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Gericht: Bundesfinanzhof
Beschluss verkündet am 21.11.2003
Aktenzeichen: III B 43/03
Rechtsgebiete: FGO, ZPO


Vorschriften:

FGO § 76 Abs. 1 Satz 1
FGO § 76 Abs. 2
FGO § 79b Abs. 2
FGO § 115 Abs. 2 Nr. 3
FGO § 116 Abs. 5 Satz 2
FGO § 116 Abs. 3 Satz 3
FGO § 155
ZPO § 295
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Gründe:

Von einer Darstellung des Sachverhalts sieht der Senat gemäß § 116 Abs. 5 Satz 2 der Finanzgerichtsordnung (FGO) ab.

Die Beschwerde ist unzulässig und deshalb durch Beschluss zu verwerfen (§ 132 FGO).

Der Kläger und Beschwerdeführer (Kläger) hat keinen Zulassungsgrund nach § 115 Abs. 2 Nr. 3 FGO entsprechend den gesetzlichen Anforderungen nach § 116 Abs. 3 Satz 3 FGO dargelegt.

1. Der Kläger hat nicht für sämtliche, das angefochtene Urteil jeweils für sich tragende Entscheidungsgründe Zulassungsgründe in der gesetzlich vorgeschriebenen Weise bezeichnet. Davon hängt aber die Zulässigkeit der Nichtzulassungsbeschwerde ab, wenn eine Klageabweisung auf mehreren Gründen beruht und jeder dieser Gründe für sich die Entscheidung trägt (Beschluss des Bundesfinanzhofs --BFH-- vom 20. Januar 2003 III B 63/02, BFH/NV 2003, 644, m.w.N.).

Das Finanzgericht (FG) hat im Streitfall die Klage zum einen deshalb abgewiesen, weil der Kläger nicht den überwiegenden und regelmäßigen Einsatz der LKWs mit Anhänger im Fördergebietsverkehr sowie den Einsatz für den Betrieb des Klägers nachgewiesen habe, zum anderen die LKWs auch an die Firma Y-KG vermietet gewesen seien, die jedoch nicht zum verarbeitenden Gewerbe gehöre.

2. Es kann offen bleiben, ob der Kläger bezüglich der zuerst genannten Urteilsbegründung durchgreifende Verfahrensrügen dargetan hat. Jedenfalls fehlt es an einer hinreichenden Bezeichnung von Verfahrensmängeln bezüglich der das Urteil ebenfalls für sich tragenden Begründung, dass Zweifel an der Zuordnung der mietenden Y-KG zum verarbeitenden Gewerbe verblieben seien.

a) Wird die Verletzung der Amtsermittlungspflicht durch das FG gerügt (§ 76 Abs. 1 Satz 1 FGO), so ist genau anzugeben, welche konkreten Tatsachen das FG von sich aus hätte aufklären sollen und/oder welche Beweise es von Amts wegen hätte erheben müssen, aus welchen Gründen sich dem FG die Notwendigkeit einer weiteren Aufklärung des Sachverhaltes und/oder einer Beweiserhebung auch ohne einen entsprechenden Antrag hätte aufdrängen müssen, welche entscheidungserheblichen Tatsachen sich bei einer weiteren Sachaufklärung oder Beweisaufnahme voraussichtlich ergeben hätten und inwiefern eine weitere Aufklärung des Sachverhaltes auf der Grundlage der insoweit maßgebenden, ggf. auch unrichtigen materiell-rechtlichen Auffassung des FG zu einer anderen Entscheidung hätte führen können (BFH-Beschlüsse vom 1. Oktober 2002 X B 34/02, BFH/NV 2003, 76; vom 25. Juni 2002 X B 199/01, BFH/NV 2002, 1332, m.w.N.).

Der Kläger hat insoweit lediglich geltend gemacht, das FG hätte beim statistischen Bundesamt in Wiesbaden bzw. bei dem zuständigen statistischen Landesamt wegen der Klassifizierung der Y-KG anfragen müssen.

