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Gericht: Bundesfinanzhof
Beschluss verkündet am 08.09.2003
Aktenzeichen: III E 1/03
Rechtsgebiete: GKG, EStG


Vorschriften:

GKG § 4
EStG § 10d
EStG § 10d Abs. 1
EStG § 10d Abs. 3
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Gründe:

I. Der Kostenschuldner und Erinnerungsführer (Kostenschuldner) begehrte mit seiner Klage gegen die Einkommensteuerbescheide 1989 bis 1994, Verluste aus einem gewerblichen Wertpapierhandel in Höhe von 169 152 DM (1990), 139 632 DM (1991), 10 159 DM (1992), 39 215 DM (1993) und 60 470 DM (1994) zu berücksichtigen. Das Finanzgericht (FG) wies die Klage ab.

Mit der Revision beantragte der Kostenschuldner, das finanzgerichtliche Urteil aufzuheben und die Einkommensteuer für 1989 bis 1994 unter Berücksichtigung der Wertpapierverluste einschließlich hieraus resultierender Verlustrück- und -vorträge gemäß § 10d des Einkommensteuergesetzes (EStG) festzusetzen. Nach mündlicher Verhandlung im Anschluss an einen Gerichtsbescheid nahm der Kostenschuldner die Revision zurück.

Die Kostenstelle des Bundesfinanzhofs (BFH) setzte mit Kostenrechnung vom 29. Oktober 2002 die vom Kostenschuldner zu entrichtenden Gerichtskosten für das Verfahren vor dem BFH gemäß § 4 des Gerichtskostengesetzes (GKG) auf der Basis eines Streitwertes von ... DM fest.

Den Streitwert ermittelte die Kostenstelle, indem sie der festgesetzten Einkommensteuer die Einkommensteuer gegenüberstellte, die sich bei Ansatz der vom Kostenschuldner begehrten Wertpapierverluste ergeben würde. Die bei der Ermittlung des Gesamtbetrags der Einkünfte nicht ausgeglichenen Verluste (1990: 77 154 DM; 1991: 39 965 DM) berücksichtigte die Kostenstelle im Wege des Rück- und Vortrags bei den Festsetzungen für 1989 (Rücktrag) und 1992 sowie 1993 (Vortrag).

Mit seiner Erinnerung trägt der Kostenschuldner im Wesentlichen vor: In den Streitwert eingeflossen seien nicht nur die in den Jahren 1992 und 1993 begehrten Minderungen, sondern auch die steuerlichen Auswirkungen, die sich aufgrund rück- und vortragbarer Verluste aus den Veranlagungszeiträumen 1990 und 1991 ergeben hätten. Dies widerspreche der ständigen Rechtsprechung des BFH, nach der für die Wertberechnung nur der Geldbetrag maßgeblich sei, um den unmittelbar gestritten werde. Mittelbare steuerliche Auswirkungen auf Veranlagungszeiträume, die dem Streitjahr vor- oder nachgelagert seien --wie Verlustrück- und -vorträge--, blieben ebenso außer Betracht wie etwaige steuerliche Auswirkungen auf die Folgejahre. Insbesondere dann, wenn bei der Einkommensteuerveranlagung Abzugsbeträge streitig seien, deren Anerkennung zu einem Verlust führe, der in einen anderen Veranlagungszeitraum zurück- oder vorgetragen werden könne, bemesse sich der Streitwert nur nach den Auswirkungen im Streitjahr.

Es könne auch nicht außer Acht gelassen werden, dass ein etwa festgestellter Verlustvortrag nach § 10d Abs. 1 EStG von Amts wegen durchzuführen gewesen wäre. Insoweit hätten die im Revisionsverfahren gestellten Anträge lediglich die Rechtsfolgen aufgezeigt, die nach § 10d EStG im Ergebnis zu ziehen gewesen wären.

Würde bei der Streitwertermittlung auch die einkommensteuerliche Auswirkung von Verlustvorträgen berücksichtigt, richtete sich der Streitwert danach, ob sich zufälligerweise im Verlustvortragsjahr ein positiver Gesamtbetrag der Einkünfte aufgrund anderer Einkünfte, die nicht streitbefangen seien, ergeben würde oder ob sich der Verlustvortrag erst in späteren, nicht streitbefangenen Veranlagungszeiträumen auswirkte.

Der Kostenschuldner beantragt, die Streitwerte für die Veranlagungszeiträume 1989, 1992 und 1993 zu korrigieren und ohne rück- oder vortragbare Verlustbeträge zu berechnen.

