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Gericht: Bundesfinanzhof
Urteil verkündet am 02.12.2004
Aktenzeichen: III R 27/02
Rechtsgebiete: EStG


Vorschriften:

EStG § 33
EStG § 33 Abs. 1
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Gründe:

I. Der Kläger und Revisionsbeklagte (Kläger) ist das einzige Kind seines 1917 geborenen --mittlerweile verstorbenen-- Vaters, der seit dem Tod der Mutter des Klägers im April 1997 allein in einer 120 km von dessen Wohnort entfernt gelegenen Wohnung lebt. Der Vater des Klägers war seit Jahren körperbehindert. Der Grad seiner Behinderung betrug ab September 1988100 v.H. Außerdem waren seit dieser Zeit die Merkzeichen "G" und "RF" in seinem Schwerbehindertenausweis eingetragen.

Sein Hausarzt hatte ihm durch Attest vom März 1999 u.a. bescheinigt, er leide an psychischer Instabilität und depressiver Verstimmung, sei sehr negativ zu seiner gesamten Lebensführung und Umwelt eingestellt sowie nicht zugänglich. Da er außerdem unkontrolliert überproportional Psychopharmaka einnehme, sei --was die Medikamenteneinnahme und die Lebensführung betreffe-- fast rund um die Uhr eine Betreuung notwendig. Nach einer von einem Lungenfacharzt ausgestellten Bescheinigung vom März 2000 litt der Vater außerdem an einer äußerst schweren Lungenerkrankung mit respiratorischer Insuffizienz (Lungenemphysem).

Im Juni 2000 erstellte ein Internist und Sozialmediziner (Dr. O) ein Gutachten in einem vor dem Sozialgericht geführten Verfahren zur Frage der Pflegebedürftigkeit des Vaters des Klägers im Sinne des Pflegeversicherungsgesetzes (PflegeVG). Das Gutachten basiert auf der ambulanten Untersuchung des Vaters des Klägers im Mai 2000 unter Berücksichtigung von --in der Sozialgerichtsakte enthaltenen-- Gutachten, Attesten und Befundberichten.

Der Gutachter gelangte zu dem Ergebnis, der Vater des Klägers bedürfe bei Vornahme der täglichen Verrichtungen, wie z.B. bei der Körperpflege, der Essenszubereitung und Nahrungsaufnahme, beim An- und Auskleiden, beim Verlassen und Wiederaufsuchen der Wohnung sowie im Bereich der hauswirtschaftlichen Versorgung der Hilfe im Umfang von im Tagesdurchschnitt 2 Stunden und 17 Minuten, wovon 45 Minuten auf die hauswirtschaftliche Versorgung entfielen. Der Vater des Klägers hat gegenüber dem Gutachter angegeben, der Kläger komme ein- bis zweimal wöchentlich, um ihn pflegerisch zu versorgen.

Bei den Einkommensteuerveranlagungen für die Streitjahre 1998 und 1999 machte der Kläger Aufwendungen für 1998 in Höhe von 6 988,80 DM für 56 Fahrten und für 1999 von 6 739,20 DM für 54 Fahrten (zu je 0,52 DM pro gefahrenem Kilometer bei einer Fahrstrecke von jeweils 240 km) als außergewöhnliche Belastung gemäß § 33 des Einkommensteuergesetzes (EStG) geltend. Er gab hierzu die Daten der einzelnen Besuchstermine ohne "normale Verwandtenbesuche" an und erklärte, er habe seinem Vater während der ein- bis zweimaligen Besuche in der Woche die Wäsche gewechselt, ihn mit Medikamenten versorgt, ihm bei der Körperpflege geholfen sowie sonstige Besorgungen erledigt.

Der Beklagte und Revisionskläger (das Finanzamt --FA--) berücksichtigte diese Fahrtaufwendungen nicht. Der Einspruch blieb ohne Erfolg.

