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Beginn der Entscheidung

Gericht: Bundesfinanzhof
Beschluss verkündet am 30.08.2007
Aktenzeichen: II B 91/06
Rechtsgebiete: FGO, BGB, HGB, BewG


Vorschriften:

FGO § 76 Abs. 1 Satz 1
FGO § 115 Abs. 2 Nr. 3
FGO § 116 Abs. 3 Satz 3
BGB § 823 Abs. 1
BGB § 830
HGB § 130a
HGB § 177a
BewG § 97 Abs. 1a
BewG § 152
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Gründe:

Die Beschwerde ist unzulässig. Ihre Begründung entspricht nicht den Anforderungen des § 116 Abs. 3 Satz 3 der Finanzgerichtsordnung (FGO).

1. Verfahrensmangel

a) Nach Ansicht der Kläger und Beschwerdeführer (Kläger) hätte das Finanzgericht (FG) aufklären müssen, warum trotz der unstreitigen Überschuldung der Klägerinnen und Beschwerdeführerinnen zu 1 und 2 (Klägerin zu 1 und Klägerin zu 2) kein Konkursverfahren eröffnet worden sei. Wäre dies geschehen, hätte sich herausgestellt, dass der Kläger und Beschwerdeführer zu 3 (Kläger zu 3) so viel aus seinem Privatvermögen in die Klägerin zu 1 eingelegt habe, dass diese ihre Gläubiger habe befriedigen können. Dies habe die Liquidation der Klägerinnen zu 1 und 2 ermöglicht und ein Konkursverfahren vermieden. Das FG habe übersehen, dass der Kläger zu 3 die Gläubiger der Klägerinnen zu 1 und 2 im Rahmen der Liquidation mit seinem Privatvermögen genauso gestellt habe, wie sie gestanden hätten, wenn sie ihre aus § 823 Abs. 1 und § 830 des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB) i.V.m. §§ 177a und 130a des Handelsgesetzbuches (HGB) ergebenden Schadensersatzansprüche gegen den Kläger zu 3 geltend gemacht hätten. Der durch den Missbrauch der Leitungsmacht aufgetretene Schaden sei deshalb kein hypothetischer, sondern ein höchst konkreter gewesen.

b) Diese Ausführungen genügen nicht den Anforderungen an die gemäß § 115 Abs. 2 Nr. 3 FGO zur Zulassung der Revision führende Rüge, das FG habe den Sachverhalt nicht hinreichend nach § 76 Abs. 1 Satz 1 FGO aufgeklärt.

aa) Die schlüssige Rüge, das FG habe den Sachverhalt auch ohne entsprechenden Beweisantritt von Amts wegen näher aufklären müssen, setzt insbesondere den substantiierten Vortrag darüber voraus, aus welchen Gründen sich dem FG die Notwendigkeit einer weiteren Sachaufklärung (Beweiserhebung) auch ohne entsprechenden Antrag hätte aufdrängen müssen, welche Tatsachen sich bei einer weiteren Sachaufklärung voraussichtlich ergeben hätten, inwiefern diese Tatsachen auf der Grundlage des --ggf. auch unrichtigen-- materiell-rechtlichen Standpunkts des FG zu einer anderen Entscheidung hätten führen können und warum der im finanzgerichtlichen Verfahren fachkundig vertretene Kläger nicht von sich aus entsprechende Anträge gestellt hat. Zudem müssen auch die Beweismittel, die das FG hätte heranziehen sollen, konkret bezeichnet werden (Beschlüsse des Bundesfinanzhofs --BFH-- vom 30. Oktober 2006 IX B 56/06, BFH/NV 2007, 666; vom 9. Januar 2007 VIII B 180/05, BFH/NV 2007, 751, und vom 14. Mai 2007 III B 191/05, BFH/NV 2007, 1505, m.w.N. zur ständigen Rechtsprechung).

