Judicialis Rechtsprechung

Mit der integrierten Volltextsuche, die vom Suchmaschinenhersteller "Google" zur Verfügung gestellt wird, lassen sich alle Entscheidungen durchsuchen. Dabei können Sie Sonderzeichen und spezielle Wörter verwenden, um genauere Suchergebnisse zu erhalten:

Zurück

Beginn der Entscheidung

Gericht: Bundesfinanzhof
Urteil verkündet am 27.01.1999
Aktenzeichen: II R 81/96
Rechtsgebiete: EStG, BewG, AO 1977, FGO


Vorschriften:

EStG § 4 Abs. 3
BewG § 118 Abs. 1 Nr. 1 Satz 2
BewG § 105 Abs. 1
BewG § 118 Abs. 1 Nr. 1 a.F.
BewG § 103 Abs. 1
BewG § 103
BewG § 105
BewG § 118
AO 1977 § 153 Abs. 1
AO 1977 § 268
FGO § 126 Abs. 2
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Gründe

I. Die Kläger und Revisionskläger (Kläger) wurden als Eheleute zusammen mit ihrer Tochter zur Vermögensteuer veranlagt. Der Kläger ist selbständig tätig, er ermittelt seinen Gewinn gemäß § 4 Abs. 3 des Einkommensteuergesetzes. Bei einer ursprünglich für die Veranlagungszeiträume 1987 bis 1989 und die Stichtage 1. Januar 1988 bis 1990 angeordneten Außenprüfung, mit der Anfang 1991 begonnen worden war, ergaben sich Gründe, die Prüfung um die Jahre 1985 und 1986 bzw. die Stichtage 1. Januar 1986 und 1987 zu erweitern. Dies veranlaßte den Kläger ebenfalls im Jahre 1991 noch vor Anordnung der Prüfungserweiterung zu der Selbstanzeige, von 1981 bis 1989 in näher bezifferter Höhe die Betriebseinnahmen aus seiner selbständigen Tätigkeit und die Einkünfte aus Kapitalvermögen sowie das Kapitalvermögen als solches nicht vollständig erklärt zu haben, und zur Nachentrichtung der sich daraus für die Jahre 1981 bis 1986 ergebenden Einkommensteuern. Die schließlich für die Jahre 1985 bis 1989 durchgeführte Außenprüfung ergab über diese vorsätzlich unterlassenen Angaben hinaus auch steuerstrafrechtlich nicht relevante Beanstandungen.

Mit den noch streitbefangenen Vermögensteuerbescheiden auf den 1. Januar 1983, 1984, 1986, 1988 und 1989 vom 7. bzw. 22. Mai 1991 berücksichtigte der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt --FA--) die sich aus der Selbstanzeige und der Außenprüfung ergebenden und zu den jeweiligen Stichtagen bereits entstandenen Einkommen- und Vermögensteuerschulden bei der Ermittlung des Gesamtvermögens nicht. Mit Bescheiden vom 22. Mai 1991 lehnte er es überdies ab, wegen dieser Steuerschulden eine Neuveranlagung auf den 1. Januar 1987 und 1990 durchzuführen. Die nach vergeblichen Einsprüchen gegen die Steuerbescheide sowie wegen der verweigerten Neuveranlagungen erhobene Klage, mit der die Kläger auf einem Abzug dieser Steuerschulden bestanden, hatte teilweise Erfolg. Das Urteil des Finanzgerichts (FG) ist in Entscheidungen der Finanzgerichte 1996, 1252 veröffentlicht. Durch Änderung der Bescheide auf den 1. Januar 1983 und 1984 wurde die Vermögensteuer für 1983 und 1984 auf ... DM bzw. ... DM herabgesetzt. Durch Änderung des Bescheides auf den 1. Januar 1986 minderte sich die Vermögensteuer für 1986 und 1987 auf jeweils ... DM. Durch Änderung der Bescheide auf den 1. Januar 1988 und 1989 ermäßigte sich die Vermögensteuer auf ... DM bzw. ... DM. Darüber hinaus verpflichtete das FG die Behörde, eine Neuveranlagung auf den 1. Januar 1990 vorzunehmen. Der Teilerfolg der Klage beruhte bezüglich des Bescheides auf den 1. Januar 1983 auf einem geringeren Betriebsvermögen und ansonsten darauf, daß das FG den Abzug der Einkommensteuerschulden insoweit zuließ, als sie auf die steuerstrafrechtlich unbeachtlichen Prüfungsbeanstandungen zurückgingen. Im übrigen --und damit auch hinsichtlich der beantragten Neuveranlagung auf den 1. Januar 1987-- wies das FG die Klage mit der Begründung ab, daß die hinterzogenen Einkommen- und Vermögensteuern zu den jeweiligen Stichtagen noch keine wirtschaftliche Belastung der Kläger dargestellt hätten. Während des anschließenden Revisionsverfahrens hat das FA die Neuveranlagung auf den 1. Januar 1990 durchgeführt und durch Bescheid vom 3. Dezember 1996 die Vermögensteuer auf ... DM festgesetzt. Die Kläger haben den Bescheid zum Gegenstand des Verfahrens gemacht.

