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Gericht: Bundesfinanzhof
Beschluss verkündet am 05.06.2007
Aktenzeichen: III S 6/07
Rechtsgebiete: FGO


Vorschriften:

FGO § 69 Abs. 2 Satz 2
FGO § 69 Abs. 3
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Gründe:

I. Die Kläger und Antragsteller (Antragsteller) werden als Ehegatten zusammen zur Einkommensteuer veranlagt. Der Antragsteller (Ehemann) betrieb einen Großhandel mit Landprodukten. Zum 1. April 1997 veräußerte er das Anlagevermögen und den bei Dritten lagernden Warenbestand an eine von ihm gegründete GmbH, deren alleiniger Gesellschafter und Geschäftsführer er wurde. Die GmbH setzte die Geschäfte des Einzelunternehmens fort. Das Einzelunternehmen erzielte nach dem 1. April 1997 keine wirtschaftlichen Umsätze mehr. Der Antragsteller meldete das Gewerbe des Einzelunternehmens ab, erklärte aber keine Betriebsaufgabe.

Der Veräußerungspreis entsprach den Buchwerten des Einzelunternehmens, lediglich ein mit dem Erinnerungswert angesetzter PKW wurde der GmbH zum Zeitwert von 40 000 DM veräußert. Die "Nutzung des Kundenstamms und das Know-how im Hinblick auf die Lieferanten" des Einzelunternehmens wurde der GmbH nach einem "Nutzungsüberlassungsvertrag" vom 1. April 1997 bis zum 30. September 2012 für einen Betrag von halbjährlich 35 470,80 DM zuzüglich gesetzlicher Mehrwertsteuer überlassen, der erstmalig zum 1. Oktober 2000 zu zahlen war. Danach sollte sich der Vertrag um jeweils fünf Jahre verlängern, wenn er nicht gekündigt würde. Nach Vertragsablauf sollte die GmbH den "Vertragsgegenstand" zurückgeben. Eine weitere Nutzung war ihr untersagt; für jeden Fall der Zuwiderhandlung war eine Konventionalstrafe von 100 000 DM vereinbart.

Nach einer Betriebsprüfung vertrat der Beklagte und Antragsgegner (das Finanzamt --FA--) die Auffassung, das Einzelunternehmen sei zum 1. April 1997 aufgegeben worden. In den Aufgabegewinn sei ein Firmenwert in Höhe von 400 000 DM einzubeziehen. Der Einkommensteuerbescheid für 1997 wurde am 5. Juli 2001 dementsprechend geändert.

Nachdem die Antragsteller beim Finanzgericht (FG) die Aussetzung der Vollziehung beantragt hatten, setzte das FA u.a. die gesamte Einkommensteuer 1997 gegen Sicherheitsleistung von der Vollziehung aus. Das FG gewährte die Aussetzung ohne Sicherheitsleistung, da nicht fraglich erscheine, dass die Antragsteller nach einem für sie negativen Ausgang der Hauptsache die Steuerforderung begleichen könnten.

Das FG wies die Klage durch Urteil vom 10. Mai 2006 ab. Es führte aus, der Betrieb des Einzelunternehmens sei nicht unterbrochen worden, da eine Weiterführung nach Ablauf der fünfzehnjährigen Pachtzeit nicht realistisch erscheine. In Betracht komme lediglich eine Fortführung des Einzelunternehmens wegen der Verpachtung des Firmenwertes. Der originäre Firmenwert, welcher unstreitig die einzige wesentliche Betriebsgrundlage bilde, habe nicht von den auf die GmbH übertragenen Wirtschaftsgütern getrennt werden können, da das Einzelunternehmen als GmbH mit dem Antragsteller als Gesellschafter-Geschäftsführer fortgeführt worden sei. Da der Antragsteller über den Firmenwert nicht isoliert habe verfügen können, komme dem Nutzungsüberlassungsvertrag steuerlich keine Bedeutung zu. Der Firmenwert sei deshalb verdeckt in die GmbH eingelegt worden und als Entnahme in den Veräußerungsgewinn des Einzelunternehmens einzubeziehen. Gegen die Höhe des vom FA errechneten Gewinns bestünden keine Bedenken; die Antragsteller hätten insoweit keine Einwände erhoben. Die Revision ließ das FG nicht zu.

