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Gericht: Bundesfinanzhof
Beschluss verkündet am 29.05.2000
Aktenzeichen: III B 11/00
Rechtsgebiete: FGO, InvZulG 1996, BFHEntlG


Vorschriften:

FGO § 115 Abs. 2 Nr. 1
InvZulG 1996 § 6 Abs. 2
BFHEntlG Art. 1 Nr. 6
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Gründe

Die Beschwerde ist unzulässig. Sie ist durch Beschluss zu verwerfen (§ 132 der Finanzgerichtsordnung --FGO--). Sie legt die behauptete grundsätzliche Bedeutung der aufgeworfenen Rechtsfragen nicht entsprechend den gesetzlichen Anforderungen dar (§ 115 Abs. 2 Nr. 1, Abs. 3 Satz 3 FGO).

1. a) Eine Rechtssache hat grundsätzliche Bedeutung i.S. von § 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO, wenn eine Rechtsfrage zu entscheiden ist, an deren Beantwortung ein allgemeines Interesse besteht, weil ihre Klärung das Interesse der Allgemeinheit an der einheitlichen Fortentwicklung und Handhabung des Rechts berührt. Es muss sich um eine aus rechtssystematischen Gründen bedeutsame und auch für die einheitliche Rechtsanwendung wichtige Frage handeln. Eine durch den Bundesfinanzhof (BFH) geklärte Rechtsfrage ist regelmäßig nicht mehr klärungsbedürftig und kann somit im Allgemeinen keine grundsätzliche Bedeutung mehr haben. Eine Ausnahme von dieser Regel gilt aber vor allem dann, wenn gewichtige neue rechtliche Gesichtspunkte in der Rechtsprechung oder in der Literatur vorgetragen worden sind, die der BFH noch nicht geprüft hat. In diesem Fall hat die Beschwerde allerdings in der Begründung substantiiert darzulegen, in welchem Umfang, von welcher Seite und aus welchen Gründen die Beantwortung dieser (bereits entschiedenen) Rechtsfrage umstritten und inwiefern sie im allgemeinen Interesse klärungsbedürftig geblieben oder erneut geworden ist. Dazu ist es erforderlich, dass der Kläger ausgehend von der Entscheidung des BFH im Einzelnen in der Beschwerdeschrift konkret darlegt, welche neuen gewichtigen rechtlichen Gesichtspunkte zu der aufgezeigten Rechtsfrage in welcher Entscheidung der Finanzgerichte (FG) und/oder dem Schrifttum vorgetragen werden, die der BFH bisher noch nicht geprüft hat. Zur Begründung des allgemeinen Interesses reicht der Vortrag nicht aus, die Rechtsfrage sei bislang noch nicht höchstrichterlich entschieden. Ebenso wenig wird ein Zulassungsgrund durch die Begründung dargetan, das FG habe im konkreten Fall das Recht unzutreffend angewendet (vgl. BFH-Beschluss vom 12. März 1998 III B 22/97, BFH/NV 1998, 1528, unter 1. der Gründe, m.w.N.).

b) Betrifft eine Rechtsfrage auslaufendes oder bereits ausgelaufenes Recht, so sind an die Darlegung der Breitenwirkung einer erstrebten Revisionsentscheidung besondere Anforderungen zu stellen (vgl. BFH-Beschluss vom 16. Juli 1997 III B 79/94, BFH/NV 1998, 82, 83, zu § 4b des Investitionszulagengesetzes --InvZulG-- 1982, m.w.N.).

2. Diesen Anforderungen genügt die Beschwerde nicht.

a) Die Antragsfrist ist für das InvZulG 1999 durch Art. 8 Nr. 3 Buchst. a i.V.m. Art. 28 Abs. 4 des Steuerbereinigungsgesetzes (StBereinG) 1999 vom 22. Dezember 1999 (BGBl I 1999, 2601, BStBl I 2000, 13) mit Wirkung zum 1. Januar 1999 aufgehoben worden. Die Fragen nach den Rechtsfolgen der Nichteinhaltung der Antragsfrist als Ausschlussfrist, wie sie in den bis dahin anzuwendenden Zulagengesetzen galt, wird damit künftig keine Bedeutung mehr haben.