Mit der vom FG zugelassenen Revision rügen die Kläger fehlerhafte Anwendung der §§ 118 Abs. 1 Nr. 1 Satz 2, 105 Abs. 1 des Bewertungsgesetzes (BewG) in der bis zum Steueränderungsgesetz 1992 (BGBl I, 297, BStBl I 1992, 146) geltenden Fassung (BewG a.F.) sowie einen Verstoß gegen die Art. 3, 20 Abs. 3 und 103 Abs. 3 des Grundgesetzes (GG). Sie tragen vor, gemäß den §§ 118 Abs. 1 Nr. 1 Satz 2, 105 Abs. 1 BewG a.F. sei der Abzug am Stichtag bereits entstandener bzw. fälliger Steuerschulden ausdrücklich vorgeschrieben. Daran seien Behörden und Gerichte gebunden. Zudem sei es willkürlich, das nicht erklärte Aktivvermögen zu erfassen, die damit zusammenhängenden Steuerschulden jedoch nicht. Soweit der Bundesfinanzhof (BFH) bisher den Abzug hinterzogener Steuern versagt habe, habe es sich um betriebliche Steuerschulden gehandelt. Ob diese Rechtsprechung zutreffend sei, könne auf sich beruhen. Sie sei jedenfalls nicht auf private Steuerschulden übertragbar. Das Gesamtvermögen sei nach objektiven Gesichtspunkten zu ermitteln. Deshalb sei es verfehlt, auf die Vorstellungen des Steuerpflichtigen von der Wahrscheinlichkeit einer Aufdeckung der Steuerhinterziehung sowie darauf abzustellen, ob der Steuerpflichtige vorsätzlich oder nur leichtfertig gehandelt habe. Letzteres stehe überdies am jeweiligen Stichtag noch nicht fest. Ob eine Steuer hinterzogen werde, entscheide sich erst mit der Abgabe der Steuererklärung, bei Ablauf der Erklärungsfrist oder zu dem Zeitpunkt, in dem gemäß § 153 Abs. 1 der Abgabenordnung (AO 1977) eine Berichtigung vorzunehmen wäre. Entscheide sich der Steuerpflichtige erst nach dem Stichtag dafür, die entstandene Steuer zu hinterziehen, stelle es einen Fehlschluß dar, die wirtschaftliche Belastung zum Stichtag zu verneinen. Darin liege eine Berücksichtigung späterer Ereignisse. Auch verletze es den Gleichheitssatz gemäß Art. 3 GG, den Abzug der Steuerschulden bei leichtfertiger Verkürzung zu gewähren, bei Steuerhinterziehung aber zu versagen. Darüber hinaus sei das Verbot einer zweifachen Bestrafung gemäß Art. 103 Abs. 3 GG berührt, weil die Versagung des Abzugs eine zweite Sanktion darstelle.

Die Kläger beantragen, unter Aufhebung der Vorentscheidung

1. die Vermögensteuerbescheide auf den 1. Januar 1983 vom 7. Mai 1991, auf den 1. Januar 1984 vom 22. Mai 1991, auf den 1. Januar 1986 vom 7. Mai 1991, auf den 1. Januar 1988 vom 22. Mai 1991 und auf den 1. Januar 1989 vom 7. Mai 1991 --sämtlich in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 26. Mai 1992-- sowie den Vermögensteuerbescheid auf den 1. Januar 1990 vom 3. Dezember 1996 dergestalt zu ändern, daß zusätzliche Steuerschulden von ... DM zum 1. Januar 1983, ... DM zum 1. Januar 1984, ... DM zum 1. Januar 1986, ... DM zum 1. Januar 1988, ... DM zum 1. Januar 1989 sowie ... DM zum 1. Januar 1990 berücksichtigt werden, und

2. den Ablehnungsbescheid vom 22. Mai 1991 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 26. März 1992 aufzuheben und das FA zu verpflichten, auf den 1. Januar 1987 eine Neuveranlagung zur Vermögensteuer mit der Maßgabe durchzuführen, daß zusätzliche Steuerschulden von ... DM berücksichtigt werden.

