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Gericht: Bundesfinanzhof
Urteil verkündet am 02.08.2006
Aktenzeichen: II R 23/05
Rechtsgebiete: GrEStG


Vorschriften:

GrEStG § 1 Abs. 3 Nr. 1 a.F.
GrEStG § 1 Abs. 3 Nr. 1 Alternative 1
GrEStG § 1 Abs. 3 Nr. 1 Alternative 2
GrEStG § 1 Abs. 4 Nr. 2 Buchst. b
GrEStG § 13 Nr. 5
GrEStG § 13 Nr. 5 Buchst. a
GrEStG § 13 Nr. 5 Buchst. b
GrEStG § 17 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Gründe:

I. Die Klägerin und Revisionsklägerin (Klägerin) ist die Rechtsnachfolgerin der P-GmbH, deren sämtliche Anteile die P-Company, eine in den USA ansässige Gesellschaft, mit Vertrag vom 20. Dezember 1995 erworben hat.

Die P-GmbH ihrerseits erwarb mit Vertrag vom 21. Dezember 1995 die Kommanditanteile an der grundbesitzenden A-KG und 98 v.H. der Anteile an der B-GmbH, der einzigen persönlich haftenden Gesellschafterin der KG. Die übrigen Anteile an der B-GmbH erwarb die P-Corporation, USA. Die KG hielt u.a. alle Anteile an der grundbesitzenden E-GmbH.

Der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt --FA--) war der Auffassung, der Vertrag vom 21. Dezember 1995 habe auf die teils unmittelbare, teils durch die B-GmbH als von der P-GmbH abhängiges Unternehmen vermittelte Vereinigung aller Anteile an der KG und der E-GmbH in der Hand der P-GmbH abgezielt und unterliege deshalb nach § 1 Abs. 3 Nr. 1 Alternative 2 i.V.m. § 1 Abs. 4 Nr. 2 Buchst. b des Grunderwerbsteuergesetzes (GrEStG) der Grunderwerbsteuer. Das FA stellte daher mit Bescheid vom 21. September 1999 die Besteuerungsgrundlagen für die Grunderwerbsteuer gegenüber der P-GmbH gesondert fest.

Einspruch und Klage blieben erfolglos. Das Finanzgericht (FG) führte zur Begründung seines in Entscheidungen der Finanzgerichte (EFG) 2004, 1078 abgedruckten Urteils aus, die B-GmbH sei kein von der P-GmbH abhängiges Unternehmen gewesen. Es habe u.a. an der wirtschaftlichen Eingliederung gefehlt, da es nach dem unwidersprochenen Vortrag der P-GmbH bis jetzt keinerlei gemeinsame wirtschaftliche Betätigungen der beiden Unternehmen gegeben habe. Das FA habe den Feststellungsbescheid aber deshalb zu Recht erlassen, weil die P-Corporation jene 2 v.H. der Anteile an der B-GmbH als Treuhänderin für die P-Company erworben habe und deshalb sämtliche Anteile an der KG und der E-GmbH mittelbar in der Hand der P-Company vereinigt worden seien. Die P-GmbH sei für diesen Erwerb nach § 13 Nr. 5 Buchst. b GrEStG neben der P-Company Steuerschuldnerin. Sie sei zwar keine Organtochter dieses Unternehmens, mit ihm aber aufgrund dessen Stellung als ihr Alleingesellschafter noch enger als ein abhängiges Unternehmen verbunden.

Mit der Revision wendet sich die Klägerin gegen diese Auffassung und rügt Verletzung des § 13 Nr. 5 GrEStG.

Die Klägerin beantragt, die Vorentscheidung und den Feststellungsbescheid vom 21. September 1999 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 27. Juli 2000 aufzuheben.

Das FA beantragt, die Revision als unbegründet zurückzuweisen.

II. Die Revision ist begründet. Sie führt zur Aufhebung der Vorentscheidung und des angefochtenen Feststellungsbescheids in Gestalt der Einspruchsentscheidung (§ 126 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 der Finanzgerichtsordnung --FGO--). Eine gesonderte Feststellung der Besteuerungsgrundlagen für die Grunderwerbsteuer gemäß § 17 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 GrEStG gegenüber der P-GmbH ist nicht veranlasst. Der Abschluss des Vertrags vom 21. Dezember 1995 begründete keine Grunderwerbsteuerschuld der P-GmbH.