Er hat es bereits unterlassen, das voraussichtliche Ergebnis einer derartigen Anfrage darzutun. Im Übrigen war die Firma Y-KG ausweislich der zum Verfahren vom FG beigezogenen Investitionszulagenakte seit dem 1. Dezember 1994 mit der Gewerbekennzahl 51570.0 (Großhandel mit Altmaterial und Reststoffen), und damit nicht als verarbeitendes Gewerbe erfasst. Bereits im Einspruchsverfahren hatte der Beklagte und Beschwerdegegner (das Finanzamt --FA--) mit einem ausführlichen Schreiben vom 2. Oktober 2000 unter Bezugnahme auf eine am 5. September 2000 durchgeführte Unterredung mit dem Kläger diesen u.a. auf die Zulagenschädlichkeit der Nutzungsüberlassung an die Y-KG hingewiesen.

Nach ständiger Rechtsprechung haben die Finanzämter die konkrete Zuordnung eines Unternehmens zu einer bestimmten Gewerbekennzahl durch die statistischen Landesämter in aller Regel zu übernehmen, es sei denn, sie wäre offensichtlich falsch (BFH-Urteil vom 7. März 2002 III R 44/97, BFHE 198, 169, BStBl II 2002, 545, ständige Rechtsprechung).

Danach oblag es weder dem FA noch dem FG, von sich aus eine Korrektur einer möglicherweise unzutreffenden Klassifizierung der Firma Y-KG zu bewirken. Vielmehr ist es Sache des jeweiligen Unternehmers, ggf. eine Umqualifizierung zu beantragen.

b) Ebenso wenig schlüssig rügt der Kläger in diesem Zusammenhang eine Verletzung der Hinweispflicht des FG nach § 76 Abs. 2 FGO.

Auch dafür muss u.a. vorgetragen werden, worauf konkret das Gericht hätte hinweisen müssen und vor allem, was der Kläger auf einen derartigen Hinweis noch an konkreten Beweismitteln beigebracht bzw. sonst vorgetragen hätte und aus welchem Grund ein Anlass für einen gerichtlichen Hinweis bestanden habe (BFH-Beschlüsse vom 23. Dezember 2002 III B 77/02, BFH/NV 2003, 502, 503, m.w.N.; vom 27. Februar 2003 IV B 199-202/01, BFH/NV 2003, 1189, 1190).

§ 76 Abs. 2 FGO verpflichtet das Gericht indes nicht dazu, die maßgebende Rechtsfrage mit den Beteiligten umfassend zu erörtern; auch ist das FG grundsätzlich nicht zu einem Hinweis auf seine Rechtsauffassung verpflichtet (BFH-Beschluss vom 18. März 2003 I B 98/02, BFH/NV 2003, 1191).

Der Kläger hat bereits nicht ausgeführt, was er auf einen entsprechenden Hinweis des Gerichts noch vorgetragen hätte. Vor allem hätte er angesichts der bereits im Einspruchsverfahren deutlich herausgestellten zulagenrechtlichen Zweifel hinsichtlich der Zuordnung der Y-KG zum --begünstigten-- verarbeitenden Gewerbe zumindest darlegen müssen, warum er, der Kläger, nicht von sich aus zu diesem Problembereich habe vortragen und ggf. Beweisanträge stellen müssen, sondern sich dem FG --in Kenntnis der Vorgeschichte-- ein ausdrücklicher Hinweis an den Kläger hätte aufdrängen müssen.

c) Wird als Verfahrensfehler die Verletzung der dem FG von Amts wegen obliegenden Ermittlungspflicht gerügt, so sind nach ständiger Rechtsprechung kumulativ Ausführungen zu den entsprechenden Voraussetzungen notwendig (BFH-Urteil vom 6. Juni 2000 VII R 72/99, BFHE 192, 390, 393). Insbesondere ist darzulegen, inwieweit das FG nach seinem insoweit maßgebenden, ggf. auch unrichtigen materiell-rechtlichen Standpunkt zu einer weiteren Ermittlung verpflichtet gewesen wäre oder die vollständige Berücksichtigung des Inhalts der Akten zu einer anderen für den Kläger günstigeren Entscheidung geführt hätte (BFH-Beschluss vom 13. Januar 2003 III B 51/02, BFH/NV 2003, 640, 641).