Das FA beantragt, die Revision zurückzuweisen.

II. Die Revision ist unbegründet und daher zurückzuweisen (§ 126 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung --FGO--). Hinsichtlich der hinterzogenen Einkommen- und Vermögensteuern liegen keine nach § 118 Abs. 1 Nr. 1 BewG a.F. abziehbaren Steuerschulden vor.

1. Gemäß § 118 Abs. 1 Nr. 1 BewG a.F. sind bei der Ermittlung des Gesamtvermögens Schulden, soweit sie nicht mit einem gewerblichen Betrieb im Zusammenhang stehen, abzuziehen. Betriebsschulden sind gemäß § 103 Abs. 1 BewG a.F. bereits bei der Feststellung des Einheitswerts des Betriebsvermögens zu berücksichtigen und gehen gemäß § 114 Abs. 3 des Gesetzes über diesen als Passivposten in das Gesamtvermögen ein. Abgesehen von dieser Besonderheit der Betriebsschulden besteht bewertungsrechtlich bezüglich der Abziehbarkeit zwischen betrieblichen und privaten Schulden grundsätzlich kein Unterschied (vgl. Rössler/Troll, Bewertungsgesetz und Vermögensteuergesetz, Kommentar, 15. Aufl. 1989, § 118 BewG Anm. 4). Für beide Schulden gilt, daß sie --sei es zur Ermittlung des Gesamtvermögens oder des Betriebsvermögens-- nur abgezogen werden können, wenn sie zum einen am maßgeblichen Stichtag rechtlich bereits entstanden und noch nicht erloschen sind und zum anderen eine wirtschaftliche Belastung darstellen (BFH-Urteile vom 5. November 1954 III 9/54 S, BFHE 59, 447, BStBl III 1954, 381; vom 3. April 1959 III 353/57 S, BFHE 69, 97, BStBl III 1959, 300; vom 7. Mai 1971 III R 53/70, BFHE 102, 553, BStBl II 1971, 681, sowie vom 8. Dezember 1993 II R 118/89, BFHE 173, 82, BStBl II 1994, 216). Solch eine Belastung ist anzunehmen, wenn der Steuerpflichtige als Schuldner am maßgeblichen Stichtag damit rechnen konnte, daß der Gläubiger die Forderung gegen ihn geltend machen werde (Urteil des BFH vom 12. Dezember 1975 III R 32/74, BFHE 117, 497, BStBl II 1976, 209).

Wegen der gleichen Abzugsvoraussetzungen sind Aussagen der Rechtsprechung zur wirtschaftlichen Belastung durch betriebliche Schulden ohne weiteres auf private Schulden übertragbar. Das gilt auch für Aussagen zur wirtschaftlichen Belastung durch betriebliche Steuerschulden. Dem steht die Sonderregelung für Steuerschulden in § 105 Abs. 1 BewG nicht entgegen. Sie erfaßt wegen der Verweisung in § 118 Abs. 1 Nr. 1 Satz 2 des Gesetzes private Steuerschulden gleichermaßen und läßt ohnehin das allgemeine Abzugserfordernis der wirtschaftlichen Belastung zum maßgeblichen Stichtag unberührt. Demgemäß nimmt die Entscheidung in BFHE 102, 553, BStBl II 1971, 681 im Zusammenhang mit der Abziehbarkeit einer Einkommensteuerschuld --also einer privaten Verbindlichkeit-- einschränkungslos auf die Rechtsprechung zu "vorsätzlich verkürzten Steuern" Bezug.

