaltungsaktes bestehen, wenn und soweit bei summarischer Prüfung der Sach- und Rechtslage aufgrund der präsenten Beweismittel, des unstreitigen Sachverhalts und der gerichtsbekannten Tatsachen erkennbar wird, dass aus gewichtigen Gründen Unklarheit in der Beurteilung von Tatfragen oder Unsicherheit oder Unentschiedenheit in der Beurteilung von Rechtsfragen besteht und sich bei abschließender Klärung dieser Fragen der Verwaltungsakt als rechtswidrig erweisen könnte (BFH-Beschlüsse vom 25. Juli 1994 I B 241/93, BFH/NV 1995, 334; vom 8. August 2001 I B 40/01, BFH/NV 2001, 1536). Bei der danach gebotenen summarischen Prüfung bestehen im Streitfall keine ernstlichen Zweifel an der Rechtmäßigkeit des Feststellungsbescheids vom 5. April 2007.

a) Wie der BFH in seiner Entscheidung vom 2. Februar 2005 II R 4/03 (BFHE 208, 421, BStBl II 2005, 426) bereits entschieden hat, ist der typisierenden Bedarfsbewertung bebauter Grundstücke gemäß § 146 Abs. 2 BewG auch in Fällen entgeltlicher Überlassung im Rahmen einer Betriebsaufspaltung die vertraglich vereinbarte Miete zugrunde zu legen; ein Ansatz der üblichen Miete gemäß § 146 Abs. 3 BewG komme nicht in Betracht (zum Streitstand Götz, Bedarfsbewertung von Betriebsgrundstücken bei Betriebsaufspaltung, Zeitschrift für Erbrecht und Vermögensnachfolge 2005, 106). Dem Urteil lag zwar, worauf der Antragsteller zutreffend hinweist, eine Betriebsaufspaltung zugrunde, bei der die Betriebsgesellschaft eine Gesellschaft mit beschränkter Haftung (GmbH) war; vorliegend ist die Betriebsgesellschaft eine Personengesellschaft (zur Betriebsaufspaltung zwischen Personengesellschaften BFH-Urteil vom 29. Juli 1976 IV R 145/72, BFHE 119, 462, BStBl II 1976, 750). Dies führt bei der im Aussetzungsverfahren gebotenen summarischen Prüfung der Sach- und Rechtslage zu keinem anderen Ergebnis.

b) Eine Bewertung nach § 147 BewG --wie vom Antragsteller angestrebt-- kommt nur in Betracht, wenn sich für das bebaute Grundstück eine übliche Miete i.S. des § 146 Abs. 3 BewG nicht ermitteln lässt. Diese Voraussetzung ist im Streitfall schon deshalb nicht erfüllt, weil in Gestalt des von der KG gezahlten Entgelts in Höhe von 580 593 € eine vereinbarte Jahresmiete i.S. des § 146 Abs. 2 BewG vorliegt, die bereits innerhalb der Bewertung nach § 146 BewG den Zugang zur üblichen Miete i.S. des Abs. 3 der Vorschrift versperrt. Damit bleibt erst recht der Weg in den § 147 BewG verschlossen.

Ist --wie im Streitfall-- das Grundstück i.S. des § 146 Abs. 2 Satz 2 BewG vermietet, kommt der Ansatz der üblichen Miete nämlich nur dann in Betracht, wenn das Grundstück an Angehörige (§ 15 der Abgabenordnung --AO--) oder Arbeitnehmer des Eigentümers vermietet ist (§ 146 Abs. 3 Satz 1 BewG).

