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Beginn der Entscheidung

Gericht: Bundesfinanzhof
Beschluss verkündet am 20.08.2009
Aktenzeichen: III S 1/09 (PKH)
Rechtsgebiete: FGO


Vorschriften:

FGO § 120 Abs. 2 S. 1
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Gründe:

I.

Das Finanzgericht (FG) hat die Klage der Klägerin und Antragstellerin (Antragstellerin) als unbegründet abgewiesen und die Revision zugelassen. Das Urteil wurde der Prozessbevollmächtigten der Antragstellerin am 20. Dezember 2008 zugestellt. Hiergegen legte die Prozessbevollmächtigte für die Antragstellerin am 12. Januar 2009 Revision ein, die bei dem Senat unter dem Aktenzeichen III R ... anhängig ist. Die Revisionsbegründung ging am 23. Februar 2009 ein. Auf den Ablauf der Revisionsbegründungsfrist hingewiesen, teilte die Prozessbevollmächtigte mit, das Urteil des FG sei ausweislich des darauf befindlichen Eingangsstempels ihres Büros am 22. Dezember 2008 eingegangen. Die Fristen seien von der seit drei Jahren bei ihr beschäftigten Rechtsanwaltsfachangestellten X notiert worden; sie, die Prozessbevollmächtigte, habe diese Fristen im Einzelfall nicht kontrolliert, da X eine erfahrene Anwaltsmitarbeiterin sei und es im Hinblick auf die Berechnung und Eintragung von Fristen bisher keine Beanstandungen gegeben habe. Ausgehend von einer Zustellung am 22. Dezember 2008 sei die Fristberechnung im Übrigen auch korrekt. Vorsorglich werde Wiedereinsetzung in den vorigen Stand beantragt und um Mitteilung der Umstände gebeten, aus denen der Senat eine Zustellung am 20. Dezember 2008 annehme.

In Kopie legte die Prozessbevollmächtigte die mit dem Eingangsstempel ihres Büros versehene Seite des Urteils sowie einen Auszug aus ihrem Terminbuch vor, in dem die Fristen für die Revisionseinlegung mit dem 22. Januar 2009 und für die Revisionsbegründung mit dem 23. Februar 2009 vermerkt sind.

Nachdem ihr in Kopie die Postzustellungsurkunde übersandt worden war, legte die Prozessbevollmächtigte eine eidesstattliche Versicherung der X vor, in der diese ausführte, dass sie am Montag, den 22. Dezember 2008, die Post bearbeitet und in dieser Sache die Fristen eingetragen habe. Die Fristberechnung sei ihr, auch bei an Samstagen per Postzustellungsurkunde zugestellten Fristsachen, geläufig. Aus einem ihr nicht nachvollziehbaren Grund habe sie nicht nur die Frist falsch berechnet, sondern auch den zur Sendung gehörigen Umschlag nicht in die Akte eingeheftet; sie müsse ihn also versehentlich einer anderen Sache zugeordnet haben. Die Prozessbevollmächtigte selbst führte aus, dass angeordnet sei und regelmäßig beachtet werde, bei Zustellung durch Postzustellungsurkunde den Umschlag aufzubewahren und in die Akte einzuheften. Dies sei vorliegend versehentlich unterblieben. Es habe bei der Berechnung und Eintragung von Fristen durch X noch nie einen Grund zur Beanstandung und damit zu weiteren Kontrollen im Einzelfall gegeben.

Die Antragstellerin begehrt, ihr für die Durchführung des Revisionsverfahrens III R ... Prozesskostenhilfe (PKH) zu bewilligen und ihr Frau Rechtsanwältin Z als Rechtsvertreter beizuordnen.

II.

Der Antrag hat keinen Erfolg.

1.

Nach § 142 der Finanzgerichtsordnung (FGO) i.V.m. § 114 der Zivilprozessordnung (ZPO) erhält eine Partei, die nach ihren persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen die Kosten der Prozessführung nicht, nur zum Teil oder nur in Raten aufbringen kann, auf Antrag PKH, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet und nicht mutwillig erscheint.

2.

