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Beginn der Entscheidung

Gericht: Bundesfinanzhof
Beschluss verkündet am 11.07.2008
Aktenzeichen: IV B 121/07
Rechtsgebiete: EStG, AO, FGO


Vorschriften:

EStG § 4 Abs. 1
EStG § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 2
EStG § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2
EStG § 16 a.F.
AO § 39
FGO § 105 Abs. 5
FGO § 105 Abs. 5 letzter Halbsatz
FGO § 116 Abs. 3 Satz 3
FGO § 119 Nr. 6
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Gründe:

I. Die Klägerin und Beschwerdeführerin zu 2. (Klägerin zu 2.) --Frau K.-- war an einer Niederlassung der Klägerin und Beschwerdeführerin zu 1. (Klägerin zu 1.) --einer Steuerberatungsgesellschaft mbH (im Folgenden: GmbH)-- als atypisch stille Gesellschafterin mit einem Anteil von 30 % beteiligt. Frau K. war zugleich mit einer Beteiligung von 50 % Gesellschafterin einer (nicht gewerblichen) GbR, die das ihr gehörende Grundstück (Büroräume) an die GmbH (bzw. an die GmbH & Still) vermietete. Im Anschluss an eine Betriebsprüfung erfasste der Beklagte und Beschwerdegegner (das Finanzamt --FA--) 50 % des aus der Grundstücksvermietung erzielten Verlusts im Rahmen der geänderten Gewinnfeststellungen 1994 und 1995 (Streitjahre) für die GmbH & Still als Sonderbetriebsausgaben von Frau K. Zugleich kürzte das FA im Streitjahr 1994 den Betriebsausgabenabzug für die im Zusammenhang mit einer Einweihungsfeier entstandenen Aufwendungen unter Hinweis auf § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 2 des Einkommensteuergesetzes (EStG) um 20 % der Kosten.

Einspruch und Klage, mit denen begehrt wurde, den Verlust aus der Grundstücksvermietung nur entsprechend dem Umfang der Beteiligung von Frau K. an der GmbH & Still als Sonderbetriebsausgaben anzusetzen (15 % = 30 % x 50 %) sowie die Kürzung des Betriebsausgabenabzugs für die Einweihungsfeier rückgängig zu machen, blieben ohne Erfolg. Das Finanzgericht (FG) führte hierzu aus, dass ein Wirtschaftsgut (hier: Grundstück), das von einer Mitunternehmerschaft genutzt werde, nach der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH) in dem Umfang als Sonderbetriebsvermögen auszuweisen sei, in dem es unter Berücksichtigung von § 39 der Abgabenordnung (AO) im juristischen oder wirtschaftlichen Eigentum des Mitunternehmers stehe. Dem habe das FA im Streitfall dadurch Rechnung getragen, dass es den ideellen Miteigentumsanteil von Frau K. (50 %) an dem von der (stillen) Gesellschaft genutzten Grundstück als Sonderbetriebsvermögen I erfasst habe. Wegen der weiteren Begründung (auch bezüglich der Behandlung der Bewirtungskosten) hat das FG gemäß § 105 Abs. 5 der Finanzgerichtsordnung (FGO) auf die "zutreffenden Ausführungen des Beklagten in der ... Einspruchsentscheidung verwiesen".

Die Vorinstanz hat die Revision nicht zugelassen. Hiergegen richtet sich die anhängige Beschwerde.

II. Die Beschwerde ist zurückzuweisen.

1. Die Rüge, die Revision sei deshalb wegen eines Verfahrensfehlers (§ 115 Abs. 2 Nr. 3 FGO) zuzulassen, weil das Urteil des FG i.S. von § 119 Nr. 6 FGO nicht mit Gründen versehen sei, ist unschlüssig.