aa) Aus diesem Grund --Vorliegen eines Mietverhältnisses-- scheidet die vom Antragsteller für seine Rechtsauffassung beanspruchte Tatbestandsalternative einer Selbstnutzung durch den Eigentümer oder dessen Familie schon vom Tatbestand her aus. Dass an der Besitz- bzw. Betriebspersonengesellschaft vermögensmäßig dieselben Personen beteiligt sind, steht der Annahme eines Mietverhältnisses zwischen ihnen nicht entgegen. Die Personenidentität kann bei Grundstücksgeschäften zwischen den Gesellschaftern oder den Gesellschaftern und ihren jeweiligen Gesellschaften zu einer (anteiligen) Grunderwerbsteuerbefreiung führen. Das besagt aber nicht, dass ein Mietverhältnis zwischen den beiden Gesellschaften ausscheidet. Dabei handelt es sich um ein obligatorisches Rechtsverhältnis, das von der Frage der Grundbuchfähigkeit der Personengesellschaft nicht betroffen ist. Die Erwägungen, die den Befreiungstatbeständen der §§ 5 und 6 des Grunderwerbsteuergesetzes zugrunde liegen und die auf die Fortsetzung der Berechtigung der oder des einbringenden bzw. übertragenden Gesamthänders an dem Grundstück abstellen (Hofmann, Grunderwerbsteuergesetz, Kommentar, 8. Aufl. 2004, § 5 Rz 13), können nicht zur Auslegung des Merkmals der Selbstnutzung in § 146 Abs. 3 Satz 1 BewG herangezogen werden. Insoweit fehlt es bereits an einer Auslegungsbedürftigkeit.

bb) Eine Vermietung an Angehörige i.S. des § 146 Abs. 3 Satz 1 BewG liegt bei einem Mietverhältnis auch zwischen personenidentischen Personengesellschaften nicht vor. Das Gesetz verweist mit dem Klammerzusatz auf den Begriff der Angehörigen i.S. des § 15 AO. Eine Vermietung an Angehörige kann danach nur vorliegen, wenn eine Miete zwischen solchen Angehörigen vereinbart wird. Dies ist bei einem Mietverhältnis zwischen Personengesellschaften nicht der Fall.

cc) Im Übrigen könnte eine erweiterte Auslegung der Merkmale "Selbstnutzung durch den Eigentümer" oder "Vermietung an Angehörige" auch nicht durch eine wirtschaftliche Betrachtung gerechtfertigt werden. Dem steht auch die Entstehungsgeschichte der Regelung entgegen, wie der BFH bereits in seiner Entscheidung in BFHE 208, 421, BStBl II 2005, 426 ausgeführt hat.

Zwar findet sich in den Gesetzesmaterialien die Aussage, dass in Fällen, in denen aufgrund der tatsächlichen Umstände darauf geschlossen werden müsse, dass die Miete nicht unter marktgerechten Bedingungen vereinbart worden sei, die übliche Miete als Berechnungsgrundlage heranzuziehen sei (Zweiter Bericht des Finanzausschusses zum Entwurf eines Jahressteuergesetzes 1997 vom 5. November 1996, BTDrucks 13/5952, 41). Diese Auffassung hat im Gesetzeswortlaut jedoch keinerlei Niederschlag gefunden. Maßgebend für die Auslegung sind aber nicht die subjektiven Vorstellungen der am Gesetzgebungsverfahren beteiligten Personen; entscheidend ist vielmehr der im Gesetz zum Ausdruck kommende objektivierte Wille des Gesetzgebers (Beschluss des Bundesverfassungsgerichts vom 9. November 1988 1 BvR 243/86, BVerfGE 79, 106, unter B.II.1.; BFH-Entscheidungen vom 10. November 1999 X R 60/95, BFHE 189, 479, BStBl II 2000, 131, unter B.III.1.a, und vom 31. März 2004 X R 18/03, BFHE 206, 68, BStBl II 2004, 1047, unter II.2.d aa).

c) Der Gesetzgeber hat angeordnet, dass die Grundstückswerte in typisierender Weise zu ermitteln sind (§ 138 Abs. 3 Satz 1 BewG). Folge dieser Typisierung ist, dass außerhalb der in § 146 Abs. 3 Satz 1 BewG ausdrücklich genannten Fälle nicht zu prüfen ist, ob die tatsächliche Jahresmiete der üblichen Miete entspricht. Mit der Einführung eines typisierenden Bewertungsverfahrens nimmt der Gesetzgeber in Kauf, dass in vielen Mietverhältnissen --nicht nur in Fällen der Betriebsaufspaltung-- die tatsächliche Miete nicht der üblichen Miete entspricht. Es bleibt dem Steuerpflichtigen zudem unbenommen, einen niedrigeren gemeinen Wert des Grundstücks nachzuweisen (§ 146 Abs. 7 BewG).

Ende der Entscheidung

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