II. Die Erinnerung ist teilweise begründet. Sie führt zur Änderung der angefochtenen Kostenrechnung.

1. Zu Recht hat die Kostenstelle des BFH auch die Steuerminderungen in den Streitwert einbezogen, die sich im Falle eines Obsiegens infolge von Verlustrück- und -vorträgen in den Streitjahren ergeben hätten.

Nach ständiger Rechtsprechung des BFH bemisst sich der Streitwert in Einkommensteuersachen nach der Differenz zwischen der festgesetzten und der angestrebten Steuer. Dabei ist regelmäßig auf den unmittelbar umstrittenen Einkommensteuerbetrag abzustellen, nicht auf das geldwerte Interesse des Revisionsklägers schlechthin und in seiner Gesamtheit. Mittelbare steuerliche Auswirkungen auf Veranlagungszeiträume, die dem Streitjahr vor- oder nachgelagert sind, bleiben deshalb in der Regel außer Betracht (ständige Rechtsprechung, z.B. BFH-Beschlüsse vom 28. Juli 1998 V E 1/98, BFH/NV 1999, 200; vom 8. Juli 1999 VIII E 1/99, BFH/NV 1999, 1630, jeweils m.w.N.).

Bei Streit über einen Verlust, bei dessen Anerkennung ein nach § 10d EStG i.d.F. vor 1990 rück- oder vortragbarer Verlust entstehen würde, hat der BFH deshalb den Streitwert nur nach den Auswirkungen des Verlustes im Streitjahr bemessen (BFH-Beschluss vom 6. März 1987 VI R 73/84, BFH/NV 1987, 456). Zur Begründung führte er aus, die im Streitjahr nicht verbrauchten Abzugsbeträge nähmen an der Bestandskraft der Steuerfestsetzung nicht teil, da die Höhe der Steuer durch sie nicht berührt werde. Es handle sich um Besteuerungsgrundlagen, die, soweit sie nicht gesondert festgestellt würden, einen mit Rechtsbehelfen nicht selbständig anfechtbaren Teil des Steuerbescheides bildeten (§ 157 Abs. 2 der Abgabenordnung --AO 1977--). Bindend entschieden werde über derartige Verluste erst bei der Veranlagung des Jahres, in dem sich der Verlust auswirke.

Anders als in jenem Fall sind im Streitfall auch die Einkommensteuerbescheide angefochten, auf welche die geltend gemachten Verluste rück- bzw. vorgetragen werden sollen. Außerdem ist in den Streitjahren ein Verlustvortrag nur bei gesonderter Feststellung des verbleibenden Verlustes möglich gewesen.

Bei dem angefochtenen Einkommensteuerbescheid für 1989 ist ausschließlich der ursprünglich berücksichtigte, später wieder rückgängig gemachte Verlustrücktrag aus 1990 in Höhe von 77 154 DM im Streit. Diesen Betrag, der keiner gesonderten Feststellung bedurfte (vgl. § 10d Abs. 1 und 3 EStG i.d.F. für die Streitjahre), hat die Kostenstelle daher zu Recht in die Streitwertbemessung einbezogen.

Ein Verlustvortrag hätte sich bei den vom Kläger mit der Revision geltend gemachten Verlusten aus Wertpapierhandel bei der Einkommensteuerfestsetzung 1991 ergeben. Da der Kläger beantragt hatte, die Einkommensteuer unter Berücksichtigung der Wertpapierverluste einschließlich hieraus resultierender Verlustvorträge gemäß § 10d EStG festzusetzen, war sein Begehren nicht nur auf die Herabsetzung der Einkommensteuer 1991 auf 0 DM gerichtet, sondern auch auf die gesonderte Feststellung des "verbleibenden Verlustabzugs" gemäß § 10d Abs. 3 EStG i.d.F. für die Streitjahre. Da der Verlustvortrag zwingend im nächstmöglichen Veranlagungszeitraum zu berücksichtigen gewesen wäre, wäre im Falle des Obsiegens des Klägers die Einkommensteuer des Jahres 1991 zu mindern gewesen. Die sich aus dem Vortrag des verbleibenden Verlustes aus dem Jahr 1991 ergebende Minderung der Einkommensteuer 1992 hat die Kostenstelle daher ebenfalls zutreffend der Streitwertbemessung zugrunde gelegt.

2. Jedoch hat die Kostenstelle versehentlich den bereits durch Rücktrag berücksichtigten Verlust des Jahres 1990 (77 154 DM) zusätzlich auf die Jahre 1991 und 1992 vorgetragen. Ohne die doppelte Berücksichtigung ergibt sich folgender Streitwert: ...

Das Verfahren über die Erinnerung ist gebührenfrei; Kosten werden nicht erstattet (§ 5 Abs. 6 GKG).

Ende der Entscheidung

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