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Gericht: Bundesfinanzhof
Urteil verkündet am 04.08.1999
Aktenzeichen: III R 60/97
Rechtsgebiete: InvZulG 1991


Vorschriften:

InvZulG 1991 § 6 Abs. 1
InvZulG 1991 § 6 Abs. 3 Satz 1
BUNDESFINANZHOF

Ein unter Verwendung eines nicht amtlichen oder eines nicht für das Kalenderjahr 1991 vorgesehenen amtlichen Vordrucks gefertigter Investitionszulagenantrag für das Kalenderjahr 1991 ist nur dann gemäß § 6 Abs. 3 Satz 1 InvZulG 1991 wirksam "nach amtlichem Vordruck" gestellt, wenn das verwendete Formular in allen Einzelheiten dem amtlichen Formular für das Kalenderjahr 1991 entspricht (Fortführung der Rechtsprechung zu § 6 Abs. 3 Satz 1 InvZV im Urteil vom 16. Juli 1997 III R 266/94, BFHE 184, 142, BStBl II 1998, 31).

InvZulG 1991 § 6 Abs. 1, Abs. 3 Satz 1

Urteil vom 4. August 1999 - III R 60/97 -

Vorinstanz: Hessisches FG (EFG 1998, 63)


Gründe

I.

Die Klägerin und Revisionsbeklagte (Klägerin) betreibt eine Spedition in der Rechtsform einer KG mit Sitz in X. Sie unterhält seit Juli eine Betriebstätte in Z. Bis 1990 war sie mit den Einkünften aus dieser Betriebstätte in der ehemaligen DDR beschränkt steuerpflichtig und wurde dementsprechend vom Finanzamt (FA) Z veranlagt.

Für 1990 hatte die Klägerin beim FA Z auch für Investitionen in der dortigen Betriebstätte Investitionszulage nach der Verordnung über die Beantragung und die Gewährung von Investitionszulagen für Anlageinvestitionen (InvZV) beantragt. Das FA Z hatte die Investitionszulage antragsgemäß mit Bescheid vom August 1992 bewilligt. Für 1991 (Streitjahr) beantragte die Klägerin --wie schon im Vorjahr-- ohne Einschaltung ihres Steuerberaters Investitionszulage für die in der Betriebstätte in Z vorgenommenen Investitionen.

Hierfür benutzte sie eine Fotokopie des Antragsformulars für 1990 unter Abänderung des Zeitraums und des maßgebenden Kalenderjahres. Den Antrag reichte sie am 28. September 1992 beim FA Z ein. Das FA Z leitete den Antrag an das zuständige beklagte FA (Beklagter und Revisionskläger --FA--) weiter, wo der Antrag am 12. Februar 1993 einging.

Das FA machte den Bevollmächtigten der Klägerin fernmündlich am 3. September 1993 darauf aufmerksam, daß der Antrag verspätet gestellt worden sei. Mit am 7. September 1993 beim FA eingegangenem Schriftsatz vom 6. September 1993 beantragte der Bevollmächtigte Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wegen Versäumung der Antragsfrist. Die Klägerin treffe an dem Fristversäumnis kein Verschulden. Nach Lage der Dinge habe sie von der Zuständigkeit des FA Z ausgehen dürfen. Das FA Z habe sich sogar selbst für die einheitliche und gesonderte Gewinnfeststellung noch für das Jahr 1991 für zuständig gehalten und die Klägerin gemahnt, die Steuererklärungen für 1991 abzugeben. Dies gelte ebenso für die Zuständigkeit für die Festsetzung der Investitionszulage; denn das FA Z habe den Investitionszulagenantrag erst im Februar 1993 an das beklagte FA weitergeleitet. Ersichtlich hätte danach auch ein früheres Einreichen des Investitionszulagenantrags nicht zu einer termingerechten Weiterleitung geführt.

Mit Bescheid vom 13. März 1995 lehnte das FA den Investitionszulagenantrag für 1991 ab. Der Antrag sei verspätet beim FA eingegangen. Wiedereinsetzung in den vorigen Stand könne nicht gewährt werden.

