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Gericht: Bundesfinanzhof
Beschluss verkündet am 25.06.2001
Aktenzeichen: III B 27/01
Rechtsgebiete: EStG, FGO


Vorschriften:

EStG § 33
EStG § 33 Abs. 2
EStG § 12 Nr. 1
FGO § 116 n.F.
FGO § 115 Abs. 2 Nr. 1
FGO § 116 Abs. 3 Satz 3
FGO § 116 Abs. 5 Satz 2 1. Halbsatz
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Gründe:

Die Beschwerde ist unzulässig und deshalb durch Beschluss zu verwerfen (§ 132 der Finanzgerichtsordnung --FGO--).

1. Das Urteil des Finanzgerichts (FG) wurde dem Prozessvertreter der Kläger und Beschwerdeführer (Kläger) am 6. Februar 2001 zugestellt. Die Zulässigkeit der Beschwerde wegen Nichtzulassung der Revision beurteilt sich danach gemäß Art. 4 des Zweiten Gesetzes zur Änderung der Finanzgerichtsordnung und anderer Gesetze (2.FGOÄndG) vom 19. Dezember 2000 (BGBl I 2000, 1757) nach §§ 115 Abs. 2 Nr. 1, 116 FGO n.F.

Indes legt die Beschwerde die Voraussetzungen des § 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO nicht gemäß § 116 Abs. 3 Satz 3 FGO hinreichend dar.

2. Für die Darlegung der grundsätzlichen Bedeutung der angesprochenen Rechtsfrage reicht nicht die bloße Behauptung aus, die Streitsache habe grundsätzliche Bedeutung. Vielmehr muss die Beschwerde, ausgehend von der höchstrichterlichen Rechtsprechung, konkret auf die Rechtsfrage eingehen, ihre über den Streitfall hinausgehende Bedeutung für die Allgemeinheit dartun und ferner ausführen, warum die Frage zur Erhaltung der Einheitlichkeit der Rechtsprechung oder für eine Fortentwicklung des Rechts höchstrichterlicher Klärung bedürfe.

Sofern zu diesem Problemkreis Rechtsprechung und Äußerungen im Fachschrifttum vorhanden sind, genügt nicht allein der Hinweis darauf, sondern es ist eine grundlegende Auseinandersetzung damit sowie eine Erörterung geboten, warum durch diese Entscheidungen des Bundesfinanzhofs (BFH) die Rechtsfrage noch nicht als geklärt anzusehen ist bzw. weshalb sie ggf. einer weiteren oder erneuten Klärung bedarf (vgl. BFH-Beschluss vom 8. November 1999 III B 53/99, BFH/NV 2000, 485, m.w.N.).

Die Beschwerde muss dazu substantiiert aufzeigen, dass die Rechtsprechung die Rechtsfrage noch nicht abschließend geklärt hat, weil von den FG und/oder in der Literatur gewichtige Einwendungen gegen diese Rechtsprechung erhoben worden sind, mit denen sich der BFH noch nicht auseinander gesetzt hat (vgl. BFH-Beschluss vom 28. Juli 1997 VIII B 68/96, BFH/NV 1998, 29, unter 1. a der Gründe, m.w.N.). Insbesondere reicht der um Quellenzitate flankierte allgemeine Hinweis, die BFH-Rechtsprechung sei auf Kritik gestoßen, allein keinesfalls aus (vgl. BFH-Beschluss vom 7. Dezember 1988 VIII B 71/88, BFHE 155, 44, BStBl II 1989, 566; Seer in Tipke/Kruse, Abgabenordnung-Finanzgerichtsordnung, 16. Aufl., § 116 FGO Tz. 43).

3. Der BFH hat in einer jahrzehntelangen Rechtsprechung zwischen unmittelbaren und mittelbaren Krankheitskosten im Rahmen des § 33 des Einkommensteuergesetzes (EStG) differenziert, um in sachgerechter Weise die außergewöhnlichen und zwangsläufigen Aufwendungen i.S. von § 33 Abs. 2 EStG von den der privaten Lebensführung zuzurechnenden, nach § 12 Nr. 1 EStG nicht abzugsfähigen Aufwendungen abzugrenzen (vgl. BFH-Urteile vom 16. Mai 1975 VI R 132/72, BFHE 116, 130, BStBl II 1975, 536; vom 1. Dezember 1978 VI R 149/75, BFHE 126, 302, BStBl II 1979, 78, jeweils m.w.N.).