Die beabsichtigte Rechtsverfolgung hat keine hinreichende Aussicht auf Erfolg. Die Revision ist unzulässig, da die Revisionsbegründungfrist versäumt wurde und eine Wiedereinsetzung in die versäumte Frist nicht in Betracht kommt.

a)

Nach § 120 Abs. 2 Satz 1 FGO ist die Revision innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des vollständigen Urteils zu begründen. Im Streitfall ist diese Frist für das am 20. Dezember 2008 zugestellte Urteil nach § 54 FGO i.V.m. § 222 Abs. 1 ZPO sowie § 187 Abs. 1, § 188 Abs. 2 des Bürgerlichen Gesetzbuchs am 20. Februar 2009 abgelaufen. Die erst am 23. Februar 2009 beim Bundesfinanzhof eingegangene Revisionsbegründung war mithin verspätet, da die Revisionsbegründungsfrist nicht verlängert worden war (§ 120 Abs. 2 Satz 3 FGO).

b)

Die Voraussetzungen für eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand liegen nicht vor.

aa)

Nach § 56 Abs. 1 FGO ist Wiedereinsetzung in die versäumte Frist zur Begründung der Revision nur zu gewähren, wenn der Revisionskläger ohne Verschulden an der Einhaltung der Frist gehindert war und den Wiedereinsetzungsantrag innerhalb von einem Monat nach Kenntnisnahme von der Fristversäumnis gestellt hat (§ 56 Abs. 2 Sätze 1 und 2 FGO). Die Tatsachen, die eine Wiedereinsetzung rechtfertigen können, sind innerhalb dieser Frist vollständig, substantiiert und in sich schlüssig darzulegen (ständige Rechtsprechung, z.B. Senatsbeschluss vom 24. Januar 2005 III R 43/03, BFH/NV 2005, 1312, m.w.N.). Der Beteiligte muss sich ein Verschulden seines Prozessbevollmächtigten zurechnen lassen (§ 155 FGO i.V.m. § 85 Abs. 2 ZPO).

bb)

Im Streitfall scheitert die Wiedereinsetzung daran, dass die Prozessbevollmächtigte der Antragstellerin die vorgetragenen Wiedereinsetzungsgründe nicht hinreichend dargelegt und glaubhaft gemacht hat.

Wenn --wie im Streitfall-- Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wegen eines entschuldbaren Büroversehens begehrt wird, muss substantiiert und in sich schlüssig vorgetragen werden, wie die Fristen im Büro des Prozessbevollmächtigten überwacht werden, wer für den rechtzeitigen Versand der fristwahrenden Schriftsätze verantwortlich war und weshalb diese Person kein Verschulden an der Versäumung der Frist trifft. Es ist insbesondere darzulegen, dass kein Organisationsfehler vorliegt, d.h., dass der Prozessbevollmächtigte alle Vorkehrungen getroffen hat, die geeignet sind, die Nichtbeachtung von Fristen auszuschließen, und dass er durch regelmäßige Belehrung und Überwachung seiner Bürokräfte für die Einhaltung seiner Anordnungen Sorge getragen hat. Dabei ist zu beachten, dass die Revisionsbegründungsfrist nicht zu den üblichen, häufig vorkommenden und einfach zu berechnenden Fristen gehört. Der Prozessbevollmächtigte ist daher bei der Prüfung und Überwachung des Personals zu besonderer Sorgfalt verpflichtet (z.B. Senatsbeschluss in BFH/NV 2005, 1312).

Der Vortrag der Prozessbevollmächtigten der Antragstellerin genügt diesen Anforderungen nicht. Es fehlt eine substantiierte Darstellung der Prozessbevollmächtigten zur regelmäßigen Handhabung der Fristenkontrolle in ihrem Büro und zur Überprüfung ihres Personals bei der Einhaltung der Fristen. Insbesondere fehlen Angaben dazu, wie sichergestellt wird, dass auch bei an einem Samstag mit Postzustellungsurkunde eingehenden Fristsachen die Frist ordnungsgemäß berechnet wird und ob und ggf. in welcher Weise die Einhaltung der entsprechenden Anordnungen überwacht wird. Dem Senat ist es daher nicht möglich, das Fehlen eines Organisationsmangels der Prozessbevollmächtigten der Antragstellerin bei der Einhaltung der Revisionsbegründungsfrist festzustellen.

3.

Kommt danach die Bewilligung von PKH nicht in Betracht, ist auch der Antrag der Antragstellerin abzulehnen, ihr nach § 142 Abs. 1 FGO i.V.m. § 121 Abs. 1 ZPO Rechtsanwältin Z als Rechtsvertreter beizuordnen.

Ende der Entscheidung

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