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Gericht: Bundesfinanzhof
Beschluss verkündet am 15.02.2007
Aktenzeichen: III B 145/06
Rechtsgebiete: EStG


Vorschriften:

EStG § 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2
EStG § 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 3
EStG § 32 Abs. 4 Satz 2
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Gründe:

I. Der im Jahr 1983 geborene Sohn der Klägerin und Beschwerdeführerin (Klägerin) ist aufgrund eines Unfalls im April 2002 zu 60 v.H. schwerbehindert.

Ab März 2004 erhielt der Sohn, der im Jahr 2004 studierte, eine monatliche Rente aus der Unfallversicherung von 280 €. Außerdem wurde ihm Rente für den Zeitraum 16. April 2002 bis 29. Februar 2004 nachgezahlt. Insgesamt erhielt er im Jahr 2004 einen Betrag von 10 651,20 €. Abzüglich Ertragsanteil 102 € und Kostenpauschale von 180 € ergaben sich Bezüge in Höhe von 10 369,20 €.

Die Beklagte und Beschwerdegegnerin (Familienkasse) hob deshalb im November 2004 die Festsetzung des Kindergeldes für den Sohn der Klägerin rückwirkend ab 1. Januar 2004 auf.

Das Finanzgericht (FG) wies die Klage ab. Nach § 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 des Einkommensteuergesetzes (EStG) sei der Sohn nicht zu berücksichtigen, weil seine Einkünfte und Bezüge den Jahresgrenzbetrag von 7 680 € (§ 32 Abs. 4 Satz 2 EStG) überstiegen. Eine Berücksichtigung nach § 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 3 EStG käme nur in Betracht, wenn die Bezüge des Sohnes zur Bestreitung des Existenzminimums in Höhe von 7 680 € und des behinderungsbedingten Mehrbedarfs nicht ausgereicht hätten. Dies sei nicht ersichtlich, zumal die Klägerin nicht dargelegt habe, dass im Jahr 2004 überhaupt ein behinderungsbedingter Mehrbedarf bestanden habe.

Die Klägerin begehrt mit ihrer Beschwerde die Zulassung der Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung (§ 115 Abs. 2 Nr. 1 der Finanzgerichtsordnung --FGO--). Es sei zu klären, ob bei der Berücksichtigung eines behinderten Kindes nach § 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 3 EStG die Fähigkeit zum Selbstunterhalt unterstellt werden könne, wenn die Bezüge den Jahresgrenzbetrag von 7 680 € nebst einem eventuellen Mehrbedarf überschritten. Denn in § 32 Abs. 4 Satz 2 EStG werde der Tatbestand des § 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 3 EStG gerade nicht erwähnt.

II. Die Beschwerde ist unbegründet und deshalb zurückzuweisen (§ 132 FGO).

Die von der Klägerin aufgeworfene Rechtsfrage ist bereits durch den Bundesfinanzhof (BFH) geklärt.

Nach dem Urteil des BFH vom 24. August 2004 VIII R 83/02 (BFHE 207, 244, BFH/NV 2004, 1717) ist § 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 3 EStG ein eigenständiger Kindergeldtatbestand, für den die Regelung in § 32 Abs. 4 Satz 2 EStG (Entfallen des Kindergeldanspruchs, wenn die Einkünfte des Kindes den Jahresgrenzbetrag von 7 680 € übersteigen) nicht gilt.

Nach § 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 3 EStG besteht ein Anspruch auf Kindergeld für ein behindertes Kind, wenn es wegen seiner Behinderung außerstande ist, sich selbst zu unterhalten. Kann es aufgrund seiner Einkünfte und Bezüge selbst für seinen Unterhalt sorgen, kommt der Behinderung keine Bedeutung zu (BFH-Urteil in BFHE 207, 244, BFH/NV 2004, 1717, m.w.N.).

Das Kind ist imstande, für seinen Unterhalt selbst zu sorgen, wenn seine Einkünfte und Bezüge höher sind als der allgemeine Lebensbedarf (Grundbedarf) und der individuelle behinderungsbedingte Mehrbedarf. Der Grundbedarf ist in Anlehnung an den jeweils maßgeblichen Jahresgrenzbetrag nach § 32 Abs. 4 Satz 2 EStG zu bemessen (BFH-Urteil vom 14. Dezember 2004 VIII R 59/02, BFH/NV 2005, 1090, m.w.N.), im Streitfall 7 680 €. Weist der Kindergeldberechtigte die individuellen behinderungsbedingten Mehraufwendungen nicht nach, ist der maßgebliche Behindertenpauschbetrag (§ 33b Abs. 1 bis 3 EStG) anzusetzen (BFH-Urteil in BFHE 207, 244, BFH/NV 2004, 1717), im Streitfall 720 €.

Da die Bezüge des Sohnes den Grundbedarf (7 680 €) zuzüglich behinderungsbedingten Mehrbedarf (720 €) übersteigen, steht der Klägerin kein Kindergeld zu.

Ende der Entscheidung

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