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Gericht: Bundesfinanzhof
Beschluss verkündet am 07.06.2001
Aktenzeichen: III B 112/00
Rechtsgebiete: ZPO, FGO


Vorschriften:

ZPO § 114
FGO § 128 a.F.
FGO § 142 Abs. 1
FGO § 62a Abs. 1 Satz 2
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Gründe:

I. Der Antragsteller, Kläger und Beschwerdeführer (Kläger) war in den Streitjahren ... Gesellschafter und Geschäftsführer der Fa. U-GmbH. Im Rahmen von Ermittlungen der Zentralen Ermittlungsgruppe für Regierungs- und Vereinigungskriminalität in Berlin (ZERV) hinsichtlich der Verantwortlichen der Z-GmbH wurden Unterlagen vorgefunden, die belegen, dass der Kläger mit der Z-GmbH Geschäfte getätigt hat. Anlässlich einer Steuerfahndungsprüfung bei dem Kläger wurde ferner festgestellt, dass der Kläger Waren über die Fa. B in die UdSSR geliefert hat. Aufgrund der Feststellungen der Fahndungsprüfung wurden dem Kläger bisher nicht erklärte gewerbliche Umsätze zugerechnet. Die Ermittlung der Umsätze im Einzelnen ergibt sich aus den Anlagen zum Steuerfahndungsbericht. Die Höhe der Betriebseinnahmen (Umsätze) ist nicht streitig.

Mit seiner beim Finanzgericht (FG) anhängigen Klage wendet sich der Kläger gegen die Höhe der vom Beklagten (Finanzamt --FA--) geschätzten Betriebsausgaben. Nach Ansicht der Steuerfahndung sind dem Kläger keine Betriebsausgaben entstanden, da die Wareneinkäufe über die U-GmbH abgewickelt worden seien. Dementsprechend sei auch kein Vorsteuerabzug zu gewähren. Das FA berücksichtigte im Einspruchsverfahren in freier Schätzung die Betriebsausgaben mit 20 v.H. der Betriebseinnahmen und schätzte die abziehbaren Vorsteuern entsprechend. Der Kläger hatte im Einspruchsverfahren lediglich zwei Geschäftsvorfälle näher erläutert, ohne jedoch den Wareneinkauf zu belegen.

Im Klageverfahren begehrt der Kläger den Ansatz höherer Betriebsausgaben und dementsprechend höherer Vorsteuerbeträge. Er macht im Wesentlichen geltend: Er habe seinerzeit mit der Z-GmbH durch den als Zeugen benannten ..., einen ehemaligen verantwortlichen Mitarbeiter der Z-GmbH, die Vereinbarung getroffen, dass er, der Kläger, die von der Z-GmbH bestellten Waren in der Bundesrepublik Deutschland (Bundesrepublik) kaufen und der Z-GmbH zuzüglich 10 v.H. und Nebenkosten (wie Fracht) berechnen solle. Die Abrechnung mit der Z-GmbH habe den Nachweis des Wareneinkaufs und der Nebenentgelte vorausgesetzt. Für diese Vergütungsabrede stehe nur dieser Zeuge zur Verfügung. Wenn der Zeuge die Vergütungsvereinbarung bestätige, führe dies zu einer erheblichen Reduzierung seiner, des Klägers, Einkünfte aus Gewerbebetrieb. Außerdem seien die Vorsteuerbeträge entsprechend höher anzusetzen. Die schätzweise Berücksichtigung von Betriebsausgaben in Höhe von nur 20 v.H. der Umsätze führe zur Annahme unrealistisch hoher Gewinne. Dem stehe die Vereinbarung einer Vergütung in Höhe eines Aufschlags von 10 v.H. auf den Bruttoeinkaufspreis entgegen. Er, der Kläger, habe der Z-GmbH Bauteile zu einem Preis von 105 DM pro Stück geliefert. Für diese Bauteile seien im Bezugshandel ausweislich eines Katalogs 84 DM verlangt worden. Dass im Geschäftsverkehr mit der Z-GmbH stets auf die Bruttoeinkaufspreise 10 v.H. aufgeschlagen worden seien, könne auch seine geschiedene Ehefrau, S, als Zeugin bestätigen.

