Judicialis Rechtsprechung

Mit der integrierten Volltextsuche, die vom Suchmaschinenhersteller "Google" zur Verfügung gestellt wird, lassen sich alle Entscheidungen durchsuchen. Dabei können Sie Sonderzeichen und spezielle Wörter verwenden, um genauere Suchergebnisse zu erhalten:

Zurück

Beginn der Entscheidung

Gericht: Bundesfinanzhof
Beschluss verkündet am 31.01.2005
Aktenzeichen: III B 59/04
Rechtsgebiete: FGO


Vorschriften:

FGO § 115 Abs. 2 Nr. 1
FGO § 116 Abs. 3 Satz 3
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Gründe:

Von der Darstellung des Tatbestandes wird nach § 116 Abs. 5 Satz 2 der Finanzgerichtsordnung (FGO) abgesehen.

Die Beschwerde ist unzulässig und durch Beschluss zu verwerfen (§ 132 FGO).

Die Kläger und Beschwerdeführer (Kläger) haben den von ihnen geltend gemachten Zulassungsgrund der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache (§ 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO) nicht entsprechend den gesetzlichen Anforderungen dargelegt (§ 116 Abs. 3 Satz 3 FGO).

1. Die Darlegung des Zulassungsgrundes der grundsätzlichen Bedeutung verlangt substantiierte Ausführungen zur Klärungsbedürftigkeit einer hinreichend bestimmten Rechtsfrage, die im konkreten Streitfall voraussichtlich auch klärbar ist und deren Beurteilung von der Beantwortung einer zweifelhaften oder umstrittenen Rechtsfrage abhängig ist. Hierzu muss sich der Beschwerdeführer insbesondere mit der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH), den Äußerungen im Schrifttum sowie mit ggf. veröffentlichten Verwaltungsmeinungen auseinander setzen.

Ist über die Rechtsfrage bereits entschieden worden, so ist zusätzlich darzulegen, weshalb eine erneute Entscheidung für erforderlich gehalten wird. Eine weitere bzw. erneute Klärung der Rechtsfrage kann z.B. geboten sein, wenn gegen die bisherige Rechtsprechung gewichtige Einwendungen erhoben worden sind, mit denen sich der BFH bislang noch nicht auseinander gesetzt hat.

Ferner ist auf die Bedeutung der Klärung der konkreten Rechtsfrage für die Allgemeinheit einzugehen (BFH-Beschluss vom 17. August 2004 III B 121/03, BFH/NV 2005, 46, m.w.N.). Wird die Verfassungswidrigkeit einer Norm geltend gemacht, so ist zur substantiierten Darlegung eine an den Vorgaben des Grundgesetzes (GG) sowie der dazu ergangenen Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) orientierte Auseinandersetzung erforderlich (BFH-Beschluss vom 4. Februar 2003 VIII B 182/02, BFH/NV 2003, 1059, m.w.N). In der Beschwerdeschrift ist zu erläutern, gegen welche Verfassungsnormen die angewandte Rechtsnorm verstoßen soll; der geltend gemachte Verfassungsverstoß ist näher zu begründen. Dazu gehört insbesondere eine Auseinandersetzung mit der einschlägigen Rechtsprechung des BVerfG und des BFH (BFH-Beschlüsse vom 9. Oktober 2003 III B 139/02, BFH/NV 2004, 187, 188, m.w.N.; vom 19. Dezember 2003 II B 152/02, BFH/NV 2004, 533).

Hinzu kommt, dass nach ständiger Rechtsprechung des BFH Rechtsfragen, die ausgelaufenes oder auslaufendes Recht betreffen, regelmäßig keine grundsätzliche Bedeutung mehr zukommt, sofern der Beschwerdeführer nicht besondere Gründe geltend macht, die ausnahmsweise ein Abweichen von dieser Regel rechtfertigen (BFH-Beschluss vom 21. November 2003 III B 67/03, BFH/NV 2004, 336, m.w.N.).

2. Diesen gesetzlichen Anforderungen entspricht die Beschwerdebegründung nicht.

Die von den Klägern aufgeworfene Frage, ob und in welcher Höhe von ihnen als Unterhaltsverpflichteten für ihre Kinder getragene Ausbildungsaufwendungen steuermindernd zu berücksichtigen seien, ist vom BVerfG sowie durch den BFH geklärt.