Das Finanzgericht (FG) gab der Klage statt. Es führte im Wesentlichen aus: Die dem Kläger entstandenen Fahrtkosten seien nach Art und Höhe außergewöhnlich. Denn sie dienten nicht lediglich der allgemeinen Pflege verwandtschaftlicher Beziehungen einschließlich der Erledigungen kleinerer Besorgungen, sondern ungeachtet des Alters der aus gesundheitlichen Gründen erforderlichen Pflege und Betreuung des gehbehinderten, psychisch wie physisch erkrankten und suizidgefährdeten Vaters. Nach den Feststellungen des Sachverständigen handele es sich bei den Krankheiten des Vaters nicht lediglich um übliche altersbedingte Gebrechen, sondern um Erkrankungen, wie sie auch bei jüngeren Menschen auftreten könnten. Wegen der psychischen Erkrankung (Depression, Angststörung, Suizidalität) und eines Magenleidens (Magenausgangsstenose) sei die Anwesenheit einer motivierenden Person notwendig. Auch bei den körperlichen Gebrechen, die die alltäglichen Verrichtungen unmöglich machten (Körperreinigung, An- und Auskleiden) handele es sich nicht um übliche Altersgebrechen, sondern um gesundheitliche Beeinträchtigungen. Die Besuche des Klägers seien geeignet gewesen, das Leiden seines Vaters zu lindern oder zumindest erträglicher zu machen. Andernfalls hätte sich dessen Gesundheitszustand weiter verschlechtert. Auch habe einer Verwahrlosung des Vaters entgegengewirkt werden müssen.

Die Aufwendungen seien auch zwangsläufig entstanden. Als einziges Kind seines verwitweten Vaters sei der Steuerpflichtige seinem Vater gegenüber aus sittlichen Gründen zu den Besuchsfahrten verpflichtet gewesen. Denn der Vater habe fremde Hilfe und die Unterbringung in einem Alters- oder Pflegeheim abgelehnt und die zurückzulegende Wegstrecke sei nicht unzumutbar lang gewesen. Das gesellschaftliche Umfeld des Klägers hätte das Unterlassen der Besuche missbilligt.

Die geltend gemachten Fahrtkosten seien nach den Umständen notwendig und angemessen gewesen, um der Verschlimmerung der Leiden des Vaters entgegenzuwirken. Dass der Kläger die 56 bzw. 54 geltend gemachten Fahrten tatsächlich zum Zweck der Betreuungs- und Pflegemaßnahmen durchgeführt habe, ergebe sich aus der Erklärung des Vaters und aus dem Sachverständigengutachten. Dabei sei auch zu berücksichtigen, dass der Kläger zusätzlich einmal pro Woche der üblichen familiären Kontaktpflege dienende Besuche unternommen habe.

Mit der Revision rügt das FA die Verletzung formellen und materiellen Rechts. Das FG-Urteil widerspreche den vom Bundesfinanzhof (BFH) aufgestellten Grundsätzen zur Berücksichtigung von Aufwendungen für Besuche erkrankter oder pflegebedürftiger Angehöriger. Solche Aufwendungen seien nur dann anzuerkennen, wenn eine sittliche Pflicht bestehe und wenn die Besuche medizinisch indiziert seien bzw. zur Heilung oder Linderung einer bestimmten Krankheit entscheidend beitragen könnten. Allein die Erkrankung des Angehörigen reiche dazu nicht aus. Ferner seien allenfalls die Aufwendungen in Höhe der Kosten öffentlicher Verkehrsmittel zu berücksichtigen. Das FG habe auch seine Sachaufklärungspflicht verletzt. Es hätte insbesondere näher aufklären müssen, ob der Kläger tatsächlich zweimal in der Woche zu seinem Vater gefahren sei. Dies wäre anhand der Inspektionsrechnungen für den benutzten PKW leicht nachprüfbar gewesen. Schließlich habe sich das FG für den Gesundheitszustand des Vaters des Klägers zu Unrecht auf das Gutachten Dr. O bezogen. Denn dieses Gutachten sei im Juni 2000 zur Beurteilung der Pflegebedürftigkeit zum Zeitpunkt der Begutachtung im Frühsommer 2000 erstellt worden. Es enthalte keine Aussage über den mutmaßlichen Gesundheitszustand in den Streitjahren 1998 und 1999 und dürfe dafür nicht herangezogen werden.

Das FA beantragt sinngemäß, das Urteil des FG aufzuheben und die Klage abzuweisen.

Der Kläger beantragt, die Revision zurückzuweisen.