2. Nach ständiger Rechtsprechung des Reichsfinanzhofs und des BFH sind vorsätzlich verkürzte Steuern an Stichtagen vor Aufdeckung der Steuerhinterziehung grundsätzlich nicht abziehbar (vgl. BFHE 173, 82, BStBl II 1994, 216, m.w.N.). Begründet wird dies damit, daß es bei verständiger Würdigung der Verhältnisse an der wirtschaftlichen Belastung fehle, weil der hinterziehende Steuerpflichtige nicht mit einer Inanspruchnahme rechne. An dieser Rechtsprechung hält der Senat fest. Soweit er mit Urteil vom 28. Juni 1995 II R 37/92 (BFH/NV 1996, 106) im Rahmen einer Anteilsbewertung den Abzug solcher Steuern zugelassen hat, die sich aus einer nach dem Stichtag aufgedeckten verdeckten Gewinnausschüttung ergeben, handelt es sich um einen anderen Sachverhalt. Bei der Feststellung des gemeinen Werts der Anteile an Kapitalgesellschaften kommt es auf den objektiven Wert an.

a) Der Wortlaut des § 105 Abs. 1 BewG a.F. steht der Rechtsprechung nicht entgegen. Die Vorschrift befaßt sich lediglich damit, welche Steuerschulden überhaupt für einen Abzug in Betracht kommen und damit im Sinne der ersten Abzugsvoraussetzung, wonach die einzelne Schuld rechtlich entstanden sein muß, als zum Stichtag bereits bestehende Schulden zu behandeln sind. Das weitere Abzugserfordernis der wirtschaftlichen Belastung bleibt unberührt.

b) Auch der Einwand der Kläger, ob eine Steuer hinterzogen werden solle, entscheide sich regelmäßig erst nach ihrer Entstehung bzw. nach dem Ablauf des jeweiligen Erhebungszeitraums und damit nach dem maßgeblichen Stichtag, greift im Streitfall schon deshalb nicht durch, weil die vorsätzlichen Steuerverkürzungen bereits während des Veranlagungs- oder Erhebungszeitraums durch Verstoß gegen die Aufzeichnungspflichten vorbereitet worden sind. Wie vom FG durch Bezugnahme auf den Prüfungsbericht festgestellt, hat der Kläger entgegen seinen Verpflichtungen aus § 22 des Umsatzsteuergesetzes seine Entgelte und damit seine Betriebseinnahmen (vgl. dazu Biergans, Einkommensteuer- und Steuerbilanz, 5. Aufl. 1990, S. 631) bewußt unvollständig aufgezeichnet. Er hat damit den Entschluß zur Steuerhinterziehung nicht erst bei Abgabe der Steuererklärung oder bei Ablauf der Erklärungsfrist, sondern schon während des Veranlagungs- bzw. Erhebungszeitraums gefaßt. Zu den späteren Zeitpunkten entschied sich allenfalls, ob die Absicht, Steuern zu verkürzen, aufgegeben werden sollte. Da dies nicht geschehen ist, kann schon für die zwischenzeitlichen Bewertungsstichtage ohne Verstoß gegen das Stichtagsprinzip vom Vorsatz zur Steuerverkürzung ausgegangen werden.

c) Der Ausschluß hinterzogener Steuern vom Abzug als betriebliche oder private Schulden verletzt nicht Art. 3 GG. Die Tatsache, daß leichtfertig verkürzte Steuern als Schulden abgezogen werden können, hinterzogene Steuern jedoch nicht, verstößt nicht gegen das Gleichbehandlungsgebot, weil es sich um Sachverhalte handelt, die sich in einem für den vorliegenden Regelungsbereich wesentlichen Punkt unterscheiden (vgl. zu einer sachverhaltsbezogenen Ungleichbehandlung: Beschluß des Bundesverfassungsgerichts --BVerfG-- vom 11. Juni 1991 1 BvR 538/90, BVerfGE 84, 197). Anders als der Steuerpflichtige, der eine leichtfertige Steuerverkürzung begangen hat, weiß der Hinterzieher schon zum maßgeblichen Stichtag von der geschuldeten Steuer zumindest dem Grunde nach und will, daß sie nicht festgesetzt wird. Das Wissen des Steuerpflichtigen um die konkrete Steuerschuld ist die Voraussetzung dafür, sich über die Möglichkeit einer Inanspruchnahme Gedanken zu machen und dabei die Möglichkeit so gering einzuschätzen, daß die Schuld nicht als wirtschaftliche Belastung gewertet wird. Demgegenüber entspricht die Verpflichtung zur Zahlung leichtfertig verkürzter Steuern unter dem Gesichtspunkt der wirtschaftlichen Belastung den Steuernachzahlungen, mit denen ein Steuerpflichtiger etwa aufgrund einer Außenprüfung oder einer anderen Beurteilung durch das FA immer rechnen kann (vgl. BFHE 173, 82, BStBl II 1994, 216). Auch bei leichtfertiger Steuerverkürzung will der Steuerpflichtige die Festsetzung zu niedriger Steuern nicht; sein Handeln zielt nicht darauf ab, die steuerliche Belastung zu vermeiden.

