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Gericht: Bundesfinanzhof
Beschluss verkündet am 27.06.2008
Aktenzeichen: III B 116/07
Rechtsgebiete: FGO


Vorschriften:

FGO § 56 Abs. 1
FGO § 56 Abs. 2
FGO § 116 Abs. 3 Satz 1
FGO § 155
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Gründe:

I. Der Kläger und Beschwerdeführer (Kläger) machte in den Einkommensteuererklärungen für die Streitjahre 2001 bis 2003 Aufwendungen für Besuchsfahrten zu seinen Eltern als außergewöhnliche Belastung geltend. Der Vater des Klägers, der an einem dementiellen Syndrom litt, war in einer karitativen Einrichtung untergebracht, seit Anfang 2002 wohnte dort auch die Mutter des Klägers.

Der Beklagte und Beschwerdegegner (das Finanzamt --FA--) lehnte eine Berücksichtigung der in Höhe von 12 946 DM (2001), 5 208 € (2002) und 5 580 € (2003) geltend gemachten Aufwendungen ab. Einspruchs- und Klageverfahren hatten keinen Erfolg. Das Urteil wurde dem damaligen Klägervertreter, Rechtsanwalt Z, am 28. Juni 2007 zugestellt.

Mit Schreiben vom 26. Juli 2007 legte Steuerberater A für den Kläger Nichtzulassungsbeschwerde zum Bundesfinanzhof (BFH) ein, ohne sie zu begründen. Mit Fax vom 30. August 2007 beantragte Rechtsanwalt B für die Kanzlei C, die Frist zur Begründung der Nichtzulassungsbeschwerde bis zum 30. September 2007 zu verlängern. Die nunmehrigen Klägervertreter wurden durch das Schreiben der Senatsvorsitzenden vom 3. September 2007 darauf hingewiesen, dass die Frist zur Begründung der Nichtzulassungsbeschwerde bereits am 28. August 2007 abgelaufen war. Mit Schriftsatz vom 25. September 2007 begründeten die Klägervertreter die Nichtzulassungsbeschwerde und beantragten außerdem Wiedereinsetzung in den vorigen Stand.

Zur Begründung des Wiedereinsetzungsantrags wird vorgetragen, Steuerberater A, der vom Kläger beauftragt worden sei, die Nichtzulassungsbeschwerde einzulegen, habe sich wegen des krankheitsbedingten Ausfalls von Kanzleimitarbeitern nicht dazu in der Lage gesehen, das Rechtsmittel zu begründen und habe daher die Rechtsschutzversicherung des Klägers (X-AG) mit Schreiben vom 26. Juli 2007 darum gebeten, einen geeigneten Steuerberater oder Rechtsanwalt zu beauftragen. Steuerberater A sei davon ausgegangen, dass die X-AG zeitnah die Angelegenheit an einen Berufsträger weitergeben und gleichzeitig die Fristenkontrolle übernehmen würde. Aus diesem Grund habe er selbst nicht die Frist kontrolliert. Ende August 2007 habe A bei der X-AG telefonisch um Sachstandsmitteilung gebeten. Dort sei ihm mitgeteilt worden, dass die Sache noch nicht bearbeitet worden sei. Die X-AG sei der Auffassung gewesen, dass sie nicht zur Fristenkontrolle verpflichtet gewesen sei. Der Kläger habe darauf vertrauen können, dass die Fristen für die Einlegung und die Begründung der Beschwerde eingehalten würden. Lediglich wegen eines Missverständnisses zwischen der X-AG und A sei es zu der Fristversäumnis gekommen. Für die X-AG sei nicht ersichtlich gewesen, dass sie aufgrund des Schreibens von Steuerberater A die Fristenkontrolle durchführen sollte.

II. Die Beschwerde des Klägers wegen Nichtzulassung der Revision ist unzulässig und wird durch Beschluss verworfen (§ 132 der Finanzgerichtsordnung --FGO--). Das Rechtsmittel wurde nicht fristgerecht begründet. Gründe für eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand liegen nicht vor.