II. Die Revision ist begründet. Sie führt zur Aufhebung der Vorentscheidung und zur Zurückverweisung der Sache an das FG zur erneuten Verhandlung und Entscheidung (§ 126 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 der Finanzgerichtsordnung --FGO--).

1. Erwachsen einem Steuerpflichtigen zwangsläufig größere Aufwendungen als der überwiegenden Mehrzahl der Steuerpflichtigen gleicher Einkommensverhältnisse, gleicher Vermögensverhältnisse und gleichen Familienstandes (außergewöhnliche Belastung), wird gemäß § 33 Abs. 1 EStG die Einkommensteuer --unter weiteren hier nicht zu erörternden Voraussetzungen-- ermäßigt. Nach ständiger Rechtsprechung des BFH ist eine Belastung nur dann außergewöhnlich, wenn die Aufwendungen nicht nur ihrer Höhe, sondern auch ihrer Art und dem Grunde nach außerhalb des Üblichen liegen. Die typischen Aufwendungen der Lebensführung sind aus dem Anwendungsbereich des § 33 EStG ungeachtet ihrer Höhe im Einzelfall ausgeschlossen.

Die Aufwendungen für Besuche zwischen nahen Angehörigen sind deshalb regelmäßig ebenso wenig als außergewöhnlich, sondern typisierend als durch allgemeine Freibeträge und etwaige andere steuerliche Ermäßigungen abgegolten anzusehen wie Aufwendungen für sonstige Formen der Kontaktpflege etwa durch Telefongespräche. Das gilt auch, wenn der besuchte Angehörige erkrankt oder pflegebedürftig ist und Fahrten in kürzeren zeitlichen Abständen oder über größere Entfernungen durchgeführt werden. Denn es ist üblich und jedenfalls nicht im vorgenannten Sinn außergewöhnlich, wenn ein erkrankter oder pflegebedürftiger Angehöriger häufiger und auch über größere Entfernungen besucht wird als ein gesunder.

Eine Ausnahme lässt die Rechtsprechung des BFH zu, wenn Besuchsfahrten ausschließlich zum Zwecke der Heilung oder Linderung einer Krankheit oder eines Leidens unternommen werden oder den Zweck verfolgen, die Krankheit oder ein Leiden erträglicher zu machen, so dass die Kosten zu den unmittelbaren Krankheitskosten rechnen. Ferner können die Aufwendungen für Besuchsfahrten dann eine außergewöhnliche Belastung darstellen, wenn ein Steuerpflichtiger sie auf sich nimmt, um einen nahen Angehörigen, der im eigenen Haushalt lebt, mit Rücksicht auf dessen Erkrankung oder Pflegebedürftigkeit betreuen und versorgen zu können, soweit die Aufwendungen jene für Besuchsfahrten überschreiten, die der Steuerpflichtige auch ohne die Erkrankung üblicherweise ausgeführt hätte (Senatsurteile vom 24. Mai 1991 III R 28/89, BFH/NV 1992, 96, und vom 22. Oktober 1996 III R 265/94, BFHE 182, 352, BStBl II 1997, 558, m.w.N.). Die Fahrten dürfen jedoch nicht lediglich der allgemeinen Pflege verwandtschaftlicher Beziehungen dienen, wobei zur verwandtschaftlichen Kontaktpflege in diesem Sinne beispielsweise auch die Erledigung von Besorgungen --wie Einkäufe und Schriftverkehr-- für einen alten oder kranken Verwandten gehören kann. Benutzt der Steuerpflichtige für die Fahrten ein eigenes Kfz, sind die Aufwendungen für die Besuchsfahrten grundsätzlich nur in Höhe der Fahrtkosten für öffentliche Verkehrsmittel zu berücksichtigen, es sei denn, deren Benutzung wäre wegen ungünstiger Verkehrsverbindungen unzumutbar (Senatsurteil vom 6. April 1990 III R 60/88, BFHE 161, 432, BStBl II 1990, 958).