Hinsichtlich der Einkommensteuer ... sei ferner zu berücksichtigen, dass der Bruttobetrag von 105 453,85 DM aus Geschäften mit der Fa. B mit den Gesellschaftern der U-GmbH geteilt worden sei. Er, der Kläger, habe den Betrag bar entgegengenommen und sodann den Zeugen ... und ... jeweils 35 000 DM weitergereicht. Dies könne ebenfalls die Zeugin S bestätigen. Welche Vergütungsabrede mit der Fa. B geschlossen worden sei, sei ihm, dem Kläger, allerdings nicht mehr erinnerlich. Insoweit sei er, der Kläger, mit einem Schätzungsansatz von 20 v.H. seines Anteils von einem Drittel einverstanden.

Der Kläger begehrte beim FG, ihm für das Klageverfahren Prozesskostenhilfe (PKH) unter Beiordnung des Rechtsanwalts ... zu bewilligen.

Das FG lehnte den Antrag ab. Es führte aus: Die beabsichtigte Rechtsverfolgung biete keine hinreichende Aussicht auf Erfolg. Nach Aktenlage habe der Kläger die Feststellungen der Steuerfahndung nicht widerlegt. Danach sei davon auszugehen, dass der Kläger die von ihm nicht belegten Wareneinkäufe über die U-GmbH abgewickelt habe. Dies erkläre das Fehlen von Wareneinkaufsrechnungen. Aufwand, der von der U-GmbH getragen worden sei, könne bei dem Kläger nicht als Betriebsausgabe abgesetzt werden. Unter diesen Umständen komme es nicht darauf an, welche Vergütungsabrede der Kläger mit seinen Abnehmern getroffen habe und welche Listenpreise den Wareneinkäufen zugrunde gelegt worden seien. Eine Beweiserhebung über die Kalkulation der Verkaufspreise und über die Praxis der Rechnungslegung komme deshalb nicht in Betracht. Der Ansatz höherer Vorsteuerbeträge setze die Vorlage der auf den Kläger lautenden Rechnungen voraus. Höhere Betriebsausgaben könnten nur bei Nachweis, dass die Rechnungen beglichen worden seien, anerkannt werden.

Der vom Kläger behaupteten Aufteilung von Erlösen aus den Geschäften mit der Fa. B ständen die Angaben der als Zeugen benannten ... und ... entgegen. Diese hätten dem FG gegenüber erklärt, keinerlei Kenntnis von solchen Zahlungen zu haben (Schreiben vom 30. Juni 1999). Der Kläger habe nicht dargetan, aus welchen Gründen die Zeugen von ihren klaren und eindeutigen Angaben abrücken sollten. Unabhängig davon stehe nach den Feststellungen der Steuerfahndung fest, dass der Kläger die ihm zugerechneten Beträge vereinnahmt habe. Ihm seien daher die Umsätze steuerlich zuzurechnen. Anhaltspunkte dafür, dass die Zeugen und der Kläger gemeinsam aufgetreten seien, lägen nicht vor.

Mit der hiergegen erhobenen Beschwerde trägt der Kläger im Wesentlichen vor: Es treffe nicht zu, dass er, der Kläger, die Wareneinkäufe über die U-GmbH abgewickelt habe. Er habe die Waren vielmehr direkt von den ihm bekannten Lieferanten der U-GmbH bezogen. So habe er z.B. fünf Waagen von der U-GmbH zu 24 200 DM netto bezogen und zu 31 800 DM an die Z-GmbH weiterveräußert. Dies sei aus den eingereichten Belegen ersichtlich. Die Zeugin S sei seinerzeit damit beauftragt gewesen, anhand der Einkaufsrechnungen des Klägers den Aufschlag von 10 v.H. zuzüglich Frachtkosten usw. zu berechnen. Im Übrigen hätten die Abschlüsse der U-GmbH bei der Außenprüfung für die Streitjahre keinerlei Anlässe zu Beanstandungen gegeben.