Zwar weist der Kläger zutreffend darauf hin, dass eine nur kurzfristige Vermietung (bis zu drei Monaten) an ein nichtbegünstigtes Unternehmen zulagenunschädlich ist; denn in diesem Falle verbleibt das Wirtschaftsgut im Betrieb des Investors (BFH-Urteil in BFHE 198, 169, BStBl II 2002, 545; vom 3. August 2000 III R 76/97, BFHE 194, 282, BStBl II 2001, 446). Indes hat der Kläger nicht behauptet, das FG habe diese materiell-rechtliche Auffassung der angefochtenen Entscheidung zugrunde gelegt. Auch lässt sich eine solche rechtliche Beurteilung des FG dem angefochtenen Urteil nicht entnehmen.

d) Nach § 295 der Zivilprozessordnung (ZPO) i.V.m. § 155 FGO kann im Übrigen die Rüge eines verzichtbaren Verfahrensmangels --hier Verletzung der Sachaufklärungspflicht (vgl. BFH-Beschluss vom 21. Juli 1995 V B 37/95, BFH/NV 1996, 55)-- nicht mehr geltend gemacht werden, wenn der Mangel in der nächsten mündlichen Verhandlung nicht gerügt worden ist. Dies gilt in der Regel zwar nur bei fachkundiger Vertretung im finanzgerichtlichen Verfahren. Unter besonderen Umständen kann aber auch der nicht oder nicht mehr vertretene Kläger sein Rügerecht verlieren (BFH-Beschlüsse vom 13. August 1998 VI B 189/96, BFH/NV 1999, 326; vom 5. März 1997 X B 104/96, BFH/NV 1997, 513).

Im Streitfall liegen insoweit besondere Umstände vor, als der Kläger bis zur zweiten mündlichen Verhandlung fachkundig vertreten war und erst in der zweiten mündlichen Verhandlung dem FG mitgeteilt hatte, seine Prozessbevollmächtigten würden ihn künftig nicht mehr vertreten. Zum anderen war dem --im Einspruchsverfahren noch nicht vertretenen-- Kläger die Rechtsproblematik bereits aus dem Schreiben des FA vom 2. Oktober 2000 und der Einspruchsentscheidung vom 20. November 2000 bekannt. Im finanzgerichtlichen Verfahren hatte der Kläger, wie das FG auf S. 12 des angefochtenen Urteils ausführt, sowohl zur Vermietung der Fahrzeuge überhaupt als auch zur Dauer der Vermietung --noch durch seine Prozessbevollmächtigten-- insgesamt widersprüchlich vorgetragen. Das FG hatte dem Kläger in der ersten mündlichen Verhandlung zudem gemäß § 79b Abs. 2 FGO aufgegeben, für den Fall der Vermietung der LKWs die Vermieter und die Konditionen der Vermietung zu benennen sowie Mietverträge und Rechnungen vorzulegen. Auch als steuerrechtlichem und verfahrensrechtlichem Laien musste dem Kläger daher bewusst sein, dass er in der zweiten mündlichen Verhandlung von sich aus geeignete Beweise hätte anbieten oder zumindest auf eine entsprechende weitere Aufklärung durch das FG hätte drängen müssen. Eine "Parallelwertung in der Laiensphäre" (vgl. Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 2. Juli 1976 VI C 4.76, BVerwGE 51, 66) spricht dafür, dem Kläger das Unterlassen mit der Folge eines Rügeverzichtes zuzurechnen. Da die Rüge der Verletzung der Aufklärungspflicht aber --wie oben dargelegt-- schon nicht schlüssig dargelegt ist, braucht der Senat nicht abschließend darüber zu entscheiden, ob die Verfahrensrüge (auch) deshalb erfolglos ist, weil der Kläger die Verletzung der Sachaufklärungspflicht nicht bereits in der mündlichen Verhandlung gerügt hat und deshalb sein Rügerecht nach § 295 ZPO i.V.m. § 155 FGO verloren hat.

3. Von einer weiteren Begründung sieht der Senat gemäß § 116 Abs. 5 Satz 2 FGO ab.

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