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Gericht: Bundesfinanzhof
Beschluss verkündet am 18.08.2004
Aktenzeichen: II B 99/03
Rechtsgebiete: GrEStG, FGO


Vorschriften:

GrEStG § 8 Abs. 1
GrEStG § 9
FGO § 116 Abs. 3 Satz 3
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Gründe:

I. Aufgrund notariell beurkundeten Kaufvertrages vom 19. Oktober 2000 erwarben die Kläger und Beschwerdeführer (Kläger) als Miteigentümer je zur Hälfte ein Grundstück in der Gemarkung ... zum Preis von 800 000 DM. Bei Abschluss des Vertrages war das Grundstück verpachtet und der Pächter in den Vertrag eingebunden. Der Besitz sowie die Nutzungen und Lasten sollten am Tag der vollständigen Kaufpreiszahlung --vereinbarter Zahlungstermin: 30. November 2000-- auf die Kläger übergehen. Das Grundstück war den Klägern an diesem Tag --mit Ausnahme des erwähnten Pachtverhältnisses-- frei von Nutzungsrechten Dritter zu übergeben.

In einer weiteren Vertragsbestimmung hoben die Kläger, die Verkäufer und der Pächter das Pachtverhältnis zum 5. März 2001 auf. Die Kläger verpflichteten sich, dem Pächter bis zum 5. Dezember 2000 einen Betrag von 100 000 DM zu zahlen; die Verkäufer verpflichteten sich für den Fall einer Rückabwicklung des Kaufvertrages, den Klägern diesen Betrag zu erstatten. Zur Sicherung des etwaigen Erstattungsanspruchs verpflichteten sie sich ferner, zugunsten der Kläger eine Sicherungshypothek über 120 000 DM auf dem Grundstück zu bestellen.

Durch getrennte Bescheide vom 30. November 2000 setzte der Beklagte und Beschwerdegegner (das Finanzamt --FA--) gegen die Kläger eine Grunderwerbsteuer von jeweils 15 750 DM fest. Dabei war die Zahlung an den Pächter in die Bemessungsgrundlage einbezogen. Einspruch und Klage, mit denen sich die Kläger gegen die Einbeziehung dieser Zahlung an den Pächter wandten, blieben erfolglos. Das Finanzgericht (FG) war der Ansicht, die Kläger hätten das Grundstück auch frei von den Rechten des Pächters erworben. Zwar hätten sie die Pachtentschädigung nicht an die Verkäufer unmittelbar gezahlt; die Entschädigung sei aber unter Beteiligung der Verkäufer vereinbart worden. Daher hätte der Pächter mit der Räumung des Grundstücks die Übergabeverpflichtung der Verkäufer erfüllt.

Mit der Beschwerde wegen Nichtzulassung der Revision machen die Kläger geltend, der Sache komme grundsätzliche Bedeutung wegen der Frage zu, ob Zahlungen, die der Erwerber nach dem Erwerb eines Grundstücks an den das Grundstück nutzenden Pächter als Entschädigung für die Räumung des Grundstücks leistet, zur Gegenleistung i.S. des § 8 Abs. 1 i.V.m. § 9 des Grunderwerbsteuergesetzes (GrEStG) gehören. Eine Revisionsentscheidung über diese Rechtsfrage sei auch zur Fortbildung des Rechts erforderlich. Darüber hinaus rügen die Kläger, die Vorentscheidung weiche von dem Urteil des Reichsfinanzhofs (RFH) vom 20. März 1923 II A 49/23 (RFHE 12, 21) ab. Außerdem sei dem FG ein Verfahrensfehler unterlaufen, indem es fälschlich angenommen habe, für sie, die Kläger, sei der Erwerb des Grundstücks nur bei einem weichenden Pächter sinnvoll gewesen.