Der Betriebsausgabenabzug in Höhe von nur 20 v.H. beruhe nicht auf einer tragfähigen Schätzungsgrundlage. Es sei angesichts der Devisenknappheit der DDR lebensfremd anzunehmen, dass die dortigen Firmen einen Gewinnaufschlag von 400 v.H. akzeptiert hätten. Die Einkaufspreise seien z.B. aus dem Katalog der Firma ... ersichtlich. Er, der Kläger, habe zu einigen Positionen die Preise ermittelt und entsprechende Listen gefertigt. Daraus ergebe sich der Aufschlag von 10 v.H. Die Zeugin S habe eidesstattlich bestätigt, dass sie anhand der Eingangsrechnungen und entsprechend der Vereinbarungen mit dem Zeugen ... die Rechnungen für die Z-GmbH ausgestellt habe. Es treffe zwar zu, dass die Wareneinkäufe bis auf einige Ausnahmen nicht mehr durch Rechnungen belegt werden könnten. Andererseits stehe fest, dass er, der Kläger, seine Geschäfte nicht durch nicht verbuchte Warenentnahmen bei der U-GmbH abgewickelt habe. Ferner ergäben sich die Einkaufspreise aus den Preislisten. Im Übrigen habe auch die Z-GmbH durch den Zeugen ... die Rechnungsangaben dahin gehend überprüft, ob der Aufschlag von 10 v.H. zuzüglich Fracht usw. vereinbarungsgemäß abgerechnet worden sei.

Der Kläger beantragt, den Beschluss des FG aufzuheben und ihm PKH unter Beiordnung des Rechtsanwalts ... für das Klageverfahren zu bewilligen.

Das FA beantragt, die Beschwerde zurückzuweisen.

II. Die Beschwerde hat keinen Erfolg.

1. Die Beschwerde ist zulässig.

Der Beschluss des FG wurde im Jahre 2000 zugestellt. Die Zulässigkeit der Beschwerde richtet sich daher nach § 128 der Finanzgerichtsordnung (FGO) in der bis 31. Dezember 2000 geltenden Fassung (FGO a.F.; vgl. Art. 4 des Zweiten Gesetzes zur Änderung der Finanzgerichtsordnung und anderer Gesetze --2.FGOÄndG-- vom 19. Dezember 2000, BGBl I 2000, 1757, BStBl I 2000, 1567). Nach § 128 FGO a.F. waren Beschlüsse im Verfahren wegen PKH mit der Beschwerde anfechtbar.

2. Die Beschwerde ist nicht begründet.

Nach § 142 Abs. 1 FGO i.V.m. § 114 der Zivilprozeßordnung (ZPO) erhält ein Beteiligter, der nach seinen persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen die Kosten der Prozessführung nicht oder nur zum Teil aufbringen kann, PKH, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung hinreichende Aussicht auf Erfolg hat. Besteht für ein Verfahren --wie hier für das Beschwerdeverfahren gemäß § 62a Abs. 1 Satz 2 FGO-- Vertretungszwang, kann dem Beteiligten ein zur Vertretung bereiter Rechtsanwalt seiner Wahl beigeordnet werden (§ 142 FGO i.V.m. § 121 Abs. 1 ZPO).

Die Rechtsverfolgung verspricht hinreichende Aussicht auf Erfolg, wenn nach Aktenlage eine gewisse Wahrscheinlichkeit für ein Obsiegen des Antragstellers in der Hauptsache spricht. Dies ist der Fall, wenn bei summarischer Prüfung der Rechtsstandpunkt des Antragstellers zumindest vertretbar erscheint. Bei streitigen Sachumständen muss das Gericht jedenfalls davon überzeugt sein, dass im Hauptsacheverfahren eine Beweisaufnahme in Betracht kommt und eine Unterstützung des Vortrags des Antragstellers nicht ausgeschlossen ist. Wendet sich der Antragsteller gegen eine finanzamtliche Schätzung, setzt die Erfolgsaussicht jedenfalls substantiierte Einwendungen voraus (Tipke/Kruse, Abgabenordnung-Finanzgerichtsordnung, 16. Aufl., § 142 FGO Rz. 45 f., m.w.N.).