1. Die Beschwerde wegen Nichtzulassung der Revision ist gemäß § 116 Abs. 3 Satz 1 FGO innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des vollständigen Urteils des FG zu begründen. Die Begründung ist beim BFH einzureichen (§ 116 Abs. 3 Satz 2 FGO). Im Streitfall lief die --nicht verlängerte-- Begründungsfrist am 28. August 2007 ab. Die Beschwerdebegründung ist jedoch erst am 25. September 2007 und damit verspätet beim BFH eingegangen.

2. Die von dem Kläger zugleich und damit innerhalb der Frist des § 56 Abs. 2 FGO beantragte Wiedereinsetzung in die Beschwerdebegründungsfrist kann nicht gewährt werden.

a) Nach § 56 Abs. 1 FGO ist auf Antrag Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren, wenn der Kläger ohne Verschulden verhindert war, eine gesetzliche Frist einzuhalten. Dabei ist das Verschulden des Prozessbevollmächtigten einem Kläger als sein eigenes Verschulden zuzurechnen (§ 155 FGO i.V.m. § 85 Abs. 2 der Zivilprozessordnung --ZPO--; ständige Rechtsprechung, z.B. BFH-Beschlüsse vom 25. Juni 2002 XI R 8/97, BFH/NV 2002, 1468, und vom 4. Dezember 2003 XI B 181/01, BFH/NV 2004, 526). Die Fristversäumnis durch einen rechtskundigen Prozessvertreter kann nur dann als entschuldigt angesehen werden, wenn sie durch die den Umständen des Falles angemessene und vernünftigerweise zu erwartende Sorgfalt nicht verhindert werden konnte (BFH-Beschlüsse in BFH/NV 2004, 526; vom 24. Januar 2005 III B 34/04, BFH/NV 2005, 720; vom 15. Juni 2005 VI B 184/04, BFH/NV 2005, 1623; vom 29. März 2007 VIII R 52/06, BFH/NV 2007, 1515). Beauftragt ein Prozessbevollmächtigter einen anderen Bevollmächtigten zur Durchführung des weiteren Verfahrens, so muss er dafür Sorge tragen, dass der beauftragte Prozessbevollmächtigte den Auftrag innerhalb der Rechtsmittelfrist bestätigt, außerdem muss er den rechtzeitigen Eingang der Bestätigung überwachen (Senatsurteil vom 7. Dezember 1995 III R 12/91, BFH/NV 1996, 680, m.w.N.; Söhn in Hübschmann/Hepp/Spitaler, § 56 FGO Rz 320). Auch muss er ihn über die zu beachtenden Fristen informieren, zumindest über das Datum der Zustellung der anzufechtenden Entscheidung (vgl. BFH-Urteil vom 27. Februar 1986 IV R 72/85, BFHE 146, 206, BStBl II 1986, 547).

b) Bei entsprechender Anwendung dieser Grundsätze ist im Streitfall ein dem Kläger zuzurechnendes Verschulden des A zu bejahen. Er bat die X-AG, einen geeigneten Rechtsanwalt oder Steuerberater, der die Begründung der Nichtzulassungsbeschwerde anfertigen sollte, zu beauftragen. Er durfte sich jedoch nicht darauf verlassen, dass die Rechtsschutzversicherung einen weiteren Prozessbevollmächtigten ausfindig machen würde, der fristgerecht für den Kläger eine Begründung der Nichtzulassungsbeschwerde anfertigen würde. A konnte sich seiner Sorgfaltspflicht zur Wahrung der Frist nicht dadurch entledigen, dass er die Rechtsschutzversicherung darum bat, sich der Sache anzunehmen. Er hätte sich vergewissern müssen, dass das Mandat tatsächlich innerhalb der Rechtsmittelfrist übernommen wurde. Auch hätte er das Datum der Zustellung des FG-Urteils mitteilen müssen, damit der zu bestellende Bevollmächtigte den Lauf der Frist berechnen konnte. Gegebenenfalls hätte er vorsichtshalber um Fristverlängerung beim BFH nachsuchen müssen. Er hat sich jedoch erst am 29. August 2008, nach Fristablauf, telefonisch nach dem Fortgang der Sache erkundigt, wie sich aus dem Schreiben der X-AG vom 10. September 2007 ergibt. Die Fristversäumnis war demnach verschuldet.

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