bb) Diesen Anforderungen genügt die Beschwerdebegründung nicht. Die Kläger haben darin keine konkreten Angaben zu weiteren, in den Bilanzen auf den 31. Dezember 1993 und 28. Februar 1994 nicht ausgewiesenen, bis zum 28. Februar 1994 erbrachten Zuzahlungen des Klägers zu 3 in das Eigenkapital der Klägerin zu 1 gemacht und nicht dargelegt, warum sich dem FG insoweit eine weitere Aufklärung des Sachverhalts hätte aufdrängen sollen, obwohl sie trotz fachkundiger Vertretung durch einen Steuerberater und Wirtschaftsprüfer sowie Rechtsanwälte im finanzgerichtlichen Verfahren keine entsprechenden Angaben gemacht hatten. Es fehlen auch Ausführungen zu den Beweismitteln, die das FG hätte heranziehen sollen. Die Kläger haben schließlich auch nicht begründet, warum (etwaige) vom Kläger zu 3 nach dem Bilanzstichtag 28. Februar 1994, der der Einheitswertfeststellung auf den 1. Januar 1995 und der Verteilung des Einheitswerts zugrunde gelegt wurde, geleistete Zuzahlungen in das Eigenkapital der Klägerin zu 1 auf der Grundlage des materiell-rechtlichen Standpunkts des FG zu einem anderen Ergebnis hätten führen können.

2. Grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache, Fortbildung des Rechts

a) Die Kläger sehen folgende Rechtsfragen als klärungsbedürftig an:

aa) "Wird einem Kommanditisten, der seine Einlage geleistet hat, seine Kommanditistenstellung und seine Gesellschafterstellung in der Komplementär-GmbH aber dazu missbraucht hat, einen an sich gebotenen Konkursantrag zu verhindern, auch dann kein negativer Einheitswert des Betriebsvermögens zugerechnet, wenn er die durch den verhinderten Konkurs entstandenen Schäden später mit seinem Privatvermögen ausgleicht, mithin die Gesellschaft und die Gläubiger der Gesellschaft so stellt, als hätten diese die bestehenden Schadensersatzansprüche geltend gemacht?"

bb) "Ist die Haftung der Kommanditisten aus der Bürgschaft auch dann eine außergesellschaftsrechtliche Haftung des Kommanditisten für Schulden der KG, die es nicht rechtfertigt, den betreffenden Kommanditisten einen Anteil am negativen Einheitswert des Betriebsvermögens der KG zuzurechnen, wenn die Bürgschaft Kapitalersatzcharakter hat?"

b) Die Kläger haben die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache (§ 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO) und die Erforderlichkeit einer Entscheidung des BFH zur Fortbildung des Rechts (§ 115 Abs. 2 Nr. 1 Alternative 1 FGO) nicht hinreichend dargelegt.

aa) Die schlüssige Darlegung des Zulassungsgrundes der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache und der Erforderlichkeit einer Entscheidung des BFH zur Fortbildung des Rechts erfordert u.a., dass der Beschwerdeführer eine bestimmte, für die Entscheidung des Streitfalls erhebliche abstrakte Rechtsfrage herausstellt und substantiiert darauf eingeht, inwiefern diese Rechtsfrage klärungsbedürftig und im konkreten Fall auch klärbar ist. Dazu gehören insbesondere Ausführungen, aus denen sich ergibt, in welchem Umfang, von welcher Seite und aus welchen Gründen die Beantwortung der Rechtsfrage zweifelhaft und umstritten ist (BFH-Beschlüsse vom 30. August 2001 IV B 79, 80/01, BFHE 196, 30, BStBl II 2001, 837; vom 8. September 2005 II B 122/04, BFH/NV 2006, 100; vom 20. März 2006 II B 147/05, BFH/NV 2006, 1320; vom 23. Januar 2007 VIII B 134/05, BFH/NV 2007, 890, und vom 9. Mai 2007 X B 162/06, BFH/NV 2007, 1501). Der bloße Hinweis, dass der BFH über die herausgestellten Fragen noch nicht entschieden habe, genügt nicht (BFH-Beschlüsse vom 18. April 2005 II B 98/04, BFH/NV 2005, 1310, und vom 8. Dezember 2006 VII B 240/05, BFH/NV 2007, 922). Bei der Formulierung der zu klärenden Fragen muss der Beschwerdeführer von den tatsächlichen Feststellungen des FG ausgehen (BFH-Beschluss vom 19. Januar 2007 VII B 72/06, BFH/NV 2007, 857).