§ 33a Abs. 2 des Einkommensteuergesetzes (EStG) hat die Berücksichtigung der wirtschaftlichen Belastungen, die durch die Berufsausbildung von Kindern erwachsen, zum Ziel. Die für den Steuerpflichtigen unvermeidbare Sonderbelastung durch Unterhaltsverpflichtungen mindert seine Leistungsfähigkeit und darf daher vom Gesetzgeber nicht unberücksichtigt gelassen werden (Art. 3 Abs. 1 GG). Der Höhe nach muss der Staat bei der Beurteilung der steuerlichen Leistungsfähigkeit den Unterhaltsaufwand für Kinder des Steuerpflichtigen in dem Umfang als besteuerbares Einkommen außer Betracht lassen, in dem die Unterhaltsaufwendungen zur Gewährleistung des Existenzminimums der Kinder erforderlich sind (ständige Rechtsprechung des BVerfG, vgl. Beschlüsse vom 29. Mai 1990 1 BvL 20, 26/84 und 4/86, BVerfGE 82, 60, BStBl II 1990, 653, und vom 10. November 1998 2 BvR 1057, 1226, 980/91, BVerfGE 99, 216, BStBl II 1999, 182).

Aufwendungen für die Berufsausbildung von Kindern müssen jedoch von Verfassungs wegen nicht genauso behandelt werden wie Aufwendungen für die Sicherung des Existenzminimums, da sie nicht mit der gleichen Zwangsläufigkeit wie diese entstehen und für die Eltern auch nicht verloren sind; vielmehr stellen sie --zumindest auf längere Sicht-- Investitionen der Eltern in die wirtschaftliche und gesellschaftliche Zukunft ihrer Kinder dar (BVerfG-Entscheidung vom 26. Januar 1994 1 BvL 12/86, BVerfGE 89, 346, BStBl II 1994, 307). Gleichwohl bedeutet dies nicht, dass die steuerliche Berücksichtigung solcher Belastungen vollständig in das Ermessen des Gesetzgebers gestellt ist. Da sich die Eltern ihnen nicht beliebig entziehen können, vielmehr weitgehend hierzu bereits nach dem Unterhaltsrecht des Bürgerlichen Gesetzbuches verpflichtet sind und der Wert dieser Investition ebenso der Allgemeinheit zugute kommt, ist der Staat von Verfassungs wegen verpflichtet, einen gewissen Anteil der Ausbildungskosten entweder unmittelbar zu übernehmen oder ihn doch wenigstens bei der Besteuerung der Eltern als Minderung ihrer wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit anzuerkennen. Allerdings hat das BVerfG offen gelassen, bis zu welcher Untergrenze der Gesetzgeber sich bei seiner Entscheidung über den zu berücksichtigenden Umfang dieser Kosten bewegen kann. Werde die Hälfte der Mehrkosten zum Abzug zugelassen, so sei diese Grenze jedenfalls nicht unterschritten (BVerfG-Entscheidung in BVerfGE 89, 346, BStBl II 1994, 307; BFH-Urteile vom 15. Mai 1997 III R 4/96, BFHE 183, 165, BStBl II 1997, 720; vom 17. Oktober 2001 III R 3/01, BFHE 197, 85, BStBl II 2002, 793, 794). Der Senat hat (im Urteil in BFHE 183, 165, BStBl II 1997, 720) in Fortführung der Rechtsprechung des BVerfG klargestellt, dass derartige Aufwendungen für die Berufsausbildung eines Kindes jedoch nicht der Sicherung eines menschenwürdigen Daseins dienen, sondern dem Kind besondere, über die Existenzsicherung hinausgehende Chancen einer beruflichen und damit auch wirtschaftlichen Entfaltung verschaffen. Infolgedessen komme dem Gesetzgeber ein weites Ermessen hinsichtlich der Entscheidung zu, in welchem Umfang eine besonders qualifizierte und aufwändige Ausbildung auf Kosten der Allgemeinheit vom Staat dadurch gefördert werde, dass dieser durch den Verzicht auf Steuereinnahmen den Eltern die Finanzierung einer derartigen Ausbildung erleichtere. Diese Gestaltungsfreiheit werde nicht dadurch begrenzt, dass Eltern sich Unterhaltsleistungen --auch zum Zwecke einer Berufsausbildung ihrer bereits volljährigen Kinder und einer auswärtigen Unterbringung-- aufgrund des bürgerlichen Unterhaltsrechts oder einer sittlichen Verpflichtung nicht beliebig entziehen könnten (dazu bereits BVerfG-Beschluss vom 23. November 1976 1 BvR 150/75, BVerfGE 43, 108, BStBl II 1977, 135).

So wenig ein Heranwachsender aber einen verfassungsunmittelbaren Rechtsanspruch auf Ausbildungsförderung habe, wenn seine Eltern eine qualifizierte Ausbildung nicht finanzieren könnten, so wenig hätten die Eltern von Verfassungs wegen einen Anspruch auf die steuerliche Berücksichtigung von Aufwendungen für eine solche Ausbildung (Senatsurteil in BFHE 183, 165, BStBl II 1997, 720, unter 1. b dd).