Die Gewährung eines Abzugsbetrages nach § 33 EStG setzt weiter voraus, dass sich der Steuerpflichtige aufgrund einer tatsächlichen Zwangslage oder einer rechtlichen oder sittlichen Pflicht den Aufwendungen nicht entziehen konnte. Eine sittliche Verpflichtung, die bei der Übernahme der Pflege der eigenen Eltern in Betracht kommt, ist nur dann anzunehmen, wenn nach dem Urteil der Mehrzahl billig und gerecht denkender Mitbürger ein Steuerpflichtiger sich zu einem solchen Verhalten verpflichtet sehen kann. Sittlich zu billigende oder besonders anerkennenswerte Gründe allein reichen nicht aus. Das sittliche Gebot muss vielmehr ähnlich einem Rechtszwang von außen her als eine Forderung oder zumindest eine Erwartung der Gesellschaft in der Weise in Erscheinung treten, dass die Unterlassung Nachteile im sittlich-moralischen Bereich oder auf gesellschaftlicher Ebene zur Folge haben kann. Die Aufwendungen im Zusammenhang mit der Erbringung von Pflegeleistungen für einen nahen Angehörigen sind daher nur dann als aufgrund einer sittlichen Pflicht zwangsläufig anzuerkennen, wenn der Steuerpflichtige einem unausweichlichen, einem Rechtszwang ähnlichen sittlichen Gebot zur Erbringung solcher Pflegeleistungen gegenübersteht. Ob dies der Fall ist, kann nur nach den näheren Umständen des Einzelfalls entschieden werden. Dabei ist zu berücksichtigen, dass angesichts des unter Umständen sehr persönlichen Charakters der für die Pflege erforderlichen Leistungen selbst bei einem nahen Verwandtschaftsverhältnis nicht ohne weiteres vom Bestehen einer solchen sittlichen Pflicht ausgegangen werden kann (Senatsurteil in BFHE 182, 352, BStBl II 1997, 558, m.w.N.).

2. Das Urteil des FG entspricht nicht diesen Grundsätzen.

a) Die Entscheidung des FG beruht darauf, der Vater des Klägers sei erkrankt gewesen und der Kläger sei, da sein Vater fremde Hilfe und die Unterbringung in einem Heim abgelehnt habe, aus sittlichen Gründen dazu gezwungen gewesen, seinen Vater regelmäßig zu besuchen, um ihn wegen seiner Erkrankung zu betreuen und zu versorgen. Hinsichtlich des gesundheitlichen und pflegerischen Zustands, in dem sich der Vater des Klägers befand, folgt das FG dem Gutachten Dr. O vom Juni 2000 über seine Untersuchung vom Mai 2000, das in seine Beurteilung u.a. zwei Gutachten des Medizinischen Dienstes der Krankenkassen (MDK) vom Dezember 1997 (Dr. S) und vom Januar 1999 (Dr. L) einbezieht, die sich nicht in den Akten befinden. Die Gutachten Dr. S und Dr. L verneinten das Vorliegen der Pflegestufe I. Dr. O kommt abschließend zu dem Ergebnis, der Vater des Klägers bedürfe für die Verrichtungen der Körperpflege, Ernährung, Mobilität sowie der hauswirtschaftlichen Versorgung Hilfe durch eine Hilfsperson im Umfang von im Tagesdurchschnitt 2 Stunden und 17 Minuten. Dieser Hilfebedarf habe mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit bereits im Januar 1999 vorgelegen.

Da das Gutachten Dr. O zum Zustand des Vaters des Klägers im Streitjahr 1998 keine Aussage enthält, ist das Urteil des FG bereits insoweit fehlerhaft, als es aufgrund dieses Gutachtens die Pflegebedürftigkeit des Vaters des Klägers und die Erforderlichkeit der Besuchsfahrten des Klägers bereits im Jahre 1998 angenommen hat. Dem FG ist nicht darin zuzustimmen, dass das Gutachten auch für das Jahr 1998 herangezogen werden könne, da es sich um Gesundheitsbeeinträchtigungen gehandelt habe, deren Verlauf keine kurzfristigen Veränderungen habe erwarten lassen. Denn gerade im Bereich der Pflegebedürftigkeit können sich die Gebrechen bei einer auch nur geringeren Verschlimmerung dahin gehend auswirken, dass eine Pflegebedürftigkeit eintritt.