d) Die Tatsache, daß der Kläger als derjenige, der die Einkommen- und Vermögensteuern hinterzogen hat, durch die angefochtenen bzw. erstrebten Vermögensteuerbescheide mit seiner Ehefrau und Tochter zusammenveranlagt worden ist bzw. werden soll und diese Personen keinen Hinterziehungsvorsatz hatten, führt zu keiner anderen Beurteilung der wirtschaftlichen Belastung durch die betroffenen Steuerschulden. In die Vermögensermittlung für die Zusammenveranlagung zur Vermögensteuer auf die streitigen Stichtage vor Aufdeckung der Steuerhinterziehung gehen die Steuerschulden als Steuern ein, die bereits in der Zeit vor den Stichtagen hinterzogen worden sind oder deren Hinterziehung --wie bei den an den jeweiligen Stichtagen noch nicht veranlagten Einkommensteuern für bereits abgeschlossene Veranlagungszeiträume (§ 105 Abs. 1 Nr. 2 BewG a.F.)-- vorbereitet worden ist. Damit haben auch die anderen an der Zusammenveranlagung beteiligten Personen die Steuerschulden als hinterzogene Steuern hinzunehmen, ohne sich darauf berufen zu können, hinsichtlich der wirtschaftlichen Belastung wie jeder andere Steuerpflichtige behandelt zu werden, der am maßgeblichen Stichtag von seinen Steuerschulden noch nichts wußte. Der dadurch bedingten Belastung können sie sich gegebenenfalls gegenüber dem Steuergläubiger durch einen Antrag auf Aufteilung gemäß § 268 AO 1977 entziehen. Daneben bestehen im Innenverhältnis zwischen den Gesamtschuldnern die Ansprüche gemäß § 426 Abs. 1 Satz 1 des Bürgerlichen Gesetzbuches (vgl. dazu Sonnenschein, Neue Juristische Wochenschrift 1980, 257).

e) Darin, daß wegen hinterzogener Steuern an Stichtagen vor Aufdeckung der Hinterziehung kein Schuldabzug möglich ist, liegt kein Verstoß gegen Art. 103 Abs. 3 GG. Die in diesem Sinne ausgelegten Vorschriften der §§ 103, 105 und 118 BewG a.F. stellen keine allgemeinen Strafgesetze i.S. des Art. 103 Abs. 3 GG dar. Inwieweit über ein Verbot der Mehrfachbestrafung aufgrund allgemeiner Strafgesetze hinaus sich ein Verbot mehrfacher Sanktionierung eines bestimmten Tuns auch aus dem Rechtsstaatsprinzip des Art. 20 GG ergibt (vgl. Beschluß des BVerfG vom 26. Mai 1970 1 BvR 668, 710/68 und 337/69, BVerfGE 28, 264), kann auf sich beruhen, weil die Versagung des Schuldabzugs bezüglich hinterzogener Steuern keine Sanktion in diesem Sinne darstellt. Sie ist vielmehr Folge der mit dem Stichtagsprinzip verbundenen statischen Betrachtungsweise. An den jeweiligen Stichtagen verfügten die Kläger zwar auf der einen Seite über die schwarz eingenommenen Gelder und das damit angesammelte Kapitalvermögen, was deren Ansatz bei der Ermittlung des Gesamtvermögens erfordert, rechneten aber andererseits nicht mit einer Zahlung der hinterzogenen Steuern, so daß die Steuerschulden nicht als wirtschaftliche Belastung gelten können. Diese Beurteilung zu den jeweiligen Stichtagen ist auch durch die Selbstanzeige nicht rückwirkend beseitigt worden (entgegen Niemann in Der Betrieb 1993, 1444, 1447).

Ende der Entscheidung

Zurück