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Gericht: Bundesfinanzhof
Beschluss verkündet am 15.05.2009
Aktenzeichen: III B 135/08
Rechtsgebiete: FGO


Vorschriften:

FGO § 115 Abs. 2 Nr. 1
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Gründe:

I.

Die Klägerin und Beschwerdeführerin (Klägerin) bezog für ihre beiden Kinder T und M Kindergeld. Als der Beklagten und Beschwerdegegnerin (Familienkasse) bekannt wurde, dass diese in der Türkei ein Internat besuchten, hob sie durch Bescheid vom 13. November 2006 die Festsetzung des Kindergeldes ab Januar 2006 auf. Gegen den Aufhebungsbescheid wandte sich die Klägerin mit Einspruch. Durch Bescheid vom 9. Mai 2007 setzte die Familienkasse das Kindergeld ab September 2005 für T in Höhe von monatlich 5,11 EUR und für M in Höhe von 12,78 EUR fest. Sie war der Ansicht, der Klägerin stehe nur das niedrigere Kindergeld aufgrund des mit der Türkei abgeschlossenen Sozialabkommens zu. Die Familienkasse wies den Einspruch, der sich nunmehr gegen den Änderungsbescheid richtete, zurück.

Die anschließend erhobene Klage hatte keinen Erfolg. Das Finanzgericht (FG) war der Ansicht, die Kinder hätten keinen Wohnsitz in der Bundesrepublik Deutschland (Bundesrepublik), sondern im Haushalt von Verwandten in der Türkei. Sie verfügten auch nicht über zwei Wohnsitze, vielmehr befinde sich der einheitliche Lebensmittelpunkt in A (Türkei). Der Schulbesuch dort sei auf mehrere Jahre bis zum Abitur angelegt. Die Aufenthalte der Kinder in der Bundesrepublik von bis zu drei Monaten hätten nur Besuchscharakter. Hieran ändere auch der Umstand nichts, dass für die Kinder Zimmer mit persönlichen Gegenständen bereitgehalten würden.

Zur Begründung der Nichtzulassungsbeschwerde führt die Klägerin im Wesentlichen aus, es gehe im vorliegenden Fall um die Frage von grundsätzlicher Bedeutung, ob einem in der Bundesrepublik wohnenden Elternteil Kindergeld für Kinder zustehe, die in einem Staat, der nicht zur Europäischen Union oder zum Europäischen Wirtschaftsraum gehöre, zur Schule gingen und die jährlich während der Schulferien für drei Monate im Inland in den für sie ständig bereitstehenden und mit ihren Gegenständen eingerichteten Räumen lebten. Entgegen der Ansicht des FG hätten ihre Aufenthalte in der Bundesrepublik nicht lediglich Besuchscharakter gehabt, vielmehr hätten sie dort weiterhin ihren Lebensmittelpunkt. Nach dem Urteil des Bundesfinanzhofs (BFH) vom 23. November 2000 VI R 107/99 (BFHE 193, 558, BStBl II 2001, 294) sei bei Inlandsaufenthalten von fünf Monaten ein Beibehalten des inländischen Wohnsitzes zu bejahen.

II.

Die Beschwerde hat keinen Erfolg. Dabei kann offen bleiben, ob ihre Begründung den Darlegungsvoraussetzungen nach § 116 Abs. 3 Satz 3 der Finanzgerichtsordnung (FGO) genügt. Jedenfalls ist die Beschwerde unbegründet und wird durch Beschluss zurückgewiesen (§ 116 Abs. 5 Satz 1 FGO).

1.

Grundsätzliche Bedeutung einer Rechtssache i.S. von § 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO ist zu bejahen, wenn eine Rechtsfrage zu entscheiden ist, an deren Beantwortung ein allgemeines Interesse besteht, weil ihre Klärung das Interesse der Allgemeinheit an der Fortentwicklung und Handhabung des Rechts berührt (vgl. Gräber/Ruban, Finanzgerichtsordnung, 6. Aufl., § 116 Rz 32). Es muss sich dabei um eine aus rechtssystematischen Gründen bedeutsame und auch für die einheitliche Rechtsanwendung wichtige Frage handeln, die klärungsbedürftig und im konkreten Streitfall auch klärungsfähig ist (vgl. z.B. BFH-Beschluss vom 7. Juni 2006 VII B 273/05, BFH/NV 2006, 1787).

2.

Die Klägerin hat die den konkreten Streitfall betreffende Rechtsfrage als Frage von grundsätzlicher Bedeutung nach § 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO formuliert. Grundsätzliche Bedeutung liegt jedoch nicht vor bei der lediglich einzelfallbezogenen Beurteilung eines Streitfalles (BFH-Beschluss vom 19. November 2007 VIII B 70/07, BFH/NV 2008, 380). Die Grundsätze, nach denen zu entscheiden ist, ob Kinder, die sich zum Zwecke des Schulbesuchs im Ausland aufhalten, ihren inländischen Wohnsitz beibehalten, hat der BFH mehrfach dargelegt (vgl. z.B. die BFH-Urteile vom 23. November 2000 VI R 165/99, BFHE 193, 569, BStBl II 2001, 279, und in BFHE 193, 558, BStBl II 2001, 294). Wie der BFH in den genannten Urteilen ausgeführt hat, liegt die Beurteilung der Begleitumstände des Innehabens einer Wohnung weitgehend auf tatsächlichem Gebiet. In Ermangelung erhobener Verfahrensrügen ist der BFH gemäß § 118 Abs. 2 FGO an die Beurteilung des FG gebunden und kann diese nur auf Verstöße gegen die Denkgesetze und gegen Erfahrungssätze hin überprüfen. Letztlich rügt die Klägerin die unzutreffende Anwendung der höchstrichterlichen Rechtsprechung auf den konkreten Fall. Derartige Einwände führen jedoch nicht zur Zulassung der Revision. Die Nichtzulassungsbeschwerde dient nicht dazu, allgemein die Richtigkeit finanzgerichtlicher Urteile zu gewährleisten.

Ende der Entscheidung

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