Diese Unterscheidung soll verhindern, Kosten der allgemeinen Lebensführung, die lediglich in einem losen Zusammenhang mit der Erkrankung stehen, ebenfalls steuerlich zu begünstigen (vgl. u.a. BFH-Urteile vom 13. Februar 1987 III R 208/81, BFHE 149, 222, BStBl II 1987, 427; vom 3. Dezember 1998 III R 5/98, BFHE 187, 503, BStBl II 1999, 227, unter II. 2. d der Gründe; vom 18. Mai 1999 III R 46/97, BFHE 188, 566, 567, BStBl II 1999, 761, m.umf.N.). Derartige bloße Folgemaßnahmen fallen nicht unter den steuerrechtlich maßgebenden Begriff der Heilbehandlung (BFH-Urteil vom 26. Juni 1992 III R 83/91, BFHE 169, 43, BStBl II 1993, 212, 214) und erwachsen dementsprechend nicht zwangsläufig (BFH-Urteil vom 24. Oktober 1995 III R 106/93, BFHE 179, 93, BStBl II 1996, 88, 89).

Der BFH hat an dieser ständigen Rechtsprechung in Kenntnis der im Schrifttum geübten Kritik ausdrücklich festgehalten. Die ablehnende Stellungnahme von Kanzler in Herrmann/Heuer/Raupach (Einkommensteuer- und Körperschaftsteuergesetz, Kommentar, 20. Aufl., § 33 EStG Rz. 96) datiert vom Juni 1993. Arndt in Kirchhof/Söhn (Einkommensteuergesetz, § 33 Anm. C 45) hält zwar unverändert in seiner jüngsten Kommentierung vom Januar 2001 daran fest, die von der Rechtsprechung vorgenommene Differenzierung sei fragwürdig, weil die Unterscheidung keineswegs "griffig" sei, gleichwohl überzeugten die Urteile des BFH bei genauer Betrachtung im Ergebnis. Von Oepen in Blümich (Einkommensteuergesetz, § 33 Rz. 150 "Krankheitskosten") stimmt andererseits keineswegs nur der Rechtsprechung zu, sondern weist den Vorschlag von Kanzler (a.a.O.), derartige Aufwendungen insgesamt nur als Krankheitskosten zu umschreiben und deren Außergewöhnlichkeit und Zwangsläufigkeit jeweils besonders zu prüfen, zurück, weil eine solche, in jedem Fall bei Krankheitskosten erforderliche Prüfung noch weniger praktikabel wäre.

Der BFH hat schließlich in Anwendung dieser Unterscheidung der besonderen Umstände im Einzelfall sehr wohl Aufwendungen aufgrund wertender Betrachtung in den Anwendungsbereich der unmittelbaren Krankheitskosten einbezogen, so bereits im Urteil vom 14. Dezember 1965 VI 102/65 U (BFHE 84, 311, BStBl III 1966, 113). Dort hat er Aufwendungen für eine Mietabfindung als außergewöhnliche Belastung anerkannt, weil der Wohnungswechsel wegen der Krankheit eines völlig gelähmten Sohnes notwendig gewesen war. Ebenso hat er die Zuordnung von Trinkgeldern, die im Zusammenhang mit der ärztlich angeordneten Behandlung einer Krankheit hingegeben werden, der Art nach als unmittelbare Krankheitskosten beurteilt (vgl. BFH-Urteil vom 22. Oktober 1996 III R 240/94, BFHE 181, 468, BStBl II 1997, 346, unter 1. der Gründe, m.w.N.).

Eine inhaltliche Auseinandersetzung mit der umfangreichen Rechtsprechung des BFH ist der Beschwerde ebenso wie eine differenzierte Darstellung der Meinungen im Schrifttum nicht zu entnehmen. Insbesondere fehlt es auch nur an einem Hinweis, welche geeigneten Abgrenzungskriterien an die Stelle der von der Rechtsprechung entwickelten Unterscheidung treten könnten bzw. sollten.

Unbeschadet der Frage nach der gebotenen Intensität der durch § 116 Abs. 3 Satz 3 FGO auch nach neuem Recht verlangten Darlegung der Voraussetzungen des § 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO (vgl. Seer, a.a.O., Tz. 47; ferner Dürr in Schwarz, Finanzgerichtsordnung, vor § 115 FGO Rz. 10) genügt jedenfalls zur Begründung angesichts einer derart gefestigten höchstrichterlichen Rechtsprechung zu der aufgeworfenen Rechtsfrage ein bloßer Hinweis auf ablehnende Äußerungen im Schrifttum nicht.

Einer weiteren Begründung bedarf es nach § 116 Abs. 5 Satz 2 1. Halbsatz FGO nicht.



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