Nach erfolglosem Einspruch (Einspruchsentscheidung vom 4. Oktober 1995) gab das Finanzgericht (FG) der Klage durch Zwischenurteil, veröffentlicht in Entscheidungen der Finanzgerichte (EFG) 1998, 63, statt. Der Antrag sei form- und fristgerecht eingereicht worden. Zur Sache könne indes noch nicht abschließend entschieden werden.

Der verspätete Eingang des Antrages bei dem zuständigen FA sei unschädlich. Das FA hätte wegen fehlenden Verschuldens der Klägerin Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gewähren müssen. Die Klägerin habe den Antrag fristgerecht bei dem --unzu- ständigen-- FA Z angebracht. Der Irrtum über dessen Zuständigkeit sei ihr nicht zuzurechnen.

Der Antrag sei auch formgerecht i.S. von § 6 Abs. 3 des Investitionszulagengesetzes (InvZulG) 1991 gestellt worden. Danach sei der Antrag "nach amtlichem Vordruck" zu stellen. Diese Voraussetzung habe die Klägerin erfüllt. Es habe sich um einen amtlichen Vordruck, wenn auch für das Vorjahr, gehandelt. Dieser Vordruck reiche indessen aus, weil er in den wesentlichen Teilen dem für das Jahr 1991 entspreche. Die Abweichungen in der Jahreszahl und dem Zeitraum habe die Klägerin durch entsprechende Änderungen berücksichtigt. Die Klägerin habe im übrigen sämtliche Angaben gemacht, die materiell-rechtlich für die Gewährung der Investitionszulage erforderlich seien. Soweit der Vordruck für 1991 von dem verwendeten Vordruck für 1990 abweiche, seien die Unterschiede im Streitfall ohne Bedeutung. Die nur für 1991 abzugebende Erklärung bezüglich von Luftfahrzeugen sei hier nicht einschlägig. Im übrigen wichen die Vordrucke nur noch hinsichtlich der am Schluß abzugebenden Erklärungen voneinander ab. Im Vordruck 1991 sei vom Antragsteller auch noch zu versichern, daß ihm bekannt sei, daß die nachträgliche Änderung einer Vereinbarung mit dem Ziel, diese in eine investitionszulagebegünstigte Zeit zu verlegen, eine subventionserhebliche Tatsache darstelle. Das Fehlen dieser hier ebenfalls nicht einschlägigen Erklärung reiche nicht aus, den Antrag als formnichtig zu behandeln, zumal eine solche Belehrung nach dem InvZulG nicht Tatbestandsmerkmal für die Gewährung der Zulage sei.

Mit der vom FG --im Hinblick auf das gegenläufige Urteil des Thüringer FG vom 15. November 1995 I 136/95, EFG 1996, 338-- zugelassenen Revision rügt das FA die Verletzung formellen (§ 76 Abs. 1 der Finanzgerichtsordnung --FGO--) und materiellen Rechts (§ 6 Abs. 3 InvZulG 1991 und § 110 der Abgabenordnung --AO 1977--).

Nach § 6 Abs. 3 InvZulG 1991 sei der Antrag "nach amtlichem Vordruck" zu stellen. Die Vorschrift lehne sich wörtlich an § 150 Abs. 1 Satz 1 AO 1977, § 18 Abs. 1 und 3 des Umsatzsteuergesetzes (UStG) sowie § 25 Abs. 2 Satz 2 der Gewerbesteuer-Durchführungsverordnung (GewStDV) an. Rechtsprechung und Literatur legten die Vorschrift unterschiedlich aus. Im wesentlichen bezögen sie sich auf die vom Bundesministerium der Finanzen herausgegebenen Grundsätze zur Verwendung von Steuererklärungsvordrucken. Nach Hübschmann/Hepp/Spitaler (Abgabenordnung-Finanzgerichtsordnung, 10. Aufl., § 150 AO 1977 Rz. 15) wäre die Klägerin nicht gehalten gewesen, sich des für das Kalenderjahr 1991 gültigen amtlichen Vordrucks zu bedienen, sofern der tatsächlich benutzte Vordruck in allen wesentlichen Punkten dem gültigen amtlichen Vordruck entsprochen habe. Im Streitfall sei diese Voraussetzung jedoch entgegen der Auffassung des FG nicht gegeben.

Zu Unrecht habe das FG auch erkannt, daß das FA verpflichtet gewesen wäre, der Klägerin Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren, so daß der Antrag als fristgerecht gestellt zu behandeln sei.

