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Gericht: Bundesfinanzhof
Beschluss verkündet am 05.08.2002
Aktenzeichen: II B 60/01
Rechtsgebiete: FGO


Vorschriften:

FGO § 62 Abs. 3 Satz 3
FGO § 62 Abs. 1 Satz 1
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Gründe:

I. Im Namen der Klägerin und Beschwerdeführerin (Klägerin) wurde --jeweils auf dem Kanzleipapier des Rechtsanwalts und Steuerberaters Dr. A.-- am 18. Dezember 1998 beim Finanzgericht (FG) Klage gegen den Beklagten und Beschwerdegegner (Finanzamt --FA--) "wegen Einheitsbewertung Grundvermögen auf den 1. Januar 1988" erhoben. Im Rubrum der Klageschrift war als alleiniger Bevollmächtigter Rechtsanwalt Dr. A. benannt. Unterzeichnet war die Klageschrift dagegen von Rechtsanwältin B., die am Ende des Schriftstücks durch entsprechenden Maschinenausdruck als Verfasserin ausgewiesen ist; im Übrigen findet sich in der Klageschrift kein Hinweis auf ihre verfahrensrechtliche Stellung.

Der Berichterstatter forderte Rechtsanwalt Dr. A. mit Verfügung vom 14. April 1999 unter Berufung auf § 62 Abs. 3 Satz 3 der Finanzgerichtsordnung (FGO) auf, "schriftliche Vollmacht und Untervollmacht" vorzulegen und setzte ihm hierfür eine Ausschlussfrist von zwei Wochen nach Zustellung der Anordnung. Innerhalb dieser Frist wurde lediglich eine Vollmacht der Klägerin für Rechtsanwalt Dr. A. vorgelegt. Das Schriftstück, mit dem die Vollmacht übersandt wurde, war wiederum auf dem Kanzleipapier des Dr. A. verfasst und von Rechtsanwältin B. unterzeichnet.

Mit Schreiben des Berichterstatters vom 16. Februar 2001 wurde Rechtsanwalt Dr. A. darauf hingewiesen, dass die Klage wegen der fehlenden Untervollmacht für Rechtsanwältin B. unzulässig sei. Daraufhin teilte Rechtsanwalt Dr. A. mit Schriftsatz vom 13. März 2001 mit, er habe für Rechtsanwältin B. bereits Anfang 1997 eine Generaluntervollmacht für alle vor dem FG Düsseldorf anhängigen Verfahren erteilt und "beim Präsidium" hinterlegt; dem Schriftsatz legte er eine Untervollmacht für die Rechtsanwältin B. bei.

Das FG wies die Klage als unzulässig ab, weil innerhalb der gesetzten Ausschlussfrist weder eine Untervollmacht vorgelegt noch eine ausdrückliche Bezugnahme auf die erteilte Generaluntervollmacht vorgenommen worden sei.

Das FG hat die Revision nicht zugelassen. Hiergegen richtet sich die Beschwerde der Klägerin. Diese macht grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache sowie Verfahrensmängel geltend.

Das FA beantragt, die Beschwerde zurückzuweisen.

II. Die Beschwerde ist begründet. Sie führt zur Aufhebung der Vorentscheidung und zur Zurückverweisung des Sache an das FG zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung (§ 116 Abs. 6 FGO i.d.F. des Zweiten Gesetzes zur Änderung der Finanzgerichtsordnung und anderer Gesetze --2.FGOÄndG-- vom 19. Dezember 2000, BGBl I 2000, 1757).

Zu Unrecht hat das FG die Klage als unzulässig abgewiesen. Die dem Rechtsanwalt Dr. A. gesetzte Frist zur Vorlage einer "schriftlichen Vollmacht und Untervollmacht" hatte keine ausschließende Wirkung. Der Nachweis der Bevollmächtigung für Rechtsanwältin B. durch Vorlage der (Haupt-)Vollmacht für Dr. A. und die Bezugnahme auf die für Rechtsanwältin B. erteilte Generaluntervollmacht bzw. die Vorlage der Untervollmacht mit Schriftsatz vom 13. März 2001 konnte somit auch noch nach Ablauf der Ausschlussfrist wirksam erfolgen.

Beteiligte am finanzgerichtlichen Verfahren können sich gemäß § 62 Abs. 1 Satz 1 FGO durch einen Bevollmächtigten vertreten lassen. Die Bevollmächtigung ist durch eine schriftliche Vollmacht nachzuweisen (§ 62 Abs. 3 Satz 1 FGO). Diese kann nachgereicht werden; hierfür kann der Vorsitzende oder der Berichterstatter eine Frist mit ausschließender Wirkung setzen (§ 62 Abs. 3 Satz 3 FGO). Auch für die Vorlage einer Untervollmacht kann eine Ausschlussfrist gesetzt werden (vgl. Koch in Gräber, Finanzgerichtsordnung, 5. Aufl. 2002, § 62 Rdnr. 73, m.w.N.). Die Ausschlussfrist ist im Regelfall gegenüber dem Vertreter zu setzen, der ohne Vollmachtsvorlage für den Vertretenen bei Gericht aufgetreten ist (Entscheidungen des Bundesfinanzhofs --BFH-- vom 11. Januar 1980 VI R 11/79, BFHE 129, 305, BStBl II 1980, 229; vom 4. September 1992 V B 45/92, BFH/NV 1993, 320, und vom 17. Juni 1993 VI S 3/93, BFH/NV 1993, 618), bei einer Unterbevollmächtigung ist die Aufforderung an den Unterbevollmächtigten zu richten (Spindler in Hübschmann/Hepp/Spitaler, Abgabenordnung-Finanzgerichtsordnung, § 62 FGO Rdnr. 118; Koch, a.a.O., § 62 Rdnr. 67). Diesem obliegt es, seine Prozessbevollmächtigung lückenlos bis hin zum Verfahrensbeteiligten nachzuweisen (vgl. BFH-Urteil vom 16. Februar 1990 III R 81/87, BFHE 160, 387, BStBl II 1990, 746).

Im Streitfall hat das FG aber nicht Rechtsanwältin B., die ohne Vollmachtsnachweis aufgetretene Vertreterin (Unterbevollmächtigte), sondern Dr. A. aufgefordert, eine "schriftliche Vollmacht und Untervollmacht" einzureichen. Es hat damit den Vollmachtsnachweis von einer Person (hier: Dr. A.) angefordert, die sich selbst bis dahin nicht berühmt hatte, in Vollmacht der Klägerin zu handeln, von der lediglich die als Vertreterin der Klägerin aufgetretene Rechtsanwältin B. behauptet hat, ihre Vertretungsberechtigung abzuleiten. Unter diesen Umständen konnte das FG die Frist zur Vollmachtsvorlage mit ausschließender Wirkung wirksam nur der als Vertreterin für die Klägerin tatsächlich tätig gewordenen Rechtsanwältin B. setzen. Da dies nicht geschehen ist, konnte Rechtsanwältin B. ihre Bevollmächtigung auch noch nach Fristablauf nachweisen.

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