b) Der erkennende Senat hat im Urteil vom 14. September 1999 III R 78/97 (BFHE 189, 273, BStBl II 2000, 37) in Abgrenzung zu seinem Urteil vom 27. August 1998 III R 47/95 (BFHE 187, 134, BStBl II 1999, 65) ausnahmsweise die Gewährung einer Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wegen Versäumung der Antragsfrist als gerechtfertigt beurteilt, weil das in jenem Fall unzuständige Finanzamt (FA) aufgrund jahrelanger Verwaltungspraxis sowie besonderer vorliegender Umstände einen Vertrauenstatbestand geschaffen hatte, der es nach Treu und Glauben ausnahmsweise verbot, dem Kläger bzw. seinem steuerlichen Berater ein Verschulden am nicht fristgerechten Eingang des Investitionszulagenantrags anzulasten. Der Senat hat zugleich seine Rechtsprechung in dieser Entscheidung bestätigt, wonach grundsätzlich bei beratenen Steuerpflichtigen keine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand in Betracht komme, wenn die Frist deshalb versäumt wird, weil der Antrag bei dem unzuständigen --nur für die gesonderte Feststellung zuständigen-- Betriebsstätten-FA (vgl. § 6 Abs. 2 InvZulG 1996) eingereicht und dem zuständigen Wohnsitz-FA erst nach Fristablauf zugeleitet worden ist (vgl. Urteile des erkennenden Senats in BFHE 187, 134, BStBl II 1999, 65; vom 27. August 1998 III R 15/96, BFH/NV 1999, 368).

c) Der erkennende Senat brauchte allerdings, worauf die Beschwerde zu Recht hinweist, in den vorerwähnten Entscheidungen nicht zu der hier aufgeworfenen Frage abschließend Stellung zu nehmen, ob und innerhalb welcher Zeit ein unzuständiges FA verpflichtet ist, einen Antrag an das zuständige FA weiterzuleiten. Ebenso wenig brauchte der Senat auf die weitere Frage einzugehen, ob bei einer verzögerten Weiterleitung dem Antragsteller ggf. Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren sei, wenn der Antrag bei ordnungsgemäßem Geschäftsablauf noch fristgerecht beim zuständigen FA hätte eingehen können.

Insoweit hat die Beschwerde zwar auf ein Urteil des Bundesgerichtshofs (BGH) vom 1. Dezember 1997 II ZR 85/97 (Deutsches Steuerrecht --DStR-- 1998, 351) hingewiesen, wonach ein Gericht, bei dem ein Verfahren anhängig gewesen ist, aus nachwirkender Fürsorgepflicht verpflichtet sei, fristgebundene Schriftsätze für das Rechtsmittelverfahren, die bei ihm eingereicht werden, an das zuständige Rechtsmittelgericht weiterzuleiten.

Die Beschwerde führt indes nichts zu der im Streitfall bedeutsamen Frage aus, inwieweit diese speziell für die Verhältnisse im Rechtsmittelzug entwickelten Grundsätze, die auf einem Beschluss des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) vom 20. Juni 1995 1 BvR 166/93 (BVerfGE 93, 99, Neue Juristische Wochenschrift --NJW-- 1995, 3171) beruhen, überhaupt auf Sachverhalte im Steuerverwaltungsverfahren übertragen werden können, vor allem dann, wenn ein Steuerpflichtiger sich --wie hier-- erstmals um die Gewährung einer Investitionszulage bemüht. Zum anderen setzt sich die Beschwerde in keiner Weise mit der hierzu bereits ergangenen Rechtsprechung (vgl. BFH-Urteil vom 15. September 1992 VIII R 26/91, BFH/NV 1993, 219, m.w.N.; ferner Beschluss vom 6. Mai 1998 IV B 108/97, BFH/NV 1999, 146) auseinander, wonach die Übertragung der o.g. Grundsätze auf das außergerichtliche Rechtsbehelfsverfahren für möglich angesehen, jedoch darüber nicht abschließend entschieden worden ist; Gleiches gilt für das Schrifttum. Nach der überwiegend in der Literatur vertretenen Ansicht wird nämlich ein Verschulden des Steuerpflichtigen nicht dadurch aufgehoben, dass im späteren Ablauf die Verwaltung ebenfalls ein Mitverschulden an dem verzögerten Eingang trifft (vgl. Söhn in Hübschmann/Hepp/Spitaler, Abgabenordnung-Finanzgerichtsordnung, 10. Aufl., § 110 AO 1977 Rz. 32, m.umf.N.; Schwarz, Abgabenordnung, § 110 Rz. 4, 6 h, o und v, jeweils m.w.N; Beermann, Steuerliches Verfahrensrecht, § 110 AO 1977 Rz. 38 und 39; a.A. Tipke/Kruse, Abgabenordnung-Finanzgerichtsordnung, § 110 AO 1977 Tz. 9, 31, 45 und 50).

d) Soweit die Beschwerde lediglich darlegt, zu der aufgeworfenen Rechtsfrage gebe es keine einschlägige Entscheidung des BFH, wird damit kein im Allgemeininteresse liegender Klärungsbedarf dargetan. Ebenso wenig geschieht dies durch die von der Beschwerde gegen einzelne Argumente, nach Art einer Revisionsbegründung erhobenen Einwendungen bzw. die Rüge, das FG sei auf einzelne Gesichtspunkte nicht eingegangen.

e) Von einer weiteren Begründung sieht der Senat nach Art. 1 Nr. 6 des Gesetzes zur Entlastung des Bundesfinanzhofs ab.



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