a) Der Vortrag, die Vorinstanz habe nicht nach § 105 Abs. 5 letzter Halbsatz FGO "festgestellt", dass es der Begründung der Einspruchsentscheidung "folge", geht fehl. Er lässt außer Acht, dass das FG auf die (nach seiner Ansicht) "zutreffenden Ausführungen" des FA in der Entscheidung über den außergerichtlichen Rechtsbehelf "verwiesen" hat. Dies ist nicht nur von der Rechtsprechung als ausreichende Feststellung i.S. von § 105 Abs. 5 FGO angesehen worden (vgl. z.B. BFH-Beschluss vom 23. November 1998 VII R 79/98, BFH/NV 1999, 942, unter I.). Vielmehr entspricht dieses Verständnis auch dem Zweck der Vorschrift, die zwar einerseits nicht den Rechtsschutz des Bürgers einschränken, andererseits aber die Gerichte durch die Möglichkeit der Bezugnahme auf bereits vorliegende und zutreffend begründete Verwaltungsentscheidungen von unnötiger Formulierungs- und Schreibarbeit entlasten will (BTDrucks 12/1061, S. 19 f.). Hiernach muss es aber genügen, wenn --wie im Streitfall ("zutreffend")-- aus der gewählten Formulierung für den Kläger zweifelsfrei hervorgeht, dass das Gericht sich die Gründe der Einspruchsentscheidung zu Eigen gemacht hat.

b) Nicht substantiiert ist ferner die Rüge, dass nach § 105 Abs. 5 FGO lediglich von einer "weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe" abgesehen werden könne und es deshalb dem FG verwehrt gewesen sei, die eigene Begründung vollständig durch eine Bezugnahme auf die Einspruchsentscheidung zu ersetzen (Hinweis auf --ein obiter dictum im-- BFH-Urteil vom 7. November 2000 VII R 24/00, BFH/NV 2001, 909; Lange in Hübschmann/Hepp/Spitaler, § 105 FGO Rz 51). Abgesehen davon, dass diese Rüge allenfalls für die Kürzung des Betriebsausgabenabzugs betreffend die Bewirtungsaufwendungen der GmbH (bzw. GmbH & Still) greifen könnte, lässt der Vortrag unberücksichtigt, dass das FG nach der Rechtsprechung des BFH grundsätzlich befugt ist, ohne weitere Darstellung der Entscheidungsgründe auf die Erwägungen der Einspruchsentscheidung zu verweisen (grundlegend BFH-Beschluss vom 20. November 2003 III B 88/02, BFH/NV 2004, 517; gl.A. z.B. BFH-Beschlüsse vom 10. November 2006 XI B 147/05, BFH/NV 2007, 267; vom 27. Februar 1996 IV R 41/95, BFH/NV 1996, 623; Brandis in Tipke/Kruse, Abgabenordnung, Finanzgerichtsordnung, § 105 FGO Rz 21).

c) Unschlüssig ist schließlich die Rüge, einer wirksamen Bezugnahme auf die Einspruchsentscheidung stehe entgegen, dass das FA im Streitfall seiner Rechtsbehelfsentscheidung keine nachvollziehbare Begründung über alle entscheidungserheblichen Punkte gegeben, sondern sich --im Hinblick auf den Ansatz der Mietverluste (Sonderbetriebsausgaben)-- mit lediglich formelhaften Wendungen begnügt habe (vgl. z.B. BFH-Beschluss in BFH/NV 2004, 517; Brandis in Tipke/Kruse, a.a.O., § 105 FGO Rz 21, jeweils m.w.N.). Der Vortrag ist bereits deshalb unsubstantiiert, weil die Beschwerdeschrift die Einspruchsgründe nur selektiv wiedergibt und diese Darstellung zudem mit offenkundig unzutreffenden Folgerungen verbindet. Im Übrigen kann kein Zweifel daran bestehen, dass sich die Rechtsbehelfsentscheidung mit den gegen die geänderten Gewinnfeststellungen erhobenen Einwänden in nachvollziehbarer und schlüssiger Weise auseinandergesetzt hat. Ob dem dabei gefundenen Ergebnis materiell-rechtlich zuzustimmen ist (s. nachfolgend unter II.2.), ist nicht Gegenstand einer auf die Verletzung des § 105 Abs. 5 FGO gestützten Verfahrensrüge (BFH-Beschluss vom 20. Juni 2001 I R 80/00, BFH/NV 2001, 1583).