b) Für das Streitjahr 1999 hingegen ist die Würdigung des FG aufgrund des Gutachtens, der Vater des Klägers sei krank und pflegebedürftig gewesen, als mögliche Folgerung nicht zu beanstanden. Nicht gefolgt werden kann dem FG jedoch darin, die Zwangsläufigkeit der Fahrtaufwendungen des Klägers ergebe sich schon daraus, dass sein Vater fremde Unterstützung und die Unterbringung in einem Heim abgelehnt habe. Wie der Senat in dem Urteil in BFHE 182, 352, BStBl II 1997, 558 ausgeführt hat, kann wegen des unter Umständen sehr persönlichen Charakters der Pflegeleistungen selbst bei einem nahen Verwandtschaftsverhältnis nicht ohne weiteres vom Bestehen einer entsprechenden sittlichen Pflicht ausgegangen werden und es nicht missbilligenswert erscheinen, wenn Kinder die von ihren Eltern selbst nicht mehr bewältigten Verrichtungen Dritten, z.B. sozialen Diensten, übertragen. Anders könnte es nur dann sein, wenn es wegen nicht hinnehmbarer Folgen unzumutbar wäre, sich über die Weigerung der pflegebedürftigen Person, fremde Hilfe anzunehmen, hinwegzusetzen. Das FG hat dazu keine Feststellungen getroffen. Im Übrigen ergibt sich aus dem Gutachten Dr. O, dass dem Vater des Klägers zumindest im Haushalt Dritte Hilfe leisteten und dass er bei akuten gesundheitlichen Problemen vom Hausarzt aufgesucht wurde. Zudem ist der Vortrag des Klägers insoweit nicht ganz frei von Widersprüchen, als er einerseits auf den hohen täglich erforderlichen Pflegeaufwand hinweist und andererseits angibt, er sei regelmäßig nur ein- bis zweimal wöchentlich zu seinem Vater gefahren, wobei nur eine Fahrt wöchentlich den Zweck gehabt habe, den Vater pflegerisch zu versorgen, während es sich bei anderen Fahrten um übliche Besuchsfahrten unter Verwandten gehandelt habe.

c) Das FG hat ferner nicht berücksichtigt, dass Aufwendungen dann nicht zwangsläufig erwachsen sind, wenn sie durch die zumutbare Inanspruchnahme anderweitiger Ersatzmöglichkeiten hätten abgewendet werden können oder wenn dem Steuerpflichtigen für seine Aufwendungen eine Gegenleistung zugeflossen ist (Senatsbeschluss vom 15. November 1999 III B 76/99, BFH/NV 2000, 697, m.w.N.; Senatsurteil vom 6. Februar 1997 III R 72/96, BFHE 182, 551, BStBl II 1997, 607). Möglicherweise hätte der Kläger von seinem Vater Ersatz für seine Fahrtaufwendungen erlangen können. Dies ist naheliegend, da es sich --nach der Darstellung des Klägers-- um Fahrten handelte, die der Kläger ausschließlich im Interesse seines Vaters, der fremde Hilfe ablehnte, durchgeführt hat. Bei entsprechenden Einkommens- oder Vermögensverhältnissen des Vaters wäre es dem Kläger zuzumuten gewesen, zumindest zu versuchen, sich die Fahrtkosten vom Vater erstatten zu lassen, die der Vater seinerseits möglicherweise hätte steuerlich geltend machen können.

d) Schließlich hat das FG nicht berücksichtigt, dass die Aufwendungen des Steuerpflichtigen für Fahrten mit dem eigenen Kfz zur Betreuung eines kranken oder pflegebedürftigen Angehörigen grundsätzlich nur in Höhe der für die Benutzung öffentlicher Verkehrsmittel entstehenden Kosten als außergewöhnliche Belastung abziehbar sind. Das FG hat keine Feststellungen dazu getroffen, ob der Kläger die Fahrten auch mit öffentlichen Verkehrsmitteln hätte durchführen können und ob die Fahrtaufwendungen dann geringer als unter Ansatz des Kilometer-Pauschsatzes von 0,52 DM gewesen wären.

3. Da das FG-Urteil somit bereits aus materiell-rechtlichen Gründen aufzuheben ist, braucht über die Sachaufklärungsrüge des FA nicht entschieden zu werden.

4. Die Sache ist nicht spruchreif. Das FG wird die erforderlichen Feststellungen zur Außergewöhnlichkeit und Zwangsläufigkeit der vom Kläger geltend gemachten Aufwendungen nachzuholen haben.

Ende der Entscheidung

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