1. Das FG ist zutreffend davon ausgegangen, dass der Vertrag keine unmittelbare oder mittelbare Vereinigung aller Anteile an der KG und der E-GmbH in der Hand der P-GmbH i.S. des § 1 Abs. 3 Nr. 1 Alternative 1 GrEStG in der für 1995 geltenden Fassung (GrEStG a.F.) bewirkte, weil die B-GmbH jedenfalls wegen Fehlens der erforderlichen wirtschaftlichen Eingliederung kein von der P-GmbH abhängiges Unternehmen gemäß § 1 Abs. 3 Nr. 1 Alternative 2 GrEStG a.F. i.V.m. § 1 Abs. 4 Nr. 2 Buchst. b GrEStG war (zu den Anforderungen an eine wirtschaftliche Eingliederung vgl. Urteile des Bundesfinanzhofs --BFH-- vom 25. Juni 1998 V R 76/97, BFH/NV 1998, 1534; vom 3. April 2003 V R 63/01, BFHE 202, 79, BStBl II 2004, 434, und vom 19. Mai 2005 V R 31/03, BFHE 210, 167, BStBl II 2005, 671, jeweils zu § 2 Abs. 2 Nr. 2 Satz 1 des Umsatzsteuergesetzes; BFH-Urteil vom 22. April 1998 I R 132/97, BFHE 186, 203, BStBl II 1998, 687, zu § 14 Nr. 2 Satz 1 des Körperschaftsteuergesetzes in der vor der Änderung durch das Gesetz vom 23. Oktober 2000, BGBl I, 1433, geltenden Fassung). Das FA hat keine Einwendungen gegen diese Auffassung des FG erhoben.

2. Das FG hat aber zu Unrecht angenommen, dass die Klägerin nach § 13 Nr. 5 Buchst. b GrEStG Grunderwerbsteuer schulde, weil der Vertrag vom 21. Dezember 1995 auf eine Vereinigung aller Anteile an der KG und der E-GmbH in der Hand der P-Company gerichtet gewesen sei.

Es trifft zwar zu, dass eine mittelbare Anteilsvereinigung über einen Treuhänder erfolgen kann (BFH-Urteil vom 8. August 2001 II R 66/98, BFHE 195, 427, BStBl II 2002, 156) und dass auch der Anteilserwerb durch ausländische Erwerber nach Maßgabe des § 1 Abs. 3 Nr. 1 Alternative 1 GrEStG der Grunderwerbsteuer unterliegt, soweit von dem Vorgang inländische Grundstücke betroffen sind (BFH-Urteil vom 5. November 2002 II R 23/00, BFH/NV 2003, 505). Bei einer Vereinigung aller Anteile einer Gesellschaft in der Hand des Erwerbers bzw. einem darauf abzielenden Rechtsgeschäft ist aber nach § 13 Nr. 5 Buchst. a GrEStG allein der Erwerber Steuerschuldner. Gesellschaften, die lediglich die (mittelbare) Anteilsvereinigung vermitteln, sind nicht Steuerschuldner. Die vom FG herangezogene Vorschrift des § 13 Nr. 5 Buchst. b GrEStG betrifft nach ihrem Wortlaut nur Fälle, bei denen sich alle Anteile einer Gesellschaft in der Hand mehrerer Unternehmen oder Personen vereinigen. Diese Vorschrift bezieht sich ersichtlich auf die Alternativen 2 und 3 des § 1 Abs. 3 Nr. 1 GrEStG a.F., die solche Rechtsgeschäfte betreffen, die auf die Vereinigung aller Anteile an einer Gesellschaft in der Hand von herrschenden und abhängigen Unternehmen oder abhängigen Personen oder in der Hand von abhängigen Unternehmen oder abhängigen Personen allein gerichtet sind. Diese vom Gesetzgeber in § 13 Nr. 5 GrEStG getroffene Differenzierung zwischen den verschiedenen Fallgruppen mittelbarer Anteilsvereinigung ist für die Verwaltung und die Gerichte verbindlich (Art. 20 Abs. 3 des Grundgesetzes --GG-- und für die Gerichte ergänzend Art. 97 Abs. 1 GG; Hofmann, Grunderwerbsteuergesetz, Kommentar, 8. Aufl., § 13 Rdnr. 17; Pahlke/Franz, Grunderwerbsteuergesetz, Kommentar, 3. Aufl., § 13 Rdnr. 19; Viskorf in Boruttau, Grunderwerbsteuergesetz, 15. Aufl., § 13 Rdnr. 41 f.). Die Auffassung des FG liefe auf eine entsprechende Anwendung des § 13 Nr. 5 Buchst. b GrEStG auf Fälle einer mittelbaren Anteilsvereinigung in der Hand eines Erwerbers i.S. des § 1 Abs. 3 Nr. 1 Alternative 1 GrEStG hinaus. Eine solche entsprechende Anwendung scheidet im Hinblick auf die dafür getroffene Regelung der Steuerschuldnerschaft in § 13 Nr. 5 Buchst. a GrEStG wegen Fehlens einer Lücke im Gesetz aus.

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