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Gericht: Bundesfinanzhof
Urteil verkündet am 30.09.2003
Aktenzeichen: III R 19/01
Rechtsgebiete: EStG, BGB, EGBGB


Vorschriften:

EStG § 33a Abs. 1
EStG § 33
EStG § 33a Abs. 1 Satz 5
EStG § 33a Abs. 1 Satz 1
EStG § 32a Abs. 1 Nr. 1
BGB § 1598
EGBGB Art. 3 Abs. 1
EGBGB Art. 18 Abs. 1
EGBGB Art. 18 Abs. 3
EGBGB Art. 18 Abs. 6
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Gründe:

I. Der Kläger und Revisionskläger (Kläger) und seine mit ihm zusammen zur Einkommensteuer veranlagte Ehefrau begehrten in ihrer Einkommensteuererklärung für das Streitjahr 1997, Unterhaltszahlungen in Höhe von 6 750 DM an die in der Türkei in einem gemeinsamen Haushalt lebende verwitwete Mutter und die gehbehinderte Schwester des Klägers als außergewöhnliche Belastungen nach § 33a Abs. 1 des Einkommensteuergesetzes (EStG) zu berücksichtigen. Der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt --FA--) erkannte zunächst die Unterhaltszahlungen antragsgemäß in dem unter Vorbehalt der Nachprüfung ergangenen Einkommensteuerbescheid an, berücksichtigte jedoch letztlich in der Einspruchsentscheidung lediglich Unterhaltszahlungen an die Mutter in Höhe von 3 375 DM nach § 33a Abs. 1 EStG. Die Unterhaltszahlungen an die Schwester wurden mit der Begründung nicht anerkannt, diese gehöre nicht zum Kreis der gesetzlich unterhaltsberechtigten Personen. Ein darüber hinaus möglicher Abzug nach § 33 EStG scheitere daran, dass die zumutbare Belastung (§ 33 Abs. 3 EStG) im Streitjahr bei 4 061 DM (4 % des Gesamtbetrags der Einkünfte in Höhe von 101 537 DM) liege und damit die auf die Schwester entfallende Zahlung in Höhe von 3 375 DM übersteige.

Die dagegen gerichtete Klage hatte keinen Erfolg. Das Finanzgericht (FG) führte aus: Selbst wenn der Kläger nach türkischem Recht in Verbindung mit den Vorschriften des Einführungsgesetzes zum Bürgerlichen Gesetzbuch (EGBGB) seiner Schwester gegenüber zum Unterhalt verpflichtet sei, könnten die Unterhaltsaufwendungen nicht abgezogen werden, weil eine derartige gesetzliche Pflicht nicht "inländischen Maßstäben" i.S. des § 33a Abs. 1 Satz 5 i.V.m. Satz 1 EStG genüge.

Mit seiner Revision rügt der Kläger die fehlerhafte Anwendung des § 33a Abs. 1 EStG.

Das FG erkenne grundsätzlich an, dass eine zivilrechtliche Verpflichtung zum Unterhalt der Schwester nach den Vorschriften des EGBGB in Verbindung mit türkischem Recht bestehe. Nach dem Wortlaut des § 33a Abs. 1 Satz 5 i.V.m. Satz 1 EStG sei diese Verpflichtung jedoch steuerlich nicht zu berücksichtigen, da die Unterhaltspflicht nach inländischen Maßstäben zu beurteilen sei und § 1598 des Bürgerlichen Gesetzbuchs (BGB) keine Unterhaltspflicht in der Seitenlinie vorsehe.

Dabei gehe das FG zum einen fehlerhaft davon aus, dass es sich bei den "inländischen Maßstäben" um inländische Gesetze handle. Damit sollten jedoch nur diejenigen gesetzlichen Verpflichtungen nach ausländischem Recht unbeachtet bleiben, die den Grundprinzipien der Verfassung widersprächen. Zum anderen verkenne das FG, dass gerade das internationale Privatrecht --also inländisches Recht-- die gesetzliche Unterhaltspflicht des Klägers gegenüber seiner Schwester auslöse.