Gegen dieses Urteil haben die Antragsteller Nichtzulassungsbeschwerde erhoben. Mit Beschluss vom heutigen Tag III B 150/06 hat der Senat die Revision zugelassen. Das Beschwerdeverfahren wird deshalb als Revisionsverfahren fortgesetzt.

Im vorliegenden Verfahren begehren die Antragsteller nach vorausgehendem erfolglosen Antrag beim FA, die Vollziehung des im Hauptsacheverfahren angefochtenen Einkommensteuerbescheids 1997 mit Rücksicht auf die eingelegte Nichtzulassungsbeschwerde auszusetzen. Sie tragen vor, an der Rechtmäßigkeit des angefochtenen Bescheides bestünden aus den in der Nichtzulassungsbeschwerde dargelegten Gründen ernstliche Zweifel.

Das FA beantragt, den Antrag als unbegründet zurückzuweisen.

II. Der Antrag auf Aussetzung der Vollziehung (AdV) ist begründet.

1. Gemäß § 69 Abs. 3 i.V.m. § 69 Abs. 2 Satz 2 der Finanzgerichtsordnung (FGO) kann das Gericht der Hauptsache die Vollziehung des angefochtenen Verwaltungsakts ganz oder teilweise aussetzen, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angefochtenen Verwaltungsakts bestehen oder wenn die Vollziehung für den Betroffenen eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte zur Folge hätte.

2. Im Streitfall ist die Rechtmäßigkeit des angefochtenen Einkommensteuerbescheids 1997 ernstlich zweifelhaft. Für die Begründung solcher Zweifel i.S. des § 69 Abs. 2 Satz 2 FGO genügt es, dass die nach Aktenlage nicht fernliegende --ernstliche-- Möglichkeit besteht, dass die Antragsteller im Hauptsacheverfahren mit ihrem Begehren obsiegen werden (Beschluss des Bundesfinanzhofs --BFH-- vom 26. Juni 2003 X S 4/03, BFH/NV 2003, 1217, m.w.N.; vgl. auch BFH-Beschluss vom 4. Februar 1997 VII S 29/96, BFH/NV 1997, 588, 589, linke Spalte, wonach es bei einer voraussichtlichen Zurückverweisung genügt, dass sich aufgrund der bisherigen Feststellungen nicht absehen lässt, ob die Klage letztlich Erfolg haben wird oder nicht).

Dies trifft im vorliegenden Fall zu. Es erscheint denkbar, dass der vom FG als einzige wesentliche Geschäftsgrundlage beurteilte "Kundenstamm und das Know-how im Hinblick auf die Lieferanten" nicht den an die GmbH veräußerten Vermögensgegenständen anhaftete, sondern --wie der Mandantenstamm des Steuerberaters in dem von den Antragstellern zitierten BFH-Urteil vom 18. Dezember 1996 I R 128-129/95 (BFHE 182, 366, BStBl II 1997, 546)-- selbstständig verkehrsfähig war, dass er deshalb an die GmbH verpachtet werden konnte und das Einzelunternehmen als Verpachtungs- oder Besitzunternehmen fortbestand (vgl. auch die BFH-Urteile vom 14. Januar 1998 X R 57/93, BFHE 185, 230, und vom 27. März 2001 I R 42/00, BFHE 195, 536, BStBl II 2001, 771, beide zur Zuordnung des Geschäftswertes bei Betriebsaufspaltungen).

3. Die Aussetzung erfolgt ohne Sicherheitsleistung. Anhaltspunkte dafür, dass die Durchsetzung der Steuerforderung nach einem Unterliegen der Antragsteller in der Hauptsache gefährdet oder erschwert sein könnte, sind weder vom FA vorgetragen worden noch aus der Akte ersichtlich (vgl. BFH-Beschluss vom 3. Februar 2005 I B 208/04, BFHE 209, 204, BStBl II 2005, 351, unter II. 4. der Gründe; Gräber/Koch, Finanzgerichtsordnung, 6. Aufl., § 69 Rz 153).

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