2. Soweit die Klägerinnen vortragen, der Rechtssache komme deshalb grundsätzliche Bedeutung zu (§ 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO), weil es der Klärung bedürfe, ob für die Frage "des Bilanzierungsumfangs" des an eine Personengesellschaft überlassenen Wirtschaftsguts die Beteiligungsquote des Mitunternehmers "relevant" ist, lässt der Senat offen, ob die Darlegungserfordernisse des § 116 Abs. 3 Satz 3 FGO gewahrt wurden. Die Rüge ist jedenfalls unbegründet.

a) Auszugehen ist hierbei davon, dass einem Mitunternehmer nicht fremde --nämlich von der Gesellschaft erzielte-- Einkünfte zugerechnet werden; vielmehr erzielt er --gleich einem Einzelunternehmer-- originär eigene betriebliche Einkünfte (Anteile an Gewinn und Verlust) und unterscheidet sich von einem Einzelunternehmer nur dadurch, dass er seine Tätigkeit nicht alleine, sondern zusammen mit den anderen (Mit-)Unternehmern in gesellschaftsrechtlicher Verbundenheit ausübt. Aus dieser Gleichstellung von Einzel- und Mitunternehmer hat der Große Senat des BFH im Beschluss vom 3. Mai 1993 GrS 3/92 (BFHE 171, 246, BStBl II 1993, 616, 622) abgeleitet, dass die Rechtsgrundlage für den Ansatz von Sonderbetriebsvermögen vornehmlich in § 4 Abs. 1 EStG zu sehen sei und dies durch die Regelung des § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG zur Einbeziehung von Sondervergütungen (z.B. Nutzungsüberlassung von Grundstücken) in den Gewinnanteil des Mitunternehmers und damit in den Gesamtgewinn der Mitunternehmerschaft bestätigt und klargestellt werde. Der gesetzlichen Regelung liege --so der Große Senat des BFH weiter-- die Wertung zugrunde, dass es aus ertragsteuerlicher Sicht keinen Unterschied machen könne, ob die objektiv dem Betrieb dienenden Wirtschaftsgüter in das Gesellschaftsvermögen eingebracht werden (Bildung von Gesamthandsvermögen) oder ob die Gesellschafter der Gesellschaft Wirtschaftsgüter zur betrieblichen Nutzung überlassen. Wirtschaftsgüter hingegen, die nicht einem oder mehreren Mitunternehmern gehörten, könnten nicht Sonderbetriebsvermögen der Mitunternehmerschaft sein.

b) Die Erläuterungen des Großen Senats des BFH verdeutlichen zugleich, dass eine auf den Umfang der Beteiligung des Grundstückseigentümers an der das Grundstück nutzenden (gewerblichen) Personengesellschaft quotal beschränkte Qualifikation des Grundstücks als Sonderbetriebsvermögen nicht in Betracht kommen kann.

aa) Dies gilt zum einen für den Sachverhalt, dass z.B. der an einer KG mit 10 % beteiligte A. der Gesellschaft ein Grundstück überlässt, das in seinem Alleineigentum steht (vgl. z.B. BFH-Urteil vom 5. April 1979 IV R 48/77, BFHE 128, 49, BStBl II 1979, 554). Die von den Klägerinnen vertretene Begrenzung (Sonderbetriebsvermögen nur im Umfang von 10 %) würde nicht nur die wiedergegebenen Erwägungen des Großen Senats des BFH (Gleichbehandlung von Grundstückseinbringung und Nutzungsüberlassung), sondern auch den weitergehenden Zweck des § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG verfehlen, die Besteuerung von Mitunternehmer und Einzelunternehmer weitgehend anzunähern (vgl. Schmidt/Wacker, EStG, 27. Aufl., § 15 Rz 161). Da im Falle der Nutzung des (gesamten) Grundstücks im Rahmen eines Einzelunternehmens des A. kein Zweifel darüber bestehen kann, dass das (gesamte) Grundstück als Betriebsvermögen anzusetzen ist, kann auch mit Rücksicht hierauf in der eingangs geschilderten Situation (Grundstücksvermietung des A. an die KG) keine Veranlassung bestehen, von der insoweit eindeutigen Wertung des § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG (Ansatz der gesamten Mieterträge als Sonderbetriebseinnahmen) abzurücken.