Diese zivilrechtliche Verpflichtung sei, entgegen der Auffassung des FG, nach § 33a Abs. 1 EStG zu berücksichtigen. Die §§ 33 ff. EStG wollten den Fällen Rechnung tragen, in denen das Existenzminimum des § 32a Abs. 1 Nr. 1 EStG durch außergewöhnliche Umstände im Bereich der privaten Lebensführung höher liege als im Normalfall. Der Normalfall umfasse Unterhaltsverpflichtungen für Ehegatten und Verwandte in gerader Linie. Dieser Normalfall sei überschritten, wenn Unterhaltpflichten aus rechtlichen Gründen über dieses Maß hinausgingen. So sei es bei Verpflichtungen zum Unterhalt von Geschwistern gemäß dem internationalen Privatrecht. Diese "Überschreitung" des Normalfalles rechtfertige die Anwendung des § 33a Abs. 1 EStG.

Der Kläger beantragt, das Urteil des FG aufzuheben und die Einkommensteuer 1997 unter Änderung des Einkommensteuerbescheides in der Fassung der Einspruchsentscheidung auf 16 737 DM festzusetzen.

Das FA beantragt, die Revision zurückzuweisen.

II. Die Revision ist unbegründet. Sie war deshalb zurückzuweisen (§ 126 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung --FGO--).

Das FG hat zu Recht die Unterhaltszahlungen an die in der Türkei lebende Schwester des Klägers nicht als außergewöhnliche Belastung berücksichtigt.

Die steuerliche Berücksichtigung der einem Steuerpflichtigen erwachsenden Aufwendungen für den Unterhalt einer Person, für die weder der Steuerpflichtige noch eine andere Person Anspruch auf einen Kinderfreibetrag oder auf Kindergeld hat, setzt nach § 33a Abs. 1 Satz 1 EStG u.a. voraus, dass die unterhaltene Person gegenüber dem Steuerpflichtigen gesetzlich unterhaltsberechtigt ist. Die Beantwortung der Frage, ob ein Unterhaltsanspruch vorliegt, richtet sich nach inländischem Recht, d.h. nach den Vorschriften des BGB. Dies gilt nach § 33a Abs. 1 Satz 5 EStG auch für in der Bundesrepublik lebende ausländische Steuerpflichtige, die ihre Angehörigen im In- oder Ausland unterstützen (Urteil des Bundesfinanzhofs --BFH-- vom 4. Juli 2002 III R 8/01, BFHE 199, 407, BStBl II 2002, 760).

Der Kläger ist nach inländischem Recht seiner Schwester gegenüber nicht gesetzlich unterhaltsverpflichtet. Nur Verwandte in gerader Linie müssen einander Unterhalt gewähren (§§ 1601 f. BGB). In gerader Linie sind Personen verwandt, die voneinander abstammen (§ 1589 Satz 1 BGB). Hierzu zählt die Schwester des Klägers nicht (vgl. § 1589 Satz 2 BGB).

Keine andere Beurteilung folgt daraus, dass der Kläger nach türkischem bürgerlichem Recht seiner Schwester gegenüber möglicherweise unterhaltsverpflichtet ist. Zwar träfe diese Unterhaltspflicht den Kläger im Streitjahr gemäß Art. 3 Abs. 1 i.V.m. Art. 18 Abs. 1, 3, 6 EGBGB auch im Inland verbindlich, falls er --was vom FG nicht festgestellt ist-- türkischer Staatsbürger sein sollte. Für die steuerliche Abziehbarkeit der Unterhaltsleistungen bestimmt jedoch § 33a Abs. 1 Satz 5 EStG, dass sich diese ausschließlich nach deutschem Unterhaltsrecht richtet.

Der Senat verweist im Übrigen auf seine Ausführungen im Urteil in BFHE 199, 407, BStBl II 2002, 760.



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