Der Senat tritt der Beurteilung durch das FG bei, dass bei summarischer Beurteilung der Sach- und Rechtslage anhand der Akten eine hinreichende Aussicht auf Erfolg der Klage nicht bejaht werden kann. Der Vortrag des Klägers rechtfertigt keine abweichende Beurteilung.

Bei den vom Kläger veräußerten Gegenständen handelt es sich um Waren aus dem Sortiment der U-GmbH, deren Gesellschafter und Geschäftsführer der Kläger war. Da der Kläger keine Einkaufsrechnungen vorlegen und auch sonst keinen Nachweis darüber führen konnte, dass ihm Ausgaben für den Warenbezug entstanden sind, ist die Schlussfolgerung des FA, die Wareneinkäufe seien über die U-GmbH abgewickelt und dem Kläger nicht weiterberechnet worden, bei summarischer Prüfung nicht zu beanstanden. Hiervon ausgehend sind dem Kläger insoweit keine Betriebsausgaben entstanden und auch keine abziehbaren Vorsteuerbeträge in Rechnung gestellt worden.

Die hiergegen mit der Beschwerde erneut vorgetragenen Einwendungen des Klägers greifen bei der im PKH-Verfahren gebotenen überschlägigen Prüfung nicht durch. Neben der Sache liegen zunächst die Ausführungen und Beweisangebote des Klägers dazu, dass er die Verkaufspreise mit 10 v.H. der in Katalogen und Preislisten ausgewiesenen Einkaufspreise zuzüglich Fracht und Nebenkosten kalkuliert habe. Denn daraus ergibt sich nicht, dass dem Kläger tatsächlich entsprechende Ausgaben für den Warenbezug entstanden sind. Aus der eidesstattlichen Versicherung der als Zeugin benannten S und auch aus der in dem Verfahren vor dem ... vorgelegten eidesstattlichen Versicherung des Zeugen ... ergibt sich lediglich, dass auf den Warenwert 10 v.H., zuzüglich Fracht und Nebenkosten, aufgeschlagen wurden, nicht aber, dass die Einkaufsrechnungen auf den Kläger ausgestellt und/oder von ihm beglichen worden waren. Der Kläger räumt ein, dass er über den Warenbezug bis auf wenige Ausnahmen keine Unterlagen vorlegen kann. Sein Hinweis auf einzelne Belege geht angesichts der Größenordnung der abgewickelten Geschäfte, über die keine Unterlagen vorgelegt werden können, fehl. Jedenfalls hat der Kläger keine Zahlungsnachweise erbracht. Sein Vorbringen erschöpft sich auch im Beschwerdeverfahren im Grunde in der bloßen Behauptung, es treffe nicht zu, dass er die von ihm veräußerten Waren der U-GmbH "entnommen" habe. Bei summarischer Prüfung kommt dem Argument des Klägers, die Abschlüsse der U-GmbH für die Jahre ... seien bei einer Außenprüfung nicht beanstandet worden, kein entscheidendes Gewicht bei. Denn daraus lässt sich nicht ohne weiteres darauf schließen, der Kläger habe die veräußerten Waren nicht über die U-GmbH bezogen.

Die behauptete Aufteilung von Einnahmen aus Verkäufen in die UdSSR über die Fa. B greift der Kläger in der Beschwerde nicht mehr auf. Das FG hat auch insoweit zutreffend eine hinreichende Erfolgsaussicht verneint, nachdem die als Zeugen benannten ... und ... mit Schreiben vom 30. Juni 1999 gegenüber dem FG erklärt haben, eine Zahlung sei nicht aufgeteilt worden. Sie hätten nicht einmal Kenntnis von einer Auszahlung an den Kläger.



Ende der Entscheidung

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