Das FA beantragt, das Urteil des FG aufzuheben und die Klage abzuweisen.

Die Klägerin tritt dem Revisionsbegehren des FA entgegen und schließt sich der Rechtsauffassung des FG an. Ergänzend trägt sie vor, die Abänderung vorjähriger Formulare sei auch seitens der FÄ gängige Praxis. Hierzu verweist sie auf die Verfügung der Oberfinanzdirektion (OFD) Cottbus vom 29. August 1997 (Neue Wirtschafts-Briefe --NWB--, Eilnachrichten 1997, F.1, S. 313, Heft Nr. 42 vom 13. Oktober 1997), wonach es für die Stellung des Investitionszulagenantrags 1997 nicht zu beanstanden sei, wenn die Anträge auf Formularen für 1996 unter handschriftlicher Änderung der Jahreszahl gestellt würden. Diese regelmäßig geübte Praxis der Finanzverwaltung verführe den Steuerbürger, ähnlich vorzugehen und darin auch nicht im Ansatz ein fragwürdiges Verhalten zu erblicken.

II.

Die Revision ist begründet. Sie führt zur Aufhebung des angefochtenen Zwischenurteils und zur Abweisung der Klage als unbegründet (§ 126 Abs. 3 Nr. 1 FGO).

Entgegen der Rechtsauffassung des FG steht der Klägerin für das Streitjahr 1991 keine Investitionszulage zu, weil sie den Antrag auf Gewährung der Investitionszulage 1991 nicht nach dem dafür vorgesehenen amtlichen Vordruck gestellt hat.

1. a) Nach § 6 Abs. 3 Satz 1 InvZulG 1991 ist der Antrag auf Investitionszulage "nach amtlichem Vordruck" zu stellen. Zu der vergleichbaren Regelung in § 6 Abs. 3 Satz 1 InvZV, wonach der Antrag auf Investitionszulage "auf einem amtlichen Vordruck, der von dem zuständigen FA anzufordern ist", zu erstellen ist, hat der Senat in seinem Urteil vom 16. Juli 1997 III R 266/94 (BFHE 184, 142, BStBl II 1998, 31) entschieden, die Anspruchsvoraussetzungen seien nur dann vollständig, wenn bei der Antragstellung das amtliche Formular --als Tatbestandsvoraussetzung-- verwendet werde. Dafür spreche neben dem Wort "auf" auch, daß die Vordrucke von dem zuständigen FA anzufordern gewesen seien. Die Regelung diene der Verwaltungsvereinfachung und solle den Antragsteller zur Abgabe aller erforderlichen Erklärungen veranlassen sowie das FA in die Lage versetzen, über die Gewährung der beantragten Zulage rasch und abschließend zu entscheiden. Diesem Zweck würde die Anerkennung der Verwendung eines von den amtlichen Vordrucken abweichenden, wenn auch weitgehend mit ihnen übereinstimmenden Formulars selbst dann zuwiderlaufen, wenn das FA trotz der Abweichungen ohne Rückfrage, jedoch unter Zuhilfenahme anderer Angaben in der Lage wäre, den Antrag zu bearbeiten. Auch dann müßte die Finanzbehörde jeweils im Einzelfall prüfen, ob die in dem verwendeten Formular enthaltenen Angaben den gesetzlichen Anforderungen tatsächlich im vollen Umfang entsprächen.

Der Senat hat eine Ausnahme von der strengen Vorgabe in § 6 Abs. 3 Satz 1 InvZV allenfalls dann für denkbar gehalten, wenn offensichtlich ist, daß zwischen dem verwendeten nichtamtlichen und dem amtlichen Vordruck --wie etwa bei einer Fotokopie des amtlichen Vordrucks-- keine Abweichungen bestehen (s.a. Urteil des Bundesfinanzhofs --BFH-- vom 13. April 1972 V R 16/69, BFHE 105, 416, BStBl II 1972, 725, und Senatsurteil vom 17. Dezember 1998 III R 87/96, BStBl II 1999, 313, unter Ziff. 4. der Gründe).

b) Diese Erwägungen gelten entsprechend für die Anwendung des § 6 Abs. 3 Satz 1 InvZulG 1991.