bb) Derartige Ausführungen fehlen in der Beschwerdebegründung. Die Kläger machen selbst nicht geltend, dass die finanzgerichtliche Rechtsprechung oder die Literatur die von ihnen herausgestellten Fragen unterschiedlich beurteilten oder Bedenken gegen die Rechtsprechung des BFH im Urteil vom 31. Januar 1996 II R 6/93 (BFHE 179, 439, BStBl II 1996, 181) erhöben. Wie der Beklagte und Beschwerdegegner (das Finanzamt) bereits in den Einspruchsentscheidungen zutreffend ausgeführt hat, rechtfertigt eine außergesellschaftsrechtliche Haftung des Kommanditisten für Schulden der KG, z.B. aufgrund einer (selbstschuldnerischen) Bürgschaft oder einer Schuldmitübernahme es nach dieser Entscheidung nicht, dem betreffenden Kommanditisten einen Anteil am negativen Einheitswert des Betriebsvermögens der KG zuzurechnen, und zwar selbst dann nicht, wenn der Kommanditist wirtschaftlich gesehen der alleinige Inhaber des Handelsgeschäfts und der persönlich haftende Gesellschafter nahezu mittellos ist. Denn das negative Kapitalkonto des Kommanditisten hat nur Auswirkungen auf die künftige Gewinnverteilung, jedoch keine Relevanz für den Vermögensstand am Stichtag.

Bei der Formulierung der oben zu a) aa) wiedergegebenen Frage sind die Kläger im Übrigen nicht von den Feststellungen des FG, sondern von ihrem eigenen Sachvortrag ausgegangen (vgl. oben 1.).

cc) Die Kläger haben in der Beschwerdebegründung zudem nicht berücksichtigt, dass die Aufteilung des Werts des Betriebsvermögens von Personengesellschaften nunmehr durch § 97 Abs. 1a des Bewertungsgesetzes (BewG) eingehend geregelt ist. Diese Vorschrift wurde durch Art. 1 Nr. 11 des Jahressteuergesetzes (JStG) 1997 vom 20. Dezember 1996 (BGBl I, 2049) in das BewG eingefügt und war nach § 152 BewG i.d.F. des Art. 1 Nr. 37 JStG 1997 für die Erbschaftsteuer erstmals zum 1. Januar 1996 und im Übrigen erstmals zum 1. Januar 1997 anzuwenden. Sie wurde inzwischen durch Art. 6 Nr. 12 des Gesetzes zur Fortsetzung der Unternehmenssteuerreform vom 29. Oktober 1997 (BGBl I, 2590) und durch Art. 14 Nr. 14 des Steueränderungsgesetzes 2001 vom 20. Dezember 2001 (BGBl I, 3794) geändert und unterscheidet bei der Aufteilung des Betriebsvermögens nicht mehr zwischen beschränkt und unbeschränkt haftenden Gesellschaftern (Gürsching/Stenger, Bewertungsrecht, § 97 BewG [ErbStG] Rz 766 f.; Gebel in Troll/Gebel/Jülicher, ErbStG, § 12 Rz 886).

Die Kläger haben nicht dargelegt, warum die von ihnen herausgestellten Fragen trotz der nunmehr bereits seit langem bestehenden Regelung des § 97 Abs. 1a BewG noch von einer über den vorliegenden Einzelfall hinausgehenden Bedeutung sein sollen. Fragen zu einer durch den Erlass, die Änderung oder die Aufhebung gesetzlicher Vorschriften überholten Rechtslage führen in der Regel nicht zur Zulassung der Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache oder zur Fortbildung des Rechts (vgl. zu auslaufendem oder bereits ausgelaufenem Recht BFH-Beschlüsse vom 19. Juni 2006 I B 142/05, BFH/NV 2006, 1692; vom 8. Februar 2007 IX B 107/06 und IX B 117/06, jeweils BFH/NV 2007, 1098, und vom 9. Mai 2007 IX B 7/07, BFH/NV 2007, 1473). Eine Abweichung hiervon rechtfertigende besondere Gründe, wie sie insbesondere vorliegen, wenn sich die aufgeworfenen Fragen noch für einen nicht überschaubaren Personenkreis in nicht absehbarer Zukunft weiterhin stellen können (BFH-Beschluss in BFH/NV 2007, 1098, Nr. 705), haben die Kläger in der Beschwerdebegründung nicht geltend gemacht (vgl. BFH-Beschluss vom 26. Januar 2007 II B 28/06, BFH/NV 2007, 992).