bb) Aus dem Vorstehenden ergibt sich des Weiteren, dass --wie vom BFH in ständiger Rechtsprechung vertreten-- der Anteil des Gesellschafters einer gewerblichen Personengesellschaft an einer weiteren Gesellschaft, die originär private Einkünfte aus der Vermietung und Verpachtung ihres Grundbesitzes an die gewerbliche (Personen-)Gesellschaft erzielt --im Streitfall: 50 %-ige Beteiligung von Frau K. an der Grundstücks-GbR--, zugleich auch den Umfang seines Sonderbetriebsvermögens bestimmt (vgl. einschließlich Erbengemeinschaften BFH-Urteile vom 18. Mai 1995 IV R 125/92, BFHE 178, 63, BStBl II 1996, 5; vom 10. November 2005 IV R 7/05, BFHE 211, 312, BStBl II 2006, 176; vom 18. März 1958 I 147/57 U, BFHE 66, 683, BStBl III 1958, 262; zu Grundstücksmiteigentum s. BFH-Urteil vom 2. Dezember 1982 IV R 72/79, BFHE 137, 323, BStBl II 1983, 215; gl.A. Schmidt/Wacker, a.a.O., § 15 Rz 532; Schneider in Herrmann/Heuer/Raupach, § 15 EStG Rz 726). Auch in dieser Situation würde die von der Beschwerde befürwortete Begrenzung der gebotenen Gleichbehandlung der Nutzungsüberlassung sowohl mit dem Fall Einbringung des Grundstücks- bzw. Gesellschaftsanteils des Mitunternehmers in die gewerbliche Personengesellschaft als auch mit dem Sachverhalt widerstreiten, dass ein Grundstück dem Betrieb eines Einzelunternehmens des Grundstücksmiteigentümers (oder GbR-Gesellschafters) dient.

c) Der Senat kann sich deshalb auch nicht der Erwägung der Beschwerde anschließen, nach der sich die Richtigkeit ihrer Beurteilung aus dem Vergleich mit dem Sachverhalt ergebe, dass ein Grundstück vom Alleineigentümer teilweise eigenbetrieblich genutzt, teilweise an ein fremdes Unternehmen (z.B. im Rahmen einer Praxisgemeinschaft) überlassen werde. Dass im Hinblick auf den zuletzt genannten Grundstücksteil die Voraussetzungen notwendigen Betriebsvermögens nicht erfüllt sind, ist dem Umstand der fremdbetrieblichen Nutzung geschuldet. Der Fallvergleich ist deshalb auch nicht geeignet, die Qualifikation eines Grundstücks als Betriebs- oder Sonderbetriebsvermögen einzuschränken, das --sei es im Rahmen eines Einzelunternehmens des Grundstückseigentümers, sei es im Rahmen einer Gesellschaft, an der der Grundstückseigentümer als Mitunternehmer beteiligt ist-- eigenbetrieblich genutzt wird.

d) Fehl geht schließlich der Hinweis der Beschwerde auf das BFH-Urteil vom 12. April 2000 XI R 35/99, BFHE 192, 419, BStBl II 2001, 26. Auch diese Entscheidung geht nicht nur --erkennbar-- von den vorstehend dargelegten Grundsätzen aus, sondern erläutert darüber hinaus, dass im Interesse der Gleichbehandlung von Einzel- und Mitunternehmer eine nach § 16 EStG a.F. begünstigte Veräußerung von Teilen von Mitunternehmeranteilen (vgl. nunmehr § 16 Abs. 1 Satz 2 EStG n.F.) nur dann vorliegt, wenn neben dem Anteil am Gesellschaftsvermögen auch ein entsprechender Bruchteil des Sonderbetriebsvermögens (wesentliche Betriebsgrundlage) veräußert wird.

Ende der Entscheidung

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