Bei der Ermittlung der Grenze, die dem Gestaltungsspielraum des Gesetzgebers bei der steuerlichen Behandlung von Unterhaltszahlungen zum Zwecke der Ausbildung insbesondere durch das Sozialstaatsgebot und die Grundsätze der Steuergerechtigkeit gezogen würden und bei deren Überschreiten die einkommensteuerliche Behandlung von Ausbildungsaufwendungen zu beanstanden wäre, seien die hohen Aufwendungen der öffentlichen Haushalte für den Bildungsbereich zu berücksichtigen, aufgrund deren den Eltern ihre finanzielle Verantwortung für die Ausbildung ihrer Kinder bereits weitgehend zu Lasten der Allgemeinheit abgenommen werde. Dass Steuerpflichtige dies nicht in Anspruch nähmen, sondern ihre Kinder im Ausland studieren ließen, müsse der Gesetzgeber nicht eigens berücksichtigen, zumal es für Auslandsstudien besondere Fördermaßnahmen gebe (Senatsurteil in BFHE 183, 165, BStBl II 1997, 720, unter 1. b ee).

Insbesondere ist in ständiger Rechtsprechung geklärt, dass bereits der Abzug sog. existenzsichernder Unterhaltsaufwendungen lediglich nach sozialhilferechtlichen Grundsätzen, nicht hingegen nach den Maßstäben des bürgerlich-rechtlichen Unterhaltsrechts von Verfassungs wegen steuermindernd berücksichtigt werden müssen (BVerfG-Entscheidungen in BVerfGE 82, 60, BStBl II 1990, 653, 659; vom 10. November 1998 2 BvL 42/93, BVerfGE 99, 246, BStBl II 1999, 174; BFH-Urteil vom 14. August 1997 III R 68/96, BFHE 184, 315, BStBl II 1998, 241, 242). Dies gilt erst recht für Ausbildungsaufwendungen, die nicht der Sicherung des Existenzminimums dienen (BFH-Urteil in BFHE 183, 165, BStBl II 1997, 720, dazu Anm. o.V. in Höchstrichterliche Finanzrechtsprechung 1997, 830; BFH-Beschluss vom 6. Oktober 1998 III B 89/97, BFH/NV 1999, 462; Stöcker in Lademann, Kommentar zum Einkommensteuergesetz, § 33a Rz. 645).

Bereits die steuerliche Entlastung der existenzsichernden Unterhaltsaufwendungen trägt entsprechend den typisierten und pauschalierten Beträgen nicht den individuellen Verhältnissen und Besonderheiten der einzelnen Unterhaltsverpflichteten Rechnung. Umso eher ist es nach den Maßstäben des BVerfG und des BFH gerechtfertigt, die Ausbildungsaufwendungen an den durchschnittlichen Aufwendungen für eine inländische Ausbildung im Regelfall zu orientieren und sie von den besonderen Umständen, wie sie bei einem Auslandsstudium im Einzelfall gegeben sind, zu lösen.

Der Rechtsprechung des BFH wird im Übrigen auch im Schrifttum zugestimmt (vgl. Stöcker, a.a.O., Rz. 645; von Oepen in Blümich, Einkommensteuergesetz, § 33a Rz. 210).

Die Kläger haben sich mit diesen in der Rechtsprechung hinreichend konkretisierten verfassungsrechtlichen Maßstäben inhaltlich nicht auseinander gesetzt und insoweit keinen weiteren oder erneuten Klärungsbedarf dargetan.

Gleichfalls ist geklärt, dass die Ausbildungsfreibeträge auch die Studiengebühren umfassen (BFH-Urteil vom 22. März 1996 III R 7/93, BFHE 180, 541, BStBl II 1997, 30).

Die Kläger haben schließlich auch keine besonderen Umstände dargelegt, weshalb die Höhe der Ausbildungsfreibeträge in den Streitjahren 1999 und 2000 noch im Allgemeininteresse erneut zu überprüfen sei, obwohl die Berücksichtigung von Ausbildungsaufwendungen ab dem Veranlagungszeitraum 2002 durch das Zweite Familienförderungsgesetz vom 16. August 2001 (BGBl I 2001, 2074) in der Weise neu geregelt worden ist, dass die Kinderfreibeträge gemäß § 32 Abs. 6 Satz 1 EStG nunmehr um eine Ausbildungs- und Erziehungskomponente erweitert worden sind und nach § 33a Abs. 2 EStG nur noch für volljährige Kinder, die sich in Berufsausbildung befinden und auswärtig untergebracht sind, zusätzlich ein betragsmäßig reduzierter Ausbildungsfreibetrag gewährt wird.



Ende der Entscheidung

Zurück