II. Die Beschwerde ist unbegründet.

1. Der von den Klägern aufgeworfenen Rechtsfrage kommt keine grundsätzliche Bedeutung zu. Sie ist bereits durch die Rechtsprechung des RFH geklärt. Mit dem Urteil in RFHE 12, 21 hat der RFH die Grundsätze herausgearbeitet, nach denen die Frage zu entscheiden ist. Maßgeblich ist danach, ob nach dem Willen der Vertragspartner Gegenstand des Kaufvertrages ein mietfreies Grundstück oder ein vermietetes Grundstück gewesen ist. Für die Feststellung, ob das eine oder das andere gewollt war, ist insbesondere auf den Willen des Erwerbers abzustellen. War der Wille des Erwerbers auf den Erhalt eines mietfreien Grundstücks gerichtet, spricht dies dafür, dass das Grundstück auch in diesem Zustand Vertragsgegenstand geworden ist. Mit Urteil vom 11. Februar 1927 II A 586/27 (Mrozek, Steuerrechtsprechung in Karteiform, Grunderwerbsteuergesetz, § 12 Abs. 2 Satz 1, Rechtsspruch 24) führt der RFH ergänzend aus, dass zu unterscheiden ist, ob die Entschädigung für das Mietfreimachen des Grundstücks an den Verkäufer oder an den Mieter als Dritten gezahlt wird. Geht es dabei um die Beurteilung einer Entschädigung, die unmittelbar an den Mieter als Dritten gezahlt wird, und erfolgt die Zahlung aufgrund einer Vereinbarung zwischen dem Erwerber und dem Dritten, an der der Verkäufer nicht beteiligt ist, kann die Entschädigung nicht der Gegenleistung zugerechnet werden. Ist der Verkäufer aber an der Vereinbarung mit dem Dritten über die Entschädigung dergestalt beteiligt, dass die Entschädigung dem Dritten zugunsten des Veräußerers zufließt, ist sie Teil der Gegenleistung (vgl. Sack in Boruttau, Grunderwerbsteuergesetz, Kommentar, 15. Aufl. 2002, § 9 Anm. 328). Die Frage, wie der Streitfall gemäß diesen Grundsätzen zu entscheiden ist, ist eine Frage der zutreffenden Rechtsanwendung im Einzelfall und als solche ohne grundsätzliche Bedeutung. Eine Revisionsentscheidung über den Streitfall ist zur Fortbildung des Rechts nicht erforderlich.

2. Die gerügte Abweichung der Vorentscheidung von dem Urteil des RFH in RFHE 12, 21 ist nicht schlüssig dargelegt. Es fehlt insoweit an einer Gegenüberstellung voneinander abweichender abstrakter Rechtssätze des RFH und des FG.

3. Auch die Rüge mangelnder Sachaufklärung (§ 76 Abs. 1 der Finanzgerichtsordnung --FGO--) greift nicht durch. Die Aussage des FG, wonach das Grundstück frei von den Rechten des Pächters Erwerbsgegenstand gewesen sei, stellt nicht die Feststellung einer Tatsache, sondern eine rechtliche Würdigung dar, in die u.a. eingeflossen ist, dass die Verkäufer bei einer Rückabwicklung des Grundstückskaufvertrages verpflichtet waren, den Klägern die dem Pächter gezahlte Entschädigung zu erstatten.

4. Soweit die Kläger hinsichtlich der Aussage des FG, die Kläger hätten das Grundstück selbst nutzen wollen und deshalb sei nur der Erwerb des Grundstücks im mietfreien Zustand sinnvoll gewesen, eine Verletzung ihres Rechts auf Gehör (§ 96 Abs. 2 FGO, Art. 103 Abs. 1 des Grundgesetzes) rügen, fehlt es an der nach § 116 Abs. 3 Satz 3 FGO erforderlichen Begründung. Zur Begründung dieser Rüge wären der durch das verfahrensfehlerhafte Verhalten des FG angeblich abgeschnittene Sachvortrag, die unterbliebenen Nachweise sowie die Entscheidungserheblichkeit darzulegen gewesen (vgl. Beschluss des Bundesfinanzhofs vom 1. Juli 2003 III B 94/02, BFH/NV 2003, 1591). Dies ist nicht geschehen. Insbesondere reicht es nicht aus, lediglich das Gegenteil zu behaupten. Vielmehr hätten auch die für das Gegenteil sprechenden (Hilfs-)Tatsachen und ggf. deren Nachweise benannt werden müssen.

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