Auch hier dient die Verwendung des amtlichen Vordrucks für die Beantragung der Investitionszulage sowohl den Interessen der Finanzverwaltung als auch denen des Anspruchsberechtigten an einer möglichst zügigen Prüfung der Anspruchsvoraussetzungen. Die Verwendung nichtamtlicher Vordrucke bzw. von (amtlichen) Vordrucken, die nicht für das betreffende Kalenderjahr vorgesehen sind, ist daher auch im Rahmen dieser gesetzlichen Bestimmung nur dann ausnahmsweise anzuerkennen, wenn das verwendete Formular in allen Einzelheiten dem amtlichen Formular entspricht (BFH-Urteil in BFHE 105, 416, BStBl II 1972, 725).

Der von der Klägerin --als Kopie-- verwendete Vordruck IZ (90) stimmt --offensichtlich-- nicht in allen Einzelheiten mit dem vorgesehenen Formular IZ (91) überein. So fehlen auf dem Vordruck IZ (90) --beispielsweise-- Angaben zu den im Jahr 1990 angefallenen Anzahlungen und Teilherstellungskosten, zum Investitionsbeginn bei Investitionen in Berlin (West) sowie zum Rumpfwirtschaftsjahr 1991. Wird ein Investitionszulagenantrag aber --wie im Streitfall-- unter Verwendung eines für einen anderen Investitionszeitraum vorgesehenen amtlichen Vordrucks, der nicht in allen Einzelheiten dem amtlichen Vordruck für den maßgebenden Zeitraum entspricht, gestellt, so ist er ebenso unwirksam wie bei Verwendung eines nicht entsprechend übereinstimmenden privaten Vordrucks.

c) Soweit die Klägerin auf die Verfügung der OFD Cottbus vom 29. August 1997 hinweist, gibt diese keine Veranlassung zu einer abweichenden rechtlichen Beurteilung.

Es kann dahingestellt bleiben, ob diese Verfügung überhaupt rechtliche Wirkungen für das nicht zu ihrem Bezirk gehörende beklagte FA entfalten kann (vgl. § 8 Abs. 1 des Finanzverwaltungsgesetzes --FVG--). Die Verfügung betrifft überdies nicht nur ein zeitlich anderes und mehrere Jahre nach dem Streitjahr liegendes Kalenderjahr, nämlich das Jahr 1997, sondern sie erfaßt auch einen wesentlich anderen Sachverhalt. Für die Jahre 1996 und 1997 galt nämlich einheitlich das InvZulG 1996. Demgegenüber bestanden für das Streitjahr 1991 und für 1990, worauf das FA zutreffend hingewiesen hat, gerade unterschiedliche Rechtsgrundlagen.

Schließlich enthält die Verfügung eine eindeutige zeitliche Begrenzung dahingehend, daß die Benutzung des Vordrucks für 1996 bis zum Vorliegen der amtlichen Antragsvordrucke für das Jahr 1997 nicht zu beanstanden sei.

2. Nach den unter Ziff. II. 1. dargestellten Rechtsgrundsätzen kommt wegen des --außerdem-- verspäteten Eingangs des Zulagenantrags beim zuständigen FA eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand nach § 110 AO 1977 --unbeschadet der rechtlichen Würdigung des FG hinsichtlich eines fehlenden Verschuldens der Klägerin nach § 110 Abs. 1 Satz 1 AO 1977-- bereits deshalb nicht in Betracht, weil die Klägerin die versäumte Handlung (vgl. § 110 Abs. 2 Satz 3 AO 1977) in Gestalt eines ordnungsgemäßen Antrags auf dem Vordruck IZ (91) weder innerhalb der Antragsfrist noch überhaupt bis heute nachgeholt hat.

3. Das FG ist von anderen Rechtsgrundsätzen ausgegangen. Seine Entscheidung war deshalb aufzuheben. Da die Sache spruchreif ist, war die Klage abzuweisen (§ 126 Abs. 3 Nr. 1 FGO; ferner BFH-Urteil vom 27. Oktober 1993 XI R 17/93, BFHE 172, 493, BStBl II 1994, 439, unter Ziff. II. 4. der Gründe zur möglichen Durcherkennung bei einem Zwischenurteil).

Ende der Entscheidung

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