3. Divergenz

a) Zur schlüssigen Darlegung einer Divergenzrüge (§ 115 Abs. 2 Nr. 2 Alternative 2 FGO) gehört u.a. eine hinreichend genaue Bezeichnung der vermeintlichen Divergenzentscheidungen sowie die Gegenüberstellung tragender, abstrakter Rechtssätze aus dem angefochtenen Urteil des FG einerseits und aus den behaupteten Divergenzentscheidungen andererseits, um eine Abweichung erkennbar zu machen (BFH-Beschlüsse vom 21. August 2006 X B 154/05, BFH/NV 2006, 2285; vom 23. Januar 2007 VI B 17/06, BFH/NV 2007, 950, und vom 1. Februar 2007 III B 165/05, BFH/NV 2007, 954). Dabei müssen die Sachverhalte, über die entschieden worden ist, vergleichbar sein (BFH-Beschlüsse vom 15. September 2006 III B 197/05, BFH/NV 2007, 28, m.w.N., und vom 19. April 2007 III B 36/06, BFH/NV 2007, 1518). Die Revisionszulassung wegen Divergenz setzt zudem voraus, dass das Urteil des FG und die Entscheidungen, von denen das FG abgewichen sein soll, zu der gleichen rechtlichen Problematik ergangen sind (BFH-Beschlüsse vom 28. November 2006 VII B 97/06, BFH/NV 2007, 647, und vom 9. Mai 2007 X B 33/05, BFH/NV 2007, 1466).

b) Diesen Anforderungen genügt die Beschwerdebegründung nicht. Es fehlt an der Gegenüberstellung abstrakter Rechtssätze aus der Vorentscheidung einerseits und aus den von den Klägern angeführten Urteilen des Bundesgerichtshofs (BGH) vom 27. September 1976 II ZR 162/75 (BGHZ 67, 171) und vom 11. Juli 1994 II ZR 162/92 (BGHZ 127, 17) andererseits. Die Kläger bringen selbst nicht vor, dass sich der BGH in diesen Entscheidungen mit der Aufteilung des Einheitswerts des Betriebsvermögens auf die Gesellschafter einer KG befasst habe. Das ist im Übrigen auch nicht der Fall.

c) Die Revisionszulassung wegen Divergenz scheidet zudem regelmäßig aus, wenn es wie hier um eine überholte Rechtslage geht (BFH-Beschlüsse in BFH/NV 2006, 1692, und vom 30. Januar 2007 IV B 111/05, BFH/NV 2007, 1146). Auch dazu haben sich die Kläger nicht geäußert.

4. Unrichtigkeit der Vorentscheidung

Mit ihren Einwendungen gegen die Richtigkeit der Vorentscheidung machen die Kläger keinen Grund für die Zulassung der Revision geltend (vgl. z.B. BFH-Beschlüsse vom 14. September 2005 II B 135/04, BFH/NV 2006, 306; vom 16. November 2006 XI B 178/05, BFH/NV 2007, 477, und vom 22. Februar 2007 VI B 29/06, BFH/NV 2007, 969). Sie vertreten selbst nicht die Ansicht, dass die Vorentscheidung auf sachfremden Erwägungen beruhe und unter keinem denkbaren Gesichtspunkt rechtlich vertretbar und deshalb objektiv willkürlich oder greifbar gesetzwidrig sei und dass deshalb ein Grund für die Zulassung der Revision vorliege (vgl. z.B. BFH-Beschlüsse vom 13. Oktober 2003 IV B 85/02, BFHE 203, 404, BStBl II 2004, 25; vom 5. Juli 2005 VI B 150/04, BFH/NV 2005, 2025; vom 10. Februar 2005 IV B 62/03, BFH/NV 2005, 1319, und in BFH/NV 2007, 969